Die Adoleszenz ist eine Zeit des psychosozialen Umbruchs und ist geprägt durch die Bewältigung zahlreicher Entwicklungsaufgaben wie Ablösung vom Elternhaus, Abschluss von Ausbildung und Schule und erste erwachsene Partnerschaften. Epidemiologische Studien zeigen, dass gerade der Übergang vom Jugend- zum jungen Erwachsenenalter einen besonders sensiblen Lebensabschnitt für die Entwicklung psychiatrischer Störungen darstellt. Als besonders herausfordernd erweisen sich die Grenzen und die geringe Durchlässigkeit zwischen den unterschiedlichen Versorgungssystemen für Kinder- und Jugendliche und für Erwachsene, ein Thema, dem sich die Fachgesellschaften DGPPN und DGKJP in der interdisziplinären Task-Force Transition gewidmet haben. Ein Schwerpunkt liegt hierbei auf der Entwicklung und Evaluation spezifischer Diagnostiktools und Therapieprogramme. Neben störungsspezifischen Behandlungszielen werden gezielt entwicklungsspezifische Fragen in psycho- und soziotherapeutische Angebote, Angehörigenarbeit und Peergroups einbezogen. Unterstützung beim Erreichen von Ausbildungszielen und Entwicklung einer beruflichen Perspektive stellen wichtige Behandlungsbausteine in dieser Altersgruppe dar. Ein Ziel vieler Programme ist die Förderung der sozialen Interaktion und die Entwicklung einer eigenen Identität innerhalb einer Gemeinschaft. In unserem klinisch ausgerichteten Symposium spannen wir einen Bogen über verschiedene Aspekte der Behandlung adoleszenter Patienten, von einem Überblick über die besonderen Herausforderungen der Transition, über die Vorstellung von Erfahrungen zur altersspezifischen Diagnostik und Beratung in einer ambulanten Sprechstunde bis hin zu Berichten über spezifische Therapieangebote für junge Menschen mit emotionaler Instabilität, Psychoserisikosyndrom (Soteria) oder Autismus (FASTER). Anhand eines Überblickes über verschiedene Behandlungsmodelle diskutieren wir Kriterien zu differenzierten Indikationsstellungen unterschiedlicher stationärer Therapien.
08:30 Uhr
Junge Erwachsene in der Erwachsenenpsychiatrie
A. Jähne (Bad Säckingen, DE)
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A. Jähne (Bad Säckingen, DE)
Hintergrund: Das junge Erwachsenenalter ist ein sensibler Entwicklungsabschnitt für die Entstehung psychiatrischer Erkrankungen, was sich in der steigenden Inzidenz solcher Störungen widerspiegelt. Um dem damit verbundenen erhöhten Behandlungsbedarf und gleichzeitig den Bedürfnissen der Patienten in diesem Alter Rechnung zu tragen, wurde an der Oberberg Fachklinik Rhein-Jura ein eigenständiges Behandlungsprogramm entwickelt.
Methoden: Für Patienten zwischen 18 und 23 Jahren wurde 2017 innerhalb der Klinik für Erwachsenenpsychiatrie ein baulich eigenständiger Bereich geschaffen, der milieutherapeutische Elemente, Rückzugsraum und altersspezifisches Training der Alltagskompetenz möglich macht. Die Therapie der transdiagnostischen Gruppe folgt Elementen der Dialektisch Behavioralen Psychotherapie (DBT) und umfasst neben eigenständigen und für diese Patienten exklusive Angebote wie Morgen- und Abendrunde mit der Arbeit an Tages- und Wochenzielen, DBT-spezifische Psycho- und Ergotherapiegruppen auch die Teilnahme am allgemeinen Therapieprogramm für Aktivierung und Training sozialer Interaktion für ältere Patienten.
Ergebnisse: Es wurden >150 Patienten behandelt, deren Charakteristika vorgestellt werden. Das Diagnosespektrum umfasst sowohl affektive Störungen, Angsterkrankungen, Entwicklungs- und Persönlichkeitsstörungen.
Diskussion: Die Ergebnisse zeigen die Integrierbarkeit einer Abteilung für die Behandlung psychischer Erkrankungen im jungen Erwachsenenalter in den Alltag einer allgemeinpsychiatrischen Klinik. Durch den teils gemeinsamen Alltag mit älteren Patienten ergeben sich nicht nur organisatorische Synergien, sondern auch spezielle therapeutische Effekte. Im nächsten Schritt ist die Ausweitung des Alltagspektrums in den Bereich der Jugendlichen vorgesehen.
