In den letzten Jahren hat Deutschland mehr knapp 2 Millionen Geflüchtete aufgenommen. Allein in den letzten Monaten waren es knapp 400.000 Geflüchtete aus der Ukraine, Menschen, die vor der Flucht, während der Flucht und auch nach der Flucht vielfältige traumatisierende Ereignisse durchleben. Der Impact dieser Lebensereignisse lässt sich in zahlreichen Studien durch eine sehr hohe psychische Symptomlast belegen. Neben einer PTBS als eine mögliche Reaktionsform auf psychische Traumatisierung sind häufig auch depressive Störungen, somatoforme Störungen, dissoziative Störungen, psychotische Reaktionstypen nachweisbar. Zur Betreuung, Begleitung und Behandlung dieser sehr belasteten Personen stehen vielfältige Konzepte zur Verfügung. Der erste Redner wird Einblicke in seine Arbeit auf den ägäischen Inseln in Griechenland und auf den Rettungsbooten im Mittelmeer geben, wo er Zeuge des Leidens von tausenden von Flüchtlingen aus dem Nahen Osten, Asien und Afrika wurde. Die zweite Rednerin wird die Ergebnisse des Erasmus Plus geförderten Projektes "Interdisziplinäre Kooperation in der psychosozialen Unterstützung Geflüchteter" vorstellen, währen die dritte Rednerin über Möglichkeiten gemeindenaher therapeutischen Angebote für Kinder mit Fluchterfahrung anhand der aktuellen Forderung des Welt- und Europäischen Berufsverbands berichten und die letzte Rednerin wird die Ergebnisse eine Literaturrecherche zum Zusammenhang von Trauma, sozialer Ausgrenzung und Psychosen bei der Zielgruppe präsentieren und was wir daraus lernen können diskutieren. Alle Beiträge werden selbstverständlich mit dem Plenum diskutiert.
16:00 Uhr
Interdisziplinäre Kooperation in der psychosozialen Unterstützung geflüchteter Personen – wie kann sie aussehen?
S. Scheer (Berlin, DE)
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Autor:in:
S. Scheer (Berlin, DE)
Das von Erasmus+ geförderte Projekt InterAct – Interdisziplinäre Kooperation in der psychosozialen Unterstützung, bündelte multiprofessionelle Erfahrungen, die in der Arbeit mit Menschen mit Fluchterfahrung in verschiedenen Fachrichtungen wie Ergotherapie, Physiotherapie, Pädagogik und Psychologie in den Ländern Schweden, Griechenland, Finnland, Spanien und Deutschland gesammelt wurden. 2020 veröffentlichte InterAct praktische Tools für die interdisziplinäre psychosoziale Unterstützung für Menschen mit Fluchterfahrung. Dazu gehörend ein Handbuch für die Praxis, online Lehr- und Lernmaterialen „Educational Toolbox“ sowie Handlungsempfehlungen für gesundheits- und bildungspolitische Entscheidungen. Das Integrierte Rahmenkonzept der gemeinwesenorientierten psychosozialen Unterstützung bildet die gemeinsame Schnittstelle der Gesundheits- und Sozialprofessionen und ist Kern aller Projektergebnisse. Letztere basieren auf Erfahrungen aus interdisziplinären Lehrveranstaltungen in Berlin und Athen sowie Einzel- und Fokusgruppeninterviews mit Praktiker*innen, Expert*innen aus Lehre und Forschung, Politiker*innen und Menschen mit Fluchterfahrung. Ziel von InterAct ist, psychosoziale Bedürfnisse, wie Wunsch nach Normalität, Sicherheit, Teilhabe, bedeutungsvoller Betätigung etc. zu verstehen, und diesen auf verschiedenen Handlungsebenen zu begegnen. InterAct berücksichtigt zudem die psychosoziale Gesundheit von Praktizierenden und stellt in den Ergebnissen u.a. Maßnahmen zum Thema Selbstsorge vor.
In einer Folgestudie des Projektes werden geflüchtete Frauen mit und ohne Behinderung in den Blick genommen. Ihre Narrative verdeutlichen intersektionale Hintergründe, die Einfluss auf soziale Teilhabe und ihre psychosoziale Gesundheit haben. Erste Ergebnisse werden in den Diskurs gebracht, um zu verdeutlichen, dass es unterschiedliche Perspektiven von Menschen mit Fluchterfahrung braucht, damit nachhaltige Angebote entwickelt werden können.
16:30 Uhr
Gemeindenahe therapeutische Angebote für Kinder mit Fluchterfahrung – was können sie leisten?
K. Roos (Winterthur, CH)
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Autor:in:
K. Roos (Winterthur, CH)
Der Ergotherapeutische Weltverband fordert eine Ermöglichung ergotherapeutischer Unterstützung von Menschen mit Fluchterfahrung. Diese Forderungen werden anhand der Erfahrungen einer Machbarkeitsstudie über schulbasierte Ergotherapie für Kinder mit Fluchterfahrung konkretisiert. Gemeindenahe Therapieansätze beinhalten besondere Herausforderungen in der standardisierten Erfassung für ergotherapeutische Themenschwerpunkte, sowie besondere Möglichkeiten durch ergotherapeutische Therapiemethoden zur Behandlung dieser im Gesundheitswesen schwer zu erreichenden Personengruppe.
Kim Roos präsentiert über Möglichkeiten gemeindenaher therapeutischen Angebote für Kinder mit Fluchterfahrung anhand der aktuellen Forderung des Welt- und Europäischen Berufsverbands.