Psychedelika gehören zu den potentesten und ungewöhnlichsten neuropsychopharmakologischen Substanzen. Vorläufige Studienergebnisse sowie das Interesse der Regulierungsbehörden legen nahe, dass manche Psychedelika wie Psilocybin (die psychedelisch-wirkende Substanz in halluzinogenen Pilzen) und MDMA (häufiger Hauptbestandteil von Ecstasy-Pillen) bald wieder in der Psychiatrie Anwendung finden könnten. In diesem Symposium werden verschiedene psychedelische Substanzen sowie deren Neurobiologie dargestellt. Im Fokus steht dabei der Stand der Forschung im Hinblick auf die Wirksamkeit und Sicherheit sowie der mögliche klinische Nutzen von Psychedelika. PD Dr. Müller, Leiter des Klinischen Forschungsbereichs für substanzgestützte Therapie in den Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel, wird eigene Studienergebnisse zu LSD bei Gesunden und Patient:innen vorstellen und einen Überblick über die Substanz geben. Dr. Scheidegger PhD, MA, Leiter der Arbeitsgruppe „Psychedelic Research & Therapy Development“ in der Psychiatrische Universitätsklinik Zürich, wird den aktuellen Forschungsstand sowie eigene Daten zu DMT/Ayahuasca präsentieren. Laura Bechtold MSc. Psych., Studientherapeutin in der Arbeitsgruppe Pharmakopsychotherapie der Charité-Universitätsmedizin Berlin, wird den Stand von klinischen Studien mit Psilocybin und MDMA zusammenfassen und durch eigene Erfahrungen in der therapeutischen Nutzung von Psilocybin bei therapieresistenter Depression sowie MDMA bei der posttraumatischen Belastungsstörung ergänzen. Die wissenschaftlichen, therapeutischen und ethischen Herausforderungen und Fallstricke bei der Nutzung von Psychedelika in der Therapie werden dabei skizziert. Außerdem wird die stark kontextabhängige Wirkung dieser Substanzklasse diskutiert, da sie Fragen nach dem Wirkmechanismus der Psychedelika-gestützten Therapie aufwirft. Nicht zuletzt wird es in diesem Symposium darum gehen, wie Psychiatrie und Psychotherapie in der Zukunft aussehen könnten.
10:15 Uhr
LSD – Phase-I und Studien bei Angststörungen und Depression
F. Müller (Basel, CH)
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Autor:in:
F. Müller (Basel, CH)
Historisch gesehen ist LSD das in der psychiatrischen Forschung am häufigsten angewandte und erforschte Halluzinogene. Auch heute ist LSD wieder Gegenstand von klinischen Studien und wird als möglicher Behandlungsansatz für gleich mehrere psychische Erkrankungen diskutiert. Dieser Vortrag fasst die Ergebnisse der modernen Studien zusammen, insbesondere im Hinblick auf ihre Relevanz für die potentielle klinische Anwendung von LSD.
Seit 2014 wurde der Universität Basel im Rahmen von Phase-I-Studien die Wirkung von LSD bei ca. 200 gesunden Personen untersucht. Insgesamt zeigten die Ergebnisse dieser kontrollierten Studien, dass die Anwendung im Rahmen von klinischen Studien sicher und die Verträglichkeit gut ist. Auch ergaben sich erste Hinweise zu Dosis-Wirkungsbeziehungen, die für die klinische Anwendung von grosser Relevanz sind und frühere Dosierungsschemata eher in Frage stellen.
Neben diesen Untersuchungen wurde vor kurzem auch die erste grosse modernen Phase-II-Studie abgeschlossen. Diese Studie untersuchte die Sicherheit und Effektivität von LSD bei PatientInnen mit Angsterkrankungen bzw. mit Ängsten im Rahmen von potentiell lebensbedrohlichen somatischen Erkrankungen. 42 PatientInnen erhielten im Rahmen eines randomisierten, doppelblinden Crossover-Design zweimalig eine hohe Dosis LSD und Placebo. Eingebettet war dies in eine intensive therapeutische Begleitung, die auch mehrere Vor- und Nachgespräche umfasste. Insgesamt zeigte sich eine signifikante und anhaltende Reduktion von Angst und depressiver Symptomatik. Die Verträglichkeit war gut. Zuletzt wird noch kurz eine randomisierte, doppelblinde, Placebo-kontrollierte Studie zur Behandlung von depressiven Erkrankungen mit LSD vorgestellt, die aktuell in Basel abgeschlossen wurde.
