Im Verlauf von pharmaklologischer Behandlung in der Psychiatrie kann eine Umstellung, Reduktion, oder das Absetzen der Medikamente indiziert sein, beispielsweise beim Auftreten von Nebenwirkungen, Schwangerschaft, körperlichen Erkrankungen, Abklingen der Symptomatik oder anderen Gründe.
Eine genaue Kenntnis darüber kann sich für die Behandlung als vorteilhaft erweisen, beispielsweise bei medikamentösen Umstellungen bei der sich Absetzsymptome und Nebenwirkungen von Präparaten überschneiden können.
In unserem Symposium möchten wir über physiologische Grundlage von Absetzsymptomen, sowie über spezifische Symptome nach Absetzen von Antipsychotika und Antidepressiva referieren.
Depressionen gehören zu den häufigsten psychischen Erkrankungen. Allerdings sind die Behandlungserfolge bzw. Ansprechraten auf Antidepressiva weiterhin unzureichend. Dieses Symposium soll interessante neue Forschungsansätze zu Biomarkern für die Prädiktion des Ansprechens auf Antidepressiva vorstellen und neue Wege für eine personalisierte Therapie der Depression aufzeigen. Jan Engelmann (Mainz) wird Ergebnisse zur Prädiktion von Therapieverläufen depressiver Patienten präsentieren, die im Rahmen der early medication change Studie antidepressiv behandelt wurden. Durch die Kombination von klinischen und biologischen Parametern gelingt es, die prädiktive Vorhersagekraft eines frühen Ansprechens auf eine Pharmakotherapie für eine spätere Remission der depressiven Symptomatik zu verbessern. Helge Frieling (Hannover) wird Daten zu Neurotrophinen wie z. B. BDNF und deren prädiktivem Wert für eine erfolgreiche antidepressive Behandlung vorstellen. Svenja Müller (Mannheim) wird Daten zum Zusammenhang von genetischen und epigenetischen Assoziationen und dem Ansprechen auf Antidepressiva präsentieren. Der Fokus liegt hierbei auf dem polygenen Risikoscore und longitudinalen epigenetischen Untersuchung in einer antidepressiv behandelten Depressionskohorte sowie einer EKT-Studie. Nils Opel (Jena) wird Arbeiten zur personalisierten Vorhersage von Krankheitsrisiko und -verlauf bei affektiven Erkrankungen anhand von klinischen und bildgebenden Daten präsentieren. Darüber hinaus sollen erste Ergebnisse und Perspektiven zur Übertragung dieser Befunde in die klinische Routine dargestellt und diskutiert werden.
In diesem Symposion geht um die Bedeutung der Digitalisierung und des Einsatzes von Videotechniken für das Fach und seine Identität. Tatsächlich ist ja die Einführung von Telemedizin auch in die Psychiatrie gerade während der Coronajahre noch einmal beschleunigt worden. Dabei scheinen die bisherigen Vergleichsstudien darauf hinzudeuten, dass es bezüglich therapeutischer Effekte keine großen Unterschiede macht, ob aus der Ferne mit Bild und Ton gearbeitet wurde oder ob ein unmittelbarer Kontakt im persönlichen Gespräch stattfand. Dennoch aber dürfte die direkte, nicht durch elektronische Medien vermittelte Begegnung einen qualitativen Unterschied machen, wenn es etwa um die vertiefte Untersuchung in einer psychopathologischen Exploration oder die Durchführung einer anspruchsvollen Psychotherapie geht. Zu denken ist beispielsweise an die Entwicklung von menschlicher Nähe und Vertrauen, den Aufbau einer tragfähigen Beziehung oder den gefühlsgetragenen empathischen Austausch. Dieser Themenkreis soll aus verschiedenen Perspektiven erörtert und mit dem Auditorium diskutiert werden.
In diesem Symposium sollen neue, bisher nicht vorgestellte Ergebnisse zur Versorgungssituation und Behandlung von Zwangsstörungen, sowie neue Ergebnisse zu organischen Ursachen vorgestellt werden.
Prof. Dr. Ulrich Voderholzer, Prien/München berichtet die Ergebnisse einer neuen, bisher nicht veröffentlichten Meta-Analyse stationärer und tagesklinischer Behandlungen der Jahre 1980–2023. In nahezu allen Studien kam KVT mit Exposition zur Anwendung, meist in Kombination mit Pharmakotherapie. Im Prä-Post Vergleich zeigen sich hohe Effektstärken mit überwiegend anhaltenden Effekten in Follow-up-Untersuchungen. Im Vortrag wird auf Unterschiede in den Outcomes, sowie Einflussfaktoren wie Schweregrad, zusätzliche Pharmakotherapie, Intensität der Psychotherapie und andere Faktoren eingegangen.
Prof. Lena Jelinek/UKE Hamburg berichtet erste Ergebnisse eines innovativen Behandlungskonzepts, des Bergen 4-day-treatment (B4DT), zu welcher international bereits exzellente Therapieergebnisse und Follow-up Daten vorliegen. Das Konzept beinhaltet eine besonders hohe Dosis therapeutenbegleiteter Expositionsbehandlung und hat das Potenzial eines sehr wirksamen und sehr ökonomischen Versorgungskonzeptes für Zwangsstörungen.
Thomas Hillebrand, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft Zwangserkrankungen e. V. (DGZ), berichtet in seinem Vortrag über die derzeit unzureichende ambulante psychotherapeutische Versorgungssituation in Deutschland und stellt erste Evaluationsdaten eines neuen, des im Rahmen der DGZ aufgebauten nationalen Netzwerks spezialisierter Therapeutinnen und Therapeuten für Zwangsstörungen vor.
