Autor:innen:
S. Ehlers (Frankfurt, DE)
T. Rosenberger (Frankfurt, DE)
A. Krüger (Frankfurt, DE)
H. Fiedler (Frankfurt, DE)
S. Becker (Frankfurt, DE)
Hintergrund:
Die Integration eines multiprofessionellen Kinderpalliativteams in den pränatalen Beratungsprozess als pränatale Palliativmedizin birgt neue Chancen für die Pränataldiagnostik. Betroffene Paare, die einen schwerwiegenden Befund ihres ungeborenen Kindes erhalten, können durch eine ergebnisoffene fachliche Beratung in ihrer Entscheidungsfindung gestützt werden. Bei vermutlich infauster Prognose kann das Angebot einer ambulanten aufsuchenden Versorgung des schwerkranken, bald sterbenden Neugeborenen zuhause Eltern zum Fortsetzen der Schwangerschaft ermutigen. Unabhängig von einer Klinik kann ein umfassendes Netzwerk erstellt werden, das die Eltern in dieser schwierigen Zeit stützt. Seit 2020 arbeiten wir in einer festen Struktur mit Neonatologin, Hebamme und Seelsorge als Team der pränatalen Palliativmedizin und erfassen die betreuten Familien systematisch.
Methode:
Retrospektive Analyse der Fälle 2020- 2022, die durch das Team der pränatalen Palliativmedizin des KPT Südhessen begleitet wurden.
Ergebnisse:
Von 2020 bis 2022 betreuten wir 23 Familien. Die häufigste lebensbegrenzende Diagnose war die Trisomie 18 mit 9 Fällen, gefolgt vom HLHS, 5 Fälle. 4 komplexe Fehlbildungssyndrome, 3 andere numerische chromosomale Aberrationen sowie jeweils eine Trisomie 13 und eine Anencephalie sind die weiteren Diagnosen, mit denen sich werdende Eltern pränatal an uns wendeten. Das Outcome von 20 Fällen ist uns bekannt. Für einen Abbruch der Schwangerschaft entschieden sich 3 Paare, 3-mal kam es zu einem intrauterinen Fruchttod. In der Geburtsklinik verstarben nach der Geburt 7 Patienten, in zwei Fällen bestätigte sich die palliative Diagnose nicht. Bei 5 Familien erfolgte zeitnah nach der Geburt eine Überleitung nach Hause mit Versorgung durch das KinderPalliativTeam. Pro betreuter Familie wendeten wir im Schnitt 3,17 Stunden (20 min. – 9,15 Std.) im direktem Kontakt auf und zusätzlich 1,6 Stunden (1/4 Std. - 3,3 Std.) für Koordination und Organisation. Die Kontaktaufnahme erfolgte 11-mal direkt durch die Pränataldiagnostik, 6-mal durch psychosoziale Schwangerenberatungsstellen, und je 3-mal durch das lokal angrenzende KinderPalliativTeam und durch eigene Recherchen der Schwangeren.
Diskussion:
Eine frühzeitige Einbindung und das Aufzeigen des palliativen Weges durch eine qualifizierte palliativmedizinische Beratung sind wichtig, um über alle Optionen aufzuklären. Unsere Daten zeigen das typische Spektrum an pränatalen Diagnosen, für die der palliative Weg als Alternative zum Abbruch der Schwangerschaft in Frage kommen kann. Ein von der Pränataldiagnostik unabhängiges Angebot hilft den Familien, sich umfassend, an ihren eigenen Werten orientiert, zu informieren. Unser Aufwand belegt ein hohes zusätzliches Gesprächsbedürfnis. Unsere Erfahrungen sprechen dafür, flächendeckend ergänzend zur Pränataldiagnostik eine unabhängige pränatal palliativmedizinische Beratung mit neonatologisch- palliativmedizinischer- und Hebammen- Expertise zu etablieren