Raum:
Posterausstellung 3
Topic:
Posterpräsentation
Topic 19: Früherkennung, Prävention und Gesundheitsförderung
Topic 29: Psychiatrie und Gesellschaft
Topic 16: Psychotherapie
Format:
Poster
Dauer:
90 Minuten
P-03-01:
Medienberichte über Pädophilie und deren Konsequenzen für Betroffene: ein Scoping-Review
D. Stelzmann (Berlin, DE)
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Autor:innen:
D. Stelzmann (Berlin, DE)
L. Kuhle (Berlin, DE)
Einleitung:
Frühere Studien haben gezeigt, dass eine undifferenzierte Medienberichterstattung eine essenzielle Rolle bei der Aufrechterhaltung der öffentlichen Stigmatisierung pädophiler Menschen spielen kann, indem fälschlicherweise Pädophilie und sexueller Kindesmissbrauch gleichsetzt werden. Darüber hinaus legen Studien nahe, dass stigmatisierende Medienberichte Menschen mit Pädophilie, bei denen das Bedürfnis einer therapeutische Behandlung vorliegt, davon abhalten können, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Bis dato fehlt eine umfassende Übersicht über positive sowie negative Medienwirkungen auf (hilfesuchende) Betroffene.
Um (hilfesuchenden) Menschen mit Pädophilie den Zugang zu therapeutischen Angeboten zu erleichtern und eine differenzierte Medienberichterstattung zu fördern, zielt dieser Beitrag auf die Synthese von Studien ab, die Medienwirkungen auf (hilfesuchende) Menschen mit Pädophilie beschrieben haben.
Methode:
Für das Scoping Review wurden gängige Datenbanken (z.B. PubMed) mittels verschiedener Suchtermini gesichtet. Inkludiert wurden Studien, die die Medienwirkungen – sowohl positive als auch negative – auf (hilfesuchende) Menschen mit Pädophilie berichten und auf Deutsch oder Englisch publiziert wurden.
Ergebnisse:
Erste Ergebnisse zeigen, dass Betroffene Medienberichte häufig als undifferenziert wahrnehmen (z.B. Gleichsetzung mit "Monstern"), was unter anderem affektive und behaviorale Konsequenzen mit sich bringen kann. Eine differenzierte Medienberichterstattung trägt hingegen dazu bei, Barrieren abzubauen, indem sie Betroffene über Behandlungsmöglichkeiten informieren und dadurch auch der allgemeinen Bevölkerung vermitteln können, dass es therapeutische Hilfsangebote für Betroffene gibt.
Auf Basis der finalen Ergebnisse werden praktische Implikationen für Journalist:innen abgeleitet, um die gesellschaftlichen Stigmata abzubauen und (hilfesuchenden) Menschen mit Pädophilie den Weg zur Therapie zu erleichtern.
P-03-02:
Sexualisierte Gewalt an Minderjährigen in der katholischen Kirche zwischen 1946 bis 1989 im Raum Mecklenburg
L. Rinser (Günzburg, DE)
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Autor:innen:
L. Rinser (Günzburg, DE)
M. Dudeck (Günzburg, DE)
J. Streb (Günzburg, DE)
Seit dem Schweigebruch 2010 von Altschüler:innen des Canisius-Kollegs in Berlin und dem ehemaligen Rektor Pater Mertes melden sich nach wie vor viele Betroffene sexualisierter Gewalt durch die Katholische Kirche. Seitdem wird sich um eine Aufklärung und Aufarbeitung der Taten durch unabhängige Wissenschaftler:innen bemüht. Internationale Studien zeigen, dass es sich um ein weltweites Phänomen handelt, welches das System „Katholische Kirche“ in den Fokus rückt.
Der vorliegende Beitrag behandelt die im Rahmen einer qualitativen Studie erhobenen Daten über das Leid Betroffener von sexualisierter Gewalt innerhalb der Katholischen Kirche in Mecklenburg zur Zeit der DDR sowie die damaligen begünstigenden kirchlich-institutionellen und gesellschaftlichen Faktoren. Dazu wurden 14 Interviews mit Betroffenen und elf Kirchenvertretenden geführt sowie insgesamt 1478 kirchliche und staatssicherheitsbehördliche Dokumente untersucht.