PD Dr. Dominique Endres/Freiburg befasst sich mit organischen Ursachen von Zwangsstörungen mit Hilfe verschiedener Untersuchungsmethoden. Bisherige Ergebnisse deuten auf einen autoimmunen Subtyp der Zwangsstörung hin. In dem Vortrag werden auf Basis neuer Ergebnisse Vorschläge für künftige Screening-Untersuchungen zur Erfassung organischer Faktoren bei Zwangsstörung vorgestellt.
Das Symposium bietet einen umfassenden Überblick über die aktuellen Entwicklungen und Erkenntnisse zur Pathogenese ausgewählter psychischer Störungen. Neue grundlagenwissenschaftliche und klinische Befunde werden vorgestellt. Besonders hervorzuheben ist die allgemeinverständliche Darstellung und Einordnung der Befunde, um ein breites Publikum an den Ergebnissen und deren mögliche klinische Bedeutung teilhaben zu lassen.
Jürgen Deckert, Würzburg, stellt in seinem Vortrag die Ergebnisse internationaler genetischer und Bildgebungskonsortien zu Angsterkrankungen vor. Bisher konnten mehr als 60 genomweit signifikante Loci und neuroanatomische Volumenveränderungen in einzelnen Hirnregionen identifiziert werden.
Tilo Kircher, Marburg, fokussiert auf die dimensionale Psychopathologie und die transdiagnostische Konzeption der Ätiologie und des Verlaufs von Majorer Depression, bipolarer Störung und Schizophrenie. Neben strukturellen und funktionellen Bildgebungsbefunden betrachtet er auch genetische und Umweltrisikofaktoren.
Georg Juckel, Bochum, stellt neue Erkenntnisse zur Pathogenese schizophrener Erkrankungen vor und beleuchtet dabei die wichtige Rolle der Mikroglia-Zellen und der Entzündungsreaktionen des Immunsystems.
Anja Schneider, Bonn, beschäftigt sich mit der wichtigen Rolle der Neuroinflammation bei neurodegenerativen Demenzen. Sie stellt die molekularen Mechanismen von Neuroinflammation, Biomarkern und gegen Neuroinflammation gerichteten therapeutischen Ansätzen vor.
Angehörige fühlen sich nicht selten mitverhaftet, wenn Ihre Familienmitglieder Misshandlungen, Fixierungen und Zwangsmedikationen erleben müssen. Insbesondere, wenn sie selbst daran beteiligt waren, ihre Kinder, Eltern, Geschwister, Partner oder Freunde unterzubringen, kann das die körperliche und psychische Gesundheit von Angehörigen schwer belasten.
Seit ihren Anfängen tritt die organisierte Angehörigenbewegung, an ihrer Spitze der Bundesverband der Angehörigen psychisch erkrankter Menschen e. V. (BApK), für eine gewaltfreie und humane psychiatrische Versorgung von Menschen mit gravierenden psychischen Gesundheitsproblemen, und ihre Familien ein. Auch wenn wir diesem Ziel im Trialog über Jahrzehnte, ein gutes Stück nähergekommen sind, reißen die Klagen über Zwang und Gewalt im psychiatrischen Hilfesystem nicht ab.
Angehörige sind dabei nach wie vor viel zu häufig dem unwürdigen und zermürbenden Dilemma ausgesetzt, Hilfe für ihre Familienmitglieder zu suchen und zu rufen, aber nicht dafür garantieren zu können, dass ihnen kein Zwang und keine Gewalt widerfährt. Der BApK positioniert sich grundsätzlich gegen Gewalt und für offene Türen. Dass es extreme Ausnahmesituationen gibt, in denen Zwang und damit verbunden auch Gewalt gerechtfertigt sein können, ignorieren wir nicht, wollen es jedoch an diesem Tag nicht in den Mittelpunkt des Diskurses stellen.
Mit Vertreterinnen und Vertretern aus den Bereichen der Interessenvertretung von Angehörigen und Psychiatrie-Erfahrenen, der psychosozialen Versorgung im Gemeindepsychiatrischen Verbund, der psychiatrischen Klinik und der Rechtswissenschaft, wollen wir darüber sprechen, welche Haltung und welche Maßnahmen dazu geeignet sind, um extreme Ausnahmesituationen bereits im Vorfeld zu verhüten. Sicher gehört zu diesen Maßnahmen, Familien, in denen psychische Erkrankungen eine Rolle spielen, insgesamt frühzeitig und passgenau zu unterstützen. Mit diesem trialogische Symposium, will der BApK den Blick in die Zukunft wenden, Lösungsansätze weiterentwickeln und diskutieren.
Was können wir gemeinsam weiter dazu beitragen, dass es nicht länger ein Vabanquespiel bleibt, auf qualitativ hochwertige professionelle Versorgungs- und Unterstützungsangebote ohne Zwang zu treffen? Wie erreichen wir
• eine Behandlung, die psychisch schwer belasteten Menschen entgegenkommt und ihnen ihre Würde lässt,
• eine Begegnung mit Angehörigen, die interessiert, verständnis- und respektvoll ist, und Partizipation ermöglicht sowie
• humane Arbeitsbedingungen für die professionellen Helfenden?
Die Zahl der Patienten, die sich mit psychisch bedingten somatischen Störungen bei einem Hausarzt melden, macht etwa 30% aller Patienten aus, die medizinische Hilfe in Anspruch nehmen. Die Beziehung zwischen Psyche und Körper ist multidirektional. Das gleichzeitige Auftreten von körperlichen und psychischen Störungen macht es immer wieder unmöglich zu bestimmen, welche Symptome die Ursache und welche die Folge waren. Die kognitive Verhaltenstherapie (KVT) ist eine Therapieform, die versucht, den Patienten als Ganzes zu sehen und auf die Bedürfnisse einer in den letzten Jahren zunehmenden Zahl von Patienten einzugehen, die somatische Störungen vielfältiger Art aufweisen.
