Raum:
Saal Paris 1 (Stream/on Demand)
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 13: Bildgebung, Neurophysiologie, Neuropsychologie
Stream/on Demand
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
Das Symposium präsentiert verschiedene biobehaviorale Studien zur Mutter-Kind-Interaktion. Ausgehend von den präsentierten Daten werden Implikationen für die transgenerationale Transmission von Belastungen und Ansatzpunkte für Interventionen diskutiert.
Irene Plank hat mit fMRT soziale Kognition bei Müttern ohne psychische Erkrankung untersucht. Sie zeigt, dass Mütter in einem Empathie-für-Schmerz-Paradigma im Vergleich zu Nicht-Müttern verstärkte Aktivierungen in der Insula aufweisen. In einem anderen Paradigma mussten die Teilnehmenden Handlungsintentionen aus emotionalen Gesichtern ableiten. Hierbei zeigen Mütter stärkere Aktivierungen in Insula und Mentalisierungsarealen um den posterioren Zingulärkortex als Nicht-Mütter.
Isabella Schneider berichtet, dass Mütter mit Borderline-Personlichkeitsstörung häufiger intrusives Verhalten und weniger reziproke Mutter-Kind-Interaktionen aufweisen. Mögliche zugrundeliegende Mechanismen könnten eine veränderte Oxytocin- und Cortisolreaktivität, wie auch erhöhte basale Testosteronspiegel sein, wodurch die Interaktion mit dem Kind bei Müttern mit BPS möglicherweise zu weniger Belohnungserleben und weniger Stressabbau führt.
Leonie Fleck hat in einer Bevölkerungsstichprobe von 76 Mutter-Jugendlichen-Dyaden den Einfluss dyadischer Interaktionsmuster sowie jugendlicher Borderline-Persönlichkeitsmerkmale auf die Mutter-Jugendlichen-Cortisol-Synchronie untersucht. Sie zeigt, dass sich Cortisol-Synchronie in Abhängigkeit des Zusammenspiels von jugendlicher Psychopathologie und dyadischem Verhalten unterschied.
Katharina Williams hat 38 jugendliche Borderline-PatientInnen und deren Mütter mit 35 gesunden Mutter-Kind-Dyaden im Hinblick auf Verläufe der individuellen Herzratenvariabilität (HRV) und HRV-Synchronie verglichen. Sie zeigt, dass Gruppe, Kontext (Ruhe, Stress, positive Interaktion) und Qualität der Mutter-Jugendlichen-Interaktion im Zusammenhang mit der individuellen HRV sowie HRV-Synchronie stehen.
10:15 Uhr
Neuronale Korrelate sozialer Kognition in Müttern
I. Plank (Berlin, DE)
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Autor:innen:
I. Plank (Berlin, DE)
C. Hindi Attar (DE)
I. Dziobek (DE)
F. Bermpohl (DE)
Sich um einen anderen Menschen zu kümmern, bedeutet, seine Gefühle, Gedanken und Bedürfnisse zu verstehen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass Mutterschaft mit Aspekten der sozialen Kognition interagiert. Unter Verwendung der funktionellen Magnetresonanztomographie untersuchte dieses Projekt neuronale und verhaltensbezogene Unterschiede in der Erkennung von Emotionen und der „Theory of Mind“-Kompetenz (ToM) zwischen Müttern und Nicht-Müttern. In drei Experimenten wurden sowohl Kinder- als auch Erwachsenengesichter als Stimuli verwendet, um zu untersuchen, ob Unterschiede zwischen Müttern und Nicht-Müttern auf das Verständnis von Kindern beschränkt sind oder auch auf das Verstehen von Erwachsenen zutreffen. Mütter brauchten mehr Informationen, um Emotionen in Kindergesichtern zu erkennen als Nicht-Mütter, obwohl sie bei einer Kontrollaufgabe keine Leistungsunterschiede zeigten. Mütter zeigten überdies eine erhöhte Aktivierung im bilateralen posterioren cingulären Cortex, die sich bis in die Precunei erstreckte, sowie erhöhte Aktivierung in den bilateralen Insulae als Reaktion auf Gesichter von Erwachsenen und Kindern. Bei der Aufgabe zur Erkennung von Emotionen in Gesichtern zeigten Mütter eine erhöhte neuronale Aktivierung im Precuneus als Reaktion auf kindliche im Vergleich zu erwachsenen Stimuli. Die Ergebnisse zeigen, dass sich Mütter und Nicht-Mütter in allen beobachteten Aspekten der sozialen Kognition unterscheiden. Diese Unterschiede beschränken sich nicht auf das soziale Verständnis von Kindern, sondern erstrecken sich auch auf andere Erwachsene. Die Erkenntnisse aus diesem Projekt können als Ausgangspunkt für zusätzliche Forschung dienen, einschließlich der Ausweitung auf andere Eltern als Mütter.
