Raum:
Saal Paris 1 (Stream/on Demand)
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 12: Epidemiologie, Risikofaktoren und krankheitsübergreifende Mechanismen
Stream/on Demand
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
Einsamkeit und das Erleben sozialen Ausschlusses sind universale Phänomene, die sich negativ auf die Gesundheit auswirken. Während Einsamkeit das Gefühl fehlender Verbundenheit mit anderen beschreibt, umfasst sozialer Ausschluss die Erfahrung einer intendierten oder unabsichtlichen Zurückweisung durch andere. Einsamkeit und sozialer Ausschluss tragen zur Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Erkrankungen bei. Trotz ihrer hohen Relevanz werden beide Phänomene in der psychiatrischen Forschung, aber auch in Psychotherapie und Versorgung nur unzureichend berücksichtigt. In vier Vorträgen wird die Bedeutung von Einsamkeit und sozialem Ausschluss bei psychischen Erkrankungen durchgearbeitet.
Im ersten Vortrag wird Susanne Bücker die Auswirkungen eines dimensionalen vs. kategorialen Einsamkeitskonzepts auf die psychische Gesundheit sowie auf eine mögliche Selbst- und Fremdstigmatisierung vorstellen. Aus ihren Ergebnissen lassen sich psychoedukative und Public Policy Empfehlungen zur Sensibilisierung für den öffentlichen Umgang mit Einsamkeit ableiten. Im zweiten Vortrag wird Johannes Heekerens aktuelle Ergebnisse aus Labor- und Experience Sampling Studien zu den emotionalen und behavioralen Konsequenzen sozialen Ausschlusses bei Menschen mit psychischen Störungen, insbesondere Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) und Depression, und ein daraus entwickeltes Störungsmodell vorstellen. Im dritten Vortrag führt Matthias Reinhard die Phänomene von sozialem Ausschluss und Einsamkeit zusammen und wird aktuelle Ergebnisse bei Menschen mit BPS und persistierender depressiver Störung mit Bezug zu frühen Erfahrungen von Belastung und Trauma zeigen, die Anknüpfungspunkte für therapeutische Ansätze bieten. Im vierten Vortrag wird Tobias Krieger schließlich erste Ergebnisse einer randomisierten kontrollierten Studie zu einem niederschwelligen internetbasierten Selbsthilfeprogramm gegen Einsamkeit (SOLUS-D) mit zwei Interventions- und einer Wartekontrollgruppe vorstellen.
10:15 Uhr
Wie (un)normal ist Einsamkeit? Zusammenhänge zwischen Einsamkeitskonzepten und Stigmatisierungserfahrungen sowie deren Konsequenzen für die psychische Gesundheit
S. Bücker (Bochum, DE)
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Autor:in:
S. Bücker (Bochum, DE)
Diese experimentelle Studie untersucht, wie sich verschiedene Konzepte von Einsamkeit auf die Selbst- und Fremdstigmatisierung von einsamen Menschen auswirken und wie diese Stigmatisierungen mit psychischer Gesundheit zusammenhängen. Zur Erfassung der Selbst- und Fremdstigmatisierung von Einsamkeit wurden zwei Skalen entwickelt und validiert. Im Rahmen einer experimentellen Manipulation wird den Probanden (N = 600) randomisiert eines von zwei möglichen Einsamkeitskonzepten vorgestellt (dimensional vs. kategorial). Eine dritte Gruppe erhält keine Vorabinformationen zu Einsamkeit. Anschließend werden alle Probanden gebeten, Einschätzungen zu anderen einsamen Menschen sowie zum Umgang mit eigenen Einsamkeitsgefühlen abzugeben. Darüber hinaus werden verschiedene Indikatoren psychischer Gesundheit (Stress, Angst, Depression) erfasst. Es wird angenommen, dass ein dimensionales Einsamkeitskonzept („Jeder Mensch ist mehr oder weniger einsam.“) im Vergleich zu einem kategorialen Einsamkeitskonzept („Entweder man ist einsam oder man ist „normal“) zu weniger Selbst- und Fremdstigmatisierung führt und darüber vermittelt mit einer besseren psychischen Gesundheit (d.h. weniger Stress, Angst, Depression) einhergeht. Die Ergebnisse der Studie werden vor dem Hintergrund von Psychoedukation und möglichen Public Policy Empfehlungen zur Sensibilisierung für und zum öffentlichen Umgang mit Einsamkeit sowie zur Stärkung psychischer Gesundheit diskutiert.
