12:15 Uhr
P09 - 01:
Diagnostik und Therapie des pädiatrischen Liegetraumas
C. Mohrmann (Oldenburg, DE)
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Autor:innen:
C. Mohrmann (Oldenburg, DE)
A. Heep (Oldenburg, DE)
F. Beske (Oldenburg, DE)
M. Lange (Oldenburg, DE)
K. Fiedler (Oldenburg, DE)
Hintergrund:
Wenngleich keine gemeingültige Definition des Liegetraumas (Lt) existiert, ist der Begriff im Rettungs- und Notfallwesen verbreitet. Im Allgemeinen wird beim Vorliegen einer Gewebsschädigung, ausgelöst durch eine lokale Minderperfusion nach längerem Liegen, vom Lt gesprochen. Angaben zur Inzidenz eines pädiatrischen Lt (pLt) existieren nicht. Daher stellt dieses komplexe Krankheitsbild eine größere Herausforderung innerhalb der pädiatrischen Intensivmedizin dar.
Fragestellung: Ziel der Untersuchung war die Ermittlung der Inzidenz des pLt und der assoziierten klinischen Symptome im Versorgungsraum Nordwest-Niedersachsen.
Patienten/Methodik:
Im Rahmen einer retrospektiven monozentrischen Observationsstudie wurde im Krankenhausinformationssystem (Cerner KIS medico®, Berlin DE) nach Lt-assoziierten Diagnosen (u.a. Rhabdomyolyse, Nierenfunktionsstörung, Hypothermie, Gewebsischämie, Kompartmentsyndrom) bei Aufnahme auf die pädiatrische Intensivstation der Universitätsklink Oldenburg für den Zeitraum 01.01.2011 bis 31.12.2022 gesucht. Nach Sichtung von 17 Patientendatensätzen, konnten 5 Patienten mit pLt eingeschlossen werden.
Ergebnisse:
Das Durchschnittsalter der Patienten mit pLt lag bei 9,7 (1-17,3) Jahren und die Patienten lagen durchschnittlich 16,8 (1-24) Tage auf der Intensivstation. Als Auslöser des pLT wurde die Immobilisation nach Alkoholintoxikation (n=2), Traumen (n=2) oder akuten neurometabolischen Ereignissen (n=1) identifiziert. Die Überlebensrate lag bei 100%. Es konnten folgende assoziierte Krankheitssymptome nachgewiesen werden: zentralnervöse Defizite, Rhabdomyolysen und metabolische Entgleisungen, Hypothermie, hämodynamische, kardiale, respiratorische und hepatische Komplikationen, primär und sekundär assoziierte Infektionen und Störungen der Hämostaseologie.
Diskussion und Schlussfolgerung:
Während beim erwachsenen Liegetrauma primär neurologische Ursachen dominieren, stehen beim pLt das schwere Trauma, die Alkoholintoxikation sowie neurometabolische Ursachen im Vordergrund. Die Therapie des pLt beginnt präklinisch. Hypothermie, kardiale Komplikationen wie maligne Herzrhythmusstörungen im Rahmen einer Rettung und zentralnervöse Symptome stehen initial im Vordergrund. Im Rahmen der Intensivmedizinischen Betreuung ist die Behandlung der Rhabdomyolyse und das dazugehörige Crush Syndrom oder ein sich entwickelndes Kompartmentsyndrom zentrales Thema.
Die Behandlung des pLT kann sich neben der Detektion zugrundeliegender Ursache bei einer multifaktoriellen Genese, durch die mögliche Beteiligung multipler Organsysteme als anspruchsvoll erweisen. Neben der Fokussierung auf assoziierte Symptome wie Rhabdomyolyse, Hypothermie und traumatische (Muskel-) Schädigungen ist eine vollumfängliche Untersuchung und eventuell notwendige Therapie beteiligter Körpersysteme vorzunehmen.
12:21 Uhr
P09 - 02:
Organspende und Organtransplantation in der Kinderintensivmedizin
M. Blohm (Hamburg, DE)
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Autor:innen:
M. Blohm (Hamburg, DE)
L. Fischer (Hamburg, DE)
S. Apostolidou (Hamburg, DE)
M. Bergers (Hamburg, DE)
G. Söffker (Hamburg, DE)
J. Oh (Hamburg, DE)
R. Kozlik-Feldmann (Hamburg, DE)
D. Singer (Hamburg, DE)
Hintergrund: Etwa 3% der postmortalen Organspender im Bereich des von der Deutschen Stiftung für Organspende betreuten Gebietes sind Kinder vor Vollendung des 16. Lebensjahres [1].
