„Salus aegroti suprema lex“ – das Wohl des Patienten als zentraler Leitgedanke ärztlichen Handelns hat die Medizin Jahrtausende lang wesentlich bestimmt. Sowohl medizinethische wie medizinrechtliche Entwicklungen der letzten Jahrzehnte haben allerdings Autonomie und Selbstbestimmung immer mehr zu einem zumindest gleichwertigen Handlungsmaßstab werden lassen. In jüngster Zeit nimmt insbesondere die Entwicklung des Rechts eine Wendung, die das Wohl des Patienten als eigenständiges Ziel ärztlichen Handelns sogar gänzlich infrage zu stellen scheint. Dies zeigt sich z. B. an der UN-BRK und dem ab 2023 gültigen neuen Betreuungsrecht, die beide den Begriff des Patientenwohls ganz vermeiden. Aber auch die Diskussion zum assistierten Suizid oder zu geschlechtsangleichenden Interventionen bei Minderjährigen stellen das Wohl des Patienten als eine eigenständige, vom Willen des Patienten unabhängige Perspektive ernstlich infrage. Es scheint deshalb an der Zeit, gerade mit Blick auf Psychiatrie und Psychotherapie zu diskutieren, ob das Patientenwohl weiterhin eine eigenständige, unabhängige und valide Grundlage medizinischer Entscheidungen sein kann, und wenn, unter welchen Umständen und Bedingungen. Dies soll in diesem Symposium geschehen, wobei die ethische Perspektive Georg Marckmann aus München, die juristische Volker Lipp aus Göttingen und die klinisch-psychiatrische Thomas Pollmächer aus Ingolstadt darstellen.