In dem Symposium wird der Fokus auf die ärztliche Psychotherapie von somatischen Erkrankungen mit psychischen Einflussfaktoren und dem Auftreten von psychischen Störungen mit somatischen Symptomen gelegt.
Dr. Deckert stellt die neueste Studie zur ärztlichen Verhaltenstherapie in der Hausarztpraxis vor. Frau Dr. Oppermann-Schmid referiert ausgehend von Untersuchungen, die zeigen, dass psychischer Stress bei entsprechender Veranlagung den Verlauf somatischer Komorbiditäten negativ beeinflussen kann, über den günstigen Einfluss einer Trauma-verarbeitenden Therapie mit EMDR auf die Aktivität dieser somatischen Komorbiditäten. Prof. Dr. Frodl stellt das Vorgehen und Erfahrungen mit Ego-State Therapie bei Patienten mit komplexen psychischen Erkrankungen und somato-psychischen Symptomen vor. Prof. Dr. Linden berichtet über eine neue Studie zur psychotherapeutischen Grundversorgung in Hausarztpraxen. Dabei wurde herausgestellt, dass psychische Krankheiten zu den häufigen Störungen in der Hausarztpraxis gehören und Hausärzte mit der Weiterbildung in psychosomatischer Grundversorgung Patienten supportiv-psychotherapeutisch, psychopharmakologisch und sozialmedizinisch unterstützen können.
Die DGPPN-Kommission Ethik und Recht hat eine ausführliche Praxisempfehlung zu Patientenverfügungen sowie eine kürzere, laienverständliche Version erstellt, die hier vorgestellt werden sollen. Vor allem soll hier eine Vorlage für eine psychiatrische Patientenverfügung vorgestellt und diskutiert werden.
Aggressionen, Gewalt und Zwangsmaßnahmen sind für Mitarbeitende wie auch Patientinnen und Patienten mit schwerwiegenden Folgen verbunden und haben negative Auswirkungen auf die Behandlung sowie die Mitarbeiterzufriedenheit. In Forschung und Praxis zu Sicherheit und Zwang standen lange Patientenvariablen im Vordergrund. Neuere Studien zeigen aber, dass vor allem die Klinikstrukturen sowie das Personal relevanter Einflussfaktor sind. Im Symposium wird auf Basis aktueller Daten der Aspekte der Klinikstrukturen und Personalvariablen in den Kontext einer zwangsvermeidenden, patientenorientierten Versorgung gesetzt.
C. Cole arbeitet basierend auf aktuellsten Forschungsbefunden bedeutsame Prädiktoren sowie den zeitlichen Verlauf des Einsatzes von Zwangsmaßnahmen heraus und diskutiert deren Bedeutung für spezifische Interventionen.
A. Oster stellt anhand von Ergebnissen einer Studie zur Wirksamkeit des Weddinger Modells in einer Berliner Versorgungsklinik Möglichkeiten zur Zwangsvermeidung und zur Stärkung der Sicherheit in der Akutpsychiatrie vor und diskutiert diese im Kontext der Herausforderungen des Implementierungsprozesses.
A. Wullschleger stellt Ergebnisse einer Studie zu Einflussfaktoren auf das Sicherheitsgefühl und deren Bedeutung für die Arbeit im psychiatrischen Kontext vor, insbesondere in Bezug auf den Einsatz von Zwangsmaßnahmen. Die Rolle von erlebter Gewalt und Mitarbeitenden-Fortbildung wird beleuchtet.
L. Mahler referiert über die verstärkte Debatte über den Umgang mit Gewalt und das steigende Bedürfnis nach Sicherheitsmaßnahmen im psychiatrischen Kontext – analog zum gesellschaftlichen Diskurs. Im Zuge dessen werden u. a. Sicherheitsdienste auf psychiatrischen Stationen eingesetzt. Im Vortrag werden anhand aktueller Studien Hintergründe des zunehmenden Sicherheitsbedürfnisses, daraus abgeleitete Maßnahmen in der psychiatrischen Versorgung sowie Konsequenzen für die therapeutische Haltung der Mitarbeitenden diskutiert.
Dieses Symposium soll zu Ehren von Herrn Professor Ulrich Schweiger stattfinden, der vor genau einem Jahr verstorben ist. Herr Schweiger machte die Universität zu Lübeck zu einem Leuchtturm für eine moderne, verhaltenstherapeutisch ausgerichtete Psychiatrie. So baute er eines der ersten Zentren für die Behandlung von Borderline-Patientinnen mit dialektisch-behavioraler Therapie in Deutschland auf. Weitere Psychotherapieansätze wie Akzeptanz- und Commitment-Therapie, BehavioralActivation, CBASP, Metakognitive Therapie und Schematherapie folgten. Herr Schweiger wurde mit seiner Arbeitsgruppe Multiplikator dieser Ansätze in Deutschland und begleitete deren Implementierung in der Patient:innenversorgung durch seine Evaluationsforschung. Herrn Schweiger war es immer ein wichtiges Anliegen, andere Menschen an seinem Wissen teilhaben zu lassen und sie für moderne Psychotherapie zu begeistern. In diesem Sinne sollen in diesem Symposium Methoden der dritten Welle der Verhaltenstherapie, die ihm so am Herzen gelegen haben, vorgestellt werden. Zu Beginn des Symposiums stellt Philipp Klein, Lübeck, die Akzeptanz- und Commitment-Therapie vor. In den drei folgenden Vorträgen werden dann die folgenden Methoden vorgestellt und diskutiert: Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) von Christian Stiglmayr, Berlin, das Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) von Eva-Lotta Brakemeier, Greifswald, und die Schematherapie von Eva Faßbinder, Kiel.
