Bisher lagt der Fokus der Psychotherapieforschung auf der Etablierung von Psychotherapieverfahren. Dies hat die Weiterentwicklung anderer Fragestellungen verlangsamt. Trotz der nachgewiesenen Wirksamkeit sehen die individuellen Ansprechraten auf evidenzbasierte Psychotherapien unterschiedlich aus, wobei ca. 1/3 der Patient*innen nicht ansprechen, einen Rückfall erleiden oder die Behandlung abbrechen. Um Psychotherapie zu optimieren, gilt die Anpassung von psychologischen Interventionen an patientenspezifische Charakteristika als vielversprechende Option (Personalized Psychotherapy).
Zunächst stellt J. Glombiewski einen personalisierten Ansatz zur Behandlung von chronischen Schmerzen vor. Basierend auf Verhaltensanalysen, die mehrfach täglich über mehrere Wochen erfasst werden, entstehen patientenspezifische Symptomnetzwerke, aus denen Behandlungsempfehlungen abgeleitet werden. Im Vortrag werden neue Studien zum Ansatz und der Akzeptanz unter Praktiker*innen vorgestellt.
T. Kaiser stellt eine neuartige Zielvariable für Routine-Verlaufsmessungen vor, welche den instrumentellen Abruf von Therapieinhalten im Sinne der „Intersession-Prozesse“ (ISP) ermöglicht. Erste empirische Ergebnisse zu Prozess-Ergebnis-Zusammenhängen sowie zur klinischen Nutzung im Rahmen digitaler Monitoring- und Feedbacksysteme werden diskutiert.
Der Vortrag von J. Rubel widmet sich dem Einfluss psychometrischer Rückmeldungen auf Entscheidungsprozesse von Therapeut*innen. Die Studie legt einen besonderen Fokus auf Therapeut*innen-Unterschiede und deren Einfluss auf die differentielle Wirksamkeit psychometrischer Fragebogenrückmeldungen.
W. Lutz diskutiert Ergebnisse der Psychotherapieprozessforschung im Kontext eines transtheoretischen Leitfadens. Im Anschluss wird eine datengestützte klinischen Perspektive (Trier Therapie Navigator) ergänzt, welche den Anspruch der personalisierten Psychotherapie als einem evidenzgestützten Vorgehen verdeutlicht
15:52 Uhr
Instrumenteller Abruf von Therapieinhalten – eine neuartige Zielvariable für Feedback-System?
T. Kaiser (Greifswald, DE)
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Autor:innen:
T. Kaiser (Greifswald, DE)
S. Demir (Greifswald, DE)
E. Brakemeier (Greifswald, DE)
16:14 Uhr
Die Rolle von Feedback für die Bildung von Therapeut:innenurteilen – sind manche Therapeut:innen mehr durch Patient:innenurteile beeinflusst als andere?
J. Rubel (Gießen, DE)
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Autor:innen:
J. Rubel (Gießen, DE)
B. Schwartz (DE)
A. Deisenhofer (DE)
W. Lutz (Trier, DE)
16:36 Uhr
Neue Konzepte einer transtheoretischen und personalisierten psychotherapeutischen Praxis
W. Lutz (Trier, DE)
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Autor:innen:
W. Lutz (Trier, DE)
J. Rubel (Gießen, DE)
B. Schwartz (DE)
A. Deisenhofer (DE)
Ein traditioneller Fokus der Psychotherapieforschung war und ist die Frage nach der durchschnittlichen Wirksamkeit bestimmter psychotherapeutischer Behandlungsansätze und Programme bei Patient:innen mit einer spezifischen psychischen Störung. Aber ein Studienergebnis, welches feststellt, dass ein Behandlungskonzept oder -paket erfolgreich funktioniert, impliziert nicht notwendigerweise die Richtigkeit seiner theoretischen Annahmen in Bezug auf Psychopathologie oder psychologische Veränderungsprozesse.
In diesem konzeptionellen sowie empirischen Beitrag werden zentrale Aspekten einer personalisierten und evidenzgestützten Psychotherapie präsentiert. Zunächst werden Ergebnisse der Ergebnis-, Prozess- und Feedback-Forschung der Psychotherapie als konzeptionellen Rahmen eines transtheoretischen Leitfadens von Veränderungsprozessen und klinischen Prozeduren (therapeutische Strategien und Techniken) für die Behandlung von psychischen Störungen erörtert. Im Anschluss wird die digitale Umsetzung des Rahmenmodells in Form eines Navigationssystems für psychotherapeutische Behandlungen diskutiert werden, welches es ermöglicht, die klinische Arbeit in der täglichen Praxis kontinuierlich wissenschaftlich zu unterstützen und versucht die transtheoretische Perspektive durch Konzepte einer datengestützten klinischen Praxis und Ausbildung zu ergänzen, welche den Anspruch der personalisierten Psychotherapie als einem besser evidenzgestützten im Vergleich etwa zu einem schulenorientierten Vorgehen verdeutlicht. Weiterhin werden Optionen für die Aus- und Weiterbildung anhand dieser Konzepte sowie Konsequenzen für die klinsichen Praxis diskutiert.