Autor:innen:
M. Gertzen (Augsburg, DE)
M. Strasburger (München, DE)
J. Schwarz (München, DE)
S. Karcher (München, DE)
C. Rosenberger (Haar, DE)
T. Rüther (München, DE)
Einführung:
Bei Chemsex handelt es sich um die Kombination von Sexualität und den Konsum von psychotropen Substanzen (speziell Gammahydroxybutyrat, Gammabutyrolakton, Mephedron und Methamphetamin). Bestimmte Autoren zählen weitere Substanzen hinzu. Die häufigste Population, die von diesem Phänomen betroffen ist, sind Männer, die Sex mit Männern haben (MSM). Eine europäische Konsensusdefinition existiert bis heute nicht. Es bestehen ausgeprägte Risiken für die körperliche (v.a. sexuell übertragbare Infektionen) und seelische Gesundheit (Suchterkrankungen, Depression, Psychosen, suizidale Krisen). Ein manualisiertes, therapeutisches Vorgehen für dieses zunehmende Phänomen fehlt. Ziel der Arbeit war eine differenzierte Darstellung psychometrischer Eigenschaften von Chemsex-Usern, um Anforderungen für perspektivische Therapieoptionen zu erarbeiten.
Methode:
Im Rahmen einer explorativen Studie in der Region München wurden MSM, welche innerhalb der letzten 6 Monate Sexualität mit den typischen Chemsex-Substanzen oder Ketamin betrieben hatten, mit gematchten Kontrollen psychometrisch mittels validierter deutschsprachiger Skalen untersucht in Bezug auf das Vorliegen von Depression (Beck-Depressions-Inventar, BDI), kindlichem Trauma (Childhood-Trauma-Questionnaire, CTQ), dem Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung (Strukturiertes klinisches Interview für DSM 5 – Persönlichkeitsstörungen, SCID-5-PD), Hypersexualität (Hypersexual-Behavior-Inventory, HBI) und Bindungsstil (Relationship-Scales-Questionnaire, RSQ).
Ergebnisse:
Es konnten 31 Probanden untersucht und mit gematchten Kontrollen verglichen werden. Hierbei ergaben sich bei Chemsex-Usern Hinweise für das vermehrte Vorliegen von Depressivität, kindlichem Trauma im Sinne von emotionalem Missbrauch, verschiedenen Persönlichkeitsstörungen, Hypersexualität und einem unsicheren Bindungsstil.
Konklusion:
Bei manifestem Chemsex-Konsum sollte diagnostisch und therapeutisch das Vorliegen von Komorbiditäten beachtet werden