Fragestellung: Ziel der Studie war es, das Patientenkollektiv eines pädiatrischen Transplantationszentrums zu beschreiben hinsichtlich der der erfolgten Organtransplantationen und der realisierten postmortalen Organspenden von hirntoten Patienten am selben Zentrum.
Patientenkollektiv und Methode: In einer retrospektiven unizentrischen Studie der Jahre 2010 bis 2020 am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) und Universitären Herzzentrum (UHZ) in Hamburg wurden in Übereinstimmung mit den Vorgaben der Ethikkommission die Zahlen aller erfolgten Organtransplantationen und alle realisierten postmortalen Organspenden und bei Kindern analysiert. Die transplantierten Organe können bei Leber- und Nierentransplantationen von post-mortem-Spenden oder aus Lebendspenden stammen. Im Falle von einer Lebendspende bei Lebertransplantationen gibt es neben der Familien-Lebend-Spende (Split-Leber) auch die Möglichkeit einer Domino-Transplantation [2].
Ergebnisse: Es wurden in dem 10-Jahres-Zeitraum im UKE bzw. UHZ 7 Herztransplantationen, 251 Lebertransplantationen (50 Familien-Lebend-Spenden, 4 Domino-Lebend-Spenden, 197 post-mortem-Spenden), 83 Nierentransplantationen (28 Familien-Lebend-Spenden, 55 post-mortem Spenden) bei Kindern durchgeführt. Lungentransplantationen bei Kindern werden am UKE nicht durchgeführt. Im gleichen Zeitraum wurden bei 8 hirntoten kindlichen Spendern vor Vollendung des 16. Lebensjahres postmortale Organspenden realisiert. Dabei wurden über Eurotransplant kindliche Organe zur Transplantation von 3 Lungen, 4 Herzen, 6 Lebern, 13 Nieren allokiert. Zusätzlich wurden 15 Domino-Lebend-Spenden von Lebern bei kindlichen Lebertransplantationen ebenfalls mit Allokation über Eurotransplant ermöglicht. Daraus ergibt sich bezogen auf das Transplantationszentrum UKE eine Organbilanz von +3 für Lungentransplantationen, -3 für Herztransplantationen, -176 für Lebertransplantationen, -42 für Nierentransplantationen. Durch die post-mortem Organspenden und durch die Domino-Lebend-Spenden lässt sich eine „Eurotransplant-Ausgleichsquote“ von 57% für Herzen, 11% für Lebern und 24% für Nieren, bezogen auf die am UKE im Untersuchungszeitraum erfolgten kindlichen Organtransplantationen errechnen
Diskussion und Schlussfolgerung: Kinder sind im Euro-Transplantraum eher Empfänger, als Spender von Organen [1]. Hinsichtlich post-mortem Organen nehmen Kinder auf der Empfängerseite am Organ-Allokationssystem über Eurotransplant teil. Genauso werden post-mortem Organe und Domino-Organe von kindlichen Spendern über Eurotransplant allokiert. Die Pädiatrische Intensivmedizin ist hier im Gesundheitssystem mit der Erwachsenenmedizin verbunden, da die Mehrheit der transplantierten Organe bei Kindern von Erwachsenen stammt und nicht alle kindlichen Organe an Kinder transplantiert werden.