Erste Ergebnisse zeigen eine überproportionale Vertretung von männlichen Betroffenen und sich wiederholende, zum Teil nach außen hin bekannte, Gewalttaten. Gemeinsamkeiten liegen zum einen in der Lebenswelt und Sozialisation der Betroffenen vor als auch im Hinblick auf die Tatumstände und Tatmerkmale.
Ebenso konnte mit einer kleinen quantitativ durchgeführten Erhebung festgestellt werden, dass fast alle Befragten deutlich häufiger über psychische Belastungen berichten als (gleichaltrige) Personen der jeweiligen Vergleichsstichproben.
Insgesamt legt die Untersuchung nahe, dass der Schutz der Täter und damit der Institution „Katholische Kirche“, unterstützt durch das angespannte Verhältnis von DDR-Staat und Kirche, den Opferschutz verhinderte.
Eine vermehrte Enttabuisierung und Verantwortungsübernahme sowie verbesserte Betroffenenfürsorge von Kirche und Staat würden dazu beitragen, den Opferschutz mehr in den Fokus zu rücken und zukünftigen Missbrauch zu erschweren.
P-03-03:
How movies move us – eine fMRT-Studie zu Filmpräferenzen und neuronaler limbischer Reaktivität
E. Zwiky (Halle (Saale), DE)
P. König (Halle (Saale), DE)
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Autor:innen:
E. Zwiky (Halle (Saale), DE)
P. König (Halle (Saale), DE)
R. Herrmann (Halle (Saale), DE)
J. Selle (Halle (Saale), DE)
K. Schöniger (Halle (Saale), DE)
V. Enneking (Münster, DE)
T. Borgers (Münster, DE)
M. Klug (Münster, DE)
K. Dohm (Münster, DE)
U. Dannlowski (Münster, DE)
R. Redlich (Halle (Saale), DE)
Durch Medienkonsum sind Menschen täglich einer Vielfalt emotionaler Stimuli ausgesetzt, die in ihrer Intensität und Dauer das Maß im Alltag erlebter Emotionen übersteigen können. Jedoch ist wenig über die Zusammenhänge zwischen Medienkonsum, Genrepräferenzen sowie deren Folgen auf die neuronale Emotionsverarbeitung bekannt. Die folgende Studie versucht diese Lücke zu schließen, indem sie den Zusammenhang zwischen Filmpräferenz und limbischer Reaktivität untersucht. Eine Stichprobe von N=257 gesunde Probanden wurde hinsichtlich Medienkonsumverhalten und Genrepräferenzen charakterisiert. Die Erhebung der limbischen Reaktivität wurde mittels fMRT und einem Face-Matching Paradigma zur Emotionsverarbeitung unter Verwendung negativer Stimuli erhoben. Die differenziellen Effekte verschiedener Genres wurden mittels ROI-Analysen für die Amygdala unter Einschluss der Kovariaten Alter, Geschlecht und tägliche Medienkonsumdauer sowie unter FWE-Korrektur durchgeführt. Die Auswertung der Ergebnisse zeigt eine erhöhte rechtsseitige Amygdala-Aktivität für Probanden mit Präferenz für das Actiongenre (pFWE=.040), wohingegen die Präferenz für Krimi/Thriller (links: pFWE=.048; rechts: pFWE=.021) und Dokumentation (rechts: pFWE=.033) mit reduzierter Amygdala-Aktivität, jeweils im Vergleich zu Personen ohne Präferenz, assoziiert ist. Die Präferenz für Genres, die Konsumenten eher auf kognitiv-analytischer Ebene ansprechen (Krimi/Thriller und Dokumentationen) geht mit einer reduzierten neuronal-emotionalen Reaktion einher, während der präferierte Konsum von Actionfilmen eher mit Sensibilisierung der neuronalen limbischen Reaktivität im Zusammenhang steht. Als erste Studie dieser Art konnte gezeigt werden, dass Präferenzen für Filmgenres mit limbischer Reaktivität auf negative affektive Stimuli assoziiert sind. Offen bleibt, ob die Filmexposition an sich zu diesen Veränderungen führt oder ob sich Personen aufgrund ihrer Affinität für emotionale Reize zu bestimmten Genres hingezogen fühlen.
