Arbeit und psychische Gesundheit sind eng miteinander verbunden. Im Symposium werden aktuelle Studienergebnisse zu diesem Thema vorgestellt.
Johannes Hamann (München) berichtet aus der Innovationsfondstudie Return-to-Work. Dabei werden die Ergebnisse der Cluster randomisierten Studie (N=268) zu Return to Work Experten bei erwerbstätigen Patient*innen, die stationäre psychiatrisch behandelt wurden, präsentiert.
Das BMBF-Verbundprojekt "Seelische Gesundheit am Arbeitsplatz Krankenhaus" (SEEGEN) zielte auf die Entwicklung, Implementierung und Evaluation einer komplexen Intervention zum betrieblichen Gesundheitsmanagement, die aus kombinierten verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen für verschiedene Zielgruppen in einem Krankenhausbetrieb besteht, um arbeitsbedingte Belastungen zu reduzieren. Erfahrungen und erste Ergebnisse innerhalb des Umsetzungsprozesses werden vorgestellt und diskutiert. Neben Vor-Ort-Interventionen bedarf es auf Makroebene einer Verhältnisprävention, die gesellschaftspolitische Richtungsentscheidungen anregt und eine optimale Einbettung der Interventionen in betriebliche Abläufe sicherstellt. Harald Gündel (Ulm) berichtet Ergebnisse aus dem Forschungskonsortium.
Der Zugang zu Arbeit muss frühzeitig im Behandlungsprozess regelhaft thematisiert und als Angebot implementiert werden. Katarina Stengler (Leipzig) berichtet Ergebnisse LIPSY Studie, die zeigt, wie schwer psychisch erkrankte Langzeitarbeitslose aus dem Jobcenter über Screening und Assessment letztlich im klinischen Versorgungsalltag IPS erfahren und mit welchen Erfolgen potentiell zu rechnen ist.
Anne Lang (München) befasst sich mit der Frage, ob und wie psychische Erkrankungen am Arbeitsplatz offengelegt werden und welche Faktoren diesen Entscheidungsprozess beeinflussen. Dazu stellt sie Ergebnisse quantitativer und qualitativer Daten vor.
Insgesamt wird deutlich, wie wichtig es ist, Arbeit im Kontext psychischer Gesundheit zu betrachten.
12:30 Uhr
Return-to-Work: Ergebnisse des RCT
J. Hamann (München, DE)
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Autor:innen:
J. Hamann (München, DE)
P. Brieger (DE)
Hintergrund: Psychische Erkrankungen sind inzwischen die zweithäufigste Ursache für Krankschreibungen und die häufigste Ursache für krankheitsbedingte Verrentungen. Um Jobverluste zu vermeiden sind besondere Interventionen zur Rückkehr an den Arbeitsplatz erforderlich. Ein erfolgreicher Rückkehrprozess kann eine erneute Krankschreibung sowie Erwerbsunfähigkeit verhindern. Zudem kann eine gelingende Rückkehr in den Berufsalltag positiv auf den Genesungsprozess zurückwirken. Internationale Erfahrungen zeigen, dass Return-to-Work-Programme eine wirksame Handlungsoption sind, um Patienten nach längerer Erkrankung nachhaltig wieder ins Arbeitsleben zurückzuführen. Return-to-Work-Programme bilden hinreichende Unterstützungsangebote, um mangelnde Ressourcen (z. B. fehlende Wertschätzung) und Belastungen (z. B. zu hohes Arbeitsvolumen) zu bewältigen.
Methode: Im Rahmen einer Cluster-randomisierten Studie wurde die Wirksamkeit eines Return-to-Work-Programmes für stationär-psychiatrisch behandelte Patienten untersucht.
Ergebnisse: N=268 Patienten wurden im Rahmen der Studie rekrutiert. Patienten der Interventionsgruppe waren nach 6 und 12 Monaten häufiger an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt und mehr Tage in Arbeit. Diese Gruppenunterschiede waren nach 6 Monaten statistisch signifikant, jedoch nicht nach 12 Monaten (Hauptoutcomeparameter). Insgesamt kehrten Patienten der Interventionsgruppe früher zurück, als Patienten der Kontrollgruppe.
Diskussion: Auch wenn bzgl. des Hauptoutcomes kein signifikanter Gruppenunterschied gezeigt werden konnte, wird das Potential eines RTW-Programms für stationäre Patienten sichtbar.
12:52 Uhr
Seelische Gesundheit am Arbeitsplatz Krankenhaus – die Studie SEEGEN
N. Hander (Ulm, DE)
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Autor:innen:
N. Hander (Ulm, DE)
E. Rothermund (Ulm, DE)
F. Junne (Tübingen, DE)
M. Rieger (Tübingen, DE)
I. Maatouk (Heidelberg, DE)
U. Ziegenhain (Ulm, DE)
S. Süß (Düsseldorf, DE)
A. Müller (Duisburg-Essen, DE)
B. Puschner (Günzburg, DE)
A. Sander (Heidelberg, DE)
P. Angerer (Düsseldorf, DE)
H. Gündel (Ulm, DE)
Wie die effektive, nachhaltige Förderung der seelischen Gesundheit von Beschäftigten gelingen kann, wird in einem bundesweiten Verbundforschungsprojekt untersucht. Das Projekt "Seelische Gesundheit am Arbeitsplatz Krankenhaus" (SEEGEN) zielt auf die Entwicklung, Implementierung und Evaluation einer Komplexintervention zum betrieblichen Gesundheitsmanagement ab.
In der 1. Projektphase (2017–2019): Entwicklung von fünf belastungsspezifischen Interventionen mit verhaltens- und verhältnispräventiven Maßnahmen für verschiedene Zielgruppen. In der 2. Phase (2020–2022): Implementierung jener Bestandteile zu einer Komplexintervention und Überprüfung der Wirksamkeit in einer cluster-randomisierten Studie an drei Kliniken.
