Eine zunehmende Anzahl von Psychotherapieverfahren adressiert metakognitive Mechanismen wie übermäßige Urteilssicherheit (v.a. metakognitives Training für Psychose, MKT) oder dysfunktionale Überzeugungen über das Denken (z.B. Grübeln als Strategie, Probleme zu bewältigen; v.a. Metakognitive Therapie, MCT). Die Abgrenzung zwischen metakognitiven, kognitiven, neurokognitiven und sozial-kognitiven Prozessen fällt auch Expert:innen nicht immer leicht. Ziel des Symposiums ist es, neuere metakognitive Ansätze dazustellen, die aus dem MKT und MCT hervorgegangen sind. Jakob Scheunemann gibt zunächst einen kurzen Überblick zu unterschiedlichen Definitionen von Metakognition und stellt dann das Metakognitive Training für Zwangsstörungen (Z-MKT nach Miegel und Jelinek) vor. Lotta Winter wird die Metakognitive Therapie (MCT), welche mittlerweile auch bei primär somatischen Erkrankungen eingesetzt wird, samt den Ergebnissen einer neueren Meta-Analyse vorstellen. Rabea Fischer passte das MKT für Psychose für den Akutbereich an, da die Originalversion sich für diese Patientengruppe als zu umfangreich und herausfordernd herausstellte. Frau Fischer wird das Training vor sowie wird erste Pilotdaten präsentieren. Am Ende berichtet Frau Friedel über Erfahrungen mit dem von der Charité entwickelten MKT für bipolare Störungen, welches auch Elemente der Achtsamkeitstherapie aufgreift.
Zusammenfassend beabsichtigt unser Symposium, metakognitive Ansätze mit dem Fokus auf aktuellen Entwicklungen vorzustellen und Fragen nach Überschneidungen und Unterschieden von kognitiven und metakognitiven Ansätzen zu klären.
10:15 Uhr
Metakognitives Gruppen-Training für Zwang (Z-MKT)
J. Scheunemann (Hamburg, DE)
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Autor:innen:
J. Scheunemann (Hamburg, DE)
F. Miegel (DE)
J. Schultz (DE)
M. Duwe (DE)
L. Jelinek (DE)
A. Yassari (DE)
Für Zwangsstörungen empfehlen Leitlinien als Behandlung erster Wahl die kognitive Verhaltenstherapie inklusive Exposition mit Reaktionsmanagement. Jedoch ist die Anwendungen von Expositionstherapie in der ambulanten Regelversorgung gering, unter anderem aufgrund von Vorbehalten von Therapeut:innen (z.B. Angst vor Dekompensation der Patient:innen) und Patient:innen (z.B. Angst vor dem zwangsauslösenden Stimulus). Daher besteht eine Notwendigkeit weiterer wirksamer Therapieansätze, die leicht zu verbreiten sind. In der Tradition der weitverbreiteten Metakognitiven Trainings (z.B. für Psychose, Depression) haben wir mit dem Metakognitiven Training bei Zwangsstörungen (Z-MKT) ein offenes Gruppenprogramm entwickelt. In acht präsentationsgestützten Modulen werden zwangsspezifische (meta-)kognitive Verzerrungen spielerisch aufgezeigt und alternative Denk- und Handlungsweisen vermittelt. Themen der Module sind zum Beispiel Gedankenkontrolle oder reduzierte Unsicherheitstoleranz. Eine aktuelle randomisiert kontrollierte Studie (n = 79) fand einen mittleren Effekt (t0-t1: ηp² = .078, t0-t2: ηp² = .055) für die Reduktion der Zwangssymptomatik (Y-BOCS) in der Z-MKT gegenüber einer Care-as-Usual-Gruppe. Modulspezifische Analysen zeigten vor allem in Bezug auf Gedankenkontrolle eine Verbesserung durch das entsprechende Modul. Die Akzeptanz des Trainings war hoch. Auch wenn die Effekte hinter denen der Expositionstherapie liegen, deuten die Ergebnisse auf die klinische Wirksamkeit des Z-MKT hin. Die Materialien zur Durchführung des Trainings werden kostenfrei zur Verfügung gestellt (uke.de/z-mkt), sodass sich viele Einsatzbereiche des Trainings ergeben und die Verbreitung erleichtern.
10:37 Uhr
Die Metakognitive Therapie (MCT) nach Adrian Wells: neue Erkenntnisse
L. Winter (Hannover, DE)
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Autor:in:
L. Winter (Hannover, DE)
Die Metakognitive Therapie nach Adrian Wells ist eine effektive und evidenzbasierte Psychotherapie, die systematisch aus theoriegeleiteten wissenschaftlichen Erkenntnissen entwickelt wurde. Grundlage ist ein Informationsverarbeitungsmodell (Self-Regulatory Executive Function model) von Wells und Matthews (1994). Der Metakognitiven Theorie zufolge teilen psychische Störungen gemeinsame kausale Faktoren, die von Metakognitionen beeinflusst werden und zu einem Bias in der kognitiven Verarbeitung mittels Top-down-Prozessen führen. Ziel der Metakognitiven Therapie ist die Bearbeitung von Metakognitionen und Veränderung von Aufmerksamkeitsprozessen.
