Mit dem Urteil vom 26.2.2020 durch das Bundesverfassungsgericht zum assistierten Suizid wurde eine richtungsgebende Entscheidung in Bezug auf den assistierten Suizid gefällt, welches maßgebliche Einflüsse auf die psychosozialen Gesundheitsberufe hat. Insbesondere für die Psychiatrie und die Psychotherapie stellt der assistierte Suizid eine individuelle und gesellschaftliche Herausforderung dar. In dem Symposium sollen demzufolge wichtige Aspekte des assistierten Suizides in Bezug auf die Betroffenen selbst, gesellschaftliche Einstellungen, und die Perspektive der Hinterbliebenen präsentiert werden. Im ersten Vortrag sollen die Ergebnisse einer bevölkerungsbasierten Studie in Deutschland zum Thema assistierten Suizid und Suizidprävention vorgestellt werden. Die zweite Präsentation beschäftigt sich mit Todeswünschen bei Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener terminaler Erkrankung. Die beiden letzten Vorträge beschäftigen sich mit dem assistierten Suizid aus der Perspektive der Hinterbliebenen. Eine Studie aus den Niederlanden wird die Trauererfahrung nach einem Suizid oder ärztlichen Suizid aufgrund einer psychischen Erkrankung vorstellen. Der abschließende Vortrag wird im Rahmen eines Überblicks die psychischen Folgen eines assistierten Suizides für die Hinterbliebenen präsentieren. Klinische und praktische Handlungsoptionen der vorgestellten Ergebnisse werden in der abschließenden Diskussion dargestellt.
13:30 Uhr
Einstellungen zum assistierten Suizid in Deutschland: Ergebnisse einer bevölkerungsbasierten Befragung
R. Lindner (Kassel, DE)
13:52 Uhr
Todeswünsche bei Patient:innen mit fortgeschrittener Krebserkrankung: qualitative Analyse der Managing Cancer And Living Meaningfully (CALM) Psychotherapiestudie
A. Mehnert-Theuerkauf (Leipzig, DE)
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Autor:innen:
A. Mehnert-Theuerkauf (Leipzig, DE)
R. Elliesen (DE)
H. Glaesmer (DE)
Hintergrund
Gedanken an und die Auseinandersetzung mit dem Tod sowie Todeswünsche sind bei Krebspatienten nicht ungewöhnlich. Todeswünsche können Ausdruck des Wunsches nach Kontrolle in einer als unkontrollierbar erlebten Situation und ihrer Verarbeitung sein, aber auch Ausdruck einer depressiven Störung oder des tatsächlichen Wunsches zu sterben (u.a. „Wish to hasten death“) und damit im Wunsch nach Sterbehilfe, assistiertem Suizid, Suizidgedanken oder suizidalen Handlungen münden.
Ziele
Ziel dieser Studie ist die Erfassung der Häufigkeit von Todeswünschen und die explorative Analyse von Motiven für das Vorliegen eines Todeswunsches, die von Patienten mit einer fortgeschrittenen, nicht heilbaren Krebserkrankung geäußert werden.
Methode und Studienteilnehmer
Im Rahmen der randomisiert-kontrollierten Psychotherapiestudie Managing Cancer and Living Meaningfully (CALM) wurden N=228 transkribierte Psychotherapiegespräche von 76 Patienten hinsichtlich des Themas Todeswunsch explorativ analysiert und kategorisiert.
Ergebnisse
Es wurden 20 Sitzungen von 16 Patienten identifiziert, in denen Aussagen zu Todeswünschen präsent waren, was 21% der Stichprobe entspricht (75% Frauen, Alter M=64 Jahre, Spanne: 49-79 Jahre). Mithilfe ihrer Beschreibungen wurden zwei Dimensionen identifiziert: (1) Gründe für Todeswünsche mit sieben Unterkategorien (Vermeidung von Schmerz und Leid, Kontrolle und Selbstbestimmung erhalten, körperlicher Abbau und Begrenzungen im Alltag, Angst vor Siechtum, Leben nicht mehr lebenswert, Gefühl der Lebensvollendung und alles getan zu haben, fehlende Zukunftsperspektiven) sowie (2) der Grad des mit dem Todeswunsch verbundenen Handlungsdrucks.
Diskussion
Die Ergebnisse stimmen mit Theorien zu Todeswünschen bei Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung überwiegend überein. Die Gründe dürften in der Therapie größtenteils bearbeitbar sein und der Grad des Handlungsdrucks kann Aufschluss über die Notwendigkeit einer Intervention geben.
14:14 Uhr
Bereaved partners’ grief following suicide or physician-assisted dying due to a mental disorder: findings from a mixed methods study
G. Smid (Utrecht, NL)
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Autor:innen:
G. Smid (Utrecht, NL)
M. Snijdewind (NL)
G. Casteelen (NL)
P. Boelen (NL)
J. De Keijser (NL)
Previous research has provided insight into the grief of suicide survivors, but little is known about grief following physician-assisted dying (PAD), specifically PAD due to a mental disorder. The current study aims to increase insight into experiences preceding PAD or suicide of a loved one due to a mental disorder and their impact on mental health symptoms, grief experiences and social reactions.
We performed a survey study and in-depth interviews with 27 bereaved life partners. The deceased had been in treatment for mental disorders and had died by PAD (n = 12) or suicide (n = 15). Interviews explored grief experiences, experiences with mental health care, and social reactions. In the survey, we assessed self-reported grief reactions and symptoms of grief, posttraumatic stress, anxiety, and depression.
Compared to suicide, physician-assisted dying was associated with less severe grief experiences of the bereaved partners. All participants reported generally low levels of mental health symptoms. Longer time since death and death by PAD were associated with lower grief intensity. Participants reported that others rarely understood the suffering of their deceased partners and sometimes expected them to justify their partners’ death. Following physician-assisted dying, the fact that the partner’s euthanasia request was granted, helped others understand that the deceased person’s mental suffering had been unbearable and irremediable.
Expectedness of the death of the partner, absence of suffering of the partner at the time of dying, and presence of physician support may in part explain the protective effects of PAD against severe grief reactions. We propose looking beyond the dichotomy of PAD versus suicide when studying grief following the intentional death of people suffering from a mental disorder, and considering other important aspects, such as expectedness of the death, suffering during it, and partners’ presence during the death.
14:36 Uhr
Folgen eines assistierten Suizids für hinterbliebene Angehörige
B. Wagner (Berlin, DE)
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Autor:in:
B. Wagner (Berlin, DE)
Hintergrund: Der Tod durch assistierten Suizid oder Euthanasie ist häufig Thema politischer und ethischer Diskussionen. Während bei der Debatte um die Sterbehilfe meistens die Sterbewilligen im Fokus stehen, gibt es nur wenige Studien, welche die Folgen von Sterbehilfe auf die hinterbliebenen Angehörigen untersuchten.
Methode: Studien mit Angehörigen, die einen Menschen durch assistierten Suizid verloren haben, mit einem Fokus auf die psychischen Gesundheit, insbesondere der posttraumatischen Belastungsstörung und die anhaltenden Trauerstörung, wurden eingeschlossen.
Ergebnisse: Erste Ergebnisse werden berichtet und klinische und praktische Handlungsempfehlungen werden gegeben und diskutiert.