Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen haben im Regelfall einen komplexen Hilfebedarf, neben Behandlungsleistungen benötigen sie oft eine Vielzahl weiterer Hilfen zur allgemeinen Lebensführung und zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Diese unterschiedlichen Leistungen müssen möglichst individuell angepasst und miteinander vernetzt sein, um eine optimale Wirkung zu erzielen.
Die S3-Leitlinie „Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen “ der DGPPN und das „Funktionale Basismodell gemeindepsychiatrischer Versorgung“ von Steinhart und Wienberg sind die evidenzbasierten Vorgaben für eine regionale, verbundförmig vernetzte Gesamtversorgung in Deutschland.
Der Dachverband Gemeindepsychiatrie e.V. setzt sich gemeinsam mit seinen Mitgliedsorganisationen seit vielen Jahren für die leitliniengerechte Realisierung solcher „Komplexleistungen“ ein, über die Sektoren- und Rechtskreisgrenzen des Sozialgesetzbuches hinweg.
In diesem Symposium stellt der Dachverband die Praxis gemeindepsychiatrischer Annäherungen an Komplexleistungen, ihre Bedeutung für Betroffene und Angehörige sowie einen Vorschlag zur Zusammenführung aller im Einzelfall indizierten Hilfen zu Komplexleistungen vor.
13:06 Uhr
Komplexleistungen in der integrierten Versorgung
T. Floeth (Berlin, DE)
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T. Floeth (Berlin, DE)
Die deutsche Finanzierungslandschaft tut sich weiterhin schwer mit SGB-übergreifenden Komplexleistungen. Es gibt aber Leistungen, die sich eher am "Rande" eines SGB-Bereichs verorten und dazu bieten Verträge zur Integrierten oder Besonderen Versorgung nach §140a SGB V eine Plattform. Hier sind Behandlungsleistungen jenseits der engdefinierten Regelleistungen denkbar und möglich, hier können Brücken geschlagen werden in Bereiche von Arbeit ( II und III), Rentenversicherung (VI), Kiinder- und Jugendhilfe (VIII), BTHG (IX), Pflege (XI) und Sozialhilfe (XII). Der Beitrag wird einige Erfahrungen ansprechen, die in den letzten 15 Jahren im Rahmen von Verträgen integrierter Versorgung unter dem Dach des Dachverbands Gemeindepsychiatrie gemacht wurden. Es kann gezeigt werden, dass dort Komplexleistungen in multiprofessionellen Teams ermöglicht wurden, die zu erfolgreichen alternativen Behandlungswegen geführt haben. Gleichzeitig ist aber auch klar, dass Komplexleistungen, wenn sie über die SGB-Bereiche hinweg geplant, finanziert und gelebt werden könnten, noch wesentlich weitreichendere Chancen der Behandlung und Begleitung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung bedeuten würden.
13:42 Uhr
Überwindung der Zersplitterung psychiatrischer Hilfen – ein Vorschlag des Dachverbands Gemeindepsychiatrie
N. Greve (Köln, DE)
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N. Greve (Köln, DE)
Zur Zusammenführung aller Hilfen, die Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen im Einzelfall benötigen, sind Leistungen erforderlich, die bisher in keinem SGB-Band umfassend als Regelleistungen verankert sind: Ermittlung von Bedürfnissen und Hilfebedarfen, Erschließung passgenauer Hilfen aus allen Leistungsbereichen, personell kontinuierliche, erforderlichenfalls langjährige Begleitung mit Lotsenfunktion im System, Netzwerkarbeit unter Einschluss der Klienten/Patienten und Angehörigen sowie aller beteiligten professionellen Personen bzw. Teams.
Gemeinsam mit anderen Verbänden engagiert sich der Dachverband Gemeindepsychiatrie dafür, diese Leistungen in allen SGB-Bänden als neue, zusätzliche Regelleistungen zu verankern. Mit dem vom Innovationsfonds geförderten Projekt "GBV - Gemeindepsychiatrische Basisversorgung" konnten hierzu erste praktische Erfahrungen gewonnen werden, die in die Überlegungen einbezogen werden.