Im ersten Vortrag wird Frau PD Dr. phil. K. Lukaschek eine Querschnittstudie mit 223 eingeschlossenen Patienten mit Depression und/oder Suizidgedanken (Durchschnittsalter 47,61 ± 15 Jahre; 61,9% Frauen) aus 20 Hausarztpraxen (104 Patienten) und 10 psychiatrischen / psychotherapeutischen Kliniken (119 Patienten) (September 2019 - Februar 2020) vorstellen, die nahelegt, dass kurze Fragebögen, wie z.B. der P4, beim Ansprechen von Suizidgedanken unterstützen können. Im zweiten Vortrag referiert Prof. M. Wolfersdorf über die Präventionsmöglichkeiten für Kliniksuizide und stellt Empfehlungen vor, was nach einem Suizid im Krankenhaussetting für Patienten aber auch für das therapeutische Team wichtig ist. Im letzten Vortrag widmet sich Frau PD. U. Lewitzka dem Thema Suizidalität bei Medizinern und stellt hier Daten einer eigenen Umfrage unter verschieden Fachgruppen sowie den aktuellen Forschungsstand internationaler Studien vor, die z.B. zeigen konnten, dass Hausärzte ein erhöhtes Suizidrisiko aufweisen.
10:15 Uhr
Suizidale Patienten in der Primärversorgung – was kann der Hausarzt tun?
C. Haas (München, DE)
Details anzeigen
Autor:innen:
C. Haas (München, DE)
S. Schlüssel (DE)
K. Lukaschek (DE)
J. Gensichen (DE)
-. für die POKAL Gruppe (München, DE)
Hintergrund
Die Leitlinien empfehlen ein offenes und direktes Ansprechen der Suizidalität. Zudem sollten protektiven Faktoren mehr in den Fokus genommen werden. Für die hausärztliche Praxis gibt es hierfür mit Ausnahme des P4 kaum geeignete Instrumente zur Erfassung.
Fragestellung
Ziel ist die Konzeption eines neuen psychometrisch-sauberen Kurzfragebogens als Weiterentwicklung zur Validierungsstudie des P4 - speziell für die Primärversorgung, der neben Risikofaktoren auch protektive Aspekte berücksichtigt, die Betroffene von einem Suizidversuch abhalten.
Methodik
Die neue Fragebogenentwicklung unterzieht sich kognitiven Interviews und einer anschließenden Pilotierung (N=300) in hausärztlichen Praxen. Anhand der psychometrischen Evaluation mithilfe faktorenanalytischer Testmodelle und Überlegungen zur Inhaltsvalidität wird das Instrument gekürzt und an einer unabhängigen Stichprobe (N=300) erneut evaluiert.
Ergebnisse
Im Rahmen des Kongresses können die Ergebnisse der kognitiven Prätestung und die Entwicklung der ersten Fragebogenversion vorgestellt werden, die sich zu diesem Zeitpunkt noch in der Pilotierung befindet.
Diskussion
Suizidgedanken sollen in der Praxis aktiv angesprochen werden - valide Fragebögen können dabei unterstützen. Der P4-Screener ist eine kurze Maßnahme, die beim Screening auf Suizidgedanken, insbesondere in der Primärversorgung, hilfreich sein kann, jedoch psychometrischen Einschränkungen unterliegt. Der neu entwickelte Fragebogen soll diesen Einschränkungen entgegenwirken und den hausärztlichen Heuristiken entsprechen.
11:15 Uhr
Suizid bei Ärzten – Risikofaktor Beruf?
U. Lewitzka (Dresden, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
U. Lewitzka (Dresden, DE)
Suizid bei Ärzten – Risikofaktor Beruf?
Einführung
Ärzte haben ein erhöhtes Suizidrisiko als die Allgemeinbevölkerung. Verschiedene Überlegungen über die Hintergründe, wie z.B. die rasche Verfügbarkeit einer Methode bis zum Einfluss der wöchentlichen Arbeitszeit werden als Einflussfaktoren dafür diskutiert.
Bemerkenswert ist, dass es unter den Medizinern häufiger Frauen betrifft, während sich in der Allgemeinbevölkerung mehr Männer das Leben nehmen.
Methode
Der Vortrag möchte Ergebnisse einer Fragebogenstudie unter Ärzten und Therapeuten mit psychiatrischen Tätigkeitsschwerpunkt sowie verschiedener anderer Fachrichtungen in Dresden und Umgebung vorstellen. Dazu wurde ein Erhebungsbogen mit 42 Fragen entwickelt und an insgesamt 400 Ärzte/Therapeuten versendet. Im Fragebogen wurden neben soziodemografischen Variablen v.a. Fragen nach psychischen Erkrankungen, eigenen erlebten suizidalen Gedanken/Krisen, der Inanspruchnahme von Hilfe sowie erfasst.
Ergebnisse
Die Rücklaufquote betrug 62%. 78 Männer sowie 170 Frauen beteiligten sich an der Befragung. 80 % der niedergelassenen Psychologischen Psychotherapeuten würden sich im Falle eigener psychischer Problemen Hilfe holen, aber nur 58% der niedergelassenen Psychiater. Bei suizidalen Krisen würden sich am wenigsten häufig niedergelassene Psychiater sowie Klinikpsychiater Hilfe holen. Zu den häufigsten Gründen für Nicht-Inanspruchnahme von Hilfe wurden Scham, der eigene Leistungsanspruch sowie Angst vor Konsequenzen genannt.
Diskussion
Diese kleine Studie weist auf ein Problem hin, welches sicherlich auch für Kollegen anderer Regionen relevant ist. Das Vertrauen, sich im Falle eigener psychischer Probleme von einem Fachkollegen Hilfe zu holen scheint nicht durchweg positiv ausgeprägt. Insbesondere in kleineren Regionen spielt hierbei vermutbar auch die Angst, dass jemand davon erfahren könnte eine Rolle. Mit diesem Verhalten tragen die Ärzte und Therapeuten selbst zu einer Stigmatisierung psychischer Erkrankungen bei.