P-03-04:
Social Media im psychiatrischen Kontext – was brauchen wir für einen sinnvollen Umgang?
M. Heckl (München, DE)
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Autor:in:
M. Heckl (München, DE)
Soziale Medien sind Teil unseres täglichen Lebens. Sie bieten individuelle und kollektive Vorteile, können sich aber auch negativ auf die psychische Gesundheit der Nutzer auswirken. Wie sieht ein sinnvoller Umgang mit sozialen Medien im psychiatrischen Kontext aus? Wie können sie zur Aufklärung und Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen genutzt werden? Was sind Rahmenkonzepte für Sicherheit und empathisches Design? Wie können Algorithmen genutzt werden, um Interventionen zu entwickeln, die vulnerable Gruppen schützen?
P-03-05:
Untersuchungen zur Binarität der Geschlechtsidentität bei transidenten Menschen
M. Arendt (Kiel, DE)
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Autor:innen:
M. Arendt (Kiel, DE)
N. Heukamp (Kiel, DE)
S. Kosanetzky (Kiel, DE)
F. Nees (Kiel, DE)
Einleitung: Aus der aktuellen Forschung geht immer deutlicher hervor, dass die Identifikation mit den beiden Identitätskategorien nicht streng binär, sondern multidimensional und somit unabhängig voneinander variiert. Es gibt neben Personen, deren Geschlechtsidentität dem biologischen Geschlecht entspricht, non-binäre Personen, die sich nicht oder nicht ausschließlich dem biologischen Geschlecht zugehörig fühlen. Stattdessen identifizieren sie sich mit dem anderem, keinem oder beiden Geschlechtern. Dieser Prozess kann über den Entwicklungsverlauf variieren und zu unterschiedlichen Zeitpunkten einsetzen. Die jedoch in einer cisgender-heteronormativen Gesellschaft noch immer stark verankerte Vorstellung eines binären Konzeptes kann somit bei non-binären und transidenten Menschen zu Konformitätsdruck führen und intra- und interpersonellen Konflikte können verstärkt werden. Es ist daher wichtig, die Verteilungen der Geschlechtsidentität und deren Interaktionen und psychologischen Korrelate näher zu untersuchen.
Methoden: Eine neu entwickelte Fragebogenbatterie wird zusammen mit Standardinstrumenten zur Erfassung psychosozialer, körperlicher und geschlechtsbezogener Parameter bei einer Stichprobe von Jugendliche erhoben, die in der Ambulanz für Kinder- und Jugendpsychiatrie am UKSH vorstellig wurden. Für die aktuelle Fragestellung werden vor allem solche Items einbezogen, die die Einschätzung der eigenen Person im Vergleich zu gleichaltrigen Jungen und Mädchen reflektieren (Ähnlichkeiten der Eigenschaften Verhalten, Aussehen, gemeinsam verbrachte Zeit und Interessen mit den beiden Geschlechtern).
Ergebnisse und Diskussion: Die Daten erlauben eine Muster- und Subgruppenerkennung in Bezug auf die Geschlechtsidentität der Proband*Innen, in Bezug auf Trans-Jungen und Trans-Mädchen, und in Relation zu psychosozialen Parametern. Die Ergebnisse werden im Kontext der Konzepte zur Geschlechtsidentität und bezüglich der Implikationen für die Diagnostik und Therapie diskutiert.
P-03-06:
Zur Berufsrolle der Psychotherapeut:innen und zu den Motiven ihrer Berufswahl: Was sollte in der Supervision und Selbsterfahrung besonders berücksichtigt werden?
L. Schattenburg (Bad Neustadt, DE)
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Autor:in:
L. Schattenburg (Bad Neustadt, DE)
Einführung: In meiner langjährigen Tätigkeit als Supervisor und Selbsterfahrungsleiter habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele Teilnehmer:innen kein klares Bild haben von ihrer Berufsrolle und dass sie ihre bewussten oder unbewussten Motive, diesen anspruchsvollen Beruf als Psychotherapeut:in zu wählen, nur unzureichend reflektiert haben – manchmal sogar überhaupt nicht. Einige Autoren erforschen die Supervision und die Selbsterfahrung (Linden & Strauß, 2022; Mösler et al., 2016). Ihre Beiträge möchte ich ergänzen.
