Raum:
Saal A4 (Stream/on Demand)
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 22: Versorgungsforschung und Versorgungsmodelle
Stream/on Demand
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
Das Leitlinienportfolio der DGPPN umfasst aktuell 14 S3-Leitlinien unter Federführung der eigenen und zahlreichen Beteiligungen an Leitlinien anderer Fachgesellschaften. Das vollumfängliche reguläre Überprüfungsintervall von Leitlinien liegt aktuell noch bei bis zu 5 Jahren. Unter Berücksichtigung des Zeitbedarfs für die Überarbeitung beruhen die Empfehlungen gegen Ende der Gültigkeitsdauer der Leitlinie auf Studien und klinischen Erkenntnissen, die mindestens 5-7 Jahre alt sind. Dies kann letztlich eine inadäquate Versorgung mitbedingen. Mit einem dynamischen Aktualisierungsprozess kann dieser Konsequenz begegnet werden. Sobald neue Evidenz, klinische Erkenntnisse oder veränderte Versorgungsbedingungen aufgrund a priori definierter Kriterien eine wesentliche Änderung der medizinischen Praxis erfordern, sollten einzelne Empfehlungen entsprechend aktualisiert werden („living guidelines“).
Die Entwicklung von „living guidelines“ erfordert unter anderem neue Instrumente zur Aktualisierung und Kommunikation von Leitlinien, wie z.B. digitale Tools. Ein solches Tool (MagicApp) wird derzeit bei der Aktualisierung der S3-Leitlinie Demenzen erprobt. Neben den Erfahrungen bei der Digitalisierung werden im Symposium aus diesem Aktualisierungsprozess Neuerungen in der Diagnostik und Therapie von an Demenzen erkrankten Patienten vorgestellt. Aus dem Projekt "Guide2Guide" wird eine Übersicht zu methodischen Entwicklungen und Erwartungen der Leitlinienentwickler an "living guidelines" vorgestellt. Wie die Implementierung einer digitalisierten Leitlinie in der Versorgungspraxis aussehen kann, zeigt das Projekt „Sisyphos“ am Beispiel der S3-Leitlinie Schizophrenie.
10:37 Uhr
„Living Guidelines“ – Bestandsaufnahme zu methodischen Entwicklungen, dem Umsetzungsgrad und Barrieren
B. Soltmann (Dresden, DE)
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Autor:in:
B. Soltmann (Dresden, DE)
Hintergrund:
Obwohl das Konzept der „living guideline“ in Diskussion und auch einzelne Elemente zur Umsetzung einer dynamischen Aktualisierung publiziert sind, fehlen nach wie vor Best-Practice-Empfehlungen, wie eine zeitnahe Implementierung neuer relevanter Erkenntnisse in die einzelnen Empfehlungen und die Information der Entscheidungsträger erfolgen sollte. Ziel dieser Übersichtsarbeit ist eine Bestandsaufnahme, inwieweit methodische und organisatorische Methoden zur dynamischen Aktualisierung bereits erfolgreich Eingang in der Erstellung von „Living guidelines“ bzw. „living systematic reviews“ gefunden haben, um daraus einen Workflow für dynamische Aktualisierung abzuleiten.
Methodik:
Eine systematische Literaturrecherche wurde in den Datenbanken Medline, EMBASE, Scopus, Epistemonikos und Cochrane Library sowie in Registern für systematische Übersichten (Prospero) und Leitlinien (wie Guidelines International Network, G-I-N) durchgeführt. Dabei wurden (1) bisher veröffentlichte Konzepte und Manuale zur Durchführung von „Living Guidelines/Living Systematic Reviews“ identifiziert und (2) geprüft, ob und wie diese Strategien in Leitlinien/systematische Reviews umgesetzt sind. Extrahiert und dem entsprechenden Schritt der Leitlinienentwicklung zugeordnet wurden methodische und organisatorische Ansätze, die sich eindeutig auf einen dynamischen Fortschreibungsprozess beziehen.
Ergebnisse und Diskussion:
Diese Übersichtsarbeit wird den aktuellen Stand der Methodik für „living guidelines“ ermitteln. Basierend auf diesen Erkenntnissen werden praktikable Verfahren für die dynamische Aktualisierung identifiziert, die in einen Workflow für die Entwicklung von Leitlinien integriert werden können.
