Interpersonelle Probleme sind ein Kernsymptom von Patient*innen mit persistierender depressiver Störung (PDS) und tragen zur Entstehung und Aufrechterhaltung der depressiven Symptomatik bei. Neben einem ablehnend-verschlossenen Interaktionsstil lässt sich beispielsweise auch soziales Vermeidungsverhalten, Einsamkeit und soziale Isolation bei Patient*innen mit PDS beobachten. Dies wiederum kann zu psychopathologischen Symptomen wie u.a. Suizidalität führen und diese verstärken. Doch wie stehen interpersonelle Probleme und Psychopathologie bei PDS im Zusammenhang? Wo haben sie ihren Ursprung und was kann aus diesem Wissen für das therapeutische Vorgehen abgeleitet werden?
Im ersten Vortrag wird Stephan Köhler einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zur Psychopathologie und interpersonellen Problemen bei PDS geben und deren Auswirkung auf das therapeutische Vorgehen mit dem Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) vorstellen.
Der zweite Vortrag von Matthias Reinhard wird eine interpersonelle Perspektive auf Suizidalität bei Patient*innen mit PDS einnehmen und diese u.a. mit Einsamkeit, interpersonellen Problemen und früheren Beziehungserfahrungen verbinden. Zudem sollen erste Ergebnisse der Wirksamkeit von CBASP auf Suizidalität vorgestellt werden.
Im dritten Vortrag wird Anne Guhn die Rolle interpersoneller Probleme als Mediator zwischen früheren Beziehungserfahrungen und späterer Symptombelastung darstellen. Sie wird dabei auch auf die transdiagnostische Relevanz interpersoneller Probleme eingehen.
Im vierten Vortrag wird Eva-Lotta Brakemeier schließlich eine große multizentrische randomisiert-kontrollierte Studie vorstellen, in der die Wirksamkeit von einem stationären CBASP-Programm mit einem stationären Verhaltensaktivierungs-Programm bei Patient*innen mit PDS verglichen wird. Mediatoranalysen werden u.a. Ergebnisse zur Frage liefern, ob CBASP tatsächlich über die Verbesserung der interpersonellen Probleme wirkt.
10:15 Uhr
Spezifische Merkmale der persistierenden depressiven Störung und die Bedeutung für die Behandlung mit CBASP: Update der wissenschaftlichen Evidenz
S. Köhler (Berlin, DE)
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Autor:in:
S. Köhler (Berlin, DE)
Die persistierende depressive Störung (PDS) stellt im klinischen Behandlungsalltag eine häufige Verlaufsform depressiver Erkrankungen dar. Mit dem Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) existiert die bislang einzige störungsspezifische Psychotherapie, welche die psychopathologischen Merkmale der Patient*innen berücksichtigt. In den letzten Jahren wurden viele wissenschaftliche Studien zur spezifischen Psychopathologie der Patient*innen mit einer PDS durchgeführt, die die Grundannahmen von CBASP untersucht haben und hierbei spannende und für die Differentialindikation der Behandlung wichtige neue Erkenntnisse generiert haben. So können verschiedene Konstrukte wie frühkindliche belastende Beziehungserfahrungen, präoperatorisches Denken, bestimmte Interaktionsstile oder auch die Empathiefähigkeit, Patient*innen mit einer PDS zunehmend besser von anderen Formen depressiver Erkrankungen abgrenzen. In dem Vortrag wird der aktuelle Erkenntnisstand am Beispiel verschiedener Studien zusammengefasst sowie die Bedeutung für eine mögliche Differentialindikation im Sinne einer Behandlung mit CBASP.