12:27 Uhr
P09 - 03:
Von Stridor und Gedeihstörung in den ersten Lebensmonaten zur lebensbedrohlichen Verlegung der Atemwege- zwei außergewöhnliche Fallberichte in der Schnittstelle zwischen Kinderheilkunde, Anästhesie und HNO
W. Schneider (Berlin, DE)
G. Fink (Berlin, DE)
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Autor:innen:
W. Schneider (Berlin, DE)
G. Fink (Berlin, DE)
K. Schunck (Berlin, DE)
T. Jähn (Berlin, DE)
C. von Heymann (Berlin, DE)
P. Mir-Salim (Berlin, DE)
H. Girschick (Berlin, DE)
Hintergrund:
Inspiratorischer Stridor und Dyspnoe, häufig Ausdruck einer benignen Laryngomalazie, kann in der Breite der Differentialdiagnostik auch Überraschungen offenbaren. Vor allem in der Kombination mit einer Trinkschwäche und / oder Gedeihstörung ist eine gut abgesicherte, klärende Diagnostik evident. Im folgenden Vortrag berichten wir über zwei knapp drei Monate alte Säuglinge, bei denen in der stationären Abklärung der Symptome eine große zystische Struktur im Hypopharynx mittels Laryngoskopie detektiert wurde.
Fallbeschreibung:
Beim ersten Kind bestand eine 3 x 1 cm große Vallecula-Zyste im Hypopharynx, direkt vor der Epiglottis. Diese führte in der Narkoseeinleitung zur weiteren MRT- Diagnostik und operativen Versorgung zu einer massiven Verlegung der Atemwege und als Folge zu einer lebensbedrohlichen, kurzen, reanimationspflichtigen Hypoxie, trotz sorgfältiger Planung in Erwartung eines schwierigen Atemweges. Nur durch das rasche gemeinsame Vorgehen von Kinderanästhesisten, Kolleg*innen der HNO und der Neonatologie konnte die Ventilation und Oxygenierung mit umfangreichem, apparativem und personellem Einsatz sichergestellt werden.
Bei dem zweiten Kind konnte präinterventionell sonografisch eine suspekte, zystische Struktur von ca. 1,5 cm Durchmesser dargestellt werden. Bereits im Vorfeld wurden entsprechend der anderen Lokalisation der Zyste verschiedene Strategien zur Sicherung der Atemwege vorbereitet, die wir im Vortrag diskutieren möchten.
Schlussfolgerung:
Diese Beispiele zeigen, dass Konzepte des erwarteten schwierigen Atemweges im Vorfeld zusammen mit der Anästhesie und Kindermedizin entwickelt werden müssen. Diese sollten auch alternative Vorgehensweisen beinhalten. Ebenso bedarf es für ein erfolgreiches Vorgehen, einer guten räumlichen und personellen Ausstattung. Die optimale Durchführung nicht invasiver diagnostischer Methoden vor Narkoseeinleitung, wie der fiberoptischen Videolaryngoskopie und insbesondere auch der Sonografie in diesem Hals Bereich gilt es für eine bessere Risikoabschätzung zu nutzen.
Material und Methoden:
Mittels unserer Videodokumentation der Laryngoskopie und fiberoptischen Intubation, sowie der Bilder von Sonografie und MRT, lassen sich die besondere anatomische Situation bei den beiden Säuglingen im Vortrag gut darstellen, gemeinsam mit der Kinderanästhesie werden die Konzepte des schwierigen Atemweges anhand dieser beiden Fällen erläutert und diskutiert.
12:33 Uhr
P09 - 04:
Zusammenhang zwischen postoperativem Ergebnis nach pädiatrischer Lebertransplantation und Transfusionen von Erythrozytenkonzentraten
V. Präger (Hamburg, DE)
J. Trah (Hamburg, DE)
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Autor:innen:
V. Präger (Hamburg, DE)
L. Graefe (Hamburg, DE)
B. Hegen (Hamburg, DE)
J. Trah (Hamburg, DE)
M. Blohm (Hamburg, DE)
Hintergrund
Die pädiatrische Lebertransplantation (pLTx) ist ein etabliertes Verfahren bei akutem Leberversagen, im Endstadium von chronischen Lebererkrankungen, nicht-resektablen Lebertumoren sowie bestimmten Stoffwechselerkrankungen. (1) Sowohl intraoperativ als auch während des postoperativen Krankenhausaufenthaltes werden Transfusionen, darunter Erythrozytenkonzentrate (EKZ), Thrombozytenkonzentrate (TKZ) und gefrorenes Frischplasma (FFP), verabreicht.