Methode: Befragung der Teilnehmer:innen, welche Vorstellungen sie haben bzgl. ihrer Berufsrolle und bzgl. ihrer bewussten oder unbewussten Motive. Systematisches Studium der Fachliteratur. Integrative psychotherapeutische Orientierung.
Ergebnisse: Einige Autoren haben über die Berufsrolle als Psychotherapeut:-in geschrieben. Freud spricht vom Archäologen, Wurmser vom Bergsteiger oder Bergführer, Kohut von einem spiegelnden Elternteil, Bion vom Container, Rudolf vom Turm in der Schlacht, Sachse vom Pansen des Patienten und Krause vom Diplomaten. Bewusste und unbewusste Motive für die Berufswahl sind: anderen zu helfen, um sich selbst zu heilen (der wounded healer), um als Wissenschaftler zu Ruhm zu kommen, um als linker Analytiker die Gesellschaft zu verändern, indem die Patienten zu Rebellen geführt werden. Wir haben aus einem Pool von etwa 50 Items 8 Faktoren reduziert: günstiges/ungünstiges Bild von der Berufsrolle für Therapeutinnen und Patientinnen. Ferner: günstige/ungünstige bewusste oder unbewusste Motive für die Berufswahl mit Blick auf die Therapeuten und Patienten.
Diskussion: Wir wollen einen Impuls setzen, unsere Fragestellung in der Supervision und Selbsterfahrung stärker zu berücksichtigen. Damit soll auch ein Beitrag geleistet werden zur Thematik der Nebenwirkungen in der Psychotherapie (Linden & Strauß, 2018). Wissenschaftlich sind weitere Befragungen und Faktorenanalysen wünschenswert.
P-03-07:
Ein achtsamkeitsbasiertes Programm für Assistenzärzt:innen: Ergebnisse einer randomisiert-kontrollierten Längsschnittstudie
J. Fendel (Freiburg im Breisgau, DE)
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Autor:innen:
J. Fendel (Freiburg im Breisgau, DE)
V. Aeschbach (Freiburg, DE)
A. Göritz (Freiburg, DE)
S. Schmidt (Freiburg, DE)
Einführung:
Viele Assistenzärzt*innen sind psychisch belastet. Diese Belastung wirkt sich schädlich auf die Behandlungsqualität aus. Diese Studie untersucht die Wirksamkeit eines neuartigen, achtwöchigen achtsamkeitsbasierten Programms (ABP), welches auf die spezifischen Bedürfnisse von Assistenzärzt*innen angepasst wurde.
Methode:
Das Design war eine randomisiert-kontrollierte, monozentrische Studie mit aktiver Kontrollgruppe. Die Interventionsgruppe nahm an einem achtwöchigen ABP teil, das ein Kursbuch enthielt und an das sich eine viermonatige Erhaltungsphase anschloss. Die Kontrollgruppe erhielt das Kursbuch zum Selbststudium. Messzeitpunkte waren zu Beginn (t0, 0 Monate), nach der Intervention (t1, 2 Monate), nach der Erhaltungsphase (t2, 6 Monate) und zum Follow-up (t3, 12 Monate). Das primäre Outcome war die Veränderung in Burnout von t0 bis t2. Die sekundären Outcomes waren Maße zu Psychopathologie, Wohlbefinden und Behandlungsqualität, darunter Fragebögen, Haarcortisol, implizite und projektive Maße sowie Fremdauskünfte von Patient*innen, Vorgesetzten und Kolleg*innen.
Ergebnisse/Diskussion:
Es wurden 76 Teilnehmende in die Interventionsgruppe und 71 in die Kontrollgruppe randomisiert. Die Interventionsgruppe zeigte zwischen t0 und t2 signifikant stärkere Reduktionen im primären Outcome Burnout (p=.046, d=0.32) und zu verschiedenen Messzeitpunkten größere Verbesserungen in den sekundären Outcomes Stress, wahrgenommene Arbeitsbelastung, Selbstmitgefühl, Flourishing, Achtsamkeit, Muße und impliziter negativer Affekt sowie in Fremdauskünften von Vorgesetzten und Kolleg*innen (d=0.29 bis d=0.88). Die beiden Gruppen unterschieden sich nicht in der Ausschüttung von Haarcortisol und anderen sekundären Outcomes.