10:37 Uhr
Oxytocin, Cortisol und Testosteron in der Mutter-Kind-Interaktion bei Müttern mit Borderline-Persönlichkeitsstörung
I. Schneider (Heidelberg, DE)
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Autor:in:
I. Schneider (Heidelberg, DE)
Mütter mit Borderline-Personlichkeitsstörung (BPS) zeigen häufiger intrusives Verhalten und Mutter-Kind Interaktionen scheinen weniger reziprok. Die hormonelle und neuronale Belohnungs- und Stresssysteme scheinen wichtige modulierende und mediierende Faktoren im mütterlichen Verhalten zum Kind zu sein. Veränderungen, wie sie bei vielen psychischen Erkrankungen auftreten, könnten auch bei der BPS das mütterliche Verhalten und die Mutter-Kind-Beziehung beeinflussen und das Risiko einer transgenerationalen Transmission der Psychopathologie erhöhen.
Fünfundzwanzig Mütter mit BPS und 29 gesunde Mütter mit ihren 18 bis 36 Monate alten Kleinkindern nahmen an einer Freispiel-Mutter-Kind-Interaktion teil. Die aufgezeichneten Videos der Interaktion wurden mit Hilfe des Coding Interactive Behavior (CIB) Manuals kodiert. Blutproben der Mütter wurden vor der Interaktion auf Oxytocin, Cortisol und Testosteron und nach der Interaktion auf Oxytocin und Cortisol untersucht.
Bei Müttern mit BPS sank der Oxytocinspiegel, während der Cortisolspiegel nach der Interaktion unverändert blieb. Die basalen Testosteronwerte waren bei Müttern mit BPS signifikant höher. Cortisolreaktivität und Testosteronspiegel vermittelten den Zusammenhang zwischen mütterlicher BPS und dyadischen negativen Zuständen während der Interaktion. Diese Ergebnisse legen nahe, dass Veränderungen von Oxytocin, Cortisol und Testosteron zu Störungen der Mutter-Kind-Interaktion bei BPS beitragen. Die Interaktion mit ihrem Kind führt bei Müttern mit BPS im Gegensatz zu gesunden Müttern möglicherweise zu weniger Belohnungserleben und Stressabbau.
10:59 Uhr
Jugendliche Borderline-Persönlichkeitsmerkmale und dyadisches Verhalten prägen Mutter-Jugendlichen-Cortisol-Synchronie
L. Fleck (Bern, CH)
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Autor:innen:
L. Fleck (Bern, CH)
A. Fuchs (DE)
S. Lerch (CH)
E. Moehler (DE)
J. Koenig (DE)
F. Resch (DE)
M. Kaess (CH)
Hintergrund: Studien zeigen häufig, dass elterliches und kindliches Cortisol (CT) assoziiert sind. Die Synchronie adrenocorticaler Stressregulationssysteme könnte einen biologischen Marker der Co-Regulation darstellen. Wenn CT-Werte von Eltern und Kindern gemeinsam steigen oder sinken, spricht man von positiver Synchronie, bei entgegengesetzten Mustern von negativer Synchronie. Die Rolle von Einflussfaktoren auf die CT-Synchronie muss noch eingehender untersucht werden. Untersucht wird daher, wie jugendliche Borderline-Persönlichkeitsmerkmale (BPM), die mit Schwierigkeiten in der zwischenmenschlichen Interaktion und der Stressregulation einhergehen, sowie dyadische Verhaltensmuster mit der CT-Synchronie zusammenhängen.
Methode: Die Anzahl der BPM wurde anhand eines Interviews erhoben. Dyadisches Verhalten (Verhaltenssynchronie) wurde mittels Videocodierung ausgewertet. Zusammenhänge mit der CT-Synchronie wurden mit Mehrebenenmodellen analysiert.
