Zielsetzung
Rassistische Diskriminierung kann sich über verschiedene Ebenen negativ auf die Gesundheit auswirken. Es gibt in der internationalen Literatur Hinweise darauf, dass Rassismus in der Geburtshilfe zu verschlechterten maternalen und neonatalen Outcomes bezüglich diverser Parameter führt. In Deutschland gibt keine systematischen Untersuchungen, die sich mit rassistischer Diskriminierung und rassistischen Einstellungen beim medizinischen Personal befassen. Das Ziel der Forschungsarbeit war es, erste Einblicke in die Thematik zu ermöglichen und die relevanten Diskurse im Hebammenhandeln zu eruieren. Hierzu sollte die leitende Forschungsfrage: „Welches rassistische Wissen und welche rassistischen Strukturen bestehen im Kontext der geburtshilflichen Versorgung und inwiefern wirken sich diese auf die handelnden Personen und die Betreuung der Gebärenden aus?“ beantwortet werden.
Methode
Um die verdeckten Verästelungen rassistischer Wirkweisen zu erforschen, wurde sich für die Methode der Expert*inneninterviews entschieden. Mittels purposive Sampling (kriterienorientiert) wurden Interviewpartner*innen mit folgenden Einschlusskriterien rekrutiert: seit mindestens einem Jahr examinierte Hebamme und innerhalb der letzten zwei Jahre berufliche als Hebamme im Kreißsaal.
Es ergab sich eine Stichprobe von fünf Hebammen (aus ganz Deutschland, 3-15 Jahre Berufserfahrung, tätig in unterschiedlichen Anstellungen). Die Interviews wurden aufgezeichnet, anonymisiert und transkribiert. Eine ausführliche Datenschutzaufklärung und Einverständnis erfolgte und ein positives Ethikvotum der Ethikkommission der Universität Bielefeld wurde zuvor eingeholt. Die Interviews wurden anschließend mittels der strukturierenden Inhaltsanalyse nach Gläser und Laudel ausgewertet.
Ergebnisse
Das rassistische Wissen, das in der geburtshilflichen Versorgung besteht, zeigt sich so vor allem in Rassismus gegen Schwarze Menschen, antimuslimischem Rassismus, Antiromanismus und antiasiatischem Rassismus. Rassismus konnte auf interaktionaler, institutioneller und struktureller Ebene von den Expert*innen beobachtet werden. In verschiedenen Kliniken, in unterschiedlichen Regionen Deutschlands und von Expert*innen mit unterschiedlicher praktischer Erfahrung wurden die gleichen Zuschreibungen und Gruppierungsmechanismen beschrieben, sodass davon auszugehen ist, dass das rassistische Wissen als implizites Wissen auch im Rahmen des professionellen Wirkens produziert und reproduziert wird.
Diese Diskurse und Strukturen scheinen sich auch negativ auf die quantitative und qualitative Betreuung auszuwirken. Dies zeigt sich zum Beispiel durch das Angebot an schmerzlindernden Maßnahmen, das die Betroffenen erhalten, die Zeit, die die Hebammen im Kreißsaal mit den Betreuten verbringen und die Empathie, die die Hebammen den Betreuten entgegenbringen.
Zusammenfassung
Es scheinen zahlreiche rassistische Diskurse im Rahmen der geburtshilflichen Versorgung präsent und wirksam zu sein. Diese wirkten sich auf die Betreuung aus, so dass die betroffenen Frauen schlechter versorgt werden. Weitere Forschung, auch des Erlebens der Betroffenen, ist unabdingbar und dringend nötig.
Problemstellung: Hebammen bieten mit der Wochenbettbetreuung eine sehr gut etablierte und niedrigschwellige Leistung effizient und effektiv an. Momentan ist jedoch die Arbeitsbelastung für Hebammen, die in der Wochenbettbetreuung tätig sind, im Verhältnis zum erzielbaren Einkommen hoch, so dass Hebammen diesen Bereich ihrer Tätigkeit immer mehr einschränken, was zu einem Versorgungsmangel führt.
