Autor:innen:
H. Küster (Göttingen, DE)
T. Artelt (Göttingen, DE)
M. Kaase (Göttingen, DE)
H. Eiffert (Göttingen, DE)
S. Scheithauer (Göttingen, DE)
Hintergrund
Frühgeborene mit sehr niedrigem Geburtsgewicht (VLBW) haben 15mal häufiger eine Sepsis als Reifgeborene, von diesen erleiden 20% mehr als eine Sepsis. Da die klinischen Symptome einer neonatalen Sepsis anfangs unspezifisch sind, die Morbidität und Mortalität aber erheblich ist, wird bei jedem Verdacht auf Sepsis antibiotisch behandelt. Zur Optimierung des Antibiotikaregimes wäre eine Vorhersage des in der Blutkultur zu erwartenden Keims von Vorteil. Daher erfolgt in deutschen Neonatologien bei VLBW-Frühgeborenen ein von der KRINKO empfohlenes wöchentliches Besiedlungsscreening auf bakterielle Krankheitserreger.
Fragestellung
Kann bei Frühgeborenen < 1500 g ein routinemäßiges Besiedlungsscreening Erreger einer zukünftigen Sepsis vorhersagen?
Material und Methoden
Eingeschlossen in INSIST (Impact of Neonatal-Screenings on Infection / Sinking of Transmission) wurden alle an der Universitätsmedizin Göttingen 2011 bis 2019 Geborenen, die innerhalb der ersten 6 Monate aufgenommen wurden, sowie alle extern Geborenen mit Aufnahme innerhalb des ersten Lebensmonats. Von diesen wurden für diese Subanalyse diejenigen mit einem Geburtsgewicht < 1500 g und Aufnahme am ersten Lebenstag ausgewählt.
Das Besiedlungsscreening erfolgte gemäß den KRINKO-Empfehlungen. Der Nachweis von Krankheitserregern erfolgte mit klassischen Kulturmethoden wie Resistenztestung, Resistenzgennachweis und für Q4/2017-Q2/2020 zusätzlich mittels Gesamtgenomsequenzierung. Zur Vorhersage von Blutbahninfektionen wurde die Anzahl der Patienten ermittelt, die in ihrer Blutkultur auf Speziesebene den gleichen Erreger aufwiesen wie beim mindestens zwei Tage zuvor durchgeführten nasopharyngealen oder analen Screening.
Ergebnisse
Von 4.295 in INSIST eingeschlossenen Patienten hatten 584 (13 %) ein Geburtsgewicht < 1500 g. In dieser Subgruppe der VLBW-Frühgeborenen gab es im Median 32 ± 30 Abstriche pro Kind über 9 ± 5 Wochen. 201 (37 %) dieser VLBW-Frühgeborenen hatten eine Blutkultur im Rahmen eines klinischen Sepsisverdachts, die in 22 (11 %) positiv war. Der positive Vorhersagewert für den Nachweis eines Erregers in der Blutkultur, der zuvor bereits im Screening nachgewiesen worden war, betrug 7,1 % für Serratia marcescens (1 Ausbruch), 3.3 % für Staphylococcus aureus, 0,8 % für Klebsiella pneumoniae, 0,6 % für Klebsiella oxytoca und Enterobacter cloacae-Komplex sowie 0,5 % für Escherichia coli, bei allen anderen Keime 0 % (Graphik 1). Der negative Vorhersagewert war hoch (> 0,996, Bereich 0,996 – 1,0, Graphik 2), da die Blutkultur in den meisten Fällen eines klinischen Sepsisverdachts negativ blieb.
Schlussfolgerung
Der positive Vorhersagewert eines routinemäßigen Besiedlungsscreenings zum Nachweis des Erregers einer zukünftigen Sepsis ist auch bei VLBW-Frühgeborenen zu gering, um klinisch relevant zu sein. Ein solches Screening sollte durch effizientere präventive Maßnahmen ersetzt werden, um den Einsatz wertvoller Ressourcen zu optimieren.
Unterstützt durch BMBF 01VSF16051