Autor:innen:
V. Staab (Freiburg, DE)
M. Paulmann (Freiburg, DE)
M. Mockenhaupt (Freiburg, DE)
Zielsetzung: Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und Toxisch epidermale Nekrolyse (TEN) sind verschiedene Schweregrade einer seltenen, aber lebensbedrohlichen, schweren Hautreaktion. Leitsymptome sind epidermale Hautablösung und erosive Schleimhautveränderungen. Im Kindes- und Jugendalter ist nur etwa die Hälfte der Fälle medikamentenassoziiert, die andere Hälfte infektinduziert oder idiopathisch. Es bestehen verschiedene immunmodulierende Therapieansätze, u.a. mit Cyclosporin A (CyA), für dessen positive Wirkung in Hinblick auf Letalität und Progress es in den letzten Jahren vermehrt Hinweise gab. Ziel dieser Auswertung ist es, festzustellen, ob diese Tendenz bei pädiatrischen Patienten mit SJS/TEN in Deutschland auch zu beobachten ist. Dafür werden Letalität, Hospitalisierungsdauer und Progress der Hautreaktion bei Patienten mit und ohne CyA-Therapie im Alter bis einschließlich 17 Jahre verglichen.
Materialien und Methoden: Das Dokumentationszentrum schwerer Hautreaktionen (dZh) erfasst seit 1990 alle hospitalisierten Fälle von SJS/TEN in Deutschland. Die Datenerfassung erfolgt vor Ort durch einen Mitarbeiter des dZh im Gespräch mit Patienten, Angehörigen und behandelnden Ärzten mithilfe eines standardisierten Fragebogens. Anschließend erfolgt die Fallvalidierung durch ein unabhängiges Expertengremium.
Ergebnisse: Insgesamt 67 SJS/TEN-Fälle bei Kindern und Jugendlichen wurden von 2003 bis 2021 hinsichtlich der Diagnose als sicher oder wahrscheinlich bewertet. Davon wurden 56 ohne CyA und 11 mit CyA behandelt.
Die Berechnung der erwarteten Letalität erfolgte für jeden Patienten anhand des Auxiliary Scores von SCORTEN (severity-of-illness score for TEN). Alle Patienten erreichten dabei entweder einen Scorewert von 0 (ohne CyA: 60,7%, mit CyA: 54,6%) oder 1 (ohne CyA: 39,3%, mit CyA: 45,4%). Aus der Gruppe, die bei 0 Punkten ohne CyA behandelt wurde, verstarb ein Patient. Aus der Gruppe, die bei 1 Punkt ohne CyA behandelt wurde, verstarben 2 Patienten. Die beobachtete Letalität in den Gruppen ohne CyA liegt mit 2,9% bzw. 9,1% knapp unterhalb der erwarteten von 4% bzw. 10%. In der Gruppe, die CyA erhielt, ist kein Patient verstorben.
Die Hospitalisierungsdauer betrug bei den Kindern und Jugendlichen, die kein CyA erhielten, durchschnittlich 34±31 Tage und bei denen, die CyA erhielten 25±4 Tage. Jedoch gab es bei ersterer einen Ausreißer mit Aufenthaltsdauer von 223 Tagen.
Zur Beurteilung des Progresses der schweren Hautreaktion wurde die Anzahl der Tage herangezogen, die zwischen Entstehung der ersten Blase bzw. Erosion der Haut und maximaler Hautablösung lag. Bei Behandlung mit CyA waren dies durchschnittlich 5,6±2,1 Tage und bei der Vergleichsgruppe 7,4±4,9 Tage.
Fazit: Das Patientenkollektiv, das CyA erhielt, ist mit 11 Fällen zwar klein, jedoch lassen sich Tendenzen dahingehend erkennen, dass CyA das Überleben der Patienten im Kindes- und Jugendalter verbessert, die Krankenhausaufenthalte verkürzt und den Progress der Hautreaktion verringert.