In Untersuchungen bei Herz- und Lungenoperationen wurde bereits die Assoziation von intraoperativen EKZ- und TKZ-Gaben mit der Mortalität und Morbidität untersucht und eine positive Korrelation zwischen Transfusionsmengen und Komplikationen beschrieben. (2, 3, 4, 5)
Fragestellung
Es wird die Fragestellung untersucht, ob ein Zusammenhang zwischen Transfusionen und Komplikationen besteht. Als mögliche Komplikationen kommen Abstoßung, Leber- Retransplantation (ReLTX), Infektionen z.B. mit CMV, Pneumonien und dadurch vermehrte Antibiotikagaben sowie Gefäßverschlüsse in Betracht. Des Weiteren wird der Zusammenhang zwischen Transfusionen und der Aufenthaltsdauer auf der Intensivstation bzw. der Dauer des gesamten Krankenhausaufenthalts sowie der Zusammenhang zwischen der Blutentnahmemenge und der Transfusionsmenge untersucht.
Methode
Für die Untersuchung werden alle Kinder, die seit 2017 im Universitätsklinikum Hamburg- Eppendorf primär lebertransplantiert wurden, in einer retrospektiven Datenanalyse eingeschlossen. Ausschlusskriterien waren eine Leber-Retransplantation oder kombinierte Transplantation.
Diskussion
Während die Menge an intraoperativen Bluttransfusionen durch die Blutungsmenge und Kreislaufstabilität weitgehend vorgegeben sind, lassen sich postoperative Transfusionen möglicherweise durch restriktivere Laborkontrollen reduzieren. Daher ist die Frage der Zusammenhänge, idealerweise mit Hinweisen auf Kausalität, relevant und bietet möglicherweise einen Ansatz zur Verbesserung des Outcomes nach pädiatrischer Lebertransplantation.
Die Arbeit ist klinisch bedeutsam in Hinblick auf die Vermeidung von Komplikationen und Reduktion der Krankenhausaufenthaltsdauer. Zusätzlich könnte durch ein besseres Blutentnahme-Management der Blutkonservenverbrauch reduziert werden.
12:39 Uhr
P09 - 05:
Isolierte Meningokokken-Ventrikulitis bei einem 6 Monate alten Säugling
C. Roll (Datteln, DE)
Details anzeigen
Autor:innen:
S. Lais (Datteln, DE)
C. Spratte (Datteln, DE)
C. Navas (Gelsenkirchen, DE)
L. Schreiber (Gelsenkirchen, DE)
F. Niemann (Gelsenkirchen, DE)
A. Panzer (Datteln, DE)
C. Roll (Datteln, DE)
Hintergrund: Eine primär bakterielle Ventrikulitis wird – im Gegensatz zur Ventrikulitis im Rahmen einer Meningitis – sehr selten beobachtet. Einzelfall- und kleine Kohortenbeschreibungen weisen darauf hin, dass die Klinik häufig subtil, die Folgen bei einer späten Diagnosestellung schwerwiegend sind.
Fallbericht: Der 6 Monate alte Junge, Frühgeborenes 36 Wochen, wurde 14 Stunden nach als plötzlich beschriebenem Symptombeginn – Opisthotonus, Agitiertheit und Erbrechen – in der Notfallambulanz vorgestellt. Neben dem ausgeprägten Opisthotonus fiel eine gespannte Fontanelle auf, kein Fieber, gute periphere Perfusion, Blutdruck, Herz- und Atemfrequenz unauffällig. CRP 0,75 mg/dl (maximaler Wert), IL-6 4 pg/dl, Leukozyten im Normbereich ohne Linksverschiebung, persistierende Thrombozytose (1.690.000/µI), Gerinnung unauffällig, keine D-Dimere. Die Schädelsonographie zeigte deutlich erweiterte innere Liquorräume mit teils sedimentierten, teils flottierenden Partikeln und aufgebrauchte äußere Liquorräume. Auf eine Lumbalpunktion wurde wegen möglichen Hirndrucks verzichtet, nach Anlage einer Blutkultur (die steril blieb) Beginn einer intravenösen antibiotischen Therapie mit Cefotaxim. Bei klinisch zunehmenden Hirndruckzeichen mit Cheyne-Stokes-Atmung invasive Beatmung und Anlage einer externen Ventrikeldrainage. Meningen intraoperativ klinisch unauffällig. Liquor: Druck 10 cmH2O. Zellzahl 334/µl, Eiweiß 197 mg/dl, Glucose 7 mg/dl, Nachweis von Meningokokken via Multiplex-PCR. Rasche klinische Erholung, die Drainage wurde nach 6 Tagen gezogen. Es trat nie Fieber auf. Die Entzündungsparameter blieben negativ (CRP maximal 0,75 mg/dl). Das MRT an Tag 3 zeigte keine meningealen Veränderungen bis auf fragliche Veränderungen am Boden des Kleinhirns sowie um die Medulla oblongata.
