Genesungsfördernde Architektur von morgen
Seit Jahren ist zu beobachten, dass die Inanspruchnahme psychiatrischer Behandlungen steigt und nicht zuletzt zeigt die Corona-Pandemie, dass die Bedeutung der psychischen Gesundheit stärker wahrgenommen wird.
Vor diesen aktuellen Entwicklungen entstehen Überlegungen, wie psychiatrische Institutionen konzeptuell und architektonisch zu gestalten sind, um den Bedarfen der Patient:innen und Mitarbeitenden gerecht zu werden. Dabei steigt die Komplexität der gesellschaftlichen Kontexte wie auch der Aufgaben: junge Patient:innen in schweren psychischen Krisen bis hin zu hochbetagten Menschen mit demenziellen Erkrankungen. Antworten kommen auch und besonders von Architekt:innen, die einen Raum gestalten, damit die Gesellschaft als solche seelisch gesund bleiben und werden kann.
Das Symposium „Soul in Space – Psychiatrie trifft Architektur“ beleuchtet die zukünftigen Entwicklungen von Behandlungsansätzen verbunden mit baulich-räumlichen Konzepten der Psychiatrie und Psychotherapie. Diese beiden Disziplinen stehen jedoch nicht allein zueinander in Beziehung, sondern sind eingebettet in einen gesellschaftlichen Diskurs, der kontinuierlich von ethischen und soziologischen Überlegungen geprägt wird. In diesem Diskurs wird die soziale Verantwortung deutlich, die der Gestaltung von Kliniken für die seelische Gesundheit innewohnt. Planerische Anforderungen und Lösungswege werden diskutiert und präsentiert und die Interaktion von Raum und Psyche in all ihren Facetten mit wissenschaftlichen Erkenntnissen belegt. Aktuelle, gestalterisch anspruchsvolle Psychiatriebauten veranschaulichen beispielhaft, welche Gestaltungskriterien zentral sind und wie eine zeitgemäße, genesungsfördernde Architektur nach heutigen Erkenntnissen aussehen kann.
17:23 Uhr
Bestandsaufnahme der heutigen und zukünftigen psychiatrischen Versorgung in Deutschland – ein Überblick
C. Chrysanthou (Lengerich, DE)
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Autor:in:
C. Chrysanthou (Lengerich, DE)
Aktuelle Entwicklungen in Ambulanz, Tagesklinik und Station werden
aufgezeigt und die Bedeutung für die Zukunft interpretiert.
17:43 Uhr
Komplexität-Funktionalität-Humanität: Anforderungen und Grundlagen für die Planung psychiatrischer Einrichtungen
L. Hofrichter (Ludwigshafen, DE)
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Autor:innen:
L. Hofrichter (Ludwigshafen, DE)
J. Kirch (Ludwigshafen, DE)
Seit Jahren steigt die Zahl der psychiatrischen Diagnosen an und vermehrt nehmen Menschen psychiatrische Behandlungen in Anspruch. Damit verbunden steigt auch die Bedeutung von psychiatrischer Therapie und der Räume, in denen Heilung stattfindet. Während eines stationären psychiatrischen Aufenthaltes stellt die psychiatrische Klinik für die Patient:innen ein Zuhause auf Zeit dar. Die Klinik soll während der Behandlung als gebautes Umfeld die Patient:innen bestmöglich in ihrem Genesungsprozess unterstützen. Studien liefern Hinweise darauf, dass der Architektur dieses Potenzial innewohnt: Gelingt es durch die baulich-räumliche Ausprägung ein therapeutisches Milieu zu erzeugen, in dem Bedürfnissen der Patient:innen nach Schutz, Sicherheit, Privatheit und Orientierung entsprochen wird, kann der gebaute Raum zu einer erfolgreichen Behandlung beitragen. Im Entwurf gilt es, im Dreiklang „Architektur-Innenarchitektur-Landschaftsarchitektur“ zu planen und die Besonderheiten des Ortes herauszuarbeiten. Es ist anzustreben, durch das Gebäude eine Atmosphäre zu erzeugen, in der sich der Mensch als Individuum akzeptiert und gesehen fühlt, das betrifft sowohl die Behandelten als auch das Personal. Dass dabei trotz der Limitationen eines Bauvorhabens einzigartige Gebäude mit hoher Architekturqualität entstehen können, zeigen zahlreiche realisierte Praxisbeispiele, die in diesem Beitrag analysiert und präsentiert werden.
18:03 Uhr
Digitalisierung in architektonischen und medizinischen Prozessen in der Psychiatrie
U. Sprick (Neuss, DE)
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Autor:in:
U. Sprick (Neuss, DE)
Die Digitalisierung der Psychiatrie entwickelt sich rasant.
Welche räumlichen Anforderungen in Neubauten für Psychiatrie sind evident.
18:23 Uhr
Therapeutische Umweltgestaltung
K. König (Dresden, DE)
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Autor:innen:
K. König (Dresden, DE)
N. Glasow (Dresden, DE)
Die räumliche Umgebung beeinflusst das Wohlbefinden und das Verhalten seiner Nutzer:innen. Das gilt in besonderem Maße für psychiatrische Patient:innen, die besonders sensibel auf Umweltreize reagieren. In dem Vortrag werden die drei Säulen der Therapeutischen Umweltgestaltung erläutert und Möglichkeiten aufgezeigt, wie das heilende Potenzial von Architektur beim Bau von psychiatrischen Kliniken genutzt werden kann.
Die therapeutische Umweltgestaltung stützt sich auf drei Säulen:
1. Vermeidung bzw. Reduktion von genesungshemmenden Faktoren
Problematisch ist häufig die hohe Reizdichte auf den psychiatrischen Stationen. Zudem können Ausgangsbeschränkungen zu Engegefühlen führen. Weiterhin sind Lärmbelastungen und unangenehme Gerüche Stressoren, die unbedingt vermieden werden sollten. Es geht aber auch um die Integration positiver Aspekte, z. B. frei zugängliche Außenbereiche oder Naturabbildungen.
2. Bereitstellung baulicher Voraussetzungen für eine erfolgreiche Therapie
Räume mit hochwertigen Materialien drücken eine Wertschätzung gegenüber Patient:innen aus. Studien zeigen, dass dadurch die Compliance erhöht werden kann. Zudem sollte das therapeutische Konzept eine räumliche Umsetzung finden, die Größe und Ausstattung für therapeutische Anwendungen berücksichtigt; hier sind auch die Bedürfnisse des Personals zu beachten.
3. Bauliche Gesundheitsprävention
Maßnahmen zur baulichen Suizidprävention sollte aufgrund des hohen Suizidrisikos des Patientenklientels standardmäßig in psychiatrischen Kliniken durchgeführt werden. Neben restriktiven sollten unbedingt auch atmosphärische Aspekte beachtet werden.
Das Potenzial der Architektur ist, wie oben dargestellt vielfältig und sollte in allen Psychiatrischen Kliniken bei Um- oder Neubauten unbedingt genutzt werden. Es reicht jedoch nicht die einzelnen Aspekte zu erfüllen. Stattdessen sollte ein individuelles Gestaltungskonzept für die jeweilige Einrichtung erarbeitet und umgesetzt werden.