Raum:
Saal A5 (Stream/on Demand)
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 18: Stimulationsverfahren, internetbasierte Interventionen und andere psychiatrische Therapieformen
Stream/on Demand
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
In den letzten Jahren erlebte die klinische Forschung zur therapeutischen Wirksamkeit von Psychedelika eine Renaissance. Der aktuelle Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wirksamkeit bei verschiedenen psychiatrischen Indikationen, wie auch die bereits unter bestimmten Voraussetzungen genehmigungsfähige Anwendung einiger psychedelischer Substanzen in manchen Ländern der Welt, legen die Möglichkeit einer zukünftigen Anwendung im klinischen Setting auch in Deutschland nahe. Dabei steht das Feld noch vor einigen Herausforderungen inklusive der Notwendigkeit einer kritischen Gestaltung von Rahmenbedingungen für einen möglichen klinischen Einsatz.
Dieses Symposium wird von der Deutschen Gesellschaft für Psychedelische Forschung und Therapie (DGPFT e.V.) gestaltet, welche auf dem DGPPN Kongress 2021 gegründet wurde. Zunächst widmet sich Lea Mertens dem derzeitigen Forschungsstand in Hinblick auf die therapeutische Anwendung und der Frage, was es für eine eventuelle Einführung in die Praxis noch an klinischen Studien benötigt. In manchen Kontexten, wie z.B. Studienbehandlungen, Compassionate Use und dem Einsatz von Ketamin, ist bereits jetzt eine therapeutische Anwendung möglich und entsprechende Fallberichte sind wertvolle Grundlagen für die Weiterentwicklung von Paradigmen für den klinischen Einsatz. Andrea Jungaberle berichtet hierfür aus dem praktischen Einsatz. Eine ganz ursprüngliche Idee der Psychedelika-Forschung bestand darin, über die Psychophänomenologie psychotische Störungen besser zu verstehen. Avram Mihai leitet hierfür aus neurobiologischen Befunden neue Erkenntnisse ab. Abschießend wirft Uwe Herwig die Frage nach dem Wirkmechanismus für einen möglichen therapeutischen Effekt der Psychedelika auf. Hierbei lassen sich bisherige Erfahrungen mit der psychedelischen Therapie sowie neurobiologische Befunde zu Psychedelika für die Entwicklung von Wirkmodellen und Therapieansätzen nutzen.
15:30 Uhr
Psychedelika in der Psychiatrie: Welche Studien brauchen wir?
L. Mertens (Mannheim, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
L. Mertens (Mannheim, DE)
Die Ergebnisse jüngster klinischer Studien mit Psychedelika, insbesondere Psilocybin, liefern vielversprechende Ergebnisse für die Behandlung psychischer Erkrankungen (u. a. unipolarer Depression). Jedoch sind weitere Studien nötig, um die Wirksamkeit und Effekte der Therapie mit Psychedelika final beurteilen zu können. Das Feld steht dabei vor zahlreichen Herausforderung in der Konzeption geeigneter Studien, u.a. hinsichtlich der Wahl geeigneter Kontrollbedingungen und Verblindung, der Erfassung geeigneter Endpunkte und Laufzeiten der Studien. Der Vortrag soll auf den aktuellen Stand der klinischen Studien mit klassischen Psychedelika in der Psychiatrie, gleichzeitig auf die Schwierigkeiten und Herausforderungen der Forschung mit diesen Substanzen, eingehen und einen Ausblick auf mögliche zukünftige Studiendesigns geben.
16:14 Uhr
Neue Betrachtung des psychedelikabasierten Psychosemodells
M. Avram (Lübeck, DE)
S. Borgwardt (Lübeck, DE)
Details anzeigen
Autor:innen:
M. Avram (Lübeck, DE)
S. Borgwardt (Lübeck, DE)
Neben den vermuteten therapeutischen Wirkungen haben Psychedelika eine lange Tradition in der Modellierung von Psychosen. Mehrere fMRT Studien im Ruhezustand haben gezeigt, dass einige Muster psychedelisch-induzierter Veränderungen der neuronalen Aktivität Befunde bei Patienten mit psychotischen Störungen widerspiegeln. Insbesondere gibt es übereinstimmende Hinweise auf eine erhöhte thalamokortikale Konnektivität mit sensomotorischen Bereichen sowohl bei psychedelisch-induzierten als auch bei pathologischen Zuständen. Wir haben kürzlich gezeigt, dass diese Effekte nicht spezifisch für Psychedelika (LSD) sind, da d-Amphetamin und MDMA ähnliche Veränderungen der thalamokortikalen Konnektivität hervorrufen. Die Mechanismen, die diesen Veränderungen zugrundeliegen, sind jedoch nach wie vor schwer zu fassen, da unklar ist, ob die erhöhte Konnektivität kortikal oder thalamisch hervorgerufen wird. Wir haben Dynamic Causal Modeling (DCM) mit effektiver Konnektivität verwendet, um zu untersuchen, ob die oben genannten unterschiedlichen Substanzklassen (Amphetamine und Psychedelika) die Effekte durch dieselben Mechanismen hervorrufen, da dies klinische Auswirkungen auf die Psychoseforschung haben könnte.
16:36 Uhr
Wie wirken Psychedelika?
U. Herwig (Reichenau, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
U. Herwig (Reichenau, DE)
Die erwünschte Wirkung der Psychedelika zielt auf eine Besserung bis Remission einer psychiatrisch relevanten Problematik ab. An dieser Stelle sollen verschiedene Wirkmodelle diskutiert werden, welche einem möglichen therapeutischen Effekt zugrunde liegen könnten. Zunächst gilt es, akute physiologische, psychophänomenologische und neurosystemische Wirkungen zu differenzieren. Diese können dann in Hinblick auf mögliche pharmakologisch-therapeutische bzw. augmentierend psychotherapeutische Effekte betrachtet werden. Hinweise auf einen Wirkmodus aus neurobiologisch-psychodynamischer Ebene bieten zum Beispiel bildgebende Befunde, dass inhibierende Einflüsse präfrontalere Steuerregionen auf emotionale und selbst-referenzielle Informationsverarbeitung reduziert sein könnte. Aus einer anderen Perspektive könnten wiederum Einsichten und Erkenntnisse unter dem Einfluss von Psychedelika in den Alltag transferiert und in ein Selbstkonzept integriert und damit für psychotherapeutische Vorgänge nutzbar werden. Letztlich muss aber vor einer Einführung in die Praxis wissenschaftlich noch weiter abgestützt werden, ob und welches therapeutische Potenzial Psychedelika haben.