12:15 Uhr
P06 - 01:
Effekte von Family-Integrated Care auf zerebrale Kurzzeitmorbidität, kindliche Entwicklung und Ergebnisse der Bayley-Scales
M. Zeller (Passau, DE)
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Autor:innen:
M. Zeller (Passau, DE)
J. Paulick (München, DE)
S. Mayer-Huber (Rosenheim, DE)
F. Benstetter (Rosenheim, DE)
M. Keller (Passau, DE)
Hintergrund
Trotz des kontinuierlichen Fortschritts in der Neonatologie sind Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht < 1500 g (VLBW-FG) zahlreichen Kurz- und Langzeitkomplikationen ausgesetzt.
Familienintegrierende Konzepte zielen insbesondere auf eine günstigere neurologische und neurokognitive Entwicklung von VLBW-FG durch kontinuierliche Anwesenheit der Eltern.
Fragestellung
Wie beeinflusst der familienintegrierende Behandlungspfad NeoPAss bei VLBW-FG die Rate an relevanten Hirnblutungen und periventrikulärer Leukomalazie?
Welchen Einfluss hat das Versorgungskonzept hinsichtlich der mittelfristigen neurokognitiven Entwicklung der VLBW-FG?
Welche Kinder profitieren neurokognitiv am meisten von der familienintegrierenden Versorgung?
Material & Methoden
Es wurden Geburtskohorten von VLBW-FG des Level 1-Perinatalzentrums Passau vor (2008-2012, n = 119) und nach Einführung des familienzentrierten Behandlungspfades NeoPAss (2013 – 2017, n = 170) im Rahmen einer retrospektiven Prä-Post-Evaluationsstudie untersucht.
Die Daten wurden hinsichtlich der Raten an intraventrikulärer Hämorrhagie (IVH) und der Rate an periventrikulärer Leukomalazie (PVL) ausgewertet.
Zudem wurden beide Kohorten auf die Resultate der Bayley-Testung (MDI: mental development index) mit korrigiert 24 Monaten untersucht und die Entwicklungsgeschwindigkeiten ermittelt.
Die Ergebnisse der Bayley-Testung wurden nach unterschiedlichen Gestationsaltern bei Geburt aufgeschlüsselt.
Ergebnisse
Beide Kohorten zeigten sich in ihren Ausgangsbedingungen ähnlich. Vor Intervention wurden n = 119, nach Intervention n = 170 VLBW-FG untersucht.
Die Einführung von NeoPAss war mit einer geringeren Rate höhergradiger Hirnblutungen (IVH III°/IV° 1,2% vs. 5,9%) sowie PVL (0% vs. 2,5%) assoziiert.
In der Bayley-Testung zeigte sich in der NeoPAss-Kohorte eine Zunahme der VLBW-FG mit beschleunigter oder normaler Entwicklung (92% vs. 81%) sowie auch im Median ein signifikant erhöhter MDI-Wert (105 vs. 98).
In der Aufschlüsselung des MDI nach Gestationsalter bei Geburt profitierten die extremen Frühgeborenen (< 28 SSW) mehr (MDI 110 vs 96) als die sehr frühgeborenen Patienten (28 – 32 SSW) (104 vs. 102) oder die moderaten Frühgeborenen (32-27 SSW) (108 vs. 105).
Diskussion oder Schlussfolgerung
Der familienintegrierende Behandlungspfad NeoPAss ist bei VLBW-FG assoziiert mit einer geringeren Rate an zerebraler Pathologie und einer höheren Rate an beschleunigter oder normaler Entwicklung.
Er stellt damit ein leistungsfähiges Instrument der neurokognitiven Primärprävention bei VLBW-Frühgeborenen dar.
Besonders extreme Frühgeborene, die am vulnerabelsten für ein eingeschränktes neurokognitives Outcome sind, profitieren am meisten von der familienintegrierenden Versorgung.
Limitation der Arbeit ist, dass es sich bei den Assoziationen um explorativ beobachtete Ergebnisse handelt.
