13:30 Uhr
Austausch, Evidenz und Transparenz – Digitalisierung in der Depressionsbehandlung im digitalen FortschrittsHub DECIDE
H. Wiegand (Mainz, DE)
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Autor:innen:
H. Wiegand (Mainz, DE)
N. Momtahen (Mainz, DE)
E. Frenschkowski (Mainz, DE)
V. Pantle (Mainz, DE)
D. Riedinger (Mainz, DE)
M. Pilz0
T. Panholzer (Mainz, DE)
K. Lieb (Mainz, DE)
A. Scherrer0
Einführung: Probleme der psychiatrisch Routinebehandlungspraxis sind u.a. mangelnder Informationsaustausch in einem sektorisierten Versorgungssystem, lange und komplexe Behandlungsverläufe, unzureichende Evidenzorientierung bei zunehmend komplexem klinischen Wissen und mangelnde Einbeziehung der PatientInnen. Wie können digitale Lösungen diesen Problemen entgegenwirken?
Methode: Diskussion von Problemen im Versorgungssystem und Vorstellung von Konzeption und Herausforderungen des FortschrittsHubs DECIDE (Decentralized digital Environement for Consultation, data Integration, Decision making and patient Empowerement).
Ergebnisse/Diskussion: Im Rahmen des BMBF geförderten Digitalen FortschrittsHubs DECIDE entwickeln wir eine digitale Plattform mit folgenden Funktionen:
- klinische Daten digitalisieren, um longitudinale Behandlungsverläufe und -Pläne darzustellen und angesichts zunehmend komplexen Wissens ein transparentes decision support System umzusetzen, welches interessenunabhängig auf den aktuellen Leitlinien für Depressionen und wichtige Komorbiditäten basiert
- sicherer und transparenter Daten-Austausch und Zugriff in BehandlerInnen-Netzwerken
- PatientInnen über App/Weblösung auf Basis der PatientInnen-Leitlinien in diesen Austausch einbeziehen für Transparenz, Empowerment und kooperative Entscheidungsfindung
- langfristig verbesserte Behandlungsalgorithmen mittels Künstlicher Intelligenz auf Basis der digitalisierten Daten überprüfen
- schlanke Datenerfassung und Kompatibilität zu Abrechnungs-, Terminverwaltungs-, Befundverwaltungs- und Medikationsplan-Lösungen.
Schlussfolgerung: In Psychiatrie und Psychotherapie liegen große Chancen in der Digitalisierung klinischer Daten für transparenten Austausch zwischen BehandlerInnen und PatientInnen, Darstellung von Verläufen und Behandlungsplänen sowie evidenzbasierter Entscheidungsunterstützung. Herausforderung bleiben Kompatibilität und Erfassung komplexer Daten.
13:42 Uhr
Negative Effekte digitaler Intervention für Menschen mit Depression – Ergebnisse der Get.Started-Studie und aktuelle Literaturschau
C. Oehler (Leipzig, DE)
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Autor:innen:
C. Oehler (Leipzig, DE)
F. Görges0
C. Rummel-Kluge0
U. Hegerl0
Einführung: Während die Evidenz für die Wirksamkeit gerade begleiteter digitaler Interventionen bei Depressionen vielversprechend ist, sind mögliche negative Effekte (NE), bisher wenig untersucht. Wenn NE doch mitbetrachtet werden, dann meist in Form von reliabler Verschlechterung der Symptome, einem unzureichenden Maß, welches die Komplexität möglicher Nebenwirkungen nicht abbilden kann.
Methode: Dieser Vortrag bietet eine Übersicht über die aktuelle Literatur zu NE von digitalen Interventionen bei Depression und es werden Ergebnisse vorgestellt, die im Rahmen einer randomisierten kontrollierten Studie mit einer aktiven Kontrollbedingung an 347 Teilnehmenden erhoben wurden. Dabei wurden NE multimethodal erfasst über eine angepasste Version des Inventory of Negative Effects of Psychotherapy (Inventar der negativen Auswirkungen von Psychotherapie, kurz INEP), reliable Verschlechterungen der Stimmung sowie die Auswertung von Gesprächsnotizen.
Ergebnisse: Die Auswertung des INEP ergab deutlich höhere Raten von Teilnehmenden, die mindestens eine NE erlebten (30 % Intervention, 30,7 % Kontrolle) im Vergleich zur Analyse der reliablen Verschlechterungsraten (3,7 % Intervention, 6,2 % Kontrolle). Häufigste Inhalte der NE waren: sich nicht ernst genommen fühlen, Druck durch den Zeitplan der Intervention und Frustration über das Auftreten technischer Probleme.