Die letzte Metaanalyse von Normann und Morina (2018) zeigt, dass die MCT für eine Reihe von Störungsbildern eine effektive Behandlung bietet. Besonders für die Behandlung von Depressionen und Angststörungen liegen zahlreiche Wirksamkeitsbelege vor. Zunehmend wird auch der Einsatz der MCT bei psychischen Symptomen und Störungen, die im Rahmen einer somatischen Erkrankung auftreten, untersucht. Hier stößt die Umsetzung bisheriger Psychotherapien häufig an Grenzen. Die MCT fokussiert die Art des Umgangs mit repetitiven Gedanken, wie Sorgen und Grübeln und anderen dysfunktionalen Verhaltensweisen, die Angst und Depression aufrechterhalten. Untersuchungen der Anwendung von MCT bei psychischen Störungen im Rahmen von u.a. Krebs-, Herz- und Lungenerkrankungen liefern vielversprechende Ergebnisse.
10:59 Uhr
Zu verrückt? Metakognitives Training in der Akutpsychiatrie
R. Fischer (Hamburg, DE)
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Autor:innen:
R. Fischer (Hamburg, DE)
J. Scheunemann (Hamburg, DE)
S. Moritz (Hamburg, DE)
Das Metakognitive Training für Patient:innen mit Psychose (MKT) ist ein Gruppen- und Einzeltherapieprogramm, welches beabsichtigt, kognitive Verzerrungen, die die Entstehung und Aufrechterhaltung von Positivsymptomatik, insbesondere Wahnerleben begünstigen, zu reduzieren. Das Rational des MKTs stützt sich auf mittlerweile 30 Jahre Grundlagenforschung; die Wirksamkeit der Intervention wurde durch eine Vielzahl von Studien gezeigt. Aktuelle Meta-Analysen bestätigen, dass die Teilnahme am MKT mit der Reduktion von Positivsymptomen, Wahnideen, Halluzinationen, Negativsymptomen und kognitiven Verzerrungen sowie einer Steigerung des Funktionsniveaus und des Selbstwerts assoziiert ist.
Mittlerweile empfehlen nationale und internationale Behandlungsleitlinien wie die S3-Leitlinie Schizophrenie der DGPPN den Einsatz des MKTs. Die S3-Leitlinie betont, dass psychotherapeutische Verfahren behandlungsphasenübergreifend als add-on zur pharmakologischen Behandlung eingesetzt werden sollten. Jedoch mangelt es insbesondere an evidenzbasierten, manualisierten psychologischen Interventionen für Betroffene in hochakuten Krankheitsphasen und die Skepsis bezüglich der Durchführbarkeit solcher Interventionen im akutpsychiatrischen Setting ist hoch.
Daher wurde eine Adaption des MKTs spezifisch für das akutpsychiatrische Setting (MKT-Akut) entwickelt und zunächst bezüglich ihrer Machbarkeit und Sicherheit für die Patient:innen evaluiert. Im Rahmen dieser ersten Machbarkeitsstudie wurden Patient:innen zu positiven und negativen Aspekten der Intervention sowie zu Verbesserungsvorschlägen befragt. Die Ergebnisse bestätigen einen ersten Fallbericht (Fischer et al., 2022) darin, dass sowohl der Bedarf als auch die Bereitschaft von Patient:innen mit Psychose, bereits im Akutsetting an psychologischen Interventionen teilzunehmen, vorhanden ist.
11:21 Uhr
Besonderheiten und Herausforderungen des Metakognitiven Trainings für bipolare Störungen
E. Friedel (Berlin, DE)
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Autor:innen:
E. Friedel (Berlin, DE)
S. Schreiter (DE)
E. Quinlivan (DE)
Wirksame gruppentherapeutische Interventionen für Menschen mit bipolaren Störungen sind kaum etabliert. Während geringe metakognitive Funktionen bei z.B. Menschen mit Schizophrenie gut belegt sind, könnten maladaptive metakognitive Fähigkeiten insbesondere auch für die Entwicklung und Persistenz einer bipolaren affektiven Störung relevant sein. Wir berichten über Hintergrund, Inhalte und Wirksamkeit mit einem auf die bipolare Störung adaptierten Gruppen-MKT an der Charité Universitätsmedizin Berlin Mitte. Neben Elementen der Psychoedukation und CBT, wurden Achtsamkeitselemente integriert und im Hinblick auf deren Akzeptanz und Wirksamkeit untersucht.