12:21 Uhr
P06 - 02:
Effekte von Family-Integrated Care auf die Ernährung von VLBW-Frühgeborenen und assoziierte Qualitätsindikatoren
M. Zeller (Passau, DE)
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Autor:innen:
M. Zeller (Passau, DE)
R. Pricoco (München, DE)
S. Mayer-Huber (Rosenheim, DE)
F. Benstetter (Rosenheim, DE)
M. Keller (Passau, DE)
Hintergrund
Trotz des kontinuierlichen Fortschritts in der Neonatologie sind Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht < 1500 g (VLBW-FG) zahlreichen Kurz- und Langzeitkomplikationen ausgesetzt. Klinische Behandlungspfade sowie familienintegrierende Versorgungsmodelle können Risiken der Frühgeburt reduzieren. Eine Schlüsselrolle spielt hierbei die Ernährung mit Muttermilch.
Fragestellung
Wie beeinflusst der familienintegrierender Behandlungspfad NeoPAss bei VLBW-FG den Laktationsbeginn und damit den Nahrungsaufbau und die ZVK-Liegedauer?
Welchen Einfluss hat das Versorgungskonzept hinsichtlich ernährungs-assoziierter Komplikationen wie NEC und Late-Onset-Sepsis?
Wie lange erhalten VLBW-FG nach Entlassung aus dem stationären Setting Muttermilch?
Material & Methoden
Es wurden Geburtskohorten von VLBW-FG des Level 1-Perinatalzentrums Passau vor (2008-2012, n = 119) und nach Einführung des familienzentrierten Behandlungspfades NeoPAss (2013 – 2017, n = 170) im Rahmen einer retrospektiven Prä-Post-Evaluationsstudie untersucht.
Die Daten wurden hinsichtlich Laktationsbeginn, Nahrungsaufbau, ZVK-Liegedauer, Rate an Late-Onset-Sepsis, NEC-Rate und Rate an Muttermilch-ernährten VLBW-Frühgeborenen ausgewertet.
Ergebnisse
Beide Kohorten zeigten sich in ihren Ausgangsbedingungen ähnlich. Vor Intervention wurden n = 119, nach Intervention n = 170 VLBW-FG untersucht.
Die Einführung von NeoPAss war mit einem rascheren Laktationbeginn und einem signifikant schnelleren enteralen Nahrungsaufbau (130ml/kgKG pro Tag erreicht an Tag 6 vs. Tag 8) sowie einer signifikant kürzeren ZVK-Liegedauer assoziiert (6 vs. 9 Tage). Zudem traten nekrotisierende Enterokolitis (0,6% vs. 3,4%) und Late-onset Sepsis (2,9% vs. 15,1%) deutlich seltener auf und liegen merklich unter dem Bundesdurchschnitt.
Die Rate an mit Muttermilch ernährten Frühgeborenen zeigte sich bei Entlassung signifikant höher (78% vs. 62%). Dieser Trend setzte sich auch bis drei Monate nach Entlassung fort, die Rate nahm aber weiter über die Zeit rasch ab.
Diskussion oder Schlussfolgerung
Der familienintegrierende Behandlungspfad NeoPAss zeigt einen höheren und früheren Einsatz von Muttermilch und damit assoziiert einen rascheren Nahrungsaufbau. Dies erlaubt eine zeitliche Verkürzung der parenteralen Ernährung und damit assoziiert einen deutlichen Rückgang von Late-Onset-Sepsis. Parallel ist die NEC-Rate reduziert und liegt merklich unter dem Bundesschnitt.
Nach Entlassung zeigt sich im Verlauf ein rascher Abfall der Rate der Muttermilch-ernährten VLBW-FG, was auch auf den Einsatz von Fortifiern nach Entlassung zurückzuführen ist.
Limitation der Arbeit ist, dass es sich bei den Assoziationen um explorativ beobachtete Ergebnisse handelt.
12:27 Uhr
P06 - 03:
Effekte von Family-Integrated Care auf Gesundheitskosten und Aufnahmekapazität neonatologischer Intensivstationen
M. Zeller (Passau, DE)
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Autor:innen:
M. Zeller (Passau, DE)
J. Paulick (München, DE)
S. Mayer-Huber (Rosenheim, DE)
F. Benstetter (Rosenheim, DE)
C. Heumann (München, DE)
M. Keller (München/Passau, DE)
Hintergrund
Familienintegrierende Behandlungspfade reduzieren nachweislich die initiale Krankenhausverweildauer Frühgeborener. Die Auswirkung auf die Ausgaben der Kostenträger blieb bisher unklar. Die Wirkung familienintegrierender Konzepte auf die Aufnahmekapazität neonatologischer Intensivstationen ist bisher noch nicht beschrieben.
