Psychotherapeut*innen sehen sich regelmäßig mit herausfordernden Situationen in ihrer Arbeit mit Patient*innen konfrontiert. So sind Konflikte, die sich zwischen den Patient*innen und Therapierenden ereignen (wie z.B. narzisstische Entwertung, Vorwurf des Empathiemangels, Widerstand gegen Veränderung, Zweifel an der Kompetenz, Misstrauen) in der Psychotherapie nicht ungewöhnlich. In der Psychoanalyse und der tiefenpsychologischen Psychotherapie werden derartige Konflikte (auch Übertragungsneurosen genannt) gezielt vom Therapierenden herbeigeführt, um beispielsweise unbewusste Konflikte aus der Kindheit mit dem Therapierenden durchzuarbeiten. In der Psychotherapieforschung werden Konflikte in der therapeutischen Arbeitsbeziehung als ruptures (Brüche) bezeichnet, denen besondere Beachtung geschenkt werden sollte, indem sie bestenfalls direkt angesprochen und ‚repariert‘ werden .
Daher erscheint es relevant, Umgangsweisen mit Konflikten, die sich innerhalb der therapeutischen Beziehung ereignen, in der psychotherapeutischen Aus- und Weiterbildung zu adressieren. Das Praxis-Symposium widmet sich entsprechend dem Umgang mit einem Konflikt zwischen einem Patienten und seinem Therapierenden aus den folgenden vier verschiedenen Psychotherapieperspektiven: Mentalisierungsbasierte Therapie (S. Taubner), Psychodynamische Therapie (B. Strauß), Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (E.-L. Brakemeier) und Dialektisch Behaviorale Therapie (C. Stiglmayr). Die vier Referent*innen werden nach einer kurzen Einführung in ihre spezifische Therapieform jeweils an demselben Patientenbeispiel (Schauspielpatient: C. Banzhaf) durch Live-Rollenspiele verschiedene Umgangsweisen demonstrieren. Das Ziel besteht darin, dass das Publikum Handlungswissen darüber erhält, wie Therapeut*innen konstruktiv mit dieser Situation umgehen können. Abschließend erfolgt eine Diskussion bezüglich Gemeinsamkeiten und Unterschieden der verschiedenen Umgangsweisen mit dieser schwierigen Interaktionssituation, wobei das Publikum sowie der Schauspielpatient und die vier Referent*innen eingebunden werden.
17:15 Uhr
Umgang mit einem Konflikt in der therapeutischen Beziehung in der Mentalisierungsbasierten Therapie: Theorie und Praxis
S. Taubner (Heidelberg, DE)
17:37 Uhr
Umgang mit einem Konflikt in der therapeutischen Beziehung in der psychodynamischen Therapie: Theorie und Praxis
B. Strauß (Jena, DE)
17:59 Uhr
Umgang mit einem Konflikt in der therapeutischen Beziehung im Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP): Theorie und Praxis
E. Brakemeier (Greifswald, DE)
18:21 Uhr
Umgang mit einem Konflikt in der therapeutischen Beziehung in der Schematherapie (ST): Theorie und Praxis
E. Roediger (Frankfurt am Main, DE)
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Autor:innen:
E. Roediger (Frankfurt am Main, DE)
C. Banzhaf (Berlin, DE)
Der Fokus der Schematherapie ist die Analyse und Modifikation maladaptiver Interaktionsmuster als Folge negativer Erfahrungen in der Kindheit, die in die sich entwickelnde neuronale Matrix als sogenanntes Schema eingespeichert wurden. Diese Schemata werden in allen Beziehungen aktiviert, also auch in der Therapiebeziehung. Entsprechend besteht ein Fokus der schematherapeutischen Arbeit darin, die in der Therapie aktivierten Schemata gemeinsam wahrzunehmen, in die vorher erstellte Fallkonzeption einzuordnen und aus der Haltung des in der Gegenwart verankerten Erwachsenenmodus nach einer möglichst funktionalen Lösung zu suchen.
Anstatt den Konflikt auf der Prozessebene semantisch zu bearbeiten, wird dieser in der Schematherapie zunächst wertschätzend unterbrochen und dann aufgestanden. Im Stehen wird in der im Hier- und Jetzt ansetzenden, gemeinsamen metakognitiven Beobachterperspektive die Arbeitsbeziehung wieder aufgenommen und der Prozess auf den Stühlen in der dritten Person analysiert. Alternativ dazu kann aus der Aktivierung heraus in einem imaginativen Floatback im episodischen Gedächtnis der Bezug zur Kindheitsszene und den frustrierten Grundbedüfnissen gefunden werden. Zuletzt wird - wiederum aus der Beobachterperspektive - der Blick räumlich und zeitlich erweitert, um Zugang zu in den Behandelten angelegten Ressourcen zu gewinnen. Die so gefundenen Lösungen werden dann schrittweise gemeinsam eingeübt. So kann es Menschen gelingen, aus Ihren "Lebensfallen" auszusteigen.
Literatur: Roediger E (2016). Schematherapie – Grundlagen, Modell und Praxis. 3. vollständig überarbeitete und erweiterte Aufl. Stuttgart: Schattauer.