Diskussion: Unser Fall zeigt nicht den beschriebenen schleichenden, zunächst blanden Verlauf einer isolierten Ventrikulitis, Leitsymptom waren hier Opisthotonus und klinische Hirndruckzeichen. Typisch jedoch fehlendes Fieber und negative Entzündungsparameter.
12:45 Uhr
P09 - 06:
Subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) bei einem fünfjährigen Mädchen
A. Khazaleh (Ulm, DE)
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Autor:innen:
A. Khazaleh (Ulm, DE)
S. Cirak (Ulm, DE)
H. Ehrhardt (Ulm, DE)
J. Krämer (Ulm, DE)
F. Maier (Ulm, DE)
S. Baranowski (Ulm, DE)
Hintergrund
Die subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) ist eine sehr seltene Komplikation einer Masern-Infektion (4-11/100.000 Maserninfektionen). Unter Berücksichtigung der Zunahme an nicht immunisierten Kindern in Deutschland ist es wichtig, diese Spätkomplikation als Differentialdiagnose zu beachten.
Fallbeschreibung
Bereits in ihrer Heimat habe die 5-jährige Patientin in den letzten Monaten neurologische Auffälligkeiten gezeigt. Es sei drei Monate zuvor zu einem Treppensturz gekommen, anschließend litt die Patientin unter zerebralen Krampfanfällen (v.a. Myoklonien) und es fielen Entwicklungsrückschritte auf. So konnte die Patientin nicht mehr Sprechen, selbstständig Laufen oder Nahrung zu sich nehmen. In der Ukraine konnte trotz umfassender Diagnostik (u.a. MRT Schädel, EEG, virologische und mikrobiologische Untersuchungen) keine Ursache gefunden werden. Die Krampfanfälle sistierten trotz medikamentöser Therapie nicht. Nach Ankunft in Deutschland erfolgte die Vorstellung in unserer Notfallambulanz im Status epilepticus.
Unmittelbar nach Aufnahme der Patientin wurde eine MRT-Untersuchung des Schädels durchgeführt. Diese erbrachte den Nachweis von postentzündlich-narbigen Veränderungen in beiden Großhirnhemisphären, im Hirnstamm und zerebellär. Im Liquor zeigte sich keine Pleozytose oder ein Hinweis auf eine Schrankenstörung, mikrobiologisch auch in der PCR kein Erregernachweis, jedoch ein erhöhtes Gesamt-IgG (76,3 mg/l; Norm < 40mg/l). In der weiterführenden Liquor-Diagnostik kein Nachweis von Antikörpern gegen neuronale Oberflächenantigene oder onconeuraler Antikörper. In der virologischen Diagnostik gelang der Nachweis von deutlich erhöhtem Masern IgG im Liquor. Im EEG zeigten sich zwar keine klassischen Radermecker-Komplexe, jedoch generalisiert hochamplitudige Spike-Wave Komplexe im Sinne einer Enzephalopathie III° mit häufigen epilepsietypischen Potentialen.
Unter Berücksichtigung der Dyken-Kriterien (zwei erfüllte Major-Kriterien: erhöhte spezifische IgG-Antikörper im Liquor und typische Klinik; ein erfülltes Minor-Kriterium: überwiegender Anteil von spezifischem IgG im Liquor) konnte die Diagnose einer SSPE gestellt werden – a. e. in Stadium 2 bis 3 und somit in einem Stadium ohne kurativen Therapieansatz. Unter der raschen intravenösen Aufsättigung mit Valproat konnten die schweren Myoklonien kontrolliert werden. Zudem Supportivtherapie mit L-Dopa. So kam es zu weniger Krampfanfällen und die Vigilanz der Patientin besserte sich zunehmend.