Fragestellung
Welche sozioökonomischen Effekte leistet ein familienintegrierender Behandlungspfad hinsichtlich Kostenreduktion des neonatologischen Primäraufenthalts, der pädiatrischen gesundheitlichen Folgekosten im ersten und zweiten Lebensjahr und welche Auswirkungen ergeben sich auf die Aufnahmekapazität neonatologischer Intensivstationen?
Material & Methoden
Per Coarsened Exact Matching (spezielles Matched-Pair-Verfahren) wurden Geburtskohorten des Level 1-Perinatalzentrums Passau vor und nach Einführung des familienzentrierten Behandlungspfades NeoPAss sowie Kostenträgerdaten der AOK Bayern derselben Zeitspanne untersucht.
Vor und nach Einführung des Behandlungspfades wurden die Kosten des stationären Erstaufenthalts sowie die Gesundheitskosten im ersten und zweiten Lebensjahr von Frühgeborenen < 1500 g Geburtsgewicht (VLBW-FG) bestimmt. In einer Budget-Impact-Analyse wurde das Potenzial der Kostenreduktion auf Bundesebene ermittelt.
Mit der Belegungsstruktur des Perinatalzentrums wurde die Veränderung des pflegerischen Aufwands und die Auswirkung der neonatologischen Aufnahmekapazität ermittelt. Diese Daten wurden auf eine Intensivstationsgröße von 100 VLBW-FG pro Jahr sowie auf Bundesebene extrapoliert.
Ergebnisse
Der familienintegrierende Behandlungspfad NeoPAss reduziert die durchschnittliche Verweildauer von VLBW-FG um 7,1 Tage pro Patient. Damit ergibt sich auf Bundesebene ein jährliches Potenzial zur Kostenreduktion von rund 60 Millionen €.
Die Gesundheitskosten im ersten und zweiten Lebensjahr außerhalb der initialen Behandlung halbieren sich. Pro Patient ergibt sich ein Einsparungspotenzial von knapp 10.000 €, hochgerechnet auf Bundesebene von rund 85 Mio. €.
Damit bietet familienintegrierende Behandlung Frühgeborener auf Bundesebene ein jährliches Einsparpotenzial von rund 145 Mio. € pro Jahr.
Für ein Perinatalzentrum mit 100 VLBW-FG pro Jahr erhöht sich die Aufnahmekapazität um 13 Patienten pro Jahr, hochgerechnet auf Bundesebene um fast 1.100 Patienten pro Jahr.
Diskussion
Auch wenn Einsparungspotenziale wie indirekte Kosteneinsparungen durch die Prävention psychischer Belastungen der Eltern nicht einkalkuliert werden, hat familienzentrierte Behandlung von VLBW-FG ein erhebliches Potenzial für Kostenträger.
Die Betrachtung limitieren die fehlenden Kosten der Leistungserbringer für die Intervention, die aber weit unter dem Einsparpotenzial liegen.
Familienintegrierende Behandlungspfade bieten zudem die Chance, die Aufnahmekapazität von Intensivstationen für VLBW-FG spürbar zu erhöhen und damit dem (pflegerischen) Fachkräftemangel entgegen zu wirken.
12:33 Uhr
P06 - 04:
Eltern auf eine drohende Frühgeburt vorbereiten - geht das?
S. Reyer (Köln, DE)
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Autor:in:
S. Reyer (Köln, DE)
Eltern auf eine drohende Frühgeburt vorbereiten- geht das?
Einleitung
Eine zu frühe Geburt geht häufig mit einer Risikoschwangerschaft und begleitenden stationären Aufenthalten der Mutter einher. Diese Zeit vor der drohenden Frühgeburt des Kindes ist für die Eltern sehr belastend und führt häufig zu vielen Fragen und Unsicherheiten.
Um Eltern bereits in der Schwangerschaft zu unterstützen und auf die komplexe Situation nach der Geburt vorzubereiten, bieten Pflegefachpersonen der neonatologischen Intensivstation der Uniklinik Köln seit 2019 präpartale Pflegegespräche (PPG) an. Diese stellen eine Erweiterung zu den ärztlichen präpartalen Aufklärungsgesprächen dar: die Eltern erhalten a) mit Abstand zum Arztgespräch eine weitere Möglichkeit, über Sorgen und Ängste zu sprechen und b) Informationen zu alltagsbezogenen Themen, wie z. B. die Einbeziehung in die direkte Versorgung des Kindes auf der Station.
