Genesung-/Peerbegleitung wird mittlerweile in nationalen (S3), sowie internationalen (NICE) Leitlinien zur psychiatrischen Versorgung empfohlen. Deutschlandweite werden innovative Konzepte mit Peerbegleitung für unterschiedliche psychiatrische Settings entwickelt und implementiert. Dieses Symposium beschäftigt sich mit Studien zur Genesungsbegleitung in der psychiatrischen Akutversorgung. Der erste und zweite Vortrag stellt Ergebnisse vor. der PACT-Studie, eine prä-post Evaluation zur Implementierung von Genesungsbegleitung auf Akutstationen vor. Zunächst werden Qualitative Ergebnisse der Implementierungsevaluation berichtet und daraufhin Ergebnisse bezüglich der Reduktion von Dauer und Häufigkeit von Zwangsmaßnahmen vorgestellt. Als Drittes wird die Theory of Change einer Studie zu einem Kriseninterventionsdienst mit Genesungsbegleitung in Zusammenarbeit mit der Polizei, mit dem Ziel Zwangseinweisungen zur vermeiden. Der vierte Vortrag stellt Ergebnisse einer Pilotstudie zu einer partizipativ entwickelten Peer-gestützten Mitarbeiter:innenschulung zur Reduktion von Zwangsmaßnahmen vor, es wird Videomaterial gezeigt.
10:15 Uhr
Evaluierung der Einführung von Genesungsbegleitung in die psychiatrische Akutversorgung des Vivantes Klinikum Am Urban in Berlin – qualitative Ergebnisse der PACT-Studie
M. Kemnitz (Berlin, DE)
10:37 Uhr
Genesungsbegleitung auf Akutstationen: Ergebnisse zur Reduktion von Zwangsmaßnahmen aus der PACT-FEM-Studie
J. Badouin (Berlin, DE)
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Autor:innen:
J. Badouin (Berlin, DE)
S. Weinmann (Berlin, DE)
F. Bermpohl (Berlin, DE)
A. Bechdolf (Berlin, DE)
J. Baumgardt (Berlin, DE)
Restraint is known to have extensive adverse psychological and physical consequences for both mental health patients and staff. Thus, developing strategies aimed at preventing and reducing restraint has become a priority in mental health care systems around the world. The S3 guideline “Prevention of Coercion: Prevention and Therapy of Aggressive Behavior in Adults” highlights peer support as a promising and resource-oriented intervention. Peer support workers are individuals who have encountered mental health challenges and share this personal experiential knowledge with people currently undergoing mental health crises. While numerous studies attest to the psychological, social, and economic benefits of peer support workers, no attention has been paid to exploring the efficacy of peer support to prevent restraint. The present prospective case-control study sought to help close this research gap and to evaluate the effect of the implementation of peer support on restraint in order to establish an empirical foundation to better inform the promotion of peer support. In our study we assessed frequency and duration of restraint applied in two acute psychiatric wards in Germany during two six-month periods before and after peer support was implemented in the intervention group. Though the analysis yielded ambiguous data, our results give reason to hypothesize that peer support has a protective influence on patients in acute psychiatric inpatient settings. We would encourage future research to continue investigating the preventive potential of peer support work while ensuring fidelity to distinct peer support principles and adjusting clinical trials towards greater standardization.
10:59 Uhr
Zwangseinweisungen vermeiden: Theory of Change zur Implementierung und Evaluation eines Kriseninterventionsdienstes mit Genesungsbegleitung in Zusammenarbeit mit der Polizei
I. Heuer (Hamburg, DE)
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Autor:innen:
I. Heuer (Hamburg, DE)
C. Mahlke (Hamburg, DE)
R. Nixdorf (Hamburg, DE)
S. Fürstenberg (Hamburg, DE)
A. Gerhardus (Bremen, DE)
G. Knigge (Hamburg, DE)
Wenn in einer akuten psychischen Krise die Polizei hinzugezogen wird, ist das für den betreffenden Menschen und sein Umfeld oft traumatisch. Dies gilt insbesondere bei Anwendung von Polizeigewalt und/ oder gar einer Zwangseinweisung. In der Stadt Bremen existieren, bisher einzigartig in Deutschland, ein psychiatrischer Krisendienst und ein Kriseneinsatz der regionalen sozialpsychiatrischen Dienste, die (uhrzeitabhängig) in Krisensituationen ergänzend oder alternativ zur Polizei eingeschaltet werden können. Trotz dieses Angebotes, durch das Menschen in akuten Krisen potentiell besonders zeitnah Kontakt zu Fachleuten bekommen, finden Zwangseinweisungen in Bremen überdurchschnittlich häufig statt.