Stand der Forschung: Bei der (Weiter-)Entwicklung der professionellen Wochenbettbetreuung kam es zu einer Ausweitung des originären Leistungsspektrums von Hebammenarbeit um die Schwerpunkte der psychosozialen und beratenden Tätigkeiten.
Forschungslücke: Es fehlen jedoch empirische Daten über die Dauer und Anteile der Schwerpunkte an einem Wochenbettbesuch und der professionelle Bindungsaufbau fand bisher keinen Eingang in die Tätigkeitsschwerpunkte. Forschungsfrage: Um herauszufinden, wie lang tatsächlich ein durchschnittlicher Wochenbettbesuch dauert und wieviel Anteil auf originäre Hebammenarbeit und wieviel auf die psychosozialen und beratenden Anteile und den professionellen Bindungsaufbau entfällt, wurde in einem quantitativen Ansatz eine Hebammenbefragung durchgeführt. Mit dem Ziel va-lide Daten über die Dauer und Anteile der Handlungsschwerpunkte an einem Wochenbettbesuch zu erheben.
Zentrales Ergebnis: Mit der Erkenntnis, dass ein Wochenbett im Mittel 47 Minuten dauert und rd. 50% der Tätigkeiten zu den in der Leistungsbeschreibung aufgeführten originären Hebammentätigkeiten gehören, lässt das den Schluss zu, dass Hebammen die Hälfte ihrer Arbeit(szeit) in der Wochenbettbetreuung unentgeltlich leisten. Auch der professionelle Bindungsaufbau, der einen Anteil von rd. 8% an einem Wochenbettbesuch inne hat, findet sich weder in der Leis-tungsbeschreibung noch in der Vergütung wieder. Durch die pauschale Vergütung eines Wochenbettbesuchs ohne Berücksichtigung des zeitlichen Faktors kam es durch die Ausweitung des Leistungsspektrums und damit auch die Ausweitung der Besuchsdauer zu einem Missverhältnis, das die Wochenbettbetreuung für Hebammen unrentabel werden ließ.
Introduction
The aim of this pilot study is to translate, trial, and evaluate the Labour Hopscotch Framework (LHF) in one maternity unit in Germany. The project will be supported by the Irish colleagues who developed the LHF.
The LHF was developed by Irish midwives to support mobility and non-pharmacological methods of pain relief during labour, thus supporting physiological birth. It was developed in response to growing concerns about rising rates of medical intervention during childbirth in Ireland. This concern is echoed by German midwives also observing increased intervention rates in hospitals in Germany as well as increased rates of anxiety and post-traumatic stress syndrome in women.
Labour Hopscotch was designed for women and their support partner. It recommends breaking labour into 20-minute steps, using a visual tool that helps the woman and her partner focus on remaining active during labour. It is a useful resource that offers choice and reinforces the woman’s ability to manage her labour with the support of her birthing partner and midwife.
Based on the first research findings, the LHF has been already embedded in the undergraduate and postgraduate midwifery curriculum and the national antenatal education curriculum and has been transferred into clinical practice in maternity units throughout Ireland.
The LHF could offer a vital evidenced-based resource to midwives in Germany empowering them to promote and advocate physiological birth and improve women’s birth experiences.
Methodology
The pilot study will consist of three steps: 1. translating the LHF into German, 2. educational training and workshops provided by the LHF lead trainer Sinead Thompson to a group of lecturers, clinical midwife educators, and midwives working in the pilot hospital, 3. implementing and evaluating the LHF in one of the teaching maternity units for the undergraduate midwifery program of the Universität of Luebeck.
Results
For women, implementing the LHF in Germany can promote being active and mobile during labor to support physiological birth. For midwifery students and newly qualified midwives’ it can increase confidence to advocate for and provide women with tangible, supportive assistance during labor and increased partners’ involvement in the labor process. For the midwifery profession, the study will contribute to the increase national evidence of midwifery-led initiatives.