Mit folgender Fragestellung haben wir eine erste systematische Evaluation durchgeführt:
Wie bewerten Eltern das präpartale Pflegegespräch und entspricht das Angebot ihren Bedürfnissen?
Das Angebot der präpartalen Pflegegespräche ergänzt die familienzentrierte psychosoziale Begleitung im Level 1 Perinatalzentrum der Uniklinik Köln, in dem jährlich über 130 sehr kleine Frühgeborene zur Welt kommen.
Methode
Für die Bewertung des PPG wurden vier semistrukturierte Interviews mit Eltern, die an dem Angebot teilgenommen haben, geführt. Die Datenerhebung erfolgte im Zeitraum von Mai 2020 bis September 2020. Die Interviews wurden mit einem digitalen Aufnahmegerät aufgenommen, transkribiert und mittels qualitativer Inhaltsanalyse ausgewertet. Zuvor wurde das Votum der Ethikkommission eingeholt.
Ergebnisse
Die Eltern bewerteten das PPG als sehr hilfreich und bestätigten die inhaltliche und formale Gestaltung. Die Kombination von geplanten Informationsinhalten mit der Möglichkeit, einzelne Themen individuell zu vertiefen wurde sehr begrüßt. Bei der Auswahl von Anschauungsmaterial und dem Angebot der Stationsbesichtigung sollten die Präferenzen der Eltern berücksichtigt werden. Das Wissen um die eigene unersetzliche Rolle in der Begleitung und Pflege des Kindes beruhigte und erleichterte die Trennung vom Kind etwas. Zu erfahren, dass ein großes Netzwerk unterschiedlicher Professionen für die Familien bereitsteht, beruhigte zusätzlich.
Diskussion
Insgesamt wurde es von den Eltern als positiv erlebt, schon im Vorfeld der Geburt eine Pflegefachperson der Neonatologie kennen zu lernen. Die Ergebnisse zeigen, dass das PPG ein wichtiger Beitrag für die Unterstützung der Eltern ist.
Eine derzeit laufende Onlinebefragung mit einer größeren Stichprobe orientiert sich an den Ergebnissen aus den Interviews.
12:39 Uhr
P06 - 05:
Entwicklungsfördernde Positionierung von Frühgeborenen in einem Level 1 Perinatalzentrum – Eine monozentrische Online-Befragung
C. Kraushaar (Essen, DE)
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Autor:innen:
C. Kraushaar (Essen, DE)
U. Teschler (Essen, DE)
B. Hüning (Essen, DE)
A. Stein (Essen, DE)
U. Beerenberg (Essen, DE)
S. Klose-Verschuur (Essen, DE)
S. Ludwig (Essen, DE)
M. Jung (Frankfurt am Main, DE)
U. Felderhoff-Müser (Essen, DE)
J. Bialas (Essen, DE)
Hintergrund
Die entwicklungsfördernden Positionierung von Frühgeborenen (FG) erhält zunehmend an Bedeutung und verfolgt die Ziele der physiologischen Stabilität, der Unterstützung beeinträchtigter Funktionen wie z.B. der Atmung, der Protektion des muskoloskeletalen Systems (Kontraktur- und Deformitätenprophylaxe), sowie der motorischen Entwicklungsförderung [1-4]. Risikofaktoren für einen lagebedingten Plagiocephalus sowie frühe Defizite der motorischen Entwicklung lassen sich insbesondere bei einem Gestationsalter < 27 Schwangerschaftswochen durch eine präferierte Ausrichtung in Rückenlage in Kombination mit einseitiger Kopfrotation, sowie unzureichende alternative Positionierungsstechniken erklären [5, 6]. Nach aktuellem Wissensstand existiert bisher noch keine systematische Datenerfassung zur strukturierten Gestaltung der Positionierung von Frühgeborenen in deutschen Kliniken.
Fragestellung/Ziel
Anhand der internen Online-Befragung soll die Frage nach der detaillierten Vorgehensweise der Mitarbeitenden bei der Positionierung von FG beantwortet werden. Zugleich wird aus Sicht der Befragten ein Schulungs- bzw. Handlungsbedarf erfasst. Ziel der monozentrischen Untersuchung ist anhand der erhobenen Daten eines exemplarischen Perinatalzentrums erste Rückschlüsse auf die aktuelle Versorgungsstruktur zu ziehen.