Fünf maßgeschneiderte Interventionen wurden partizipativ entwickelt und in einer Pilotierung mit 208 Teilnehmenden an fünf Kliniken erfolgreich evaluiert. Jene fördern 1) Gestaltungskompetenz für gesunde Arbeit, 2) Dilemmakompetenz in Entscheidungssituationen, 3) Stresspräventive Führungskompetenz, 4) Vereinbarkeit von Beruf und Familie und 5) Gesundbleiben im Beruf. In der 2. Phase (N = 415) zeigten sich keine signifikanten Unterschiede zwischen der Interventions- und Wartekontrollgruppe hinsichtlich der Veränderung des primären Outcomes „Irritation Scale“ (Mohr et al., 2005) sowie der wichtigsten sekundären Outcomes „Well-Being Index“ (Topp et al., 2015) und „Psychosocial Safety Climate“ (Hall et al., 2010). Das verhältnispräventive Instrument „Runder Tisch“ verhalf zur Erarbeitung von Lösungen besonders auf organisationaler Ebene (z. B. Arbeitsbedingungen, Prozesse, Kommunikation).
Erfahrungen innerhalb des Umsetzungsprozesses werden vorgestellt und diskutiert. Nach unserer Einschätzung bedarf es auch Spielräume bezüglich der Gestaltung des Gesundheitswesens, um Vor-Ort Interventionen zur Verbesserung der Gesundheit der Klinikmitarbeitenden zu unterstützen (Gündel et al., 2020: Kaum Spielräume für Verbesserungen, Dtsch Arztebl).
13:14 Uhr
Integration von IPS in die Klinikbehandlung – Ergebnisse der LIPSY-Studie
K. Stengler (Leipzig, DE)
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Autor:innen:
K. Stengler (Leipzig, DE)
M. Alberti (DE)
M. Koschig (DE)
S. Riedel-Heller (DE)
Die beruflichen Rehabilitation in Deutschland erzielt keine hinreichende Inklusion schwer psychisch erkrankter Menschen auf dem ersten Arbeitsmarkt. Vor diesem Hintergrund erlangen die im Rahmen des BTHG definierten Modellprojekte in der rehapro-Förderinitiative des BMAS eine besondere Bedeutung, da sie auf innovative Inklusionskonzepte auch dieser Zielgruppe fokussieren. Das hier vorgestellte Kooperationsprojekt (LIPSY) des Jobcenter, des Helios-Parkklinikum (H-PKL) und der Universität in Leipzig auf der Basis des Individual Placement and Support-Konzepts (IPS) adressiert in diese Richtung: es setzt mit einem niedrigschwelligen Screening von Langzeitarbeitslosen im Jobcenter Leipzig an und versucht, diejenigen Menschen mit bislang unerkannten psychischen Erkrankungen aber deutlichem Unterstützungs- und ggf. Behandlungsbedarfen zu erfassen. Die im psychologischen Assessment hinsichtlich Relevanz einer manifesten psychiatrischen Diagnose danach in das SGB V-Regelbehandlungssystem navigierten Patient/innen mit schweren psychischen Erkrankungen erfahren im PIA-Kontext des Zentrums Seelische Gesundheit am H-PKL im randomisiert-kontrollierten Design des IPS-Trials IPS-Coaching integrativ zur psychiatrisch-psychotherapeutischen Regelbehandlung. Herausfordernd sind dabei einerseits die am 1. Arbeitsmarkt orientierten Job-Coachings und andererseits die erfolgreiche Inklusion von IPS und Krankenhausbehandlung. Zu beiden Aspekten wird referiert, erste Ergebnisse vorgestellt und in die interessante Diskussion eingeladen.
13:36 Uhr
Disclosure – wann soll ich meinen Arbeitgeber informieren?
A. Lang (München, DE)
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Autor:in:
A. Lang (München, DE)
Nur ein sehr kleiner Bruchteil stationär psychiatrisch behandelter Patienten hat noch eine Anstellung am ersten Arbeitsmarkt. Bei Klinikentlassung schaffen es nur ca. zwei Drittel an diesen Arbeitsplatz zurückzukehren. Vor allem die Entscheidung, wie bei Rückkehr an den Arbeitsplatz mit der psychischen Erkrankung umgegangen werden soll, stellt für viele eine große Herausforderung dar. Es handelt sich hierbei um eine komplexe und höchst individuelle Entscheidung, die von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst wird. Es geht nicht nur darum, die Konsequenzen zu antizipieren und abzuwägen, sondern sich darüber klar zu werden, wem man sich anvertraut und was man sagen möchte.
Bislang zielen die meisten Studien, die sich mit Interventionen zur Unterstützung der Offenlegungsentscheidung am Arbeitsplatz auseinandersetzen, auf Personen ohne festes Arbeitsverhältnis ab, die darin unterstützt werden, im Bewerbungsprozess eine Entscheidung in Bezug auf die Offenlegung ihrer Erkrankung zu treffen. Für Personen mit bestehendem Arbeitsverhältnis, bei denen es um die Rückkehr an den Arbeitsplatz nach längerer Erkrankung geht, ist die Studienlage jedoch leider noch sehr spärlich. Im Rahmen der vom Innovationsfond des G-BA geförderten RETURN Studie (Förderkennzeichen: 010517012) wurde sowohl quantitativ als auch qualitativ untersucht, welchen Einfluss die Unterstützung von sogenannten Return-to-Work Experten auf die Offenlegungsentscheidung der Patienten hat, sowie auch welche weiteren Faktoren diesen Entscheidungsprozess beeinflussen.