Summary
This collaboration is an opportunity to explore how the LHF can be transferred to and applied in German hospital setting, and strengthen midwifery knowledge and evidence base how midwives can support physiological birth to achieve the WHO (2018) and national guideline recommendation (DGGG & DGHWI, 2020) for a positive birth.
The LHF could offer a relevant and effective resource for midwives in Germany to focus on going ‘back to basics’ and rethinking strategies that have traditionally been used by midwives ‘being with women’ in the past, thus supporting p
1. Hintergrund
Der fach- und mediendidaktische Diskurs in der jungen Disziplin der Hebammenwissenschaft ist trotz Akademisierung und zunehmender Professionalisierung des Hebammenberufs nur rudimentär angelegt (Grieshop, 2021). So stehen trotz pandemiebedingter Dynamisierung der Digitalisierung im Lehren und Lernen im Studium von Hebammen nur wenige Kenntnisse über Anforderungen an hebammenwissenschaftliche Lehr-Lernvideos zur Verfügung, die einer frau*zentrierten, gesundheitsfördernden und interventionsarmen Geburtshilfe entsprechen. Vor diesem Hintergrund wurde an der Evangelischen Hochschule Berlin (EHB) im Rahmen des Drittmittelprojekts PoDiZ - Potentiale der Digitalisierung nutzen. Zukunftsfähige EHB., gefördert von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre, eine empirische Untersuchung zur Erstellung von Lehr-Lernvideos im Studium von Hebammen durchgeführt. Dabei sollte der Frage nachgegangen werden, welche Qualitätskriterien für Lehr-Lernvideos im Studium von Hebammen relevant sind.
2. Methodik
Im Rahmen einer qualitativen Erhebung wurden mittels Expert:innendiskussion nach Bohnsack und Przyborski (2007) Qualitätskriterien für die Erstellung von Lehr-Lernvideos im Studium von Hebammen identifiziert. Durch die Teilnahme von Vertreterinnen aus Hebammenwissenschaft und Praxis (n=4) konnte verschiedene fachliche Perspektiven abgebildet werden. Dabei wurde dem Prinzip der "Forschung als Kommunikation und Kooperation zwischen Forschenden und Beforschten" (Döring & Bortz, 2016) gefolgt. Die Datenauswertung erfolgte anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring(2022). Die Auswertungskategorien wurden deduktiv erstellt.
3. Ergebnisse
Mit der vorliegenden Untersuchung wurden erstmalig vierzehn Qualitätskriterien für Lehr-Lernvideos im Studium von Hebammen generiert. Diese konnten den zwei Kategorien didaktischer Rahmen für die Erstellung von Lehr-/Lernvideos im Studium von Hebammen (K1) und Reduktion des Intrinsic und Extraneous Load (K2) zugeordnet werden. Kategorie K1 umfasst neun Qualitätskriterien, die den pädagogisch-didaktischen Rahmen zur Erstellung von Lehr-/Lernvideos im Studium von Hebammen betreffen. In Kategorie K2 wurden fünf Faktoren subsumiert, die dazu beitragen, dass die Arbeitslast, die sowohl aus dem Inhalt (Intrinsic Cognitive Load) als auch aus der Gestaltung des Lehr-Lernvideos resultiert (Extraneous Cognitive Load) möglichst geringgehalten wird.
