Autor:innen:
P. Almeida Machado (Solingen, DE)
V. Frandsen (Solingen, DE)
S. Kathemann (Essen, DE)
D. Pilic (Essen, DE)
S. Propson (Solingen, DE)
Fall: Ein 18 Monate altes männliches Kleinkind wurde in der Kinderambulanz wegen Hämatemesis und Hämatochezie vorgestellt. In der Vornacht habe der Junge starke Bauchschmerzen gehabt und dünnflüssigen Teerstuhl abgesetzt. Am Aufnahmemorgen habe er (alt)blutig erbrochen. Bis dato sei die Stuhlkonsistenz und –farbe unauffällig, einmal wöchentlich sei etwas Frischblut am Stuhl aufgefallen.
Eine VACTERL-Assoziation sei seit Geburt bekannt (radiale Anomalien, Analatresie, Hufeisenniere, Gallenblasenatresie, Sakralatresie, leichte periphere Pulmonalstenose).
Zunächst präsentierte sich der Junge in reduziertem, aber stabilem Allgemeinzustand mit blassem Hautkolorit. Der HNO-Bereich war ohne aktive Blutung, die Mikrozirkulation intakt.
Im Verlauf kam es in der Notfallambulanz zu massivem blutigem Erbrechen (ca. 400ml) mit hämodynamischer Verschlechterung (RR 79/70 mmHg, HF 143/min, AF 46/min).
Nach Kreislaufstabilisierung führten wir eine Ösophago-Gastro-Duodenoskopie (ÖGD) durch. Wir fanden Ösophagusvarizen Grad III des unteren Drittels des Ösophagus mit akuter Blutung aus einer Varize. Diese wurde mit Gummibandligatur versorgt. Eine Herz- oder Lebererkrankung war bisher nicht bekannt. Der Hämoglobin-Wert fiel auf minimal 4,2 g/dl. Wir transfundierten notfallmäßig ein Erythrozytenkonzentrat. Nach Blutstillung betreuten wir ihn intensivmedizinisch und gaben Cefotaxim und Octreotid ® i.v. Noch am gleichen Tag erfolgte die Verlegung an die Uniklinik Essen. Dort wurde sonografisch eine kavernöse Transformation der V. portae als Ursache für die Ösophagusvarizen nachgewiesen, ebenso eine Splenomegalie im Rahmen der portalen Hypertension. Nach medikamentöser Einstellung mit Propanolol, Omeprazol und Macrogol wurde der Patient nach 5 Tagen entlassen.
In den weiteren Kontrollen wurde ein Progress festgestellt (portal-hypertensive Gastropathie mit neuer Fundusvarize, Ösophagusvarizen Grad I-II), mit entsprechender Anpassung der konservativen Therapie.
Hintergrund und Diskussion:
Ösophagusvarizen sind eine seltene Ursache und dennoch wichtige Differentialdiagnose für obere GI-Blutungen im Kindesalter. In unserem Fall präsentierte sich die Blutung ohne klinische Vorzeichen. Trotzdem erfordert eine hämodynamisch relevante Blutung eine umgehende interdisziplinäre Versorgung und ggf. interventionelle Blutstillung.[1]
Das Akronym der VACTERL-Assoziation beschreibt betroffene Organsysteme und steht für Vertebrale Anomalien, Analatresie, kardiale Defekte, tracheoösophageale Fistel und/oder Ösophagusatresie, renale- und Extremitätenanomalien.
70% der Patienten mit VACTERL- Assoziation weisen weitere nicht-VACTERL-typische Defekte auf.[2] Ösophagusvarizen und portale Hypertension im Rahmen einer VACTERL-Assoziation sind bisher erst in einem weiteren Fall beschrieben und daher keine typischen VACTERL Defekte.[3]
Fazit:
Als erstversorgende Kinderklinik müssen wir aufgrund des Rezidivrisikos weiterhin alert bleiben für ein schnelles und ggf. interventionelles Handeln.