Diskussion: Diese Ergebnisse sollten Behandler:innen bekannt sein, die digitale Interventionen begleiten. So kann in der Begleitung der digitalen Interventionen gezielt diesen NE entgegengewirkt werden. In der beschriebenen Studie traten NE jedoch größtenteils nur temporär auf und wurden von den Teilnehmenden als wenig schwerwiegend eingestuft. Im Vergleich zu Psychotherapie im persönlichen Kontakt scheinen NE bei digitalen Interventionen nicht vermehrt aufzutreten, was für eine gute Anwendbarkeit dieser Art der Interventionen spricht.
13:54 Uhr
Prädiktoren für anhaltende Trauer in einer internetbasierten Trauertherapie für Hinterbliebene von Suizidverstorbenen
V. Schmidt (Leipzig, DE)
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Autor:innen:
V. Schmidt (Leipzig, DE)
J. Treml (Leipzig, DE)
K. Linde (Leipzig, DE)
C. Peterhänsel (DE)
A. Kersting (Leipzig, DE)
Viktoria Schmidt, Julia Treml, Katja Linde, Carolin Peterhänsel, Anette Kersting
Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Universität Leipzig
Einleitung
Internetbasierte kognitiv-verhaltenstherapeutische Therapien (ICBT) zur Reduktion von anhaltender Trauer haben sich als wirksam für Hinterbliebene von Suizidverstorbenen erwiesen. Jedoch scheint das Ausmaß, in dem Patienten von der Therapie profitieren können, unterschiedlich zu sein. Diese Studie untersucht Prädiktoren für die anfängliche Trauer sowie die Veränderung der Trauersymptomatik nach der Teilnahme an einer ICBT für Hinterbliebene von Suizidverstorbenen.
Methodik
Daten stammen aus einer randomisierten Kontrollstudie, in der 57 Personen an einer 5-wöchigen Internettherapie teilnahmen. Diese umfasste 10 Schreibaufgaben, wobei die Behandlungsphasen „Selbstkonfrontation“, „kognitive Umstrukturierung“ und „Social Sharing“ durchlaufen wurden. Die Veränderung der Trauersymptomatik wurde anhand der Differenzwerte von Trauer zwischen Prä- und Post-Intervention berechnet.
Ergebnisse
Höhere Trauer vor der Intervention war mit einer schlechteren Schlafqualität (β=.32, p=.002), einem geringeren Selbstwertgefühl (β=-.37, p=.002), einer geringeren Suche nach Unterstützung (β=-.38, p=.006) und einem höheren Bedarf an sozialer Unterstützung (β=.28, p=.028) assoziiert. Eine höhere Trauerreduktion nach der Therapie wurde von höherer Selbstwirksamkeitserwartung (β=-.49, p=.001), höheren Werten im Ängstlichen Bindungsstil (β=-.31, p=.017) und höherer Trauersymptomatik vor der Intervention (β=-.39, p=.006) vorhergesagt.
Diskussion
Da die Intensität der Trauer, der Bindungsstil und ein positives Selbstbild das Ausmaß der Trauerreduktion nach einer ICBT beeinflussen, sollte auf diese Variablen in der Therapie geachtet werden. Um in der Internettherapie gezielt auf individuelle Faktoren der Patienten einzugehen, sind weitere Studien erforderlich.
14:06 Uhr
The robustness of the efficacy of digital interventions for anxiety: an umbrella review and multiverse meta-analysis
C. Plessen (Berlin, DE)
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Autor:in:
C. Plessen (Berlin, DE)
Background: Over the last decade, several meta-analyses and meta-reviews synthesized the evidence on the efficacy of digital mental health interventions for anxiety disorders—unfortunately with diverging conclusions. This leaves clinicians, researchers, and funding agencies with inconsistent recommendations.
Methods: To provide a birds-eye-perspective of the entire field we conducted an umbrella review and a multiverse meta-analysis. We investigated whether the meta-analytical method or the inclusion criteria were responsible for these differences, or whether most potential meta-analyses would reach similar conclusions.
Results: Our umbrella review included six meta-analyses with 84 primary studies. The included meta-analyses differed substantially in their AMSTAR-2 ratings, indicating heterogeneous quality. Our multiverse meta-analysis produced 1193 meta-analyses resulting from all possible analytical decisions. We identified several analytical decisions that consistently led to inflated effect size estimates. Larger effect sizes were found for the comparisons with wait-list control groups than for the comparisons with active control groups (mean Hedges g = 0.58 95% CI [0.40, 0.76] vs g = 0.26 95% CI [0.20, 0.42]). Larger effect sizes were found for digital interventions combining smartphone with internet interventions compared to standalone smartphone or internet applications. Meta-analyses that focused exclusively on guided interventions produced twice the effect sizes than meta-analyses on unguided interventions (g = 0.71, 95% CI [0.51, 0.90] vs g = 0.30, 95% CI [0.13, 0.47]).
Conclusion: We identified several analytical decisions that consistently led to inflated effect size estimates. However, we also found that most decisions did not disproportionately influence the resulting summary effect size estimates, which suggests that meta-analytical findings on digital interventions for anxiety are robust.