Autor:innen:
R. Will (Heidelberg, DE)
C. Gille (Heidelberg, DE)
Hintergrund
Die fokale intestinale Perforation (FIP) stellt eine von der nekrotisierenden Enterokolitis zu unterscheidende Komplikation der Frühgeburtlichkeit dar. Die Pathophysiologie ist weitestgehend unklar, es existieren wenige beschriebene Risikofaktoren. Hierzu zählen neben einem niedrigen Gestationsalter (GA) und Geburtsgewicht (GG) die Therapie mit Indometacin, Steroiden oder Vasopressoren, Hirnblutungen, das Atemnotsyndrom (ANS), eine fehlende enterale Ernährung sowie die arterielle Hypotonie.
Fragestellung
Ziel dieser Arbeit war es, den Zusammenhang zwischen arterieller Hypotonie und dem Auftreten der FIP im vorliegenden Kollektiv zu untersuchen.
Material und Methoden
Eingeschlossen wurden monozentrisch und retrospektiv alle von 2010 bis 2021 im Universitätsklinikum Heidelberg geborenen Frühgeborenen mit einem GG unter 1000 g oder einem GA unter 28 Schwangerschaftswochen. Die statistische Analyse erfolgte univariat je nach Skalenniveau mit Chi2- und t-Tests sowie multivariat mittels binärer logistischer Regression (Signifikanzniveau 0,05). Die Variablenselektion erfolgte nach klinischen Gesichtspunkten. Eine arterielle Hypotension wurde definiert als Katecholamin-Bedarf nach Indikation der lokalen Leitlinien (MAD < 30 mmHg).
Ergebnisse
Im Gesamtkollektiv (n = 610) lag das mittlere GA bei 26 + 3 SSW, das mittlere GG bei 770 g ± 220 g. 30,5 % der Kinder waren hypotroph (GG < 3. Perzentile), 48,4 % weiblich. 27 Kinder (4,4 %) entwickelten eine FIP. In univariaten Analysen zwischen FIP-Fällen und Kontrollen zeigten sich nur für die arterielle Hypotonie (p < 0,001), das Gestationsalter (p < 0,001) und die Indometacintherapie (p = 0,029) signifikante Unterschiede. Die Variablen ANS, Steroidgabe, Hypotrophie und Antibiotika unterschieden sich nicht. In der binären logistischen Regression mit Einschluss der Variablen GA, Hypotrophie und arterielle Hypotonie zeigte sich für alle Einflussvariablen ein signifikanter Zusammenhang mit dem Auftreten einer FIP (GA: OR = 0,959 [0,928 – 0,992], p = 0,014; Hypotrophie: OR = 2,228 [1,003 – 4,947], p = 0,049; Hypotonie: OR = 3,256 [1,042 – 10,176], p = 0,042).
Diskussion und Schlussfolgerung
Im untersuchten Kollektiv konnte multivariat ein Zusammenhang zwischen einer neonatalen Hypotonie und dem Auftreten einer FIP gezeigt werden. Die Hypotonie geht mit einer dreifachen Erhöhung des FIP-Risikos einher, auch nach Adjustierung für die relevanten Confounder GA und Hypotrophie, die ebenfalls signifikant mit der FIP assoziiert sind. Pathophysiologisch ist eine Minderperfusion des Darms mit Erhöhung des Perforationsrisikos denkbar. Die Analyse von Risikofaktoren der FIP sowie möglicher prophylaktischer Maßnahmen sollte Ziel weiterer Studien sein.