Depressive Störungen stellen ein großes Gesundheitsproblem dar und gehören zu den am weitesten
verbreiteten Erkrankungen in Europa. Trotz der Vielzahl verfügbarer Therapieverfahren, kann bislang nur ein Teil der Betroffenen erfolgreich behandelt werden. Obwohl es zahlreiche Hinweise für die Existenz von Subgruppen gibt, die besonders gut auf spezifische Therapieoptionen ansprechen, wurden noch keine etablierten Marker für diese Subgruppen identifiziert. Das vom BMBF im Rahmen der Fördermaßnahme Individualisierte Medizin geförderte Verbundprojekt P4D verfolgt verschiedene Ziele, um die Diagnostik, Therapie und Prävention depressiver Störungen durch personalisierte Behandlungsansätze zu verbessern. Dafür sollen (1) ein bereits identifizierter Blutmarker für das Ansprechen auf Antidepressiva klinisch überprüft werden, (2) eine große Kohorte von Patientinnen rekrutiert werden, um mittels maschinellen Lernens neue Subtypen der Depression zu erkennen, (3) innovative Entscheidungshilfen für Behandler entwickelt werden und (4) eine webbasierte Plattform etabliert werden, über die die gewonnen Erkenntnisse öffentlich zugänglich gemacht werden. P4D wird von 5 Universitätskliniken (MHH, UK Würzburg, UKSH Kiel, UM Greifswald und KGU Frankfurt) gemeinsam mit dem Fraunhofer Institut für Toxikologie und experimentelle Medizin, dem Institut für Informationsverarbeitung der Leibniz Universität Hannover, dem Peter L. Reichertz Institut für Medizinische Informatik, der Biovariance GmbH und der Stiftung Deutsche Depressionshilfe durchgeführt. Im Symposium werden der P4D-Verbund mit seinen Vorhaben präsentiert und einzelne Teilprojekte ausführlicher vorgestellt:
Die Identifikation von psychobiologischen Subtypen der Depression ist komplex aber wahrscheinlich ein wesentlicher Schritt für die Entwicklung individualisierter Therapieansätze. P4D plant in einer Kohorte von n=1000 stationären Patient*innen neben psychometrischer Diagnostik eine differenziert Diagnostik mittels EEG, Schlafpolysomnographie und MRT. Befunde, Konzepte und Hypothesen zu möglichen Subtypen der Depression werden von Michael Lucht (Greifswald) vorgestellt und diskutiert.
Neue Methoden der patientennahen, genomweiten Erfassung und Auswertung von DNA Methylierung ermöglichen die Identifikation und diagnostische Nutzung krankheitsassoziierter epigenetischer Muster auf der Ebene des gesamten menschlichen Genoms. Im Vortrag von Franz-Josef Müller (Kiel) werden wir die Chancen und Herausforderungen dieser technologischen Revolution für die Diagnostik und Therapiesteuerung in der Depressionsbehandlung diskutieren.
Alexandra Neyazi (Magdeburg/Hannover) stellt den aktuellen Stand der Forschung zu blut-basierten Markern für die Therapiesteuerung vor, wobei insbesondere epigenetische Marker in den Fokus genommen werden.
Im abschließenden Vortrag von Mareike Aichholzer (Frankfurt) wird genauer auf eine mögliche Aktivierung des Immunsystems bei einer Untergruppe depressiver Patient:innen und auf die Frage, ob anhand von diversen Entzündungswerten eine Patientenstratifizierung in Verbindung mit dem BDNF-Methylierungsstatus stattfinden kann, eingegangen. Außerdem wird der innovative Ansatz, pro Patient:in ein individuelles Immunom-Profil zu erstellen, erläutert und die damit verbundenen Analysemethoden erklärt.