13:30 Uhr
„PPV 2030“: Weiterentwicklung der integrierten Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen, am Beispiel der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung in Wien
P. Frottier (Wien, AT)
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Autor:innen:
P. Frottier (Wien, AT)
V. Kappos (Wien, AT)
K. Benedikt (Wien, AT)
G. Psota (Wien, AT)
Einführung: Ziel des „Psychiatrischen und Psychosomatischen Versorgungsplans 2030“ ist die Weiterentwicklung der integrierten Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen in Wien. Es geht um die nachhaltige Sicherstellung eines bedarfs- und patientInnenorientierten sowie medizinisch adäquaten Versorgungsangebotes. Dieses umfasst den ambulanten und stationären Bereich sowie die Nahtstellen/Übergänge zwischen den Versorgungsbereichen. Die Mehrheit aller psychischen Erkrankungen beginnt im Kindes- und Jugendalter. Außerdem haben psychische Erkrankungen mit frühem Beginn meist einen höheren Schweregrad, werden nicht frühzeitig genug erkannt und bleiben häufig unbehandelt. Damit einher gehen die Entwicklung zusätzlicher komorbider Störungen und schwerwiegende psychosoziale Folgen. Das Erkennen und Behandeln von psychischen Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen sowie auch von jungen Erwachsenen im Sinne einer gezielten Begleitung des Transitionsprozesses erfordert koordinierte und integrierte Versorgungsmodelle. Dies gilt vor allem auch für fremduntergebrachte Kinder und Jugendliche.
Methode: Die Psychosozialen Dienste in Wien haben deshalb im November 2019 das Kinder- und Jugendpsychiatrische Ambulatorium—Extended Soulspace für psychisch erkrankte Kinder und Jugendliche sowie Adoleszente eröffnet (Konzept: Frottier 2019). Dieses umfasst auch eine strukturierte sozialpsychiatrische und psychotherapiebasierte Akut-Tagesklinik sowie eine tagesklinisch äquivalente Behandlung für die BewohnerInnen der PSD-Wien-unterstützen Wohngemeinschaften. Zusätzlich wurden die seit 2012 bestehenden Psychiatrischen Liaisondienste zu allen Einrichtungen der Wiener Kinder- und Jugendhilfe ausgebaut. Seit März 2021 wurde das Angebot durch ein multiprofessionelles Home-Treatment Projekt erweitert (Kooperation mit der Universitätsklinik für Kinder-/Jugendpsychiatrie, Medizinischen Universität Wien).
Ergebnisse: Seit Eröffnung wurden über 1000 Kinder, Jugendliche und Adoleszente im Ambulatorium, der Tagesklinik sowie im Rahmen von Liaisondiensten und des Home-Treatments behandelt und betreut. Ausgewählte Ergebnisse der laufenden Evaluation und Begleitforschung — zur Überprüfung der dem Versorgungsmodell zugrundeliegenden Prinzipien Bedürfnis-, Ressourcen- und Alltagsorientierung — werden dargestellt. Insbesondere der Einfluss auf die stationäre Psychiatrie, da es zu eine hochsignifikanten Reduktion der stationären Aufnahmen gekommen ist.
Diskussion & Schlussfolgerung: Die integrierte Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen braucht Ausbau und Anpassung entsprechend der sich stetig wandelnden Bedarfe, nicht zuletzt seit der Covid-19-Pandemie mit ihren enormen psychosozialen Folgen, von denen jüngere Menschen besonders stark betroffen sind.
13:42 Uhr
Substantive reduction of violent behaviour in adults with intellectual disability by reorganizing inpatient care
M. Kosel (Thônex, CH)
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Autor:innen:
M. Kosel (Thônex, CH)
C. Nissen (Geneva, CH)
Background: Up to 2 % of adults are affected by intellectual disability (ID). A significant part needs special support to address behaviours that challenge (BC).These issues should be preferentially addressed in the community settings, but inpatient care is indicated in particularly complex situations. The current project aimed to reduce a high incidence of violent BC of inpatients towards health care team members and other inpatients, in a specialized unit for adults with ID.
