Unterstützte Beschäftigung/ Supported Employment-(SE) Programme für Menschen mit psychischen Störungen haben sich im deutschsprachigen Raum in den vergangenen Jahren zunehmend etabliert. Im Gegensatz zu konventionellen Arbeitsrehabilitationsprogrammen setzt dieser Ansatz auf den direkten Einstieg im ersten Arbeitsmarkt. Dieses Symposium gibt einen Überblick über aktuelle Forschungsprojekte, die SE-Programme untersuchen, insbesondere auch in Settings, die bisher kaum in Betracht gekommen sind, beispielsweise im Ausbildungsbereich für Jugendliche und junge Erwachsene oder beim Arbeitsplatzerhalt in Betrieben.
Das Symposium besteht aus folgenden Beiträgen:
Simeon Zürcher, Dirk Richter (Bern): Supported Education bei jungen Menschen – Forschungsstand und Projektumsetzung
Dorothea Jäckel, Andreas Bechdolf, Karolina Leopold (Berlin): Individual Placement and Support (IPS) für junge Erwachsene mit Psychosen: Ergebnisse des ersten RCTs in Deutschland
Uta Gühne (Leipzig): IMPPETUS Teil I: Unterstützung zur Teilhabe an Arbeit für Menschen mit schweren psychischen Störungen: Ergebnisse aus dem IMPPETUS Projekt
Dirk Richter, Simeon Zürcher (Bern): Arbeitsplatzerhalt versus Wiedereinstieg – Resultate einer komparativen Beobachtungsstudie
13:30 Uhr
Individual Placement and Support (IPS) für junge Erwachsene mit Psychosen: Ergebnisse des ersten RCTs in Deutschland
D. Jäckel (Berlin, DE)
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Autor:innen:
D. Jäckel (Berlin, DE)
A. Bechdolf (Berlin, DE)
K. Leopold (Berlin, DE)
Vorgestellt werden die Ergebnisse der randomisiert kontrollierten Studie "Verbesserung funktioneller und klinischer Recovery durch Kombination von Individual Placement and Support (IPS) und auf motivierender Gesprächsführung basierender Adhärenz-Therapie (AT) für Patienten in der Frühbehandlung von Psychosen". Es wurde der Frage nachgegangen, ob Patienten mit IPS und AT schneller und nachhaltiger eine Ausbildung/ein Studium oder eine Arbeit auf dem ersten Arbeitsmarkt aufnehmen und behalten als diejenigen, die eine Standardbehandlung erhalten
14:00 Uhr
Unterstützung zur Teilhabe an Arbeit für Menschen mit schweren psychischen Störungen: Ergebnisse aus dem IMPPETUS-Projekt
U. Gühne (Leipzig, DE)
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Autor:innen:
U. Gühne (Leipzig, DE)
T. Becker (DE)
M. Kösters (Günzburg, DE)
S. Riedel-Heller (Leipzig, DE)
Arbeit hat für den Recovery-Prozess schwer psychisch kranker Menschen eine zentrale Bedeutung. Deshalb sollte die berufliche Teilhabe auch Ziel einer umfassenden Behandlung und Rehabilitation der Betroffenen sein. In den S3-Leitlinien "Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen" werden Ansätze, die dem Prinzip des Supported Emloyment (SE) folgen, und eine frühe Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt anstreben, mit der höchsten Empfehlungsstärke empfohlen. Bisher ist wenig bekannt zu dessen Umsetzung.
Vorgestellt werden Ergebnisse aus einer durch den G-BA geförderten Beobachtungsstudie (IMPPETUS), in der Patientinnen und Patienten mit schwerer psychischer Erkrankung im Alter zwischen 18 und 65 Jahren (N=383) zwischen März und September 2019 befragt wurden. Neben deskriptiven Ergebnissen zur Arbeitssituation werden Ergebnisse zum Arbeitswunsch und zu möglichen Prädiktoren (ermittelt über eine binär logistische Regression) aufgezeigt. Vorgestellt werden zudem deskriptive Analysen zur Inanspruchnahme beruflicher Reha-Leistungen.
Die Ergebnisse zeigen, dass der Wunsch nach einer wettbewerbsfähigen Beschäftigung bei mehr als der Hälfte aller Befragten (59,8%) stark ausgeprägt ist. Unter den Befragten ohne aktuelle Beschäftigung äußerten 65,6 % einen starken Wunsch. Diese Personen stellen eine relevante Zielgruppe für SE-Interventionen dar. Weniger als 10% der Befragten gaben an, in der Vergangenheit eine Maßnahme der unterstützten Beschäftigung und ca. 7% eine Unterstützung während der regulären Ausbildung erhalten zu haben. Mit einem starken Wunsch waren fehlende komorbide chronische körperliche Erkrankungen, die psychiatrische Diagnose und eine höhere subjektive Arbeitsfähigkeit verknüpft .
Mit dem Ansatz des Supported Employment existiert ein evidenzbasiertes Instrument, um die berufliche Teilhabemöglichkeiten schwer psychisch kranker Menschen zu erhöhen. Eine Umsetzung passiert bisher zögerlich.
14:30 Uhr
Arbeitsplatzerhalt versus Wiedereinstieg – Resultate einer komparativen Beobachtungsstudie
D. Richter (Bern, CH)
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Autor:innen:
D. Richter (Bern, CH)
S. Zürcher (CH)
Hintergrund: Supported Employment (SE) ist eine der am besten untersuchten und gleichzeitig einer wirksamsten Interventionen in der psychiatrischen Versorgung. Sie wird bis anhin überwiegend bei der Re-Integration von Menschen mit psychischen Problemen in den allgemeinen Arbeitsmarkt angewendet. Studien zur Effektivität von SE zum Arbeitsplatzerhalt sind nur wenige durchgeführt worden.
Methode: Auf der Basis von administrativen Routinedaten des SE-Programms in den Universitären Psychiatrischen Diensten Bern ist eine komparative Studie durchgeführt worden, bei der Menschen mit psychischen Problemen mit (N=297) und ohne Arbeitsplatz (N=259) hinsichtlich des Interventionserfolgs (Erhalt und Re-Integration) mittels eines Propensity Score-Verfahrens und Regressionsanalysen verglichen worden.
Ergebnisse: Der Vergleich ergab eine Rate für den Arbeitsplatzerhalt von 67% und für die Re-Integration von 30%. In der gewichteten logistischen Regressionsanalyse waren Teilnehmende aus dem Teilprogramm Erhalt knapp 5 mal erfolgreicher im Erreichen des Ziels.
Schlussfolgerungen: Angesichts der erheblichen Hürden bei der Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt nach Arbeitslosigkeit sollte ein grösserer Wert auf den Arbeitsplatzerhalt gelegt werden.