10:37 Uhr
Effekte von CBASP auf Suizidalität, interpersonelle Probleme und Einsamkeit bei Patient:innen mit persistierender depressiver Störung
M. Reinhard (München, DE)
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Autor:innen:
M. Reinhard (München, DE)
J. Wolf (DE)
B. Barton (DE)
T. Nenov-Matt (DE)
R. Musil (DE)
A. Jobst (DE)
F. Padberg (DE)
Patient*innen mit persistierend depressiver Störung (PDS) zeichnen sich durch interpersonelle Probleme aus, die zur Schwere und möglicherweise Suizidalität beitragen. Die interpersonale Theorie der Suizidalität postuliert, dass sich Suizidalität insbesondere durch ein fehlendes Zugehörigkeitserleben zu anderen und durch die Annahme, für andere eine Last darzustellen, entwickelt bzw. verstärkt wird. Das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) fokussiert auf das interpersonelle Erleben und Verhalten von Patient*innen mit PDS und könnte neben der Reduktion depressiver Symptomatik zu einer Reduktion interpersoneller Schwierigkeiten, Einsamkeit und Suizidalität führen.
60 Patient*innen (37 Frauen) mit persistierend depressiver Störung nahmen an einem 10-wöchigen CBASP-Programm teil. Zu Beginn und zu Abschluss der Behandlung wurden u.a. depressive Symptomatik, Einsamkeit, interpersonelle Probleme sowie Suizidalität mit einer Reihe von Selbst- und Fremdbeurteilungsinstrumenten erfasst.
Nach zehn Wochen CBASP zeigte sich eine signifikante Reduktion von Depressivität, Einsamkeit, und Suizidalität. Zudem fand sich eine signifikante Reduktion der Skalen „zu abweisend“, „zu introvertiert“, „zu unterwürfig“, „zu ausnutzbar“ und „zu fürsorglich“. Im Vortrag soll auf das Wechselspiel von interpersonellen Problemen, Suizidalität und Einsamkeit eingegangen und Implikationen für die klinische Praxis diskutiert werden.
10:59 Uhr
Die Rolle von Kindheitstraumata bei zwischenmenschlichen Problemen
A. Guhn (Berlin, DE)
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Autor:innen:
A. Guhn (Berlin, DE)
P. Sterzer (Basel, CH)
S. Köhler (Berlin, DE)
Schwierigkeiten in sozialen Interaktionen sind ein Risikofaktor für die Entstehung und Aufrechterhaltung psychischer Probleme, insbesondere für Personen mit Missbrauchserfahrungen. Wir untersuchten an einer Stichprobe von 235 ambulanten Patient*innen der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Charité Mitte anhand von Fragebögen die Hypothese, dass interpersonelle Probleme (gemessen mithilfe des Inventory of Interpersonal Problems) die Auswirkungen von Kindheitstraumata (Childhood Trauma Questionnaire) auf die aktuelle Erkrankungsschwere (Brief Symptom Inventory) vermitteln.
Erwartungsgemäß fanden wir Diagnoseübergreifend höhere Prävalenzraten für Kindheistraumata, insbesondere körperliche Vernachlässigung und emotionalen Missbrauch, sowie interpersonelle Probleme. Dabei waren multiple Traumata mit der höchsten Rate an interpersonellen Problemen assoziiert. In dem Mediationsmodell war der Einfluss von Kindheitstraumatisierungen auf die aktuelle Symptomschwere über interpersonelle Probleme vermittelt, wie erwartet. Die Mehrzahl der Patient*innen zeigte submissives Interaktionsverhalten, insbesondere bei Vorliegen von multiplen Traumata.
Interpersonelle Probleme scheinen demnach einen relevanten transdiagnostischen Faktor für psychische Störungen darzustellen. Sie bieten gleichzeitig einen geeigneten Interventionsansatz für die Psychotherapie, da auf Basis des Modells angenommen werden kann, dass eine Verbesserung der interpersonellen Probleme, z.B. über interpersonell ausgerichtete Ansätze wie das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP), den Einfluss von Kindheitstraumatisierungen auf die Symptomschwere reduzieren kann.
11:21 Uhr
Vorstellung des Studiendesigns und der Implementierung einer multizentrischen RCT-Studie mit Fokus auf den Mediator interpersoneller Probleme: ChangePDD
E. Brakemeier (Greifswald, DE)