Das Krankenhaussystem kommt vor dem Hintergrund einer immer kritischeren Refinanzierungsschere, schwierigen Arbeitsbedingungen und zunehmendem Personalmangel unter Reformdruck. Auch für Menschen mit psychischen Störungen gleichermaßen droht eine Mangelversorgung und der Ruf nach neuen zukunftssicheren Versorgungskonzepten über die Lebensspanne und die Sektoren hinweg wird lauter. Obgleich eine Reihe von Modellvorhaben und innovative Konzepte erprobt wurden, fanden diese keinen flächendeckenden Eingang in die Versorgungslandschaft. In dem gemeinsamen Symposium der DGPPN und DGKJP werden verschiedene Konzepte und innovative Ansätze vorgestellt und in ihrer Übertragbarkeit auf die Versorgungssysteme diskutiert.
In der natürlichen Interaktion ist Lachen ein sehr häufig auftretendes Signal, das meist positiv konnotiert ist und die soziale Bindung fördert. Es ist ein phylogenetisch sehr altes Kommunikationssignal, das auch bei nicht-menschlichen Primaten eine große Bedeutung für die soziale Interaktion hat. Beim Menschen haben sich allerdings unterschiedliche Lachtypen herausgebildet, die einen differenzierten Ausdruck von sozialer Akzeptanz bzw. Ablehnung innerhalb einer Gruppe ermöglichen (z. B. freundliches Anlachen, höhnisches Auslachen). Über das Lachen kann somit unter anderem das Zusammengehörigkeitsgefühl in einer Gruppe bzw. der Ausschluss einzelner Personen aus der Gruppe reguliert und kommuniziert werden. Allerdings existieren große interindividuelle Unterschiede bei der Wahrnehmung von Lachen, die im Extremfall phobische Ausmaße annehmen können. Bei unterschiedlichen psychischen Erkrankungen werden erhebliche Wahrnehmungsverzerrungen beobachtet, welche zu einer Einschränkung der sozialen Interaktionsfähigkeit führen können. In dem Symposium werden aktuelle Befunde zu den neurobiologischen Grundlagen dieser Wahrnehmungsverzerrungen vorgestellt.
In Deutschland hat es in den vergangenen Jahren Initiativen zur Entwicklung von Qualitätsindikatoren (QI) für die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung gegeben, es wurde aber bislang kein gesetzliches QS-Verfahren etabliert. Das IQTIG (Institut für die gesetzlich verankerte Qualitätssicherung im Gesundheitswesen) entwickelte ein QS-Verfahren für die Versorgung von Menschen mit Schizophrenie, schizotypen und wahnhaften Störungen und legte im Jahr 2022 eine Machbarkeitsstudie zur Praktikabilität der entwickelten Instrumente vor. Die Einführung des ersten gesetzlichen QS-Verfahrens für den Versorgungsbereich einer psychischen Störung steht somit vermutlich in der nächsten Zeit an. Parallel dazu haben zwei große kommunale psychiatrisch-psychotherapeutische Klinikverbünde seit ca. 10 Jahren eigeninitiativ diagnosespezifische und diagnoseübergreifende QI-Sets systematisch entwickelt, implementiert und für die Sicherung und Weiterentwicklung der Versorgungsqualität im jeweiligen Klinikverbund genutzt. Somit bestehen in Deutschland bereits wertvolle Erfahrungen mit der Implementierung und Nutzung von QIs in der Versorgung von Menschen mit psychischen Störungen.
I. Lehmann wird zunächst einen Überblick über internationale Erfahrungen im Bereich der QI-Entwicklung für die Versorgung bei psychischen Erkrankungen geben. Anschließend stellen M. Bender und S. Engemann die QI-Initiativen aus den Vitos- und LVR-Klinikverbünden vor. Sie werden auf Erkenntnisse aus dem Entwicklungs- und Implementierungsprozess sowie aus der QI-Analyse eingehen, die wichtige Hinweise für künftige Initiativen der Einführung von QIs liefern können. Schließlich wird F. Schoeler-Rädke den aktuellen Stand der Entwicklung des gesetzlichen QS-Verfahrens Schizophrenie und insbesondere die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie vorstellen und deren Bedeutung für einen potentiellen bundesweiten Implementierungsprozess diskutieren.
Die Behandlung alter Menschen mit psychischen Erkrankungen stellt eine besondere Herausforderung dar. Anhand depressiver Störungen (V. Holthoff-Detto) und der Demenz (M. Belz) werden unterschiedliche Aspekte dieser Besonderheiten beleuchtet.
Die Behandlung alter Menschen mit Depression setzt an unterschiedlichen Ebenen der Erkrankung an und erfordert zunächst eine sorgfältige Diagnostik, Aufklärung und kontinuierliche Weiterbehandlung. Durch zugrundeliegende alterstypische biologische und psychologische Veränderungen unterscheidet sie sich in manchen Aspekten von den Behandlungen im jüngeren und mittleren Lebensalter. Es liegt Evidenz für die pharmakologische Akutbehandlung mit Antidepressiva, die Augmentation und Phasenprophylaxe vor. Die Wahl hängt stark vom Nebenwirkungsspektrum und der individuellen Multimorbidität ab. Darüber hinaus bestimmen die affektiven Symptome, behandlungsrelevante kognitive Defizite sowie ein hohes Risiko für Suizidalität die Behandlungsstrategie. Ziel ist es, dem Verlust an Alltagskompetenz und Selbständigkeit entgegen zu wirken und eine Remission herzustellen.
Anhand der Herausforderung Demenz wird ein etabliertes Vernetzungsprojekt vorgestellt. Weiterführende ambulante Versorgungsstrukturen bei Demenz sind häufig ärztlich und auf Betroffenenseite wenig bekannt oder genutzt. Das Kooperationsmodell „Frühe Information und Hilfe bei Demenz (FIDEM)“ in Göttingen hat zum Ziel, diese Lücke zu schließen und die Versorgungssituation von Menschen mit Demenz nachhaltig zu verbessern. Neben der Beschreibung des FIDEM-Projekts werden die Ergebnisse einer quantitativen Evaluation vorgestellt.