Im Rahmen der Studie PeerIntervent (durchgeführt von der AG Sozialpsychiatrische & partizipative Forschung am UKE in Kooperation mit dem Institut für Public Health der Universität Bremen und der Gesundheit Nord gGmbH) werden nun Genesungsbegleiter:innen in 2 (von 5) Bremer Regionen bei den jeweiligen sozialpsychiatrischen Diensten eingestellt. Als Teil des Teams werden sie Kriseneinsätze begleiten. Ziel dieser Intervention ist, mit Hilfe des besonderen Zugangs, den Peer/-Genesungsbegleitende oft zu Menschen mit psychischen Belastungen finden, die Zahl der Zwangseinweisungen in Bremen zu reduzieren. Zu Vorbereitung der Intervention fanden Theory of Change Workshops (ToCs) mit unterschiedlichen Stakeholder:innen statt. Bei einer ToC werden im konzentrierten Austausch mit relevanten Akteur:innen die Entwicklung und Implementierung komplexer Interventionen unterstützt. Mit einer ToC-Map können so komplexe Zusammenhänge visuell veranschaulicht und dadurch Bedarfe und mögliche effektive Veränderungsstrategien aufgezeigt werden. Dieser Vortrag stellt die Methode der ToC vor und diskutiert die bisherigen Ergebnisse der Workshops im Projekt PeerIntervent.
11:21 Uhr
Pilotstudie zu einer partizipativ entwickelten Peer-gestützten Mitarbeiter:innenschulung zur Vermeidung von Zwangsmaßnahmen
C. Mahlke (Hamburg, DE)
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Autor:innen:
C. Mahlke (Hamburg, DE)
G. Schulz (Hamburg, DE)
Zwangsmaßnahmen wie Isolierung, Fixierung und Zwangsmedikation gehen für die Betroffenen mit Traumatisierung und Beeinträchtigung des weiteren Behandlungs- und Krankheitsverlaufs einher und stehen in Kritik im Hinblick auf die Menschenrechtskonventionen. Die stark divergierenden Positionen von psychiatrischem Personal und Patient*innen bezüglich der Entstehung von Situationen, die zu Zwangsmaßnahmen führen, verdeutlichen, dass ein großer Forschungs- und Handlungsbedarf besteht. Vorstöße zur Reduktion von Zwangsmaßnahmen zeigen, dass verschiedene Interventionen das Potenzial haben, die Anwendungshäufigkeit von Zwangsmaßnahmen zu reduzieren. In diesem Projekt wurde untersucht, ob es gelingt in einem partizipativen Prozess unter Einbezug von Psychiatriemitarbeiter*innen und Betroffenen von Zwangsmaßnahmen ein Schulungsprogramm zur Reduktion von Zwangsmaßnahmen zu entwickeln, dass den Perspektiven aller Akteur*innen Rechnung trägt und gleichzeitig den Transfer in die Praxis ermöglicht. Basierend auf einen systematischen Review wurden die als wirksam herausgearbeiteten Interventionen sowie die Probleme, die zu Zwangsmaßnahmen führen können in fünf Fokusgruppen mit Mitarbeiter*innen, Genesungsbegleiter*innen und Betroffenen diskutiert. Im Anschluss erfolgte die partizipative Auswertung der Fokusgruppen und Konzeption der Schulungsinhalte sowie die Erstellung mehrerer Schulungsfilme. In diesem Beitrag gehen wir auf die partizipative Umsetzung des Projekts ein und zeigen einige der entstandenen Videos mit Erfahrungsberichten.