Diskriminierung ist ein unabhängiger Risikofaktor für eine schlechtere psychische Gesundheit. Mit der Ratifizierung der UN-BRK verpflichtet sich Deutschland zur Bereitstellung einer diskriminierungsfreien Gesundheitsversorgung. Doch Diskriminierung stellt ein drängendes Problem in der psychischen Gesundheitsversorgung dar. Der im Dezember veröffentlichte Afrozensus, die erste systematische Untersuchung von Anti-Schwarzen Rassismus in Deutschland, zeigt, dass Strategien zur Vermeidung von Diskriminierung im Gesundheitssystem dringend benötigt werden. Zur Analyse von Diskriminierung wird zunehmend das Konzept der Intersektionalität eingesetzt. Intersektionalität berücksichtigt die Komplexität und Verschränktheit verschiedener Diskriminierungssysteme. Da Personen mit psychischer Erkrankung von unterschiedlichen Diskriminierungen betroffen sein können (Rassismus, Heterosexismus, Diskriminierung aufgrund von psychischer Erkrankung), eignet sich das Konzept der Intersektionalität besonders für diesen Bereich.
Das Symposium adressiert unterschiedliche Formen und Ebenen der Diskriminierung in der psychischen Gesundheitsversorgung aus einer ethischen und intersektionalen Perspektive auf Praxis, Forschung und Lehre. Zunächst werden Ergebnisse eines systematischen Reviews zu intersektionaler Diskriminierung in der psychischen Gesundheitsversorgung vorgestellt und ethische Implikationen für die Praxis diskutiert. Ein weiterer Beitrag untersucht mit Hilfe intersektionaler Perspektiven die Wahrnehmung und Bewertung von Rassismus in der Medizin und Psychiatrie durch Studierende. Dabei werden tugendethischen Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Rassismus für Mediziner*innen formuliert. Schließlich werden forschungsethische Fragen in Bezug auf Rassismus und Forschung zur Prävalenz von Psychosen diskutiert. Dabei wird besonders das Paradigma des “extrem hohen Psychoserisikos” von Migrant*innen aus einer intersektionalen und rassismuskritischen Perspektive in den Blick genommen.
13:30 Uhr
Diskriminierung und Intersektionalität in der psychischen Gesundheitsversorgung – Ergebnisse aus einem systematischen Review
M. Faissner (Bochum, DE)
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Autor:in:
M. Faissner (Bochum, DE)
Diskriminierungserfahrungen in der psychosozialen Versorgung stellen ein großes Problem dar. Sie beeinträchtigen die Behandlung und können zu (Re-)Traumatisierungen, Vertrauensverlust und Abwendung von Gesundheitsangeboten führen. Maßnahmen zur Gewährleistung eines diskriminierungsfreien Zugangs zur psychischen Gesundheitsversorgung werden somit dringend benötigt. Intersektionalität berücksichtigt die Komplexität, Gleichzeitigkeit und Verschränkung verschiedener Diskriminierungssysteme, wie beispielsweise der Diskriminierung aufgrund von psychischer Erkrankung, Heterosexismus, Transfeindlichkeit und Rassismus. Während im internationalen Raum zunehmend empirische Arbeiten zu Diskriminierung im psychischen Gesundheitswesen aus einer intersektionalen Perspektive veröffentlicht werden, fehlen systematische Untersuchungen für den deutschsprachigen Raum. In diesem Beitrag werden die Ergebnisse eines systematischen Reviews internationaler Literatur mit qualitativer Synthese zu intersektionaler Diskriminierung in der psychosozialen Versorgung vorgestellt. Es erfolgt eine ethische Diskussion der Ergebnisse. Darüber hinaus wird in dem Beitrag diskutiert, welche Ergebnisse für die hiesige psychosoziale Versorgung abgeleitet werden können.
14:00 Uhr
Rassismus ist immer intersektional! Eine empirisch-ethische Analyse von Studierendenperspektiven auf Rassismus in der Medizin
M. Weßel (Oldenburg, DE)
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Autor:innen:
M. Weßel (Oldenburg, DE)
S. Gerhards (DE)
M. Schweda (DE)
Intersektionaler Rassismus in der Medizin ist im US-Amerikanischen Kontext bereits ein an-erkanntes Forschungsfeld. In Deutschland stellt dies noch ein Forschungsdesiderat dar. Ins-besondere in der Ausbildung von Mediziner*innen spielt weder Rassismus noch Intersektio-nalität eine prominente Rolle. Dabei erleben und beobachten Studierende in der Lehre, wie auch der Praxis intersektionalen Rassismus und dessen Effekt auf die psychische Gesund-heit sowohl von Patient*innen, wie auch medizinischem Personal. Dieser Beitrag untersucht die Frage inwiefern Medizinstudierende in Deutschland Wissen über intersektionalen Rassis-mus haben und wie sie das Konzept und seine Relevanz für Medizin und Gesundheitsversor-gung bewerten. Hierzu wurden Fokusgruppen mit Medizinstudierenden (n=32) in Deutsch-land durchgeführt. Die Daten wurden mit qualitativer Inhaltsanalyse und einem intersektiona-len Analyseframework ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen ein Spektrum von Kenntnissen über intersektionalen Rassismus, aber kaum Zweifel über die Relevanz, sowie die Forderung nach einer systematischen Einbettung in medizinische Ausbildung. Der Beitrag schließt mit professionsethischen Handlungsempfehlungen, angelehnt an tugendethische Ansätze, wie Intersektionalität eine Rolle im Rahmen der Ausbildung von Psychiater*innen und Psycho-log*innen spielen kann.
14:30 Uhr
Antiracism as an ethical paradigm shift in the discussion of transcultural mental illness prevention and early intervention
F. Lazaridou (Berlin, DE)