Method: A novel clinical and architectural project was designed and implemented at the Unit for adults with ID and autism spectrum disorder of the Geneva University Hospitals. The project was based on the scientific literature and expert opinions. Its final design was adapted to the local context based on discussion groups with the care team and its management, and also by taking into account observations of an ID-advocacy group. Main features of the project were a) the increase of the clinical staff by about 25%; b) the reduction from 12 to 11 inpatient places; c) the division of the unit during the day into two sections with 5 and 6 places; d) the reorganization of the functioning of the care team. Changes were implemented starting on November 1st 2021. Clinical data and adverse events were recorded during a 6 months period prior to and after the intervention.
Results: During the 6 months baseline period, 25 adverse events were recorded, compared to 4 during the 6 months period after the intervention, equalling a reduction of 625%.
Discussion: The literature about the organization of services for complex clinical needs of adults with ID is growing but still scarce. No standardised model is available and service provision must be adapted to local conditions. We demonstrate a substantive reduction in violent behaviours in adults with ID by implementing a simple architectural measure, increasing staff resources by about 25% and adapting the working mode of the care team.
13:54 Uhr
Kann die Bildgebung der Konnektivität des Belohnungssystems den Behandlungserfolg bei ADHS vorhersagen?
O. Grimm (Frankfurt am Main, DE)
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Autor:in:
O. Grimm (Frankfurt am Main, DE)
ADHS ist eine entwicklungspsychiatrische Störung des Kindesalters, die in das Erwachsenenalter überdauern kann. Da dopaminerge Stimulantien eine hohe Effektivität in der Behandlung haben, wird seit langem die Bedeutung des dopaminergen Belohnungssystems in der Pathogenese diskutiert. Im Rahmen des EU-Projektes CoCA haben wir uns in zwei Projekten mit der Veränderung der Konnektikivität des Belohnungsystems bei adultem ADHS beschäftigt. Zum einen untersuchten wir bei n=30 Teilnehmern einer klinischen Studie mit Fitness- und Lichttherapie, ob die Konnektivität zwischen dopaminergen Kerngebieten ((VTA, SN) des Hirnstamms und dem restlichen Gehirn den therapuetischen Erfolg vorhersagt, zum anderen untersuchten wir n=54 Patienten unserer ADHS-Sprechstunde 2-3 Jahre nach einer fMRT-Messung mittels eines klinischen Interviews im Hinblick auf allgemeine Psychopathologie als auch ADHS-spezifische Symptome. Es zeigt sich eine hochsignifikante Änderung der Konnektivität der VTA u.d. zum anterioren Zingulum als Verlaufsprädiktor. Im Vortrag soll die neurobiologische Bedeutung auch im Hinblick auf Therapieentwicklung und die Bedeutung für den individuellen Krankheitsverlauf diskutiert werden.