10:59 Uhr
Welche Erwartungen knüpfen Leitlinienentwickler:innen an „Living Guidelines“?
U. Gühne (Leipzig, DE)
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Autor:innen:
U. Gühne (Leipzig, DE)
E. Weitzel (Leipzig, DE)
K. Schladitz (Leipzig, DE)
B. Soltmann (DE)
F. Jessen (DE)
A. Pfennig (DE)
S. Riedel-Heller (Leipzig, DE)
Die Entwicklung von Leitlinien (LL) folgt heute einem elaborierten Regelwerk. Bisherige „statische“ Aktualisierungsintervalle führen zu einer gewissen Trägheit und abnehmenden Validität. In den Fokus rückt das Konzept der dynamischen Leitlinienentwicklung (Living Guideline, LG). Im Rahmen der Studie Guide2Guide wurden Chancen und Herausforderungen bei der Implementierung von LG aus Sicht der LL-entwickler*innen im psychiatrischen Feld exploriert. Basierend auf einer qualitativen Befragung im Vorfeld (N=15) wurde ein Survey entwickelt, pilotiert und an 561 LL-Entwickler*innen von S3-LL im psychiatrischen Feld versandt. Zwischen Januar und Mai 2022 fanden 219 Erhebungen statt (Rücklaufquote: 39,0%). Die Hälfte der Teilnehmenden war schwerpunktmäßig in der Versorgung tätig (51,0%, n = 98), gefolgt vom Bereich Wissenschaft, Forschung, Lehre (35,9%, n = 69) und dem Schwerpunkt der Tätigkeit in Organisationen bzw. der Gesundheitspolitik (13,0%, n = 25). 60,3% der Befragten gaben an, bisher vom LG- Konzept gehört zu haben. Mehrheitlich wurde eine dynamische Aktualisierung grundsätzlich als sinnvoll gesehen, diese würde v.a. ermöglichen, den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand besser als bisher abzubilden. Andere Aspekte wurden sehr heterogen bewertet. Das traf beispielsweise auf eine Ökonomisierung der Arbeitsprozesse sowie die Möglichkeiten einer Harmonisierung des methodischen Prozedere zu. Die Befragten sahen ein gewisses Risiko „inflationärer Änderungen“ von Empfehlungen und die Definition verbindlicher Kriterien für die Änderung von Empfehlungen sowie die kontinuierliche Beteiligung des Leitliniengremiums, insbesondere die von Betroffenen- und Angehörigenvertreter*inne als herausfordernd. Das Verhältnis von Aufwand und Nutzen bei der Umstellung des Entwicklungskonzeptes hänge unmittelbar mit der aktiven Rezeption und Implementierung einer Leitlinie in die Praxis zusammen. Die Ergebnisse sollen in die Entwicklung von Umsetzungsmöglichkeiten einfließen.
11:21 Uhr
Implementierung digitaler Leitlinienempfehlungen in der Versorgungspraxis am Beispiel der S3-Leitlinie Schizophrenie
A. Hasan (Augsburg, DE)
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Autor:in:
A. Hasan (Augsburg, DE)
Die Implementierung von Behandlungsleitlinien in der klinischen Praxis ist weiterhin ein relevantes Problem. Verschiedene Barrieren in der Implementierung sind gut wissenschaftlich beschrieben. Durch die Entwicklung von Lebendigen Leitlinien (living guidelines) und die Schaffung von plattformübergreifend-agierenden Evidenzsystemen soll es in Zukunft gelingen Leitlinien besser in die klinische Praxis zu integrieren. Das durch den GBA-Innovationsfonds geförderte SISYPHOS Projekt hat u.a. zum Ziel die S3-Leitlinie Schizophrenie in eine digitale living-guideline zu überführen und diesen Schritt hinsichtlich Wirksamkeit und Akzeptanz zu evaluieren. Im Rahmen des Vortrags werden aktuelle Entwicklungen zum Thema Living-Guidelines, erste Ergebnisse des SISYPHOS Projekts und ein Ausblick für die zukünftige Entwicklung von digitalen Leitlinien gegeben.