Die Behandlung schwerer psychischer Erkrankungen ist eine der größten Herausforderungen im klinischen Alltag. Obschon die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) klinisch und wissenschaftlich als die wirksamste Behandlung bei bspw. schweren depressiven Störungen belegt ist, wird die Anwendung bis heute kritisch gesehen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Ein Hauptgrund ist, dass die EKT in ihrer Anfangszeit ohne differenzierte Indikationsstellung und ohne Narkose angewendet wurde. Zudem wurde durch Berichte über die EKT in öffentlichen Medien und den Einfluss der Antipsychiatriebewegung bleibende negative Assoziation mit der EKT verknüpft.
In Deutschland werden pro Jahr etwa 3000 Patienten mit EKT behandelt. Im internationalen Vergleich sind diese Inzidenzzahlen als eher gering einzuschätzen. Eine breitere und konsequente Aufklärung über die Behandlung mit EKT ist daher notwendig, z. B. darüber, dass gemäß der S3-Leitlinie/Nationale VersorgungsLeitlinie Unipolare Depression (2015) die EKT bei schweren, therapieresistenten und vital bedrohlichen Depressionen mit der höchsten Evidenzstufe (Empfehlungsgrad A) empfohlen wird.
In Deutschland ist die therapieresistente Depression (TRD) die häufigste Indikation für eine Behandlung mit der EKT. Dies führt zu einer Remission bei 50–70% der behandelten Patienten. Es sollte wie bei jedweder anderen Behandlung eine individuelle Risiko-Nutzen-Abwägung zu einer Behandlung mit EKT erstellt werden.
In diesem Symposium werden essentielle Fakten zur EKT im klinischen Alltag dargestellt. Hierzu wird über die Indikation, Wirksamkeit und Nebenwirkungen der EKT sowie über die technischen Grundlagen, die praktische Durchführung und Dokumentation einer Behandlung mit EKT berichtet und diskutiert.
10:15 Uhr
Indikation, Wirksamkeit und (kognitive) Nebenwirkungen einer Elektrokonvulsionstherapie
S. Kayser (Alzey, DE)
11:21 Uhr
Dokumentation einer EKT-Behandlung – wer dokumentiert was, wo, für wen und warum?
N. Freundlieb (Berlin, DE)
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Autor:in:
N. Freundlieb (Berlin, DE)
Die Elektrokonvulsionstherapie ist eine hocheffektive Behandlungsoption für schwere psychiatrische Erkrankungen. Die Behandlungszahlen nehmen auch innerhalb Deutschlands kontinuierlich zu, aufgrund der unterschiedlichen klinischen Praktiken gibt es jedoch eine große Heterogenität in der Art und Weise, wie die EKT durchgeführt und dokumentiert wird. Dies bietet einerseits die Möglichkeit zu untersuchen, wie sich Unterschiede in der Durchführung auf die klinischen Ergebnisse auswirken, stellt aber auf der anderen Seite auch Schwierigkeiten bei der Durchführung multizentrischer Studien dar. Im US-amerikanischen Raum hat das „National Network of Depression Centers“ deswegen kürzlich eine Empfehlung für die klinische Dokumentation der EKT-Behandlung veröffentlicht, eine ähnliche Empfehlung für den deutschsprachigen Raum liegt noch nicht vor. Eine umfassende Dokumentation beinhaltet medizinische, legale und wissenschaftliche Aspekte und sollte im Idealfalle neben den klinischen Daten, Krampfqualitäts- und Stimulusparameter, Begleitmedikation und dem Ablauf der Behandlung selbst auch die entstehenden Biosignale enthalten. Dieses Ideal wird bisher nur eingeschränkt erreicht und scheitert häufig an technischen und personellen Problemen. Hier können Dokumentationshilfen wie Genie oder dessen Weiterentwicklung GPD helfen, um automatisiert alle erhobenen Behandlungsparameter digitalisiert zu erfassen. So kann eine einheitliche Datengrundlage für interne und externe Qualitätskontrollen und multizentrische Analysen geschaffen werden. Im Vortrag soll kurz die vorherrschende Praxis der Datendokumentation besprochen werden und die einzelnen erhobenen Parameter kritisch bezüglich ihrer Relevanz besprochen werden. Da sich eine EKT-Indexbehandlung über mehrere Wochen zieht und im Verlauf der Behandlung diese kontinuierlich optimiert wird, wird diskutiert, ob sich einheitliche Behandlungsstrategien oder –algorithmen erreichen lassen und wie diese bestmöglich dargestellt werden.