In einer zusammenfassenden Betrachtung (I. Aden und I. Demmer) werden Herausforderungen und Lösungsansätze bei der hausärztlichen Versorgung alter Menschen mit psychischen Erkrankungen bei gleichzeitig vorliegender Multimorbidität praxisnah und diskutiert.
Die meisten psychischen Erkrankungen gehen mit empfindlichen Störungen der sozialen Interaktion einher. Dabei sind die zugrundeliegenden Mechanismen dieser Interaktionsstörungen vielfältig. Bei vielen Erkrankungen ist die soziale Kognition grundlegend beeinträchtigt und damit die Wahrnehmung und Interpretation der sozialen Umgebung sowie die Fähigkeit, sich selbst klar und sozial verträglich auszudrücken. Einige dieser sozial kognitiven Prozesse sind inzwischen besser verstanden und könnten durch den Einsatz gezielter Hirnstimulation moduliert werden. In diesem Symposium werden vier Erkrankungen und die Modulation von sozialer Interaktion durch nicht-invasive Hirnstimulationstechniken beschrieben. Dabei kommen transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) sowie repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) zum Einsatz. Einige Studien versuchen zudem, diese Hirnstimulationstechniken zur Unterstützung psychotherapeutischer Prozesse einzusetzen. Der erste Beitrag zeigt auf, wie neuronavigierte rTMS bei Personen mit Autismus eingesetzt werden kann, um soziale Kognition zu modulieren. Ein Vortrag widmet sich der Modulation von kognitiver Kontrolle und emotionalem Gedächtnis bei Menschen mit Depressionen. Ein weiterer Vortrag wird darstellen, wie tDCS die Behandlung der Binge-Eating-Disorder unterstützen kann. Schließlich fasst der letzte Vortrag zusammen, wie Störungen der sozialen Kognition bei Schizophrenie mittels rTMS behandelt werden können. Bis zum klinischen Einsatz der Hirnstimulation für die Störungen der sozialen Interaktion wird noch mehr Forschung nötig sein. Jedoch zeigen vier verschiedene Behandlungsformen bei vier psychiatrischen Erkrankungen auf, wie sich in der Zukunft Hirnstimulationstechniken in die Gesamtbehandlungskonzepte einbringen lassen.
Gesundung geschieht auf unterschiedlichen Wegen. Mit dem Recovery-Ansatz wird nicht eine völlige Symptomfreiheit ins Zentrum gerückt, sondern ein zufriedenes und aktives Leben, das auch mit psychischen Problemen möglich ist. Psychosoziale Therapien sind eine zentrale Säule in der Behandlung psychisch kranker Menschen und für den Recovery-Prozess von großer Bedeutung. Uta Gühne (Leipzig) gibt einen Überblick über psychosoziale Therapien und verortet diese in einem Recovery-orientierten Modell psychosozialer Versorgung. Rose Ehemann (Wil, Schweiz) stellt den Ansatz des Living-Museum-Konzeptes vor. Recovery wird hier durch eine künstlerische Ausbildung und die damit einhergehende Identitätsveränderung vom Menschen mit psychischen Erkrankungen zu Künstlerinnen und Künstlern ermöglicht. Innerhalb eines Kunst-Schutzraumes und eingebettet in eine familiäre Community von Gleichbetroffenen kann ihre Verletzlichkeit als Stärke in der Kunst genutzt werden. Georg Gappmayer (Wiener Neustadt, Österreich) stellt ein ergotherapeutisches Gruppeninterventionskonzept zur Förderung der sozialen Teilhabe schwer psychisch kranker Menschen (ZEPS) vor. In diesem Recovery-orientierten Konzept steht das Ziel, den Genesungsprozess durch das positive Erleben von sozialen Aktivitäten zu fördern, im Vordergrund. Genesungsbegleitung bietet eine besondere Chance, Recovery in der psychiatrischen Behandlung zu stärken. Als neue eigenständige Berufsgruppe und seit kurzem auch als solche von den Krankenkassen refinanziert, ist die Implementierung der Genesungsbegleitung aber auch mit verschiedensten Hürden konfrontiert. Insbesondere die Integration in das bestehende multiprofessionelle Team und gleichzeitig die Abgrenzung zu anderen Berufsgruppen bedarf einer sorgsamen Begleitung. Celina Stolz (Berlin) wird diese Aspekte anhand einer Implementierung von Genesungsbegleitung in einer Berliner Versorgungsklinik und einer begleitenden qualitativen Studie beleuchten.
Die quasi-experimentelle AKtiV-Studie untersucht erstmalig die Implementierung, Wirksamkeit und Kosten der stationsäquivalenten Behandlung (StäB) im Vergleich zur vollstationären Regelbehandlung mithilfe einer Propensity-Score-gematchten Kontrollgruppe. An der Studie nahmen deutschlandweit 10 Kliniken teil, und es wurden Methoden der quantitativen und qualitativen Outcome-, Prozess- und Implementierungsforschung sowie eine gesundheitsökonomische Evaluation verwendet. In der vom Innovationsfonds geförderten Studie wurden 200 Nutzende von StäB sowie 200 mittels Propensity Score Matching selektierte Nutzer: und Nutzerinnen stationärer Behandlung rekrutiert. Die quantitativen Erhebungen fanden zu Baseline sowie nach 6 und 12 Monaten statt. Es liegen bereits erste quantitative Ergebnisse zu den Abbrüchen der Indexbehandlung, zur Zufriedenheit der Nutzer und Nutzerinnen und Angehörigen mit der Indexbehandlung, zur Belastung der Angehörigen und zur empfundenen Einbeziehung der Nutzenden in Entscheidungen bei der Indexbehandlung sowie qualitative Ergebnisse zu den Erfahrungen von Nutzenden der StäB und deren Angehörigen vor. Im Rahmen dieses Symposiums werden weitere Ergebnisse vorgestellt, darunter quantitative Endpunkte aus den 12-Monats-Follow-Up Erhebungen, wie die stationäre Wiederaufnahmerate, die Anzahl der stationären Behandlungstage, die Lebensqualität, das psychosoziale Funktionsniveau, die Recovery-Orientierung sowie direkte und indirekte Gesundheitskosten. Darüber hinaus wird mittels eines qualitativ-partizipativen Forschungsansatzes die Evaluation der Stationsäquivalenten Behandlung aus Sicht von Nutzer und Nutzerinnen, Angehörigen und Mitarbeitenden dargestellt sowie die differentielle Indikation von StäB anhand von Nutzenden Daten und hinsichtlich des Zuweisungsverhaltens, der Organisationsform und weiterer Routinedaten diskutiert.
