Raum:
Saal A5 (Stream/on Demand)
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 16: Psychotherapie
Stream/on Demand
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
Psychotherapeutische Behandlungen können aus unterschiedlichen Gründen scheitern. Negative Effekte und Verläufe sind häufig und etwa ein Viertel aller Patient(inn)en bricht die Therapie vorzeitig ab. Therapeut(inn)en unterscheiden sich in ihrer Kompetenz, erfolgreich zu behandeln. Das Symposium widmet sich der therapeutischen Kompetenz aus drei unterschiedlichen Perspektiven.
Zunächst erörtert Bernhard Strauß mögliche Folgen von Kompetenzdefiziten. Er zeigt die Ergebnisse zweier Repräsentativerhebungen unter ehemaligen Psychotherapiepatient(inn)en zu deren Erleben der Behandlung, negativen Effekten der Therapie und insbesondere zu problematischem Therapeut(inn)enverhalten im Sinne von Grenzüberschreitungen.
Wolfgang Lutz beleuchtet die Prävention negativer Therapieverläufe. Er stellt ein computer-basiertes Navigations- und Feedbacksystem (Trier Therapie Navigator) vor, welches in der Lage ist, Patient(inn)en mit negativen Verläufen frühzeitig zu identifizieren und dem Therapeuten, der Therapeutin hierauf zugeschnittene Behandlungsvorschläge zur Verfügung zu stellen. Der Trier Therapie Navigator wurde im Rahmen einer DFG-geförderten Studie entwickelt und prospektiv an 538 Patient(inn)en evaluiert. Anhand der Ergebnisse werden Anwendbarkeit und Nutzen des Unterstützungstools im klinischen Alltag diskutiert.
Antje Gumz geht auf die Bedeutung interpersoneller Fähigkeiten ein, sich nicht unreflektiert in feindselige Interaktionen verstricken zu lassen. Sie stellt Forschungsergebnisse zu zwei innovativen Methoden vor, mit denen entsprechende Kompetenzen gemessen und trainiert werden können. Das Allianzfokussierte Training schult den Umgang mit Spannungen und Krisen in der Therapiebeziehung („alliance ruptures“). Bei der FIS-Übung reagieren Therapeut(inn)en verbal auf Videoclips mit herausfordernden Patient(inn)enäußerungen. Die Reaktionen werden von geschulten Ratern im Hinblick auf die interpersonellen Fähigkeiten (z.B. emotionale Ausdrucksfähigkeit) beurteilt.
17:15 Uhr
Schätzung der Prävalenz negativer Effekte und Grenzüberschreitungen in der Psychotherapie
B. Strauß (Jena, DE)
17:45 Uhr
Identifikation und Behandlungen von negativen Therapieverläufen: therapeutische Unterstützungstools in der Praxis
W. Lutz (Trier, DE)
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Autor:in:
W. Lutz (Trier, DE)
In diesem Beitrag wird ein computer-basiertes Navigations- und Feedbacksystem (Trier Therapie Navigator) vorgestellt, welches die Prävention von negativen Therapieverläufen unterstützt. Dazu enthält es Tools um Patient:innen mit negativen Verläufen frühzeitig zu identifizieren (Vorhersage- und Monitoringfunktion) und der Therapeut:in darauf zugeschnittene Behandlungsvorschläge zur Verfügung zu stellen (klinische Unterstützungswerkzeuge). Der Trier Therapie Navigator wurde im Rahmen einer DFG-geförderten Studie prospektiven randomisiert-kontrollierten Studie (RCT) entwickelt und an 538 Patient(inn)en evaluiert. Die Patient:innen wurden randomisiert, um entweder Zugang zum Entscheidungsunterstützungssystem zu erhalten (n = 335) oder nicht (n = 203). Anhand der Ergebnisse werden Anwendbarkeit und Nutzen des Unterstützungstools im klinischen Alltag diskutiert. In diesem Beitrag wird weiterhin eine Reanalyse vorgestellt, in der die Heterogenität der Patientenbefragungen untersucht wird. Diese Analysen der zweimal bewerteten Konstrukte (Angst, Depression) durch die Patient*innen zeigen eine unterschiedliche Zuverlässigkeit der Patientenangaben.
Die Ergebnisse zeigen insgesamt die Bedeutung einer qualitativ hochwertige Implementierung von digitalen Entscheidungshilfen. Allerdings erscheinen auch weitere Untersuchungen von Patientenmerkmalen, die die Qualität der Messungen vorhersagen, hilfreich, um die Spezifität solcher Navigationssysteme zu verbessern. Die Ergebnisse werden im Kontext ihrer Bedeutung für die klinische Praxis sowie Aus- und Weiterbildung diskutiert.
18:15 Uhr
Messen und Trainieren therapeutischer Beziehungskompetenzen
A. Gumz (Berlin, DE)
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Autor:innen:
A. Gumz (Berlin, DE)
M. Longley (Berlin, DE)
F. Franken (Berlin, DE)
B. Janning (Berlin, DE)
D. Kästner (Berlin, DE)
Therapeutinnen und -therapeuten (Ther.) unterscheiden sich in ihrer Kompetenz, erfolgreich zu behandeln. Aktuell weist die Evidenz zur Erklärung dieses Therapeuteneffekts vorrangig auf die Bedeutung sog. förderlicher interpersoneller Fähigkeiten (FIS). Gemeint sind Qualitäten wie Empathie und emotionale Ausdrucksfähigkeit, über die Ther. allgemein, über verschiedene Patientinnen und Patienten (Pat.) hinweg verfügen. FIS sind entscheidend dafür, mit Spannungen und Krisen in der Therapiebeziehung (alliance ruptures) erfolgreich umgehen zu können.
Im Symposium werden zwei innovative, vielversprechende Methoden, mit denen diese Kompetenzen gemessen und trainiert werden können, vorgestellt: 1) Das Allianzfokussierte Training ist ein verfahrensübergreifendes Aus- und Weiterbildungskonzept zur Entwicklung von Kompetenzen im Umgang mit alliance ruptures (Selbstwahrnehmung, Affektregulation, Affektmitteilung, Metakommunikation) mittels Videoaufzeichnungen, Rollenspielen und Achtsamkeitsübungen. 2) Die FIS-Übung bietet die Möglichkeit, FIS von Ther. zu trainieren sowie standardisiert und empirisch fundiert zu beurteilen. In dieser Übung reagieren Teilnehmende verbal auf herausfordernde Pat.-Äußerungen, die in Videoclips nachgespielt wurden. Die Reaktionen werden audioaufgezeichnet und von geschulten Ratern beurteilt. Bisherige Forschungen (n=187 Ther./Psychologiestudierende) zeigten, dass a) erfahrene und männliche Teilnehmende u. jene, die berichteten, weniger alexithym zu sein, signifikant höhere FIS-Werte erzielten und dass b) Ther. zur Selbstüberschätzung ihrer FIS neigen, v.a. jene, deren FIS aus Beobachterperspektive geringer eingestuft wurden.
Vorgestellt werden auch erste Ergebnisse einer Studie, in der Ther. aller Richtlinienverfahren befragt wurden, wie sie über ihren Umgang mit alliance ruptures und ihren Anteil an deren Entstehung reflektieren.
Die Inhalte werden mit Videobeispielen illustriert und bzgl. Implikationen für die Psychotherapieausbildung diskutiert.