4. Fazit und Ausblick
Mit der vorliegenden Untersuchung wurden erste Erkenntnisse über Qualitätsanforderungen an Lehr-Lernvideos im Studium von Hebammen gewonnen. Damit wird die fach- und mediendidaktische Diskussion in der Hebammenwissenschaft unter dem Fokus der Digitalisierung angereichert. Basierend auf den Kompetenzen von Hebammen gemäß HebStPrV (2020) ist anzunehmen, dass die Nutzung digitaler Lernmedien über die Primärqualifikation hinaus auch für die gesundheitsedukative Arbeit der zukünftigen Hebammen von Relevanz ist. Daher wird empfohlen, die qualitätsorientierte Entwicklung digitaler Lernmedien im Studium von Hebammen weiter voranzutreiben. Dabei sollten auch die Studierenden an die Erstellung von Lehr-Lernvideos der Hebammenwissenschaft herangeführt werden.
Hintergrund
International hat sich die Unterteilung der Eröffnungsphase der Geburt in die Latenzphase und die aktive Eröffnungsphase etabliert. Auch in Deutschland setzt sich diese Unterteilung zunehmend durch. Mehr als die Hälfte der Frauen sucht bereits während der Latenzphase die Geburtsklinik auf (IQTIG, 2018), weil sie bereits in dieser frühen Geburtsphase professionelle Unterstützung benötigen (Carlsson, 2016). Es ist zu vermuten, dass jedoch nicht allein vom geburtshilflichen Befund und dem Betreuungsbedarf der Schwangeren abhängt, ob eine stationäre Weiterbehandlung oder Entlassung nach Hause erfolgt. Weitere Faktoren wie zum Beispiel personelle und räumliche Kapazitäten fließen möglicherweise ebenso in die Entscheidung ein. So zeigen Studien, dass ein frühzeitiger Betreuungsbeginn in der Latenzphase mit einem vermehrten Einsatz von Interventionen und operativen Entbindungen einhergeht (Tilden et al., 2020). Demgegenüber stellt eine Entlassung nach Hause bei schmerzhafter Wehentätigkeit eine Unterversorgung dar (Janssen et al., 2009). Die S3-Leitlinie Vaginale Geburt am Termin greift diese Problematik mit ihren Empfehlungen zur allgemeinen Betreuung auf.
Fragestellung
Dieses Projekt geht der Frage nach, ob und wenn ja, in welcher Form die Empfehlungen zur Latenzphase der S3-Leitlinie Vaginale Geburt am Termin bei Hebammen und Geburtshelfer_innen Akzeptanz finden und auch praktisch Einzug in die klinische geburtshilfliche Versorgungspraxis erfahren. Vertiefend wird untersucht, ob der Hebammenmangel und die klinischen Beschränkungen (Coxon et al., 2020) aufgrund der COVID-19-Pandemie Auswirkungen auf die geburtshilfliche Versorgung während der Latenzphase haben. Im Rahmen des Vortrages sollen das Studiendesign und erste Ergebnisse der Analyse der Geburtsakten vorgestellt werden.
Methoden
Die Studie verfolgt einen Mixed-Methods-Ansatz. Mittels retrospektiver Analyse von Geburtsakten verschiedener Kliniken unterschiedlichen Levels werden die Diagnose- und Entscheidungsfindung bezüglich der Behandlungsoptionen in der Latenzphase untersucht.
Ergebnisse
Die Studie liefert weiterführende Erkenntnisse zur klinischen Behandlung von Frauen in der Latenzphase. Es wird ermittelt, ob und in welcher Weise die Empfehlungen der S3-Leitlinie Vaginale Geburt am Termin umgesetzt werden und welche weiteren Faktoren die Betreuung und Behandlung beeinflussen.