14:06 Uhr
Smartphone-Nutzungsverhalten von Menschen mit hochfunktionalem Autismus im Erwachsenenalter
J. Eckert (Düsseldorf, DE)
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Autor:innen:
J. Eckert (Düsseldorf, DE)
L. Schilbach (Düsseldorf, DE)
J. Dukart (Jülich, DE)
Einleitung: Smartphones stellen eine ideale Technologie zur objektiven Erfassung von Verhaltensdaten dar. Bisher existieren keine Studien, welche die Smartphonenutzung von Menschen mit hochfunktionalem Autismus (HFA) im Erwachsenenalter untersuchten. In dieser Studie untersuchen wir, wie sich das alltägliche Smartphone-Nutzungsverhalten zwischen HFA und Kontrollpersonen unterscheidet. Methoden: Im Zeitraum von 11/21 bis 3/22 wurden 15 HFA und 30 alters- und geschlechtsangepasste Kontrollpersonen in die Studie eingeschlossen. Mit Hilfe der Smartphone Applikation (App) „Jtrack Social” wurde über vier Monate das tägliche Nutzungsverhalten bei beiden Gruppen aufgezeichnet. Für die Analyse wurden die genutzten Apps in 10 Kategorien (z.B. Kommunikation, Spiele und Sport) unterteilt. Die Summe der Nutzungszeit aller Apps einer Kategorie stellte jeweils die abhängige Variable in der Auswertung dar. Hierfür wurden gemischte, lineare Modellen berechnet. Autistische Symptome wurden bei Studieneinschluss zusätzlich mithilfe des Autismus-Quotienten erfasst. Ergebnisse: Die Kohorten haben sich signifikant hinsichtlich der Ausprägung von autistischen Symptomen (p < 0,001) unterschieden. Die Auswertung der App-Nutzung zeigte signifikante Unterschiede in den Kategorien „Video/Musik/Lesen“ (p=0,023), „Spiele“ (p=0,039), und „Internet“ (p=0,032) wobei die Nutzungsdauer bei HFA für alle Kategorien über der der Kontrollpersonen lag. Schlussfolgerung: Diese Studie konnte erstmalig Evidenz für ein unterschiedliches Smartphone-Nutzungsverhalten zwischen HFA und psychisch Gesunden darlegen, wobei Teilnehmer mit HFA ein erhöhte Smartphonenutzung in Bezug auf Medienkonsum aufwiesen. Unklar bleibt, ob diese Unterschiede kausal durch autistische Symptome bedingt werden. Bei einer zukünftigen Untersuchung ebenjener Daten von HFA während einer strukturierten Psychotherapie, könnte eine Veränderung des digitalen Phänotyps bei gleichzeitigen psychopathologischen Veränderungen analysiert werden.
14:18 Uhr
Concordance between clinician- and caregiver-rated scales measuring repetitive behaviors in clinical trials of autism spectrum disorder: a systematic review and meta-analysis
S. Siafis (München, DE)
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Autor:innen:
S. Siafis (München, DE)
S. Leucht (DE)
Background: There is no consensus on the rating scales for measuring change in core symptom in clinical trials of autism spectrum disorder (ASD). Clinician- and caregiver-rated scales are often used, but their concordance in measuring differences between medications and placebo is unclear. Therefore, we further evaluated this topic in a post-hoc analysis of a systematic review and network meta-analysis on pharmacological and dietary supplement interventions for ASD (Siafis et al 2022).
Methods: In this analysis, we included 15 placebo-controlled RCTs (1567 participants) that reported data on a pair of clinician and caregiver rating scales measuring repetitive behaviors, e.g., the Children’s Yale-Brown Obsessive Compulsive scale (CY-BOCS) and the Aberrant Behavior Checklist Stereotypic Behavior (ABC-S) were most frequently used scales respectively. Standardized mean differences (SMD) between medications and placebo were calculated separately for the clinician and caregiver rating scales. The concordance of SMDs between clinician and caregiver rating scales was evaluated with intraclass correlation coefficient (ICC), meta-regression analysis and a random-effects meta-analysis of their differences (Δg = SMDclinician - SMDcaregiver).
Results: There was on average a good agreement between SMDs derived by clinician and caregiver ratings. In addition, there was on average no clear difference between clinician and caregiver ratings, however, there was heterogeneity and the prediction intervals were wide.
Conclusions: This analysis could further inform about the use of outcome measures in clinical trials in ASD. Due to the limited available data and the heterogeneity of the results, further research is warranted.
References:
Siafis, S., Çıray, O., Wu, H., Schneider-Thoma, J., Bighelli, I., Krause, M., ... & Leucht, S. (2022). Pharmacological and dietary-supplement treatments for autism spectrum disorder: a systematic review and network meta-analysis. Molecular autism, 13(1), 1-17.