Die IS-TDP (Intensive Short-Term Dynamic Psychotherapy) wurde von Habib Davanloo seit den 1960er Jahren in Montreal entwickelt. Ziele sind, mithilfe einer guten Teamarbeit in der therapeutischen Beziehung den Patienten zu ermöglichen, Angst und Widerstände zu erkennen und zu überwinden, um komplexe Gefühle innerlich zu durchleben und die unbewussten verdrängten Gefühle und Erlebnisse mit den frühen Bezugspersonen aufzudecken und durchzuarbeiten.
Nach einer Einführung in die Theorie werden wir ausgehend von der Analyse audiovisueller Aufzeichnungen von Therapiesitzungen und im Rollenspiel die Methode praxisnah einer genauen Betrachtung unterziehen und konzeptionelle und behandlungstechnische Fragen diskutieren.
Der Workshop richtet sich an psychotherapeutisch arbeitende Personen jeglicher Therapieschulen unabhängig von ihrem Ausbildungsstand.
Wie kann ich meine Patienten so begleiten, dass ihnen bewusst wird, was sie emotional wirklich bewegt, welche Verletzungen der kindlichen Seele sie zwangen, sich durch ihre persönliche Überlebensregel durch die Kindheit zu retten? Wie kann ich ihnen ermöglichen, sich als Erwachsene die Erlaubnis zu selbstwirksamem Verhalten zu geben? Und wie können sie durch eine sichere Bindung in der therapeutischen Beziehung ihre Emotionen und Affekte so gut regulieren lernen, dass sie kompetent mit Beziehungen umgehen? Wie kann ich ihnen helfen, ihre Theory of Mind/Theorie des Mentalen so zu elaborieren, dass sie sich und andere Menschen viel besser verstehen können? Und wie kann ich ihnen den Weg ebnen für ihre Entwicklung – zuerst auf die DENKEN-Stufe (Ursachen und Folgen des Verhaltens erkennen) und dann auf die EMPATHIE-Stufe (verstehen und mitfühlen)?
Im Workshop werden wir diese Fragen beantworten und so viel üben, dass die Teilnehmenden die erforderlichen Interventionen gut beherrschen. Dazu gehört auch einiges an Selbsterfahrung. Spannend und bewegend.
Literatur: Sulz (2021) Mentalisierungsfördernde Verhaltenstherapie. Entwicklung von Affektregulierung, Selbstwirksamkeit und Empathie Gießen: Psychosozial-Verlag Sulz (2022a) Heilung und Wachstum der verletzten Seele. Praxisleitfaden Mentalisierungsfördernde Verhaltenstherapie MVT. Gießen: Psychosozialverlag Sulz (2022b) Praxismanual Mentalisierungsfördernde Verhaltenstherapie. Anleitung zur Therapiedurchführung. Gießen: Psychosozialverlag Sulz (2023a) Patienten-Handbuch 1: Warum meine Symptome entstanden und wie sie heilen. Gießen: Psychosozialverlag Sulz (2023b) Patienten-Handbuch2: Wie ich vom Überleben zum richtigen Leben komme und in meiner Persönlichkeit wachse. Gießen: Psychosozialverlag
Die therapeutische Rolle in der Begleitung von gendervarianten Menschen befindet sich in einem Spannungsfeld zahlreicher Kontroversen mit unterschiedlichsten Positionen um die traditionelle Zweigeschlechtlichkeit des Menschen. „Neogeschlechtlichkeiten“ induzieren Irritationen, Überforderungen und Verunsicherungen, entziehen sie sich doch allen Bemühungen, rational verstanden und eingeordnet zu werden. Viele Therapeut*innen sehen sich in diesem Konfliktfeld einer Vielzahl von Zerreißproben ausgesetzt, die in Öffentlichkeit, Rechtssystem, Gesundheitssystem aber auch und insbesondere in den medizinischen Disziplinen geführt werden und mit dem Auftrag zur Lösung auf die Personen der Therapeut*innen projiziert werden. Diese Debatten sind oft emotional und polarisierend geführt und werfen mehr Fragen auf als Klärungen zu bieten. Die Folge ist eine zunehmende Verunsicherung für die Therapeut*innen, die Unterstützungen für gendervariante Menschen anbieten. So wird es mehr und mehr zu einer großen Herausforderung, den Erwartungen an eine Therapie und damit den individuellen Bedarfen der Behandlungssuchenden noch gerecht zu werden.
Der Workshop möchte Kolleg*innen unterstützen, in dieser Komplexität einen Überblick zu behalten, um geschickt durch das Dickicht der Kontroversen navigieren zu können. Im ersten Teil werden Grundlagen aktueller Konzepte zum Verständnis und zur therapeutischen Begleitung von gendervarianten Personen vorgestellt. Außerdem werden die Vorgaben in den verschiedenen Bereichen des Gesundheitssystems, die in der Regel an den Bedarfen von gendervarianten Menschen vorbeilaufen, problematisiert. Darauf aufbauend widmet sich der zweite Teil den Konflikten, denen Therapeut*innen in diesem Spannungsfeld ausgesetzt sind. In einer gemeinsamen Reflektion sollen diese Spannungen, die von den unterschiedlichsten Seiten auf Behandler*innen einwirken, identifiziert und in der Bedeutung für die Güte psychotherapeutischer Behandlungen tiefer bearbeitet werden. Besonderer Wert wird darauf gelegt, in diesem Komplex der Kontroversen mit sich in der therapeutischen Rolle fürsorglich und achtsam umzugehen.