Ergebnisse: Höhere Verhaltenssynchronie ging mit positiver CT-Synchronie einher. Jugendliche BPM waren mit negativer CT-Synchronie assoziiert. Im Zusammenspiel beider Prädiktoren ergab sich, dass Dyaden mit dem niedrigsten Risiko (hohe Verhaltenssynchronie, keine BPM) keine CT-Synchronie aufwiesen. Dyaden mit dem höchsten Risiko (geringe Verhaltenssynchronie, BPM) zeigten negative CT-Synchronie. Wenn jugendliche BPM aufwiesen, aber hohe Verhaltenssynchronie vorlag, war die CT-Synchronie positiv.
Diskussion: Im Kontext hoher Verhaltenssynchronie, einer dyadischen Ressource, fand sich positive CT-Synchronie. Bei Jugendlichen mit BPM und ihren Müttern hingegen zeigte sich negative CT-Synchronie. Möglicherweise konnten diese Jugendlichen weniger von adaptiven biologischen Regulationsprozessen ihrer Mütter profitieren. War jedoch trotz der BPM die Verhaltenssynchronie hoch, so konnte dieser Effekt umgekehrt werden. Die verhaltensbezogene Co-Regulation könnte bei der Borderline-Pathologie also einen wichtigen Puffer darstellen.
11:21 Uhr
Eine Case-Control-Studie über jugendliche Patienten mit Borderline-Persönlichkeitszügen und ihre Mütter: Beeinflussen klinischer Status, Kontext und dyadisches Verhalten die individuelle HRV-Funktion und HRV-Synchronie?
K. Williams (Bern, CH)
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Autor:innen:
K. Williams (Bern, CH)
A. Fuchs (DE)
J. Kühn (DE)
L. Fleck (Bern, CH)
G. Fischer-Waldschmidt (DE)
S. Lerch (Bern, CH)
J. König (DE)
F. Resch (DE)
M. Kaess (Bern, CH)
Hintergrund: Dem Konzept der Bio-Behavioralen Synchronie nach koordinieren Eltern und Kinder Verhalten und Physiologie in einem dynamischen Prozess. Patienten mit Borderline-Persönlichkeitssymptomatik (BPS) weisen häufig reduzierte Ruhe-Herzratenvariabilität (HRV) auf, ein Indikator für Regulationsdefizite. Veränderte Synchronieprozesse bei BPS-Patient*innen wurden bisher nicht hinreichend untersucht, obwohl dies im Hinblick auf die meist vorhandenen interpersonellen Schwierigkeiten naheliegend ist. Die vorliegende Studie untersucht behaviorale und HRV-Synchronie bei jugendlichen BPS Patient*innen und deren Müttern (BPS) sowie einer gesunden Kontrollgruppe (KG) in unterschiedlichen Kontexten.
Methode: 38 jugendliche Patient*innen mit mind. Subsyndromaler BPS und deren Mütter wurden mit 35 gesunden Dyaden verglichen. HRV wurde in fünf Kontexten erfasst: Ruhe, positive Interaktion, Ruhe, Stress Task, Ruhe. Verhalten wurde während der positiven Interaktion und der Stress Task beobachtet und kodiert. Die Daten wurden mit Multilevel State-Trait-Modelling analysiert.
Ergebnisse: Die BPS-Gruppe zeigte Defizite in der behavioralen Synchronie. HRV-Synchronie war in beiden Gruppen positiv und signifikant. Abhängig vom Kontext zeigten sich Gruppenunterschiede: Bei KG-Dyaden/Dyaden mit hoher Verhaltenssynchronie konnte man HRV-Synchronie während der Ruhemessungen beobachten. Bei BPS-Dyaden/Dyaden mit niedriger Verhaltenssynchronie wurde während der Stresstask HRV-Synchronie beobachtet.
Diskussion: Unterschiede in HRV-Synchronie traten unter Einbezug von Gruppenzugehörigkeit und Erhebungskontext auf, was die Bedeutung beider Faktoren unterstreicht. KG-Dyaden zeigten Assoziationen in ihrer HRV, wenn sie in getrennten Räumen voneinander in Ruhe saßen. Dies könnte auf ähnliche Erholungsprozesse hindeuten.
Schlussfolgerung: Die Frage der Adaptivität von HRV-Synchronie bei Stress muss in weiteren Studien beantwortet werden.