Die Gemeinschaft der Anonymen Alkoholiker (AA) wurde im Jahr 1935 gegründet und stellt seit langem eine weltweite Bewegung dar. Der Alkoholismus wird bei den AA als chronische Erkrankung verstanden, von der die Betroffenen mithilfe des 12-Schritte Programms genesen können. Spiritualität bzw. der Glaube an eine höhere Macht darf hier als das zentrale Element gelten. Des Weiteren kommt dem Leben in der Gemeinschaft bzw. dem Zusammenhalt in der Gruppe eine besondere Bedeutung zu. Die Effektivität der Arbeit der AA konnte mittlerweile durch zahlreiche Studien demonstriert werden – auch finden sich kritische Stimmen, die zu einem lebendigen Dialog beitragen. Corona traf die Anonymen Alkoholiker genauso unvorbereitet, wie zahlreiche andere. Die Gemeinschaft nahm die Herausforderung schnell an und entdeckte, dass diese neben dem Fluch auch Segen beinhaltete. Zwar gibt es bereits seit langem neben den Präsenzmeetings auch digitale Meeting, jedoch hat die Corona-Pandemie den Schwerpunkt sehr stark in Richtung digitaler Meetings ausgebaut. Dabei sind Fragestellungen wie Wertebetrachtung der AA vor dem Hintergrund der Veränderungen, oder Auswirkungen der Online-Meetings auf die Selbsthilfe kritisch zu hinterleuchten. Diese und ähnliche Schwerpunkte möchten wir in unserem Symposium auf der Basis von Erfahrungsberichten von Mitgliedern der AA bzw. gestützt auf wissenschaftliche Erkenntnisse gemeinsam thematisieren.
13:30 Uhr
Sachbetrachtung aus Sicht eines AA-Freundes
M. . (Hamburg, DE)
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M. . (Hamburg, DE)
Es ist tatsächlich so, dass der Ausbruch der Pandemie mit dem ersten Lock down im März 2020 von der Gemeinschaft der AA als Fluch wahrgenommen worden ist, da die gewohnten Meetings in ihrer jahrelangen geübten Form nicht mehr abgehalten und durchgeführt werden konnten. Jedoch entdeckte die Gemeinschaft schnell, wie auch das Arbeitsleben und alle anderen gesellschaftlichen Bereiche die „Segnungen“ des digitalen Zeitalters und begann die Möglichkeiten in Form von Videokonferenzen und weiteren Plattformen wie WhatsApp zu nutzen, die das Internet und digitale Welt bereitgestellt hatten. Dabei stellte sich schnell heraus, dass dies zu einem größeren Erfahrungsaustausch über die sonstigen lokalen Begrenzungen, ja sogar Landesgrenzen hinausführen konnte, da sich Freunde in einem Meeting plötzlich nicht nur ortsgebunden, sondern im wahrsten Sinne weltweit verbinden konnten, über alle Zeitzonen und Sprachgrenzen hinweg. Die durch Corona zunächst als Stillstand und Einschränkung empfundene Beschneidung wurde schnell als Ausweitung, Bereicherung und Segen empfunden. Auch heute nach Eintritt der Lockerungen und Rückkehr zu einem „normalen“ Leben und der Möglichkeit der Wiederaufnahme der körperlichen „face to face“ Meetings ist für die Gemeinschaft die Möglichkeit der parallelen Teilnahme an Meetings in der digitalen Welt über die vielfältigen Formen der geschaffenen Videokonferenzplattformen aber auch als Hybrid Meeting eine wesentliche weitere Stütze des gemeinsamen Genesungsweges geworden, der als gewaltige Erleichterung für die Teilnahme an Meetings, gerade auch im ländlichen Raum empfunden wird. Ohne die Corona bedingten Einschränkungen zunächst wäre diese Erweiterung in dieser schnellen Zeitspanne mit diesem Erfolg sicher nicht zu verwirklichen gewesen. Auch wenn es etwas schräg klingen mag: „wir sind als Gewinner aus der Krise hervor gegangen“.
14:00 Uhr
Corona – Fluch und Segen für die Anonymen Alkoholiker
F. . (Berlin, DE)
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F. . (Berlin, DE)
Der Vortrag möchte sich anhand miteinander zusammenhängender Eigenschaften der Anonymen Alkoholikern (AA) sich diesen von einer sozialwissenschaftlichen Warte aus nähern. Der Fluchtpunkt wird die Gruppe innerhalb der Pandemie sein.
Neben den 12 Schritten der AA sind die 12 Traditionen die zweite Säule, die das Dach der AA tragen. Diese eröffnen einen weiten Rahmen der Gruppeninteraktion. Aus einer streng soziologischen Sichtweise sind die Gruppen einzigartig. Obwohl diese einen stark informellen Charakter haben und so von kurzer Dauer sein müssten, gibt es sie seit bald 100 Jahren, mittlerweile auf der ganzen Welt – mit einer wachsenden Zahl an Freunden.
Genesung innerhalb der Sucht wird bei den AA als ein Zusammenspiel zwischen der Arbeit der*s Einzelnen und der Gruppe verstanden. Die Tiefe dieser Beziehung des Menschen mit der Gruppe wird von jeder*m selbst bestimmt. Das spiegelt sich auch in den Erfahrungen der Videokonferenzgruppen wider. Dabei ist, analog zur restlichen Gesellschaft, der Umgang mit den interaktiven sozialen Räumen im Netz nicht unabhängig vom Verhalten der Menschen zu betrachten. Es gibt Hinweise, dass Hybride Lösungen hier gute Arbeit leisten.
14:30 Uhr
Erfahrungsbericht zum Thema einer AA-Freundin
K. . (Duisburg, DE)
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K. . (Duisburg, DE)
Die Auswirkungen von Corona waren bei uns deutlich spürbar, zwangen uns aber neu zu denken. Viele Freunde haben Angst vor Ansteckung und kommen nicht mehr ins Meeting. Der Wegfall persönlicher Begegnungen, sowie das Miteinander ist gravierend, viele Freunde vereinsamen. Meetingräume werden von den Vermietern geschlossen, aufgrund der Pandemie. In Duisburg wird durch große Unterstützung des Vermieters die Möglichkeit gefunden einige Räume offen zu lassen. Die Hilfsbereitschaft der Gruppen untereinander ist sehr groß, sodass durch gegenseitige Unterstützung Meetings erhalten werden können. Als Segen wird das Angebot der digitalen Meetings empfunden. Ein großes Geschenk für uns. Das Angebot ist so groß wie nie. Wir können uns jetzt weltweit vernetzen, viele neue Freunde kommen zu uns, vor allem junge Leute. Ich sehe das Wachstum von Sponsorschaft, dies ist ein ganz großes Thema. Viele Freunde von uns gehen in die digitalen Meetings. Als besondere Meetingform gibt es das Hybridmeeting. Hier entstehen weitere Möglichkeiten die Präsenzmeetings, als auch die digitalen Meetings zusammenzuführen.