Metabolische und immunologische Faktoren spielen nicht nur eine Rolle im Energiehaushalt und bei der Abwehr von Infektionserkrankungen, sie sind wichtige Kommunikationsstoffe zwischen dem Körper und dem Gehirn. So greifen metabolische Substanzen regulierend in den epigenetischen Stoffwechsel z. B. im neuronalen neurotrophen System ein und können damit die Neuroplastizität im ZNS günstig beeinflussen. Die Bedeutung von immunologischen Faktoren bei der Entstehung von psychischen Erkrankungen wurde lange vermutet und konnte zuletzt am Beispiel der antikörpervermittelten ZNS Erkrankungen untermauert werden.
In dem Symposium werden neue Studien zur Bedeutung von Immunfaktoren (N. Opels) und metabolischen Faktoren (T. Frodl) bei affektiven Störungen vorgestellt. J. Steiner und D. Endres berichten über den derzeitigen Stand zu antikörpervermittelten psychischen Erkrankungen
08:52 Uhr
Übergewicht als modulierender Faktor der Hirnphysiologie bei psychischen Erkrankungen
N. Opel (Jena, DE)
09:36 Uhr
Wechselwirkung zwischen Immunsystem, Tryptophan- und Glukosestoffwechsel bei Schizophrenie
J. Steiner (Magdeburg, DE)
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Autor:in:
J. Steiner (Magdeburg, DE)
Glukosestoffwechsel-Störungen und die Entwicklung eines metabolischen Syndroms tragen zu einer Verkürzung der Lebenserwartung von Menschen mit Schizophrenie bei. Dieser Zusammenhang kann auf einen ungesunden Lebensstil, Nebenwirkungen atypischer antipsychotischer Medikamente oder auf eine krankheitsimmanente Störung der Insulin-Signaltransduktion zurückzuführen sein. Darüber hinaus haben zahlreiche Studien auf Veränderungen im Immunsystem bei Patienten mit Schizophrenie beobachtet. Beispielsweise scheinen erhöhte Blut-Konzentrationen von Interleukin (IL)-6, Tumornekrosefaktor-α (TNF-α), einem löslichen Zytokinrezeptor (sIL-2R) und einem Zytokinrezeptorantagonisten (IL-1RA) Marker der akuten Erkrankung zu sein. Erhöhtes IL-1β und sIL-2R wurden hingegen bei chronischer Schizophrenie gefunden. Dieses systemisch-entzündliche Milieu kann zusammen mit hirnlokal unterschiedlichen Veränderungen des Tryptophan-Metabolismus in Astrozyten und Mikrogliazellen Schizophrenie-assoziierte Störungen der glutamatergen Neurotransmission weiter verstärken.
Im Vortrag wird das “Henne-Ei-Dilemma“ diskutiert, ob 1.) primär eine gestörte zerebrale Glukoseverwertung im Sinne der “selfish brain“-Theorie zu sekundären Störungen des peripheren Glukosestoffwechsels, einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen und begleitenden inflammatorischen Veränderungen bei Schizophrenie führt. Oder ob 2.) primär Immunmechanismen an der Pathogenese der Schizophrenie beteiligt sind und sekundär zu Störungen des Glukosestoffwechsels führen. 3.) Alternativ könnten gemeinsame zugrunde liegende Faktoren für das gleichzeitige Auftreten von Störungen des Glukosestoffwechsels und des Immunsystems bei einer Patienten-Subgruppe verantwortlich sein – vergleichbar mit dem Begriff der “immuno-metabolischen Depression“, der von B. Penninx und F. Lamers (Medizinische Universität Amsterdam) im Kontext “atypische Depression“ (gemäß DSM-IV bzw. V) geprägt wurde.