Autor:innen:
P. Günther (Heidelberg, DE)
S. Schmitteckert (Heidelberg, DE)
Trio Whole Exome Sequenzierung bei betroffenen Familien mit Morbus Hirschsprung
Trio Whole Exome Sequencing in affected families with Hirschsprung's disease
Einleitung: Morbus Hirschsprung (MH) ist eine komplexe kongenitale Erkrankung, die durch eine Aganglionose der Darmwand charakterisiert ist. MH wird als multifaktorielle Störung eingestuft, bei der hauptsächlich Sequenzvarianten in Genen, welche für die Entwicklung des enterischen Nervensystems essentiell sind, den Phänotyp prägen. Bis dato wurden etwa 25 assoziierte Gene mit der Pathoätiologie von MH beschrieben. Komplexe Segregationsanalysen zeigten bei einer hohen Erblichkeitsrate (>80%) eine ausgeprägte genetische Heterogenität. Je nach Ausmaß der Aganglionose wurden autosomal-dominante, rezessive oder multifaktorielle Erbgänge inklusive unvollständiger Penetranz beschrieben. Die Analyse der Vererbung von MH stellt die Grundlage zur Risikostratifizierung und genetischen Beratung dar und biete die Möglichkeit Zusammenhänge zwischen phänotypischen Merkmalen wie Länge der Aganglionose, postoperativ anhaltende Darmfunktionsstörungen oder Enterokolitis und dem Genotyp zu erkennen.
Methoden: Wir führen eine systematische Trio Whole Exome Sequenzierung in 31 Familien bei den Eltern und den an MH erkrankten Kindern (35 Patient*innen) durch. Zahlreiche genetische Varianten wurden identifiziert und mit bekannten Referenzkohorten (z.B. aus dem 1000 Genom Projekt) verglichen. Neben der Detektion potentiell neuer Kandidaten – Gene, haben wir uns in der aktuellen Studie auch auf genetische Varianten in folgenden bereits mit MH assoziierten Genen fokussiert: RET, GDNF, NRTN, PSPN, EDNRB, EDN3, ECE1, NTF3, NTRK3, SOX10, PHOX2B, L1CAM, ZFHX1B, KIAA1279, TCF4, PROK1, PROKR1, PROKR2, GFRA1, NRG1, NRG3, SEMA3A, SEMA3C, SEMA3D, DNMT3B.
Ergebnisse: Die Mehrzahl der o.g. Genvarianten wurden von den phänotypisch unauffälligen Eltern an die betroffenen Kinder vererbt. 72% der Patient*innen zeigten de novo Mutationen in den o.g. Genen. Das häufigste Suszeptibilitätsgen auch in unserer Kohorte war das Protoonkogen RET. 85% aller Patient*innen zeigten eine assoziierte Veränderung im RET Gen. Alle Sequenzvarianten im RET Gen lagen jedoch im intronischen Bereich.
Schlussfolgerung: Die Ergebnisse unserer Kohorten-Analyse zeigte u.a. Hinweise auf die Relevanz der Mutationslast bekannter MH assoziierter Genvarianten zur Entwicklung des Phänotyps. Die bereits in den Elternteilen pathologisch veränderten Genvarianten führten erst in der vererbten Kumulation zu dem Hirschsprung-Phänotyp beim Kind. Die Relevanz für die Krankheitsausprägung, der im intronischen Bereich detektierten RET Varianten, ist Teil unserer derzeitigen Analysen.