08:52 Uhr
Erfahrungen mit altersspezifischer Diagnostik und Beratung in einer Sprechstunde für junge Erwachsene
A. Stippel (Hürth, DE)
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A. Stippel (Hürth, DE)
Im Rahmen des Aufbaus und der Durchführung einer ambulanten Sprechstunde für die Zielgruppe junge Erwachsene im Alter von 18-25 Jahren, konnten vielfältige Erfahrungen mit altersspezifischer Diagnostik und Beratung gesammelt werden. Anliegen dieser Ambulanz war Versorgungslücken bei der Transition Kinder- und Jugendpsychiatrie – Erwachsenenpsychiatrie zu schließen und psychische Störungen, die in dieser häufig von Umbrüchen geprägten Entwicklungsphase auftreten, den Erfordernissen und Bedürfnissen dieser Altersgruppe entsprechend zu erkennen und zu behandeln. Es wurde eine Struktur mit altersspezifischer Diagnostik unter Berücksichtigung von Entwicklungsaspekten wie kommunikative und interaktionelle Fähigkeiten der Patienten sowie den Blick auf die Dynamik von Familie und beruflichem Umfeld, entwickelt. Es zeigte sich z.B. ein konstantes Verhältnis von männlichen zu weiblichen Patienten von 2:1. Ein Schwerpunkt bei den Fragestellungen lag bei der Diagnostik von Lern- und Arbeitsstörungen, oftmals nachdem der Schulabschluss in Frage gestellt oder mehrere Ausbildungswege gescheitert waren. Ein weiterer Schwerpunkt war die Sicherstellung der Behandlungskontinuität bei jungen Erwachsenen mit kinder- und jugendpsychiatrischer Vorbehandlung und eine gestufte Überleitung in ein erwachsenentherapeutisches Setting, insbesondere bei Patienten mit komorbiden Störungen. Die Vorgehensweise dabei wird im Überblick und anhand von Fallbeispielen dargestellt. Inanspruchnahme und Rückmeldung durch die Patienten, Eltern und Zuweiser zeigten, dass ein solches Angebot notwendig und sinnvoll zu sein scheint.
09:14 Uhr
Freiburger Asperger-spezifische Therapie für Erwachsene
L. Tebartz van Elst (Freiburg im Breisgau, DE)
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L. Tebartz van Elst (Freiburg im Breisgau, DE)
Im ICD-11 werden die Entwicklungsstörungen allen anderen psychiatrischen Störungsbildern vorangestellt. Die für die Erwachsenenpsychiatrie wichtigsten Entwicklungsstörungen sind sicher Autismus und ADHS. Aber auch die Tic-Störungen und die Intelligenzminderungen sind klinisch häufiger und wichtiger als von vielen angenommen. Alle werden neueren Modellen zufolge als Strukturdiagnosen begriffen. Der Begriff verweist auf das Chronische und strukturell Rigide der besonderen Persönlichkeitsmerkmale z.B. von Menschen mit Autismus. Aus diesen strukturellen Besonderheiten resultieren in musterhafter Ähnlichkeit spezifische Probleme (z.B. Mobbing) oder Problemverhaltensweisen (z.B. sozialer Rückzug), die aber nicht mit den ihrer Natur nach rigiden strukturellen Eigenschaften an sich verwechselt werden sollten. Schlussendlich führen die Mischung aus strukturellem Anders-Sein und Problemen bzw. Problemverhaltensweisen oft zu medizinischen Zuständen wie Depression, Angst oder psychotischen Dekompensationen. In diesem Beitrag wird diese typische Konstellation und Dynamik vor dem Hintergrund einer fast 20-jährigen Erfahrung an einem universitären Zentrum für Autismus vorgestellt. Dabei werden Schwerpunkte auf die Vermittlung des heuristischen SPZ-Modells zur der Erfahrungen mit dem spezifisch in Freiburg entwickelten Therapiekonzept (FASTER) gelegt.
09:36 Uhr
Die Soteria am ZI: Vorstellung eines millieutherapeutischen Angebots für Jugendliche und junge Erwachsene mit psychotischen Störungen
S. Hohmann (Mannheim, DE)