Diskussion
Die Patientin entwickelte trotz Immunisierung nach ukrainischem Schema (1. Impfung mit 12 Monaten und 2. Impfung mit 6 Jahren) eine SSPE. Möglicherweise hat sich die Patientin bereits vor ihrer ersten Impfung unerkannt infiziert aufgrund der variablen Latenz bis zur klinischen Manifestation. Das Risiko für eine SSPE ist vor allem bei einer Infektion in den ersten 5 Lebensjahren deutlich erhöht (1:3300) und Valproat ist das Mittel der Wahl zur antikonvulsiven Therapie bei SSPE.
12:51 Uhr
P09 - 07:
Korrelation der Pädiatrischen Sedierungstiefen-Skala mit dem Narcotrend-Index während Analgosedierungen
H. Schneider (Freiburg, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
H. Schneider (Freiburg, DE)
Hintergrund:
Prozedurale Analgosedierungen für diagnostische und therapeutische Eingriffe bei Kindern werden häufig durchgeführt. Für viele dieser Eingriffe ist eine ausreichende Sedierungstiefe nötig, welche klinisch zum Teil nur schwer von einer Allgemeinanästhesie zu unterscheiden ist. Die Durchführung einer solchen tiefen Analgosedierung bei Kindern mit nicht gesichertem Atemweg erfordert ein hohes Maß an Vorbereitung, Schulung und Erfahrung (1, 2). Eine objektivierbare Messung der Sedierungstiefe würde helfen Überdosierungen von hypnotischen Medikamenten und damit unerwünschte Nebenwirkungen zu minimieren, sowie letztlich zu einer erhöhten Patientensicherheit beitragen. Die Unterscheidung von Sedierungsstadien ist im klinischen Alltag schwierig und nur selten sinnvoll und praktikabel. Prozessierte EEG-Monitore (z.B. Narcotrend) könnten dazu beitragen die Sedierungstiefe besser einzuschätzen (3). Die bisher verfügbaren Daten zeigen, dass durch einen Sedierungstiefe-Monitor die Erholungszeit nach Sedierung verkürzt werden kann, weniger Hypnotika verbraucht werden und weniger häufig Episoden mit einer Übersedierung auftreten (4). Da diese Daten bei älteren Kindern bzw. Jugendlichen von 12-17 Jahren, welche ausschließlich Endoskopien erhielten, erhoben wurden, scheint die Datenlage aus unserer Sicht bzgl. Alter und durchgeführter Prozedur, unvollständig zu sein.
Fragestellung:
Lässt sich eine Korrelation zwischen dem Narcotrend-Index und der Pädiatrischen Sedierungstiefen-Skala (Pediatric Sedation State Scale = PSSS) bei pädiatrischen Patienten nachweisen?
Methoden:
Verblindete Erfassung des Narcotrend-Index bei iv-Analgosedierungen mit Fentanyl und Propofol bei Kindern zwischen 6 Monaten und 18Jahren mit dem Narcotrend-Monitor. Hierfür vom Hersteller empfohlene 1-Kanal-Ableitung angewandt. Standardüberwachung mit gleichzeitiger Dokumentation des Pediatric Sedation State Scale (PSSS).
Ergebnisse:
Es wurden bisher bei 96 Datenpärchen bei 11 Patienten mit einem Alter zwischen 8 Monaten und 17 Jahren (Mittelwert 7,2 Jahre) erhoben. Wir führten eine Korrelationsanalyse nach Pearson durch. Hier ergab sich ein Pearson-Korrelationskoeffizient r von 0,57 (Signifikanz < 0,001). Damit scheint ein guter Zusammenhang zwischen dem Narcotrend-Index und dem PSSS zu bestehen.
Diskussion/Schlussfolgerung:
Bei bisher 11 untersuchten Patienten im Alter von 8 Monaten bis 17Jahren scheint eine gute lineare Korrelation zwischen dem gemessenen Narcotrend-Index und dem klinisch erhobenen Sedierungs-Score (PSSS) zu bestehen. Der Narcotrend-Index könnte somit ein objektivierbarer Parameter zur Erfassung der Sedierungstiefe bei Kindern sein. Dies unterstützt bisher erhobene Daten bei im Durchschnitt älteren Kindern, die eine Endoskopie erhielten und bei denen die Korrelation zu dem University of Michigan Sedation Scale (UMSS) untersucht wurde.