Schlussfolgerung:
Assistenzärzt*innen, die an einem adaptierten ABP teilnahmen, zeigten im Vergleich zu einer Kontrollgruppe größere Verbesserungen in Burnout sowie in sekundären Outcomes zu Psychopathologie, Wohlbefinden und Behandlungsqualität.
P-03-08:
Medizindidaktischer Fortbildungsbedarf unter Psychiater:innen
J. Utz (Erlangen, DE)
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Autor:innen:
J. Utz (Erlangen, DE)
F. Baessler (Heidelberg, DE)
A. Zafar (Heidelberg, DE)
G. Kersten (Erlangen, DE)
C. Rauch (Engelthal, DE)
P. Spitzer (Erlangen, DE)
Hintergrund
Zur Konzeption eines entsprechenden Workshops führte das Referat Lehre der DGPPN Anfang 2022 eine digitale Umfrage zu Bedarf und Nachfrage von medizindidaktischer Weiterbildung durch.
Methoden
Per Email über die Universitäts- und Lehrkliniken wurden psychiatrische Ärzt:innen aller Ausbildungsstufen nach ihren Wünschen und Bedürfnissen befragt. Hierbei wurde neben demografischen Daten der aktuelle Ausbildungsstand, die Karriereziele, die erwünschten Inhalte sowie die Rahmenbedingungen eines Workshops erfragt.
Ergebnisse
31 Assistenz-, 36 Fach-, und 6 Chefärzt:innen beantworteten die Umfrage. Hierbei zeigten sich deutliche Unterschiede in den Kompetenzen, die erlernt werden wollen. Als am wichtigsten wurden hier „bedside teaching“ und „Fehlerkultur“ benannt. Insbesondere wenn akademische Karriereziele angeben wurden, wurde die eigene didaktische Kompetenz als wichtig eingeschätzt.
Diskussion
Während es offensichtlich einen Wunsch nach medizindidaktischer Weiterbildung gibt, sollte dieser ein vom medizinischen Ausbildungsstand homogenes Publikum ansprechen. Die Rahmenbedingungen sollten hierbei so niederschwellig und attraktiv wie möglich gehalten werden. Die Umsetzung des NKLM in den kommenden Jahren, mit didaktisch anspruchsvolleren Zielen könnte den Bedarf an geschultem Personal erhöhen.
P-03-09:
Intervention zur Förderung von Motivation und positivem Lernklima im Medizinstudium
N. Triebner (Erlangen, DE)
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Autor:innen:
N. Triebner (Erlangen, DE)
J. Utz (Erlangen, DE)
C. Rauch (Engelthal, DE)
G. Kersten (Erlangen, DE)
J. Kornhuber (Erlangen, DE)
P. Spitzer (Erlangen, DE)
Einleitung
Medizinstudierende sind durch das zu bewältigende Pensum und erwartete Leistungsniveau psychisch belastet. Unsere Studie untersucht, mit welchen Mitteln man für ein besseres Lernklima sorgen kann. Die Intervention basiert auf der Self-Determination Theory, die die Grundfaktoren der Motivation - Relatedness, Competence und Autonomy - fördern soll.
Methode
Das Blockpraktikum Psychiatrie dauert 5 Tage und schließt mit einer OSCE-Prüfung. Die ca. 150 Studierenden werden der Interventions- oder der Kontrollgruppe zugeteilt. Die Intervention besteht aus Gruppenaktivitäten zum Teambuilding, Gesprächs-/Blitzrunden, ausschließlich positivem Feedback und freierer Auswahl der Gesprächsaufgaben. Die Auswertung erfolgt mittels Fragebögen (SPQ, SRQ-L, IMI, PAS: LCQ, subjektives Stresserleben).
Ergebnisse
Die Auswertung der Fragebögen folgt am Ende des Sommersemesters. Die vorrangigen Parameter umfassen das Lernklima, die Motivation und das Stresserleben. Als Nebenbefund können zudem die Prüfungsergebnisse berücksichtigt werden, um eine Nutzen-Aufwand-Abschätzung zu treffen.