In den Sprechstunden der Vortragenden (ambulante Praxis, Gründung von drei Spezialsprechstunden in Berlin) werden bislang nahezu ausschließlich männliche Betroffene mit auffälligem Videospielkonsum vorstellig. Die weiblichen Jugendlichen und (jungen) Frauen sind dabei jedoch unter Umständen nicht minder betroffen. Das Problem: sie konsumieren sozial erwünschter, fallen dabei insbesondere den Eltern weniger auf. Eine Abhängigkeit kann dennoch vorliegen. Um die Symptomatik adäquat aufgreifen zu können, nutzt Dr. Illy das von ihm entwickelte Therapiemanual zur Etablierung einer Teilabstinenz. Dabei wird dem Konsum nicht strafend begegnet, sondern Vor- und Nachteile abgewogen. Besonderes Augenmerk wird dabei auf die an das Medium bindenden Faktoren gerichtet: sozialer Austausch, insbesondere zu Zeiten der Pandemie, muss mit Risiken wie Cybergrooming, Cybermobbing, Pro-Anorexie-Angeboten und Selbstverletzungs-Foren abgewogen werden. Der sichere und selbstbestimmte Gebrauch der Medien steht dabei an vorderster Stelle. In der Elternarbeit wird dazu parallel mit den Bezugspersonen gearbeitet. Diese ist insbesondere die Domäne der zweiten Leitung des Workshops, Lisa Kehler. Als Systemikerin hat sie die gesamte Familie im Blick. Nicht selten ist auch hier eine Veränderung des Medienkonsums sinnvoll. Gemeinsam bieten die beiden nach dem Erfolg des Workshops von Dr. Illy auf dem DGPPN Kongress 2022 nun einen praxisnahen und anschaulichen Workshop mit einem Schwerpunkt auf der Social-Media-Nutzung an. Dieser richtet sich sowohl an Anfänger als auch Fortgeschrittene und ist für alle therapeutisch und beratend tätigen Kollegen interessant.
Der Bedarf an alterspsychiatrischer Medizin wird in Zukunft sowohl in den Praxen als auch in der stationären Versorgung weiter ansteigen. Insbesondere die Gruppe der Hochaltrigen nimmt rapide zu. Dies erfordert besondere Kompetenzen im Umgang mit kognitiven Einschränkungen, Verhaltensauffälligkeiten bei Demenz, deliranten Syndromen und die Beachtung von Multimorbidität, Polymedikation und erhöhtem Komplikationsrisiko. Überschneidungsbereiche zu internistische Themenfelder wie z. B. die QTc-Zeit, Nieren- und Leberfunktion als zu berücksichtigende Faktoren in der Psychopharmakologie werden dargestellt. Neurologische Komorbiditäten wie das Parkinsonsyndrom und die Epilepsie, die gehäuft mit psychiatrischen Störungen im Alter assoziiert sind, werden in ihrer Bedeutung für die psychiatrische Therapie vorgestellt. Fallstricke und Besonderheiten in der Diagnostik und Therapie bei psychiatrischen Erkrankungen im Alter werden anhand von Fallbeispielen erarbeitet.
Der Workshop richtet sich an ärztliche Kolleginnen und Kollegen, die sich auf die Arbeit mit alterspsychiatrischen Patienten vorbereiten wollen bzw. bereits eigene Erfahrungen auf Facharztniveau gesammelt haben und sich im Rahmen des Workshops mit den Referenten und untereinander austauschen möchten. Die Inhalte dieses Workshops sind zu den Inhalten des Workshops Alterspsychiatrie: Schwerpunkt Affektive Störungen und Psychotherapie komplementär.
Studien zeigen, dass Rassismus und andere Formen der Abwertung und Ausgrenzung z. B. aufgrund des Geschlechts oder der geschlechtlichen Identität, der Religion, des Alters oder der sozialen Herkunft einen signifikanten Einfluss auf das Leben von Menschen hat. Menschen mit Migrationserfahrungen, PoCs, Muslime und Schwarze Menschen sind der rassistischen Diskriminierung besonders ausgeliefert. Rassismus jedoch als sequentielles Trauma zu benennen, das psychische Belastungen wie bspw. PTBS, Angstzustände, Alpträume und Depressionen verursachen und damit die (psychische) Gesundheit von Menschen stark beeinträchtigen kann, stellt weiterhin ein Tabu-Thema im gesellschaftlichen Diskurs dar. Nicht ohne Grund findet die Auseinandersetzung mit Rassismus weder Platz in der Ausbildung von klinischen Psychologen oder Beratern noch Erwähnung in Ausbildungscurricula privater Ausbildungsinstitute.
Als theoretische Einführung wird der Workshop Rassismus als historisch gewachsenes, strukturelles Phänomen in der Gesellschaft thematisiert und u. a. die psychologischen Wirkfaktoren von rassistischer Diskriminierung (z. B. Mikroaggressionen, Alltagsrassismus) herausgearbeitet. Die Teilnehmenden sollen im Zuge dessen für Rassismus als einen wesentlichen Risikofaktor für die psychische Gesundheit von Betroffenen wie MMM, Muslime, PoCs und Schwarze Menschen sensibilisiert werden. Auf dieser Basis werden interaktiv mit der Gruppe Implikationen für die therapeutische Arbeit mit von Rassismus betroffenen Menschen abgeleitet. Im praktischen Teil werden die Teilnehmenden außerdem in Kleingruppen- und Fallarbeit angeregt, eigene Haltungen, Denk- und Verhaltensmuster zu reflektieren sowie konkrete psychotherapeutische Interventionen kennenzulernen und zu diskutieren.