12:57 Uhr
P09 - 08:
Stand der Umsetzung der Leitlinie zum Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin - Eine Befragung pädiatrischer Intensivstationen im deutschsprachigen Raum
J. Engel (Tübingen, DE)
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Autor:innen:
J. Engel (Tübingen, DE)
T. Asut (Tübingen, DE)
A. Simma (Tübingen, DE)
R. Muth (Tübingen, DE)
J. Schmidt (Tübingen, DE)
J. Michel (Tübingen, DE)
M. Hofbeck (Tübingen, DE)
F. Hoffmann (München, DE)
E. Heimberg (Tübingen, DE)
F. Neunhoeffer (Tübingen, DE)
Hintergrund: Im Jahr 2015 wurde eine Leitlinie zu Analgesie, Sedierung und Delirmanagement in der Intensivmedizin veröffentlicht, die 2020 aktualisiert wurde (Veröffentlichung 2021). Es existieren bislang keine Daten, inwieweit diese Leitlinien in den pädiatrischen Intensivstationen (PICU) des deutschsprachigen Raums bekannt sind und umgesetzt werden.
Methoden: Wir führten im Jahr 2020 eine anonyme Online-Befragung deutschsprachiger pädiatrischer Intensivstationen zum aktuellen Stand der Leitlinienimplementierung (Version von 2015) und den damit verbundenen Herausforderungen durch. Die Aufforderung zur Teilnahme an der Umfrage wurde an die Leiter der pädiatrischen Intensivstationen von 98 Krankenhäusern verschickt.
Ergebnisse: Die Rücklaufquote betrug 53% (52/98). 10% der PICUs hatten die Leitlinie vollständig umgesetzt. In 35 (67%) der PICUs wurden Schmerzen routinemäßig erfasst. Sedierungsskalen für intubierte Patienten wurden in 30 (58%) PICUs verwendet. Die Erhebung von Entzug erfolgte routinemäßig in 32 (67%) und von Delir in 14 (27%) PICUs.
Schriftliche, patienten-orientierte Protokolle für das Schmerzmanagement gab es auf 17 (33%), für Sedierung (mit Reduktion bzw. Verzicht auf Benzodiazepine) auf 12 (23%), für Entzugsmanagement auf 16 (31%) und für das Delirmanagement auf 9 (17%) der teilnehmenden PICUs.
Als häufigste Gründe für die nicht vollständige Umsetzung der Leitlinie wurden ein Mangel an Zeit und Personal (50%), das Fehlen einer Person, die zuständig ist für die Erarbeitung und Umsetzung einer internen Leitlinie (24%), ein Mangel an Wissen um die Notwendigkeit der Umsetzung (19%) und fehlende Schulungen im Team (19%) angegeben.
Schlussfolgerungen: Diese Umfrage zeigt, dass die empfohlenen Maßnahmen auch 5 Jahre nach Veröffentlichung der Leitlinie noch nicht ausreichend umgesetzt wurden. Die Gründe dafür liegen im Ärzte- und Pflegeteam. Sie beinhalten insbesondere einen Mangel an Zeit und Personal für die Entwicklung interner, an die individuellen Gegebenheiten angepasster, Leitlinien und konsequente Schulungen des Teams sowie die Vermittlung der Notwendigkeit der Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen.
13:03 Uhr
P09 - 09:
Pflegegeleitete, protokollbasierte Beatmungs- und Sedierungsentwöhnung bei Säuglingen und Kleinkindern auf pädiatrischen Intensivstationen
L. Bauernfeind (Salzburg, AT)
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Autor:in:
L. Bauernfeind (Salzburg, AT)
Hintergrund
Die mechanische Beatmung ist eine komplexe klinische Intervention, welche auf Intensivstationen zur Behandlung einer Vielzahl von Ursachen für akutes Atemversagen durchgeführt wird. Die Dauer sollte jedoch begrenzt werden, um beatmungsbedingte Komplikationen und eine Notwendigkeit von Sedativa zu vermeiden. Sobald die Genesung der Krankheit einsetzt, sollte die Entwöhnung der Beatmung so schnell wie möglich in Betracht gezogen werden, da diese einen wichtigen Schritt in der Genesung und Entwicklung des Kindes, bis hin zur Entlassung, darstellt.
Fragestellung
Wird durch die Implementierung von pflegegeleiteter, protokollbasierter Beatmungs- und Sedierungsentwöhnung bei Säuglingen und Kleinkindern auf PICU´s die Beatmungsdauer, der Intensivaufenthalt und die Krankenhausaufenthaltsdauer verkürzt und die Verabreichung sedierender Medikamente und Entzugssymptome verringert?
Methode
Literaturreview
Ergebnisse
In drei Studien konnte durch Implementierung von pflegegeleiteteten Weaningprotokollen die Dauer der mechanischen Beatmung signifikant verkürzt werden. In der Studie von Duyndam et al. (2019) war die Durchführung der Beatmungsentwöhnung durch Pflegepersonen genau so sicher und erfolgreich wie durch Ärzt*innen. Die nächtliche Extubationsrate hat sich im Testzeitraum der Studie fast verdoppelt. In der Studie von Al-Faouri et al. (2013) kam es nach der Implementierung eines pflegerisch gesteuerten Entwöhnungsprotokolls zu einer geringeren Reintubationsrate und zu weniger fehlgeschlagenen Extubationen.
Fünf Studien zeigen nach Implementierung eines pflegerisch geleiteten Sedierungsprotokolls eine signifikante Reduktion der Verabreichung von sedierenden Medikamenten. In der Studie von Neunhoeffer et al. (2016) wurden weniger Entzugssymptome verzeichnet. Zusätzlich führte das Scoring zu einem höheren Bewusstsein für Entzugssymptome, einer frühzeitigen Verabreichung von nicht-Opioid-Analgetika und zu einem Ausschleichen von Sedativa in der Entwöhnungsphase. Die Studienergebnisse von Yaghmai et al. (2018) konnten zusätzlich bei Patient*innen, welche nach einem Protokoll behandelt wurden, eine kürzere Dauer der maschinellen Beatmung und einen kürzeren Intensivaufenthalt feststellen. Auch bei der Studie von Hanser et al. (2020) konnte nach der Implementierung des pflegerisch gesteuerten Sedierungsprotokolls die Reduktion der Dauer des PICU-Aufenthalts erreicht werden.
Schlussfolgerung
In der Literatur wird ersichtlich, dass die Einführung zielgerichteter Ansätze zur Unterstützung der Entscheidungsfindung des Pflegepersonals in Bezug auf die Entwöhnung der mechanischen Beatmung inkl. Sedierung die Zeit der invasiven Beatmung und des Intensivaufenthalts verkürzt, weniger sedierende Medikamente verabreicht und Entzugssymptome reduziert und besser wahr genommen werden. Daher sind Pflegepersonen in einer idealen Position, um die Entwöhnung der maschinellen Beatmung zu steuern und eine gesamtheitliche Beurteilung der Patient*innen zu gewährleisten
13:09 Uhr
P09 - 10:
Kennzahlenerhebung der Wiederaufnahme innerhalb von 48 Stunden zur verbesserten Patientenversorgung
M. Bergers (Hamburg, DE)
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Autor:innen:
M. Bergers (Hamburg, DE)
M. Blohm (Hamburg, DE)
A. Aurin (Hamburg, DE)
S. Klietz (Hamburg, DE)
Ziel des UKE ist es Exzellenz in der Patientenversorgung sichtbar zu machen. Mit Hilfe der Leuchtturmmission möchte das UKE eine Verbesserung der Arbeitsumgebung, der Arbeitsbedingungen, der Mitarbeiterzufriedenheit und die des Patientenoutcomes erreichen. Die Erfolgsmessung wird durch das Abbilden von spezifischen Kennzahlen als Beleg einer verbesserten Patienten:innenversorgung dargestellt. Retrospektiv werden daher alle Patient:innen aus dem vergangenen Jahr ermittelt, die innerhalb von 48 Stunden erneut auf der pädiatrischen Intensivstation stationär aufgenommen werden mussten. In Zusammenarbeit mit dem ärztlichen Dienst werden Ursachen der Rückverlegung analysiert. Schlussfolgerungen und Konsequenzen werden gemeinsam erarbeitet, zeitnah umgesetzt und kommuniziert.