Schlussfolgerung
Ist die Intervention erfolgreich, würde sie einen Lösungsansatz bieten, dem steigenden Stoffumfang im Medizinstudium und der wachsenden psychischen Belastung didaktisch sinnvoll zu begegnen. Die nahende Einführung des NKLM wird den Bedarf hieran erhöhen. Die umfassenden Daten unserer Studie zum subjektiven Wohlbefinden und zum objektiven Lernerfolg werden eine umfassende Bewertung der Nützlichkeit zulassen.
P-03-10:
Kann jede:r helfen lernen? Trainingseffekte eines niedrigschwelligen, digitalen Erste-Hilfe-Kurses für die Seele
J. Kirsten (Dresden, DE)
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Autor:innen:
J. Kirsten (Dresden, DE)
T. Geithel (Dresden, DE)
J. Herbers (Dresden, DE)
Im Umgang mit psychischen Problemen wird zuerst das soziale Umfeld zu Rate gezogen, um Belastungen früh zu bewältigen oder Behandlungen aufzusuchen. Aufgrund der hohen Zahlen psychischer Erkrankungen wird fast jede Person mindesens einmal diese seelische Erste Hilfe leisten müssen. Die dafür notwendigen Grundkompetenzen sollten deshalb von möglichst vielen Menschen barrierearm erlernt werden können. Dieses Ziel verfolgt das niedrigschwellige Training “AufeinanderAchten”, welches seit Mai 2020 monatlich 20–40 Ersthelfende ausbildet. Bisherige Untersuchungen des Programmes dienten vorrangig inhaltlichen und methodischen Überarbeitungen, konnten Trainingseffekte jedoch nicht umfassend auf empirisch gestützten Konstrukten darstellen.
Teilnehmende (N=121) durchliefen ein kompaktes, von Peers moderiertes Onlinetraining von fünfstündiger Dauer. Die vorliegende Ergebnisevaluation ergänzt bisherige Untersuchungen mit Prä-Postdaten etablierter Konstrukte, objektiver Methoden für z.B. Stigma (Depression Stigma Scale, DSS) oder Handlungsfertigkeiten (Freunde in der Not Fragebogen, FNF) und exploriert mögliche Zielgruppeneffekte für Geschlecht, Alter, Vorwissen, Betroffenheit und vergangenes Hilfeverhalten.
Ergebnisse vorläufiger Untersuchungen deuten auf positive Trainingseffekte für Kompetenzerwerb (Handlungswissen,-fertigkeiten), soziale und motivationale Überzeugungen (z.B. Selbstwirksamkeit, Stigma, Prosozialität, Intention) und Einstellungen (Erwartungen, Schwierigkeit) hin. Einschränkungen der Universalität und Methodik werden diskutiert.
AufeinanderAchten verwirklicht barrierearm den effizienten Erwerb seelischer Erste-Hilfe-Kompetenzen und kann damit ein gesamtgesellschaftliches Mitwirken ermöglichen.
P-03-11:
The impact of mental health and sociodemographic characteristics on quality of life and life satisfaction during the second year of the COVID-19-pandemic – results of a population-based survey in Germany
A. Geprägs (Ulm, DE)
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Autor:innen:
A. Geprägs (Ulm, DE)
D. Bürgin (Ulm, DE)
J. Fegert (Ulm, DE)
E. Brähler (Mainz, DE)
V. Clemens (Ulm, DE)
A decreased quality of life was shown numerously for the beginning of the pandemic. However, it is important to identify persons who are at-risk for long-term impairments during the pandemic and its aftermath. Within this study, we aimed to investigate quality of life within a German population-representative sample during the second year of the pandemic. In a representative sample of 2,515 participants, of which 1,297 (51.6%) were female, with a mean age of M=50.09 (SD=18.05, Range=16-101), our results showed that the majority reported no change in quality of life at this state compared to before the pandemic. Associations were seen between higher life satisfaction and less depressive symptoms as well as less symptoms of anxiety, no pre-existing somatic and psychiatric disorder, higher income, no income loss during the pandemic, living with others and younger age. In contrast, in a high-risk group encompassing participants with lower quality of life, only mental health, pre-existing somatic disorders and living alone had significant associations to quality of life, while the other predictors showed no significant influence, indicating a smaller scope for improvement in the group with lower quality of life. Age, income loss and depressive symptoms predicted a decrease of quality of life since the beginning of the pandemic. Our results point out the importance of mental health for quality of life, especially in times of pandemic, and underline the need for low threshold mental health support.