Die Auswahl der „richtigen“ Psychopharmaka stellt in der klinischen Praxis eine große Herausforderung dar. Auch wenn die Anzahl neuer Psychopharmaka in den vergangenen Jahren recht überschaubar geblieben ist, gibt es immer wieder wichtige neue Erkenntnisse zu bereits bekannten Substanzen.
In diesem Workshop informieren die jeweiligen Spezialisten in ihrem Fachgebiet über neue Erkenntnisse und Trends in der Psychopharmakologie und geben einen aktuellen Überblick über Antidepressiva, Antipsychotika, Stimmungsstabilisatoren, Stimulanzien und Medikamente zur Behandlung von Schlafstörungen sowie über die Pharmakotherapie im Alter und bei Demenz. Dabei wird großer Wert auf den praxisnahen Einsatz gelegt, neben der patientenspezifischen Auswahl liegt der Schwerpunkt auf Kombinationsmöglichkeiten, Interaktionen und medikamentösen Strategien bei Therapieresistenz. In abschließenden Falldiskussionen können vorbereitete oder eigene Fälle besprochen und Erfahrungen ausgetauscht werden.
Neurofeedback ist eine psychophysiologische Behandlungsmethode, die in den letzten Jahren für die Behandlung von Erwachsenen und Kindern mit verschiedenen Störungen entwickelt und evaluiert wurde. Erfolge in der Behandlung von Epilepsien und der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) konnten gezeigt werden. Auch andere Anwendungsbereiche wie z. B. Tinnitus, Tourette, Migräne, primäre Insomnie, Autismus oder Leistungssteigerung bei Gesunden werden zunehmend untersucht und/oder von Patienten nachgefragt. Damit ist in der Schnittmenge von Medizin und Psychologie eine Nachfrage entstanden, die weder Ärzte noch Psychologen in Ermangelung einschlägiger Ausbildung auch nur annähernd befriedigen.
Im Workshop werden die hirnphysiologischen und lerntheoretischen Grundlagen des Neurofeedbacks vorgestellt. Am Beispiel der ADHS werden Behandlungsprotokolle und ihre Einordnung in ein verhaltenstherapeutisches Vorgehen besprochen. Es werden Forschungsergebnisse zur Wirksamkeit vorgestellt und ein Ausblick auf andere Anwendungen gegeben. Ein Schwerpunkt wird in der Einführung in die Technik liegen. Neurofeedback-Geräte stehen zu Demonstrationszwecken und für eigenständige Übungen zur Verfügung.
Zielgruppe: Psychiater, Psychotherapeuten, Pädiater, Neuropädiater, Psychologen, EEG-Assistenten.
Didaktische Methode: Vortrag, Demonstrationen und eigenständige Übungen am Feedback-Gerät.
Im Workshop werden Kriterien vorgestellt, anhand derer eine größere Sicherheit in der Diagnosestellung der DIS und der anderen dissoziativen Störungen erreicht werden kann. Darüber hinaus werden Faktoren dargestellt, welche das Erkennen der Erkrankung erschweren. Neben störungsimmanenten Aspekten (mangelndes Vertrauen in Beziehungen, fehlendes Bewusstsein für die eigene Symptomatik) wird beschrieben, dass auch Fehlvorstellungen und professionelle Skepsis die Diagnose erschweren, zumal viele Therapeuten von einem floriden und dramatischen Erscheinungsbild ausgehen (ISSTD 2011, 2014; Brand et al 2016). Es wird gezeigt, dass es sich viel häufiger um ein eher diskretes dissoziatives Symptomspektrum handelt, dass von einer polysymptomatischen Mischung aus komorbiden PTBS und nicht Trauma bezogene Symptome überlagert wird (ebd.). Zudem wird ein Überblick über das phasenorientiere Vorgehen gegeben, dass sich an den sonstigen Standards zur Behandlung komplexer PTBS orientiert (Brand et al., 2019; Steele et al., 2017; Wöller et al. 2020). Darüber hinaus werden störungsspezifische Interventionstechniken vorgestellt, die darauf abzielen, die dissoziativen Symptome zu überwinden. Insbesondere wird gezeigt, wie die aktive Einbeziehung dissoziierter Persönlichkeitsanteile genutzt werden kann, um spezifische und oft gravierende Einschränkungen (wie z. B. Suizidalität, schwere Angstsymptome, Selbstverletzungen) zu überwinden (Steele et al., 2017).
Arbeitsgrundlage des Workshops sind die Expertenempfehlung für die Behandlung der dissoziativen Identitätsstörung bei Erwachsenen der International Society for the Study of Trauma and Dissociation (Chu et al. 2011; deutsche Bearbeitung Gast & Wirtz, 2014, aktualisierte Neuauflage 2022).
Der Workshop richtet sich an alle diagnostisch und therapeutisch tätigen Berufsgruppen in Kliniken und Praxen.
Dieser Workshop hat zum Ziel, Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung auf die Neurologie-Rotation vorzubereiten. Zumeist an typischen Fallbeispielen sollen diagnostische Pfade, differentialdiagnostische Überlegungen und therapeutische Optionen aufgezeigt werden. Hierfür erfolgt eine Unterteilung in die Themengebiete: vaskuläre Neurologie, Kopfschmerz/Schwindel, entzündliche Erkrankungen, Anfallserkrankungen, Bewegungsstörungen/degenerative Erkrankungen und periphere Neurologie. Zusätzlich werden in Kleingruppen Befunde interpretiert und diskutiert, sowie -hands on- wertvolle Hinweise durch spezielle Untersuchungstechniken vermittelt.
Für die individuelