Der Austausch sozial-emotionaler Informationen ist von entscheidender Bedeutung für eine erfolgreiche soziale Interaktion. In der natürlichen Kommunikation werden soziale Signale nicht nur auf verbaler Ebene (durch Sprachinhalte), sondern auch nonverbal (durch Mimik, Sprachmelodie, Gestik, Körperhaltung und nonverbale Vokalisation wie z.B. Lachen) ausgedrückt. Die Integration dieser unterschiedlichen Kommunikationssignale ist die Voraussetzung für eine sichere Einschätzung des emotionalen Zustands, sowie der Absichten und Einstellungen des Gesprächspartners. Bei sozialen Interaktionssituationen können natürlich auch Konflikte entstehen (z.B. durch provokatives Kommunikationsverhalten oder bei Erwartungsverletzungen). Bei unterschiedlichen psychischen Erkrankungen (z.B. Psychose, Depression, bipolare Störungen, Soziale Phobie, Autismus, Borderline-Persönlichkeitsstörung) können darüber hinaus Fehldeutungen oder Wahrnehmungsverzerrungen auftreten, die das Risiko für Missverständnisse und Konflikte erhöhen. Dies kann zu erheblichen Einschränkungen der Lebensqualität führen. Das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung hängt von vielen Faktoren ab, dabei können u.a. auch das Alter und das Geschlecht eine wichtige Rolle spielen. Darüber hinaus haben auch externe Faktoren wie die Maßnahmen zu sozialer Distanzierung aufgrund der Corona-Pandemie der vergangenen zwei Jahre eine große Bedeutung.
In dem Symposium sollen aktuelle Befunde zu sozial-interaktionellen Fertigkeiten und ihren neurobiologischen Korrelaten dargestellt werden. Insbesondere sollen dabei auch Einschränkungen dieser Fertigkeiten im Zusammenhang mit psychischen Erkrankungen und störungsspezifischen Behandlungsansätze angesprochen werden.
17:15 Uhr
Soziale Wahrnehmung: störungsspezifische Defizite und Behandlungsansätze
D. Wildgruber (Tübingen, DE)
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Autor:in:
D. Wildgruber (Tübingen, DE)
Während der sozialen Interaktion werden emotionale Informationen auf unterschiedlichen Kommunikationskanälen gleichzeitig vermittelt. Die Integration dieser vielfältigen Signale bildet die Grundlage um den emotionalen Zustand unserer Mitmenschen und ihre Absichten und Einstellungen erkenn und empathisch mitfühlen zu können.
In dem Vortrag werden zunächst Befunde zu den physiologischen Grundlagen der Wahrnehmung und Integration sozialer Signale sowie zum Einfluss von Alter und Geschlecht dargestellt. Weiterhin werden aktuelle Untersuchungsbefunde zu störungsspezifischen Defiziten der Wahrnehmung nonverbaler Signale (Mimik, Sprachmelodie, unterschiedliche Lachtypen) und empathischer Kompetenzen bei Patienten mit Schizophrenie, Borderline-Persönlichkeitsstörung und Autismus-Spektrum-Störungen präsentiert.
Diese Beeinträchtigungen haben eine wesentliche Bedeutung für den Krankheitsverlauf, daher besteht ein großes Interesse an der Entwicklung effektiver störungsspezifischer Behandlungsansätze. Im Rahmen des Vortrags wird der aktuelle Stand der Evaluation eines nonverbalen Kommunikationstrainings bei Patienten mit psychotischen Erkrankungen vorgestellt.
17:37 Uhr
Hirn-zu-Hirn-Kommunikation bei Geschwistern im kompetitiven oder kooperativen Kontext
L. Wagels (Aachen, DE)
17:59 Uhr
Isoliert von den anderen: soziale Berührung und soziale Zugehörigkeit bei der Borderline-Persönlichkeitsstörung
A. Schulze (Mannheim, DE)
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Autor:innen:
A. Schulze (Mannheim, DE)
M. Biermann (Mannheim, DE)
K. Atanasova (Mannheim, DE)
F. Unterseher (Mannheim, DE)
L. Winkler (Mannheim, DE)
M. Bohus (Mannheim, DE)
S. Lis (Mannheim, DE)
Ein Merkmal der Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) ist ein geringes Zugehörigkeitsgefühl. Zwischenmenschliche Berührungen können das Gefühl der sozialen Zugehörigkeit stärken. Einige Studien deuten darauf hin, dass Menschen mit BPS soziale Berührungen als weniger angenehm empfinden als Gesunde, doch wurde nicht untersucht, ob dieser Unterschied mit einem geringeren Zugehörigkeitsgefühl zusammenhängt. Als Folge des social distancing während der COVID-19-Pandemie wurde eine Zunahme an Einsamkeit diskutiert, von der Personen mit BPS besonders belastet sein könnten. Wir untersuchten das Zusammenspiel zwischen dem Gefühl der Nähe, der Kontakthäufigkeit und der Bewertung sozialer Berührungen bei BPS. Zusätzlich interessierte uns, ob diese Faktoren zur Belastung durch social distancing beitragen.
Wir untersuchten die subjektive und objektive soziale Isolation, das Bedürfnis, die Wichtigkeit und das Mögen sozialer Berührungen sowie die Belastung durch social distancing bei 130 Frauen (61 BPS, 69 HC).
Die BPS-Gruppe berichtete von höherer Einsamkeit, weniger sozialen Kontakten und ein geringeres Bedürfnis, Wichtigkeit und Mögen von sozialen Berührungen als HCs. Größere soziale Netzwerke, eine höhere Häufigkeit persönlicher Kontakte sowie ein stärkeres Mögen und Wichtigkeit von sozialen Berührungen hingen mit weniger Einsamkeit zusammen. Die Gruppen unterschieden sich nicht hinsichtlich ihrer Belastung durch social distancing. Ein höheres Bedürfnis nach und eine geringere Wichtigkeit von sozialer Berührung sagten eine höhere Belastung durch social distancing voraus.
Eine positivere Bewertung sozialer Berührung sagte weniger Einsamkeit vorher, unabhängig von der objektiven sozialen Isolation. Bei BPS könnten Beeinträchtigungen dieses Anteils sozialer Interaktion den Aufbau und die Festigung sozialer Beziehungen behindern. Arbeit an der Einstellung gegenüber sozialen Berührungen könnte ein Weg sein, um das Gefühl sozialer Verbundenheit bei diesen Patienten zu verbessern.
18:21 Uhr
Empathie: Geschlechtsunterschiede und störungsspezifische Veränderungen bei psychotischen Erkrankungen
B. Derntl (Tübingen, DE)