Trans*geschlechtliche und sexuelle Vielfalt in der Psychotherapie -
Entpsychopathologisierung ist nicht nur eine Haltung, sondern erfordert ein reflektiertes Handeln in der therapeutischen Praxis. Die aktuellen und bevorstehenden Änderungen der Behandlungsempfehlungen und der diagnostischen Einordnung trans*geschlechtlicher Identitäten in der ICD-11 erfordern das Überdenken bisheriger therapeutischer Ansätze und Haltungen. In den Vorträgen zum Symposium werden zentrale Bausteine einer modernen Trans*gesundheitsversorgung im Sinne eines kontextkompetenten psychotherapeutischen Arbeitens sowie einer diversitysensiblen Haltung vorgestellt.
08:30 Uhr
Selbstreflexion der eigenen Geschlechtsidentität als Zugang zu einer depathologisierenden psychotherapeutischen Arbeit
M. Günther (Berlin, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
M. Günther (Berlin, DE)
Psychotherapeutisch Tätige sitzen mit ihrem geschlechtsbezogenen Rollenverhalten, dem Umgang mit ihrem Körper - Entfremdungs- und Aneignungsprozessen, internalisierten gesellschaftlichen Bewertungen sowie den Erfahrungen der Bedrohung oder Verletzung ihrer körperlichen Integrität in der Therapie. All diese Aspekte gestalten insbesondere die Arbeit mit trans* und nicht-binären Personen mit. Der Vortrag will anregen, die eigene geschlechtliche „Herkunft“ in den Blick zu nehmen und möglicherweise entstehende Verwerfungen im therapeutischen Verlauf und die Bedeutung einer reflektierten Kontaktgestaltung besser zu verstehen.
08:52 Uhr
Entpathologisierung im Rahmen der ICD-11 und Konsequenzen für die psychotherapeutische Arbeit mit trans*geschlechtlichen Behandlungssuchenden – Anregungen für eine kontextsensible Umsetzung
K. Teren (Berlin, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
K. Teren (Berlin, DE)
Die Entpathologisierung trans*geschlechtlicher Lebensweisen in der ICD-11 soll endlich zur Beendigung der bisher erforderlichen Zwangstherapie sowie vermeintlichen „Diagnostik“ und „Begutachtung“ von Trans*geschlechtlichkeit führen. Trotzdem werden trans* Personen an qualifizierten psychotherapeutischen Behandlungsangeboten interessiert sein. Dies erfordert gerade vor dem Hintergrund jahrzehntelanger Diskriminierung und menschenrechtsverletzender Behandlungen im Gesundheitssystem eine trans*affirmative und kontextsensible Haltung, indem Psychotherapeut*innen ihre eigene Position kritisch reflektieren. Für die praktische Arbeit werden auf dieser Basis therapeutische Anliegen und Themen im Zusammenhang mit dem Leben einer selbstbestimmten (Geschlechts-)Identität, den daraus resultierenden Bedarfen und deren Umsetzung vorgestellt. Hierbei sind vielfach Folgen von erfahrener Diskriminierung, Gewalt und Ausgrenzung wichtige Inhalte in der Therapie, die eine strukturelle und gesellschaftliche Kontextualisierung erfordern, um trans* Personen in ihrer Selbstbehauptung stärken und internalisierte Trans*feindlichkeit bearbeiten zu können.
09:14 Uhr
Das Toleranz-Paradoxon als Basis für die Umsetzung LGBT*affirmativen Denkens und Handelns in einer psychosomatischen Klinik
G. Langs (Bad Bramstedt, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
G. Langs (Bad Bramstedt, DE)
Als Verfassungsgrundsätze kennen wir Würde und Respekt als unerlässliche Voraussetzungen für das Gemeinwesen und das Miteinander im Alltag, insbesondere auch in der Psychotherapie. Akzeptanz und Toleranz sind hier entscheidend, um die Lebensentwürfe anderer Menschen ohne Wertung anzunehmen. Bekannt sind dennoch Situationen, dass etwas für (z.B. rechtlich) erlaubt gehalten wird, wobei aber die Grenze des allgemein oder individuell Tolerierbaren überschritten wird. Das Problem dabei ist, dass diese Grenze höchst unterschiedlich wahrgenommen wird („you hurt my feelings“). Hier kann die Analyse, in welchem Kontext solche Situationen entstanden sind, hilfreich sein. Stichwort: Toleranzparadoxon. Dieser Vortrag soll verdeutlichen, welche Voraussetzungen LGBT* affirmatives Handeln und Denken in einer großen psychosomatischen Klinik erleichtern.
09:36 Uhr
Psychotherapeutischer Umgang mit Intersektionalität: Diskriminierungs- und Ausgrenzungserfahrungen komplex begegnen
G. Wolf (Berlin, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
G. Wolf (Berlin, DE)
Viele trans* Personen verfügen über direkte Erfahrungen mit transfeindlicher Diskriminierung und Gewalt. Zudem erleben sie auch mit, wenn befreundete trans* Personen angegriffen werden und sind in der Regel die Ersten, die unterstützen. Direkt an der eigenen Person, aber auch das Miterleben von gegen nahestehende Personen gerichtete Diskriminierungen stellen ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar. In dem Vortrag werden Daten zur Prävalenz transfeindlicher Diskriminierungen in unterschiedlichen Kontexten referiert sowie unter Berücksichtigung intersektionaler Faktoren Entstehungs- und Kontextbedingungen sowie Folgen transfeindlicher Diskriminierungen dargestellt. Der Schwerpunkt des Vortrages liegt auf der Frage, wie Therapie im Kontext struktureller Diskriminierungen so gestaltet werden kann, dass trans* Klient_innen ihre Erfahrungen mit Diskriminierungen und Gewalt ansprechen und im therapeutischen Setting Unterstützung erfahren können.