Material/ Methoden
Die Daten werden durch einen eigenständig erstellten, quantitativen Online-Fragebogen (22 Fragen mit Unterkategorien) mit Hilfe eines Surveys erfasst. Die Merkmale und Variablen werden durch nominalskalierte, metrische und ordinalskalierte Fragen messbar. Die Operationalisierung der Variablen zur persönlichen Vorgehensweise und Selbsteinschätzung der Teilnehmenden erfolgt durch 6-stufige Likert Skalen mit verbaler Benennung [7]. Die Stichprobengröße umfasst N=88 TeilnehmerInnen. Diese setzt sich aus (n=57) Pflegefachkräften, (n=14) ÄrztInnen und (n=7) PhysiotherapeutInnen zusammen, die auf den neonatologischen Stationen (NICU und IMC) der Universitätsmedizin Essen beschäftigt sind. Der Befragungszeitraum beträgt 8 Wochen, nach 4 Wochen erfolgt ein Reminder via E-Mail. Die Daten werden mithilfe des Statistik-Programms SPSS ausgewertet.
Ergebnisse
Die Ergebnisse der laufenden Erhebung liegen noch nicht vor, werden jedoch zum Zeitpunkt des GNPI Kongresses, wie in der offiziellen Abstract-Richtlinie gefordert, vollständig ausgewertet sein.
Diskussion/Schlussfolgerung
Anhand der erhobenen Daten besteht die Möglichkeit, das wichtige Thema der Positionierung von FG genauer zu beurteilen. Versorgungslücken und Handlungsbedarfe im Bereich der entwicklungsfördernden Maßnahmen können aufgedeckt werden und eine Veränderung der stationären Versorgung von FG ermöglichen. Die Forschungsarbeit wird als Grundlage für weiterführende multizentrische Studien zur Erforschung der entwicklungsfördernden Positionierung von FG genutzt.
12:45 Uhr
P06 - 06:
Känguruhbetreuung aus pflegerischer Sicht an österreichischen neonatologischen Intensivstationen - Eine Pilotstudie
E. Smajic (Wien, AT)
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Autor:in:
E. Smajic (Wien, AT)
HINTERGRUND: Kangaroo Care ist in der Neonatologie eine evidenzbasierte Methode,
um das Outcome des Frühgeborenen zu verbessern, sowie die Bindung zu den Eltern zu
fördern. In Österreich gibt es diesbezüglich ein Forschungsdefizit hinsichtlich des
Einsatzes in der pflegerischen Praxis. Verfügbare Daten und der Einsatz von ANPs
könnten dazu beitragen, Problemfelder in der Praxis zu erkennen, um diese Intervention
früher, öfter und länger anzubieten.
FRAGESTELLUNG: Welche Überzeugungen, Kenntnisse und Barrieren hinsichtlich der
praktischen Anwendung der Kängurubetreuung, sind beim gehobenen Dienst für die
Gesundheits- und Krankenpflege im neonatologischen Intensivsetting in Österreich
sichtbar?
METHODIK: Quantitative Datenerhebung mit einem standardisierten Fragebogen
bestehend aus 107 Items, welcher in vier Bereiche aufgeteilt ist: Überzeugungen,
Kenntnisse, Barrieren und Praxisverhalten. Die Daten wurden mit SPSS Version 24.0
analysiert und zusammengefasst.
ERGEBNISSE: Insgesamt nahmen 11 Perinatalzentren teil und es konnte eine
Rücklaufquote von 70,28% (n=376) generiert werden. Alle teilnehmenden
Pflegepersonen (100%) berichteten, dass sie Kangaroo Care im neonatologischen
Bereich praktizieren. Angehörige der Gesundheits- und Krankenpflege in Österreich sind
insgesamt überzeugt, dass diese Intervention mehr Vorteile als Nachteile für die
Patientinnen und Patienten bietet. Wissensdefizite und Barrieren in der Durchführung
sind in den Bereichen Beatmung, Zugänge und Kontraindikationen vorhanden. Gründe
für nicht routinemäßigen Haut-zu-Haut Kontakt waren medizinische Faktoren,
personelle und zeitliche Ressourcen, die Akzeptanz und Erfahrung, mangelndes
Empowerment, Rahmenbedingungen und kulturelle Normen.