10:37 Uhr
Sozialer Ausschluss bei Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung und Depression: neue Erkenntnisse aus Experience Sampling Studien
J. Heekerens (Berlin, DE)
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Autor:in:
J. Heekerens (Berlin, DE)
Sozialer Ausschluss ist ein wichtiger psycho-sozialer Einflussfaktor bei der Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Störungen. In diesem Vortrag wird ein Modell zum Zusammenhang zwischen sozialem Ausschluss und psychischen Erkrankungen vorgestellt. Anschließend werden aktuelle Ergebnisse aus Labor- und Experience Sampling Studien zu den emotionalen und behavioralen Konsequenzen sozialen Ausschlusses bei Menschen mit psychischen Störungen, insbesondere Borderline-Persönlichkeitsstörung und Depression, diskutiert. Abschließend wird auf die Rolle von Erwartungen bezüglich sozialen Ausschlusses (rejection sensitivity) eingegangen. Ergebnisse einer aktuellen Experience Sampling Studie bei Menschen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung und Depressiven Störungen werden vorgestellt.
10:59 Uhr
Einsamkeit und sozialer Ausschluss bei Menschen mit persistierender depressiver Störung und Borderline-Persönlichkeitsstörung: Bezug zu frühen Belastungen
M. Reinhard (München, DE)
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Autor:innen:
M. Reinhard (München, DE)
B. Barton (DE)
T. Nenov-Matt (DE)
R. Musil (DE)
A. Jobst (DE)
F. Padberg (DE)
Patient*innen mit Borderline Persönlichkeitsstörung und Patient*innen mit einer persistierenden depressiven Störung berichten im Alltag gehäuft das Erleben von Einsamkeit und sozialer Ablehnung bzw. sozialem Ausschluss. Beide Phänomene tragen zur Schwere und Aufrechterhaltung bei und scheinen in einer engen Wechselwirkung zu stehen. Auch biographisch berichten Patient*innen gehäuft Erlebnisse des Ausgeschlossen Werdens, emotionale Vernachlässigung und emotionaler Missbrauch, die u.a. mit einer erhöhten Zurückweisungssensibilität assoziiert sind und zum Erleben von Einsamkeit beitragen. Experimentell kann sozialer Ausschluss mittels des Cyberball-Paradigmas – einem virtuellen Ballspiel, bei dem die Studienteilnehmenden aus dem Spiel ausgeschlossen werden – induziert werden. Während des Paradigmas wird die behaviorale und emotionale Reaktion (inklusive Einsamkeit) auf sozialen Ausschluss gemessen. Im Vortrag sollen u.a. die Befunde einer Stichprobe mit N = 34 Patient*innen mit persistierend depressiver Störung und N = 36 Patient*innen mit Borderline Persönlichkeitsstörung sowie einer Kontrollgruppe mit N = 70 Proband*innen vorgestellt werden. Patient*innen berichteten u.a. mehr Einsamkeit und ein stärkeres Gefühl des sozialen Ausschlusses als Kontrollproband*innen, was wiederum mit Erfahrungen emotionaler Vernachlässigung und emotionalen Missbrauchs sowie Zurückweisungssensibilität assoziiert war. In einem theoretischen Modell soll auf das Wechselspiel von sozialem Ausschluss und Einsamkeit eingegangen werden. Zudem sollen abschließend therapeutischen Perspektiven aufgezeigt werden.
11:21 Uhr
Erste Ergebnisse einer randomisiert-kontrollierten Studie zu internetbasierter Selbsthilfe bei chronischer Einsamkeit (SOLUS-D)
T. Krieger (Bern, CH)
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Autor:innen:
T. Krieger (Bern, CH)
A. Skoko (CH)
A. Käll (SE)
G. Andersson (SE)
M. Luhmann (DE)
T. Berger (CH)
N. Seewer (CH)
Chronische Einsamkeit ist ein verbreitetes Phänomen, welches wiederholt mit beeinträchtigter psychischer und physischer Gesundheit in Verbindung gebracht wurde. Bisher gibt es nur wenig Forschung zu niederschwelligen Interventionen auf individueller Ebene, die Einsamkeit wirksam zu reduzieren vermögen. Ziel der vorliegenden Studie ist es, die (langfristige) Wirksamkeit eines niederschwelligen internetbasierten Selbsthilfeprogramms gegen Einsamkeit (SOLUS-D) zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurden 243 einsame erwachsene Personen aus der Allgemeinbevölkerung zufällig entweder einer der beiden Interventionsgruppen (SOLUS-D mit Guidance oder SOLUS-D ohne Guidance) oder einer Wartekontrollgruppe zugewiesen. Primäres Outcomemass ist Einsamkeit, sekundäre Masse beinhalten u.a. depressive Symptome, Selbstwert und Lebenszufriedenheit. Im aktuellen Vortrag wird das Online-Programm vorgestellt, erste Ergebnisse zu primären und sekundären Outcomes zum Post-Zeitpunkt dieser randomisiert-kontrollierten Studie berichtet und die Ergebnisse auf dem Hintergrund bisheriger Forschung zum Thema diskutiert.