Autor:innen:
E. Klinghammer (Marburg, DE)
E. Daur (Marburg, DE)
R. Dettmeyer (Gießen, DE)
T. Wolter (Gießen, DE)
H. Bartos (Marburg, DE)
H. Hummler (Marburg, DE)
A. Leonhardt (Marburg, DE)
S. Weber (Marburg, DE)
N. Mand (Marburg, DE)
Hintergrund: Fremdkörperaspirationen sind lebensbedrohende Ereignisse, die ein schnelles Handeln der beobachtenden Personen erfordern. Das Heimlich-Manöver, erstmalig 1975 beschrieben [1] ist auch im Kindesalter ein gut etabliertes Notfallmanöver und wird bei über 1jährigen mit Fremdkörperaspiration empfohlen [2]. Komplikationen wie abdominelle und thorakale Verletzungen sind selten und wurden v.a. bei geriatrischen Patienten beobachtet. Einzelne Fallberichte bei pädiatrischen Patienten berichten von Rippenfrakturen, Pneumomediastinum oder Pankreaspseudozysten [3].
Fallbericht: Im häuslichen Umfeld kam es zur Fremdkörperaspiration bei einem knapp 2 Jahre alten Kind bei Keksgenuss. Nach Rückenschlägen durch Ersthelfer erfolgte die Anwendung des Heimlich-Manövers sowie die Alarmierung des Rettungsdienstes. Bei Eintreffen Lippenzyanose, Hypopnoe, SpO2 88%, HF 77/min sowie Vigilanzminderung des Kindes. Initiierung einer kurzen assistierten Maskenbeutelbeatmung (MBB) und Nachalarmierung des Kindernotarztes. Bei dessen Eintreffen ansprechbare Patientin, freier Rachenraum, flache Tachypnoe von 60/min, HF 178/min, RR 78/50mmHg, RKZ >2Sek., Temp. 36,6°C. Unter O2-Gabe SpO2 99%. In der Blutgasanalyse pH 7,29, pCO2 37,5mmHg, Laktat 8,5mmol/l, Hb: 9,9g/dl. Gabe von 10ml/kgKG Kristalloiden als Bolus, Transport auf die nächstgelegene PICU. Unter Transport zunehmend tachykard (HF max. 191/min) und hypotherm (Temp. min. 34,6°C), beginnende Bradypnoe, daher MBB; bei Eintreffen auf der PICU Bradykardie und Pulslosigkeit. Sofortiger Beginn einer adäquaten kardiopulmonalen Reanimation (CPR), Intubation und erneute Kristalloidgabe mit Rückkehr eines Spontankreislaufes (ROSC) nach 15min. Im weiteren Verlauf erneute kurze Episode einer pulslosen elektrischen Aktivität mit ROSC nach wenigen Minuten CPR. Parallel bei Anämie und Verbrauchskoagulopathie Gabe von EKs, FFPs, Tranexamsäure. Zunehmende abdominelle Umfangsvermehrung mit sonographisch nachweisbarer freier Flüssigkeit. In der CT-Traumaspirale bestätigte sich eine intraabdominelle Massenblutung. Bei Umlagerung Asystolie. Nach 35min frustraner CPR wurde die Therapie abgebrochen. Autoptisch fand sich in der freien Bauchhöhle 480ml teils flüssiges, teils geronnenes Blut. An der Rückseite des rechten Leberlappens ein 7x6,5x3,5cm messender gut demarkierter Tumor mit deutlich vaskularisierter Tumorkapsel und mit 5,5cm langem, klaffenden Einriss (Histologie noch ausstehend).
Diskussion: Unsere Patientin verstarb im hämorrhagisch-hypovolämen Schock bei intraabdomineller Hämorrhagie als seltene Komplikation des Heimlich-Manövers. Das Heimlich-Manöver ist ein sicheres und etabliertes Notfallverfahren. Nach Anwendung ist eine pädiatrisch-intensivmedizinische Evaluation und Überwachung zwingend erforderlich. Klinische Zeichen des hämorrhagischen Schocks im Kindesalter wie Tachykardie, Bewusstseinsstörung und Hypothermie müssen durch sofortige Volumentherapie behandelt werden, eine frühzeitige Bildgebung ist erforderlich.