P-03-12:
Moral Distress in deutschen Psychiatrien während der COVID-19-Pandemie
J. Guinaudeau (Münster, DE)
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Autor:innen:
J. Guinaudeau (Münster, DE)
P. Baier (Kiel, DE)
K. Kühlmeyer (München, DE)
C. Borzikowsky (Kiel, DE)
V. Witt (Rickling, DE)
A. Rogge (Kiel, DE)
Einführung: Moral Distress (MD) stellt eine psychische Reaktion auf moralisch herausfordernde Situationen dar und ist ein Konstrukt, dass in deutschen Psychiatrien bislang wenig untersucht wurde. Im Rahmen der COVID-19 Pandemie ist es zu neuartigen moralischen Herausforderungen im Gesundheitswesen gekommen. Ziel der durchgeführten Onlinebefragung war, Erkenntnisse über das Erleben und Auslöser von MD bei Ärzt:innen in der stationären psychiatrischen Versorgung zu erhalten.
Methode: Es wurde ein Online-Fragebogen entwickelt, in dem 26 Items zum Erleben von MD auf 5-stufigen Likert-Skalen sowie allgemeine Fragen zum Umgang mit der Pandemie und Auswirkungen auf den Arbeitsalltag gestellt wurden. Der Erhebungszeitraum war vom 17.11.20 - 06.05.21. Ein Link zur anonymen Teilnahme wurde deutschlandweit an 380 Chefärzt:innen stationärer psychiatrischer Kliniken zur klinikinternen Weitergabe versandt.
Ergebnisse: 105 vollständige Fragebögen wurden analysiert. 102 (97,1%) Teilnehmende gaben an, ihr Arbeitsalltag habe eine Änderung durch die Pandemie erfahren. Ebenfalls 102 (97,1%) gaben an, Kontakt zu Patient:innen, die aufgrund der Pandemie psychische Betreuung benötigten, zu haben. Im Mittel wurde die höchste Stressintensität angegeben für erschwerte Kommunikation durch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, Unsicherheit durch fehlende Evidenz der Empfehlungen im Umgang mit COVID-19 Verdachtsfällen und dadurch, dass die ärztliche Diagnostik, Beratung und Behandlung nicht am medizinischen Bedarf orientiert habe durchgeführt werden können.
Diskussion: Die Befragung zeigt vielfältige pandemiebedingte Veränderungen des Arbeitsalltages auf, die in MD resultieren. Zum besseren Verständnis werden Ursachen für MD in der befragten Stichprobe identifiziert und Forschungsdesiderate aufgezeigt.
Schlussfolgerung: MD stellt für Ärzt:innen in der stationären psychiatrischen Versorgung unter Pandemiebedingungen einen vernachlässigten Belastungsfaktor dar, der weiterer Forschung bedarf.
P-03-13:
Belastungen durch COVID-19 in der Psychiatrie – das Belastungserleben von Patienten und Fachpersonal
M. Pieper (Dortmund, DE)
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Autor:innen:
M. Pieper (Dortmund, DE)
H. Assion (Dortmund, DE)
B. Ueberberg (Dortmund, DE)
Im Laufe der Corona-Pandemie wurde nicht nur die allgemeine Gesundheitsversorgung auf die Probe gestellt, sondern speziell auch die psychologisch-psychiatrische Versorgung. Die Einführung von besonderen Hygieneregeln, die Umstellung auf Videotherapien, Krankheitsausfälle, das Ansteckungsrisiko u.v.m. legen eine außergewöhnliche Belastung sowohl des Fachpersonals als auch psychisch Erkrankter nahe. Um das Belastungserleben im Rahmen der Pandemie von verschiedenen Personengruppen im klinischen Alltag zu erfassen und potentielle Risiko- und Schutzfaktoren zu identifizieren, wurde in der LWL-Klinik Dortmund eine Befragung von Mitarbeitern und Patienten (mit Depressionen bzw. Schizophrenie) durchgeführt. Neben soziodemographischen Daten wurden Persönlichkeitsmerkmale (BFI, IE-4) sowie ein Fragebogen zur Erfassung des Belastungserlebens erhoben (Zeitraum 08/2021-05/2022). An der Umfrage haben 130 Patienten (Depression: n=65, Schizophrenie: n=65; ♀: n=67; Alter: ø 36-45 Jahre) und 253 Mitarbeiter (therapeutischer Dienst: n=60, Pflegedienst: n=136, sonstige Berufsgruppen: n=57; ♀: n=192; Alter: ø 36-45 Jahre) teilgenommen. Bzgl. der Persönlichkeit zeigen sich signifikante Unterschiede zwischen Patienten (höher: Neurotizismus) und Mitarbeitern (höher: Extraversion, Offenheit für Erfahrungen, Gewissenhaftigkeit). Zudem weisen Patienten signifikant höhere Ausprägungen in der externalen Kontrollüberzeugung auf, während bei Mitarbeitern die internale Kontrollüberzeugung stärker ausgeprägt ist. Bzgl. des Belastungserlebens gibt es deutliche Unterschiede (Informiertheit über das Virus/Angst um Angehörige/familiäre Auswirkungen – gesteigert bei Mitarbeitern; Angst um den Arbeitsplatz/Substanzkonsum – gesteigert bei Patienten). Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Persönlichkeitsmerkmale wie die externale Konstrollüberzeugung Einfluss auf das Belastungserleben in der Pandemie haben. In anstehenden Analysen sollen weitere mögliche Einflussfaktoren identifiziert werden.
P-03-14:
Resilienzfaktoren und Barrieren bei der Implementierung von Interventionen zur Unterstützung des medizinischen Personals in Zeiten von COVID-19: eine qualitative Untersuchung
T. Halms (Augsburg, DE)
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Autor:innen:
T. Halms (Augsburg, DE)
M. Kunz (Augsburg, DE)
M. Strasser (Augsburg, DE)
E. Täumer (München, DE)
P. Reicherts (Augsburg, DE)
G. Zerbini (Augsburg, DE)
S. Grundey (DE)
A. Hasan (Augsburg, DE)
I. Papazova (München, DE)
M. Ohmer-Kluge (DE)
Die COVID-19 Pandemie stellt eine erhebliche Belastung für die psychische Gesundheit der Beschäftigten im Gesundheitswesen dar. Die tatsächlichen Resilienzfaktoren und Bedürfnisse der Betroffenen sowie mögliche Barrieren bei der Implementierung von Interventionen wurden bislang allerdings nur unzureichend untersucht.
Im Rahmen einer qualitativen Untersuchung wurde medizinisches Personal zur Durchführung semistrukturierter Einzelinterviews bezüglich Ressourcen zur Stärkung der Resilienz sowie Barrieren für die Implementierung von Interventionen rekrutiert. Die Transkripte wurden mittels einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz ausgewertet.
Es wurden 21 Interviews mit Mitarbeiter:innen des ärztlichen und pflegerischen Personals der Universitätsmedizin Augsburg durchgeführt. Die Auswertung konnte zeigen, dass insbesondere die soziale Interaktion als hilfreiche Bewältigungsstrategie bewertet wird. Hinsichtlich vorhandener Wünsche sahen die befragten Pflegekräfte Verbesserungschancen vorrangig in den Handlungen ihrer Vorgesetzten, während für die befragten Ärzt:innen die Aufstockung des Personals als politische Maßnahme im Fokus stand. Die Auswertung legte zudem nahe, dass die vorhandenen Unterstützungsangebote trotz positiver Bewertung, u.a. aufgrund der Angst vor negativen Auswirkungen, häufig nicht in Anspruch genommen wurden. Die Angst vor dem Eingeständnis eigener Fehler sowie eine mangelnde Fehlerkultur könnten mögliche Ausgangspunkte für die Angst vor negativen Konsequenzen darstellen.
Die Ergebnisse legen nahe, dass das medizinische Personal ein möglichst breites Unterstützungsangebot benötigt, welches auf die Bedürfnisse der Berufsgruppen angepasst sein sollte. Die Auswertung liefert zudem Hinweise darauf, dass die im Krankenhaussystem vertretenen Haltungen einer kritischen Reflexion bedürfen. Weitere Untersuchungen sind erforderlich, um individuelle und strukturelle Barrieren sowie Strategien zur Optimierung der Arbeitsbedingungen zu erforschen.