10:45 Uhr
Neurobiologische Effekte von DMT und Ayahuasca und deren Relevanz für Psychotherapie
M. Scheidegger (Zürich, CH)
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Autor:in:
M. Scheidegger (Zürich, CH)
Der klinisch-experimentelle Einsatz von Psychedelika zur Behandlung von Abhängigkeitserkrankungen, Stress- und Traumafolgestörungen sowie Angststörungen und Depressionen wird seit einigen Jahren wieder vermehrt wissenschaftlich untersucht.
Eine neue Wirkstoffklasse glutamaterger und serotonerger Substanzen wie Ketamin, Psilocybin, DMT und Ayahuasca zeigen einen raschen Wirkungseintritt und nachhaltige Effekte im Rahmen von nur wenigen Verabreichungen. Dieser Behandlungsansatz beruht nicht auf einer längerdauernden pharmakologischen Substitution von Neurotransmittern, sondern zielt als transformationsorientiertes Paradigma auf die rasche Veränderung dysfunktionaler neuronaler Regelkreise ab.
In diesem Vortrag wird die adaptogene Wirkung der indigenen Pflanzenmedizin „Ayahuasca“ aus neurowissenschaftlicher Perspektive dargestellt. Relevante Wirkfaktoren werden im Hinblick auf eine pharmakologische Augmentation psychotherapeutischer Prozesse diskutiert. Die Translation neuester Entwicklungen aus der experimentellen Forschung in die klinische Praxis wird hinsichtlich Möglichkeiten, Grenzen und Risiken sowie den gesetzlichen Rahmenbedingungen reflektiert.
11:15 Uhr
Klinische Studien mit Psilocybin und MDMA – aktueller Stand
L. Bechtold (Berlin, DE)
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Autor:in:
L. Bechtold (Berlin, DE)
Klinische Studien mit Psilocybin und MDMA – aktueller Stand
Psilocybin zählt als serotonerges Psychedelikum zu den „klassischen Psychedelika“ und wird derzeit für verschiedene Anwendungsgebiete erforscht. Das Spektrum reicht dabei von depressiven Störungen, Anpassungsstörungen und Zwangsstörungen bis hin zu Anorexia nervosa, Schmerzstörungen, und Substanzgebrauchsstörungen. Neben Psilocybin kommt derzeit auch MDMA vermehrt in klinischen Studien zum Einsatz. Auf Basis der aktuellen Datenlage ist Ende 2023 in den USA mit einer Zulassung der MDMA-gestützten Psychotherapie zur Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung zu rechnen. In Abgrenzung zu den sogenannten klassischen Psychedelika ist das sogenannte Entaktogen jedoch hauptsächlich aufgrund seiner vertrauensfördernden, stimmungsaufhellenden und angstlösenden Effekte von Interesse für die klinische Forschung. Sowohl bei der Psilocybin- als auch der MDMA-gestützten Therapie ist die Gabe der Substanz eng mit dem psychotherapeutischen Prozess verbunden und wird intensiv vor- und nachbereitet.
Dieser Vortrag soll einen Überblick über den Stand der Forschung und potenzielle Indikationen für die Psilocybin- und MDMA-gestützte Psychotherapie geben. Dabei werden die Besonderheiten und Herausforderungen dieser Therapieform beleuchtet sowie Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Therapie mit Psilocybin vs. MDMA erörtert. Zum Abschluss soll ein Einblick in die eigene therapeutische Erfahrung mit substanzgestützter Therapie im Rahmen von klinischen Studien den Ablauf einer solchen Therapie veranschaulichen.