SCHLUSSFOLGERUNG: Die erhobenen Daten in Österreich ergaben, dass der
gehobene Dienst in der Gesundheits- und Krankenpflege über eine hohe Expertise im
Bereich der Kängurubetreuung verfügt. Die Entscheidung, ob die Intervention im Setting
angewendet wird obliegt dem multiprofessionellen Team, um im Sinne der Patientinnen
und Patienten zu handeln. Fort- und Weiterbildungen können dazu beitragen, dass
Kompetenzen gestärkt und gleichzeitig Barrieren in der Praxis reduziert werden. Die
Entwicklung und Etablierung von evidenzbasierten Leitlinien könnte dazu beitragen
Kangaroo Care sicher und effektiv anzuwenden. Der gezielte Einsatz von ANPs würde
somit zu einer Stärkung der Kangaroo Care beitragen.
12:51 Uhr
P06 - 08:
Die Neo-CamCare Studie: Ergebnisse einer prospektiven Evaluationsstudie zum Einsatz von Webcams auf neonatologischen Intensivstationen
J. Hoffmann (Köln, DE)
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Autor:innen:
J. Hoffmann (Köln, DE)
L. Mause (Köln, DE)
A. Reimer (Köln, DE)
T. Dresbach (Bonn, DE)
N. Scholten (Köln, DE)
Hintergrund
Webcams werden bereits auf einzelnen neonatologischen Intensivstationen (NICUs) in Deutschland und international eingesetzt. Die Webcams ermöglichen es Eltern von Frühgeborenen, ihr Kind auch dann sehen zu können, wenn sie selbst nicht im Krankenhaus sein können. Die Neo-CamCare Studie evaluierte über einen Zeitraum von drei Jahren multiperspektivisch den Einsatz von Webcams auf NICUs. Ein Ziel der Studie war es, herauszufinden, wie sich die Nutzung der Webcams auf das Wohlbefinden der Eltern auswirkt.
Fragestellung
Kann der Einsatz von Webcams i) die psychische Belastung der Eltern reduzieren, ii) die wahrgenommene Beziehung zwischen Eltern und Kind positiv beeinflussen und iii) das Vertrauen der Eltern in die Betreuung der Kinder steigern?
Material und Methoden
In einer prospektiven Studie wurden Eltern von Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1500 Gramm in 4 deutschen NICUs eingeschlossen. Alle Elternteile durchliefen jeweils einen Zeitraum von 4 Wochen mit Webcam und ohne Webcam. Die Gruppenzuteilung erfolgte randomisiert. Die Eltern wurden zu vier Zeitpunkten (2, 4, 6 und 8 Wochen nach Studienbeginn) postalisch befragt. Die psychische Belastung der Eltern wurde mit Hilfe der Edinburgh Postnatal Depression Scale (EPDS) und der Parental Stressor Scale (PSS:NICU) ermittelt. Zur wahrgenommenen Bindung zwischen Eltern und Kind wurde der Postpartum Bonding Questionnaire verwendet. Das Vertrauen der Eltern in die Betreuung der Kinder wurde durch die Skalen Vertrauen in Pflegekräfte und Ärzt:innen erhoben.
Vorläufige Ergebnisse
556 Elternteile wurden eingeladen, an der Studie teilzunehmen. Davon nahmen 460 Elternteile an der Studie teil (220 Väter und 240 Mütter). Mütter gaben im Mittel über alle Befragungszeiträume eine signifikant höhere psychische Belastung an als Väter (EPDS: Mütter, M = 10,2; Väter, M = 6,8 [p < 0,001]; PSS:NICU [Subskala Aussehen und Verhalten]: Mütter, M = 2,37; Väter, M = 2,09, [Subskala elterliche Rolle]: Mütter, M = 3,03; Väter, M = 2,52). Mütter nahmen im Vergleich zu Vätern im Mittel eine stärkere Bindung zum Kind wahr (PBQ: Mütter, M = 5,8; Väter, M = 6,6). Väter und Mütter berichteten ein sehr hohes Maß an Vertrauen zum medizinischen Personal. Erste deskriptive Ergebnisse zeigen, dass bei Eltern, die die Webcam zu Beginn des Krankenhausaufenthalts nutzten, die wahrgenommene Bindung zum Kind über den gesamten Studienverlauf stieg und die berichtete psychische Belastung abnahm. Eltern, die die Webcams in den zweiten 4 Wochen nutzten, gaben während der Nutzung eine abnehmende Bindung zum Kind und teilweise höhere psychische Belastungen im Vergleich zu den ersten 4 Wochen ohne Webcam an.
