Raum:
Saal A5 (Stream/on Demand)
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 12: Epidemiologie, Risikofaktoren und krankheitsübergreifende Mechanismen
Stream/on Demand
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
Als multifaktorielles Phänomen konzeptualisiert, wird aggressives Verhalten durch komplexe Interaktionen einer Vielzahl biologischer, psychologischer, kognitiver und umweltbedingter Faktoren erklärt. Dabei wird von komplexen neurokognitiven und neurobiologischen Pfaden ausgegangen, die die multiplen Manifestationen von Aggression mediieren und auf diesem Weg aggressive Biotypen definieren. Klinisch spielt Aggression als Symptom diverser Störungen (z.B. Persönlichkeitsstörungen, affektive Störungen, Schizophrenie u. a.) eine prominente Rolle. Trotz der enormen klinischen Relevanz sind bisherige pharmakologische und psychotherapeutische Interventionen zur Reduktion von Aggression immer noch unzureichend und wenig effizient. Im vorliegenden Symposium werden verschiedene Aspekte von Aggression bei psychischen Störungen dargestellt, wobei sowohl neuronale Korrelate als auch weitere biologische, psychologische sowie kognitive und umweltbedingte Faktoren adressiert werden. Die beteiligten Sprecher*innen spannen den Bogen von der experimentellen Aggressionsforschung bei Gesunden bis hin zu psychotherapeutischen Ansätzen zur Reduktion aggressiven Verhaltens bei Patient*innen mit Borderline Persönlichkeitsstörung unter Betrachtung situativer und individueller Bedingungsfaktoren und einer diagnoseübergreifenden Perspektive.
K. Bertsch (LMU München) wird die Rolle von Frustration bei der Entstehung von Ärger und Aggression bei Gesunden und Patient*innen mit Borderline Persönlichkeitsstörung darstellen. L. Wagels (RWTH Aachen) präsentiert emotionale, behaviorale und physiologische Reaktionen auf Provokation/Frustration in einer transdiagnostischen Stichprobe. C. Neukel (Universität Heidelberg) stellt Daten aus einer Ecological Momentary Assessment Erhebung vor. O. Tüscher betrachtet Selbstregulationsdefizite als möglicher Vermittler zwischen der Entwicklung von Psychopathologie und damit verbundenem aggressiven Verhalten bei jungen Straftätern.
08:52 Uhr
Provokation, Frustration, Ärger: eine transdiagnostische Studie zu Aggression bei psychischen Störungen
L. Wagels (Aachen, DE)
09:14 Uhr
Selbstregulationsdefizite als Mediator von aggressivem Verhalten und Psychopathologie bei jungen Straftätern
O. Tüscher (Mainz, DE)
09:36 Uhr
Ärger und Aggression im Alltag von Borderline-Persönlichkeitsstörungen
C. Neukel (Heidelberg, DE)
Details anzeigen
Autor:innen:
C. Neukel (Heidelberg, DE)
R. Bullenkamp (Heidelberg, DE)
M. Moessner (DE)
K. Spieß (Heidelberg, DE)
C. Schmahl (DE)
K. Bertsch (DE)
S. Herpertz (Heidelberg, DE)
Obwohl intensiver und unkontrollierbarer Ärger ein zentrales Merkmal der Borderline Persönlichkeitsstörung ist und zu hohem Leiden bei den Betroffenen führen kann, sind Ärger und auf Ärger folgende Aggression im Alltag von Patienten mit BPS kaum untersucht. Aus experimentellen und Fragebogenstudien ist bekannt, dass Patienten mit BPS stärkere, länger anhaltende und häufiger auftretende Episoden von Ärger berichten. Auch im Alltag werden negative Emotionen von Patienten mit BPS häufiger und intensiver berichtet als von gesunden Personen. Bisher nicht untersucht sind jedoch Ärgerschwankungen, d.h. die Ärgerinstabilität, über den Tag und insbesondere der Zusammenhang von Ärgerintensität und Ärgerinstabilität mit aggressivem Verhalten im Alltag. Ziel der vorliegenden Studie war es daher, Tage mit und ohne aggressives Verhalten in Hinblick auf den erlebten Ärger besser zu charakterisieren um Anhaltspunkte zum Zusammenhang von Ärger und Aggression im Alltag zu erhalten. Dafür wurden Patienten mit BPS und gesunde Personen über zwei Wochen dreimal täglich zu ihrem aktuellen Ärger und aggressivem Verhalten befragt. Die Datenauswertung erfolgte anhand von Multilevel Modellen, Ärgerinstabilität wurde als squared successive differences operationalisiert. Patienten mit BPS zeigten im Vergleich zu gesunden Personen eine größere Ärgerinstabilität. Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass bei BPS sowohl Ärgerintensität als auch Ärgerinstabilität mit aggressivem Verhalten assoziiert sind: An Tagen mit aggressivem Verhalten berichteten Patienten mit BPS von stärkerer Intensität und Instabilität von Ärger als an Tagen ohne aggressives Verhalten. Ein besseres Verständnis vom Ärgererleben an Tagen mit und ohne aggressives Verhalten kann dazu beitragen Interventionen zur Reduktion von Aggression zu verbessern und so durch Aggression verursachtes Leiden und Kosten zu reduzieren.