Hintergrund und Ziel
Mit Inkrafttreten des neuen Hebammengesetztes (Hebammengesetz vom 22. November 2019, BGBL. I S. 274) vollzieht sich in Deutschland eine umfassende und tiefgreifende Umgestaltung der Hebammenausbildung. An die Stelle der bisherigen berufsschulische Ausbildung tritt ein duales Studium. Wer zukünftig Hebamme werden möchte, studiert an einer Universität oder Fachhochschule. Dieser historische Veränderungsprozess bedeutet neben den strukturellen Änderungen, auch eine Neukonzeption der Curricula und damit der Art und Weise der theoretischen und praktischen Kompetenzentwicklung. Die beruflichen Handlungsfelder und der bisherige Kompetenzerwerb in der Ausbildung sind in Deutschland noch wenig untersucht. Die Autorin ist in ihrer Dissertation unter anderem der Frage nachgegangen, welche Kompetenzen Hebammen zukünftig im Handlungsfeld der Schwangerenvorsorge benötigen. Eine Möglichkeit, Kompetenzen didaktisch darzustellen, bietet das CanMEDS – Rollenkonzept (Royal College of Physicans and Surgeons of Canada, 2022). Dieses beschreibt, ursprünglich auf den ärztlichen Beruf bezogen, die Fähigkeiten und Fertigkeiten anhand von sieben beruflichen Rollen (Royal College of Physicans and Surgeons of Canada, 2022) und wurde von der Autorin als Grundlage der Systematisierung der Untersuchungsergebnisse eingesetzt.
Methoden
Um die notwendigen Kompetenzen und Rollenverteilungen im Handlungsfeld Schwangerenvorsorge für die akademische Hebammenausbildung zu erschließen, wurden handlungsorientierte Fachinterviews mit Expert:innen geführt und mittels inhaltlich strukturierter Inhaltsanalyse (Kuckartz, 4. Auflage 2018) ausgewertet. Die Ergebnisse wurden quantitativ und qualitativ erfasst und in einem hebammenspezifischen CanMEDS - Rollenmodell dargestellt. Aus der Rollenbeschreibung wurden anhand der dafür notwendigen Fähigkeiten und Fertigkeiten Konsequenzen für die zukünftige Ausbildung gezogen.
Ergebnisse
Als ein wesentliches Ergebnis der Untersuchung konnte festgestellt werden, dass die Darstellung von Hebammenarbeit im beruflichen Handlungsfeld Schwangerenvorsorge mit Hilfe des CanMEDS-Modells möglich ist. Die beruflichen Rollen können beschrieben werden und stellen eine mögliche Grundlage für die Erstellung eines Curriculums dar.
Diskussion
Aus Sicht der Autorin weisen alle Rollen in der bisherigen Ausbildung Defizite auf und müssen zukünftig stärker entwickelt werden. Neben der Schwangerenvorsorge sollten alle beruflichen Handlungsfelder von Hebammen sollten hinsichtlich einer hebammenspezifischen Rollenbeschreibung untersucht und daraus Rückschlüsse für die akademische Hebammenausbildung gezogen werden. Die Ergebnisse können in die Entwicklung der hochschulischen Curricula einfließen.
Hintergrund:
In Deutschland umfasst die praktische Ausbildung zur Hebamme geburtshilfliche Einsätze, die hauptsächlich im klinischen Setting (Kreißsäle) stattfinden. Nach der staatlichen Berufszulassung können Hebammen die Arbeit in Geburtshäusern aufnehmen, ein Setting, in dem sie wenig bis keine Erfahrung haben.
Forschungsfrage:
Welche Fähigkeiten und Kenntnisse müssen Hebammen als Berufsanfänger*innen erwerben, um in einem Geburtshaus selbstständig zu arbeiten?
Methodologie: Hermeneutische Phänomenologie
Sozialkonstruktivistische Methodologien, darunter die hermeneutische Phänomenologie, ermöglichen einen tieferen Blick darauf, "wer" "was" im Zusammenhang mit "wo" wahrnimmt und erlebt. Wissen und Verständnis sind kontextspezifisch. Bei diesem interpretivistischen Ansatzes verbindet sich der Forscher mit den Forschungsteilnehmern und tritt in einen intimen Dialog ein. Dies erleichtert den Zugang zu den gelebten Erfahrungen und dem gelebten Verständnis des ForschungsteilnehmerInnen, um zu enthüllen, was verborgen wurde (Crowther & Thomson, 2020). Das Eintreten in die Dynamik von gelebten Erfahrungen und Wissenskonstruktion führt somit zu einem tieferen Verständnis (Hiller, 2016).