Diskussion und Schlussfolgerung
Erste Analysen zeigen, dass der Zeitpunkt einer Webcam Nutzung einen Einfluss auf den elterlichen Nutzen haben könnte. Unabhängig von einer Webcam Nutzung geben Mütter vor allem während der ersten Zeit des NICU Aufenthaltes ihres Kindes hohe psychische Belastungen an.
12:57 Uhr
P06 - 09:
Einsatz von Webcams auf neonatologischen Intensivstationen aus Sicht der Beschäftigten: Entwicklung der Webcam-Akzeptanz im Längsschnitt
J. Hoffmann (Köln, DE)
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Autor:innen:
J. Hoffmann (Köln, DE)
L. Mause (Köln, DE)
A. Reimer (Köln, DE)
T. Dresbach (Bonn, DE)
N. Scholten (Köln, DE)
Hintergrund
Die Neo-CamCare Studie untersuchte über einen Zeitraum von drei Jahren den Einsatz von Webcams auf neonatologischen Intensivstationen (NICUs) in Deutschland. Die Webcams ermöglichen es Eltern von frühgeborenen Kindern, ihr Kind auch dann zu sehen, wenn sie selbst nicht auf der Intensivstation anwesend sein können. Der Einsatz dieser Webcams hat jedoch nicht nur Auswirkungen auf die Eltern, sondern auch auf das ärztliche und pflegerische Personal der NICU. Ihre Einstellung zu den Webcams wurde im Verlauf der Studie prospektiv erhoben.
Fragestellung
Wie hat sich die Einstellung des ärztlichen und pflegerischen Personals zum Webcameinsatz über den Studienzeitraum verändert? Welchen Einfluss haben die persönlich wahrgenommene Arbeitsintensität und das Innovationsklima auf die Akzeptanz des Webcameinsatzes?
Material und Methoden
Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht unter 1500 Gramm wurden auf vier NICUs in Deutschland von Oktober 2019 bis September 2022 eingeschlossen. Im Rahmen der begleitenden Evaluation wurde das ärztliche und pflegerische Personal zu vier Zeitpunkten zu ihrer Einstellung zum Webcameinsatz befragt. Die erste Befragung (T0) wurde vor der Implementierung der Webcams, die zweite (T1) und dritte (T2) Befragung wurde während des Webcameinsatzes und die vierte Befragung (T3) nach dem Webcameinsatz durchgeführt. Abgefragt wurde unter anderem die Webcamakzeptanz (0=keine Akzeptanz bis 10=sehr hohe Akzeptanz), die Abwägung des Nutzens der Webcams im Vergleich zum Mehraufwand (1=sehr gering bis 4=sehr hoch) und mögliche Gründe, die gegen einen Webcam Einsatz sprechen könnten. Darüber hinaus wurden die Arbeitsintensität und das Innovationsklima auf den einzelnen Stationen abgefragt. In einer explorativen Analyse mittels schrittweiser Regression wurde der Einfluss von wahrgenommener Arbeitsintensität und Innovationsklima auf die Webcamakzeptanz untersucht.
Vorläufige Ergebnisse
Über alle Befragungszeitpunkte hinweg gingen 606 Rückmeldungen ein (T0=167, T1=146, T2=141, T3=152). Insgesamt konnte somit ein Rücklauf von 40,2% (Versandte Fragebögen=1.508, eingegangene Fragebögen=606) erreicht werden. Über alle Befragungszeitpunkte hinweg gehörte ein Großteil der Befragten dem pflegerischen Personal an (> 80%). Die persönliche Akzeptanz hinsichtlich der Webcams stieg im Mittel von 4,87 (SD=2,9) zu T0 auf 7,8 (SD=2,4) zu T4. Die Abwägung des Nutzens zum Mehrwert der Webcams wurde im Verlauf der Studie von mehr Teilnehmenden als positiv eingeschätzt (T0=11,73%; T3=45,95%). Im Regressionsmodell war lediglich die Berufsgruppe (Ärzt:innen wiesen eine höhere Akzeptanz auf als das pflegerische Personal) signifikant mit der Webcamakzeptanz assoziiert.
Diskussion und Schlussfolgerung
Die Ergebnisse der formativen Evaluation des Webcameinsatzes zeigen, dass das pflegerische und ärztliche Personal anfängliche Vorbehalte bezüglich der Webcams im Verlauf abzulegen scheint und mit der Zeit positiver gegenüber den Webcams eingestellt ist.
13:03 Uhr
P06 - 10:
Kürzere Elternbesuche durch Webcams auf neonatologischen Intensivstationen? – Zusammenhang zwischen Webcamverfügbarkeit und Dauer der Elternbesuche
J. Hoffmann (Köln, DE)
Details anzeigen
Autor:innen:
L. Mause (Köln, DE)
J. Hoffmann (Köln, DE)
A. Reimer (Köln, DE)
T. Dresbach (Bonn, DE)
N. Scholten (Köln, DE)
Hintergrund:
Die Nutzung von Webcams auf neonatologischen Intensivstationen soll kein Ersatz für persönliche Besuche der Eltern auf der Station sein. Trotzdem ruft sie häufig die Sorge vor einer Abnahme der elterlichen Anwesenheit beim Kind auf der Station hervor [1]. Die Studie Neo-CamCare evaluiert den Einsatz von Webcams auf neonatologischen Intensivstationen u. a. im Hinblick auf die elterlichen Besuchszeiten und die Webcamnutzung.
Fragestellung:
Wie häufig und wie lange nutzen Eltern die Webcams? Gibt es einen Zusammenhang zwischen der Webcamnutzung und der elterlichen Besuchsdauer auf der Station?
Methoden:
In vier Kliniken wurden Eltern von Kindern mit einem Geburtsgewicht von unter 1.500 Gramm in die Studie eingeschlossen. Die Studienteilnahme bestand für jedes Elternpaar aus einer 4-wöchigen Phase mit Webcamzugang und einer 4-wöchigen Phase ohne Webcamzugang. Die Reihenfolge der Phasen wurde randomisiert zugeteilt. Die Eltern dokumentierten ihre physische Anwesenheit auf der Station in einem analogen Dokumentationsheft (Datum und Dauer). Die Webcamnutzung wurde in drei Kliniken automatisiert über das Webcamsystem erhoben (Login-Datum und -Dauer). Beide Datensätze werden deskriptiv ausgewertet und für die Zusammenhangsanalysen miteinander verknüpft.
Vorläufige Ergebnisse:
Aus den vier Kliniken stehen Besuchsdaten von 72 Elternpaaren und Login-Daten von 97 Elternpaaren zur Verfügung. Im Umfang der Webcamnutzung zeigten sich große Unterschiede zwischen den Elternpaaren. Die durchschnittliche Anzahl an Logins pro Tag und pro Elternpaar lag bei 32 (SD=35, Min=1, 25%-Quartil=9, Mdn=21, 75%-Quartil=42, Max=211). Am häufigsten wurde sich in der Abendzeit gegen 20 Uhr und gegen 22 Uhr (6,2 % und 6,7 % aller Logins) eingeloggt. Die tägliche Besuchsdauer auf der Station war im Durchschnitt sowohl für Mütter als auch für Väter/Partner:innen in der Studienphase mit Webcamverfügbarkeit (Mütter: M=310 min, SD=189, Min=107, 25%-Quartil=155, Mdn=285, 75%-Quartil=403, Max=977; Väter: M=271 min, SD=172, Min=80, 25%-Quartil=150, Mdn=246, 75%-Quartil=344, Max=1040) geringer als in der Studienphase ohne Webcamverfügbarkeit (Mütter: M=354 min, SD=177, Min=71, 25%-Quartil=211, Mdn=354, 75%-Quartil=452, Max=857; Väter: M=281 min, SD=160, Min=63; 25%-Quartil=167, Mdn=233, 75%-Quartil=381, Max=852). Für die Mütter stellte sich diese Differenz als signifikant heraus (Mütter: p =.003; Väter: p=.158). Erste orientierende Analysen deuten auf einen negativen Zusammenhang zwischen der Webcamverfügbarkeit und der täglichen Besuchsdauer der Eltern auf der Station hin (die ausführlichen Ergebnisse werden zum Zeitpunkt des Kongresses vorliegen).
Schlussfolgerung:
Die Nutzung der Webcams variiert stark zwischen den Elternpaaren. In jedem Fall sollten die Eltern vor und während der Nutzung der Webcams gezielt über die Bedeutung der persönlichen Anwesenheit beim Kind aufgeklärt werden, um einem eventuellen Rückgang der Besuche durch die Webcamnutzung vorzubeugen.