Autor:innen:
M. Sappler (Innsbruck, Österreich, AT)
N. Volleritsch (Innsbruck, Österreich, AT)
M. Hammerl (Innsbruck, Österreich, AT)
Y. Pellkofer (Innsbruck, Österreich, AT)
E. Griesmaier (Innsbruck, Österreich, AT)
E. Gizewski (Innsbruck, Österreich, AT)
S. Kaser (Innsbruck, Österreich, AT)
U. Kiechl-Kohlendorfer (Innsbruck, Österreich, AT)
V. Neubauer (Innsbruck, Österreich, AT)
Hintergrund: Aktuelle Daten deuten darauf hin, dass sich ein mütterlicher Diabetes negativ auf die neurologische Entwicklung des Kindes auswirkt.
Fragestellung: Beeinflusst Gestationsdiabetes die mikrostrukturelle Hirnentwicklung und das entwicklungsneurologische Outcome von Frühgeborenen kleiner 32 Schwangerschaftswochen (SSW)?
Material und Methoden: Es erfolgte eine retrospektive Studie an Frühgeborenen kleiner 32 SSW, die zwischen 2011-2018 in Tirol geboren wurden und deren Mütter die Diagnose eines Gestationsdiabetes erhielten. Als Kontrollgruppe wurden im Verhältnis 1:2 Frühgeborene abgestimmt auf Geschlecht, Gestationsalter und MRT Scannertyp als Kontrollen eingeschlossen. Alle Kinder erhielten ein zerebrales 3.0 Tesla MRT am errechneten Geburtstermin einschließlich einer Diffusions-Tensor-Sequenz. Wir verglichen Hirnschädigungen, sowie die fraktionelle Anisotropie (FA) und den Diffussionskoeffizient (ADC) in 14 definierten Hirnregionen. Das psychomotorische und das mentale Outcome wurde im korrigierten Alter von 24 Monaten mittels Bayley Scales of Infant Development quantifiziert.
Ergebnisse: Eingeschlossen wurden 47 Kinder von Müttern mit Gestationsdiabetes und 94 Kinder als Kontrollen. Bezüglich neonataler Morbidität, sowie der Art und Häufigkeit von Hirnschädigung ergaben sich keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Frühgeborene von Müttern mit Gestationsdiabetes zeigten signifikant höhere FA-Werte im Centrum semiovale, im posterioren Schenkel der Capsula interna und der Pons beidseits, sowie im Corpus callosum und in der okzipitalen weißen Substanz rechts. Das entwicklungsneurologische Outcome unterschied sich nicht zwischen den Gruppen.
Schlussfolgerung: Frühgeborene von Müttern mit Gestationsdiabetes wiesen am errechneten Geburtstermin im Vergleich zur Kontrollgruppe Unterschiede in der Mikrostruktur der weißen Substanz auf, die auf eine beschleunigte Hirnreifung hindeuten können. Ob es sich um eine vorübergehende mikrostrukturelle Akzeleration der Hirnreifung handelt bzw. inwiefern diese Veränderungen mit dem Langzeit-Outcome assoziiert sind, bleibt zunächst offen. Es zeigte sich kein Effekt auf das entwicklungsneurologische Outcome der Frühgeborenen im Kleinkindalter. Der nächste Schritt ist eine detaillierte Analyse der kognitiven Fähigkeiten im Alter von 5 Jahren, bei der potentielle subtilere Auswirkungen erfasst werden können.