Vorläufige Ergebnisse aus den Fokusgruppen:
Fokusgruppen in 12 Geburtshäusern mit insgesamt 40 Hebammen haben ergeben, dass die neu qualifizierten Hebammen, die im Geburtshaus anfangen, folgende Kompetenzen erlernen bzw. erweitern müssen:
• Schwangerenvorsorge (insbesondere in der Frühschwangerschaft)
• Kommunikation (v.a. non-verbal)
• Teamarbeit in einer flachen Hierarchie
• Geburtsbetreuung ohne CTG (techn. Herztonüberwachung)
• Einschätzung von Neugeborenen
Die Hebammen in den Fokusgruppen haben auch mitgeteilt, dass das geburtshilfliche Basiswissen bei den neuen KollegInnen „sitzt“. Des weiteren können sie mit Anweisungen in Notfällen gut zu- und mitarbeiten.
Diskussion:
Die Einarbeitung dient dazu, ein Bild vom Ganzen zu vermitteln. Durch das Beobachten in den ersten Wochen der Einarbeitung, haben die Hebammen in den Fokusgruppen erzählt, dass die neuen Hebammen ein Bild vom Ganzen vermittelt werden. Staunen und Bewunderung tritt hervor. Die in der praktischen Ausbildung geübte Betreuung hat Angst und Misstrauen hinterlassen, die in der Einarbeitung reflektiert und aufgearbeitet werden kann Die Hebammen lernen, die Geburt, die Gebärende und das Ungeborene in ihrer Ganzheit zu erfassen.
Hintergrund
Die Sectiorate in Deutschland steigt stetig an und lag 2019 bei etwa 30%, diese Quote liegt deutlich über den von der WHO als medizinisch indiziert beschriebenen 15-19% Sectiorate. Eine höhere Sectiorate ist nicht mehr mit einer Verbesserung der Morbidität und Mortalität von Mutter und Kind verbunden. Eine sichere Möglichkeit die Sectiorate zu reduzieren ist notwendig, um die langfristige Gesundheit von Mutter und Kind zu verbessern. Die WHO empfiehlt die Robson Ten Classification um die Gruppe der Frauen mit Sectio besser analysieren zu können und überprüft werden, ob die Frauen mit geringen anamnestischen Risikofaktoren wesentlich zur Sectiorate beitragen.
Methode
Mithilfe der Robson Ten Classification lassen sich die Gebärenden in 10 gegenseitig exklusive geburtshilflich relevante Gruppen einteilen. Die Robson Ten Classification wird genutzt, um die 16289 Geburten der letzten drei Jahre (2019-2021) zu gruppieren. Anschließend werden über SPSS die Prävalenz von Sectiones in den jeweiligen Gruppen, sowie deren Veränderungen beurteilt. Außerdem können so die Anteile an der Gesamtsectiorate berechnet werden. Weiterhin können Korrelationen, etwa mit der Einleitungsrate, untersucht werden. Es wird mit der 2012 in Canada modifizierten Variante der Robson Ten Classification gearbeitet.
Erwartete Ergebnisse
Derzeitig liegen noch keine anschließenden Ergebnisse vor, da die Analyse der Daten noch nicht abgeschlossen ist. Da es sich bei der Universitätsklink Charité um ein Level 1 Haus handelt, kann eine hohe Anzahl von Sectiones bei Frühgeburtlichkeit erwartet werden. Entsprechend dem deutschen Trend kann zudem erwartet werden, dass abgebrochene Einleitungen stärker zur Sectiorate beitragen als vorausgegangene Sectiones. Unter der Berücksichtigung der multiplen sozialen und ökonomischen Gründe für eine steigende Sectiorate, werden die höchsten Sectioraten vermutlich im low-risk Kollektiv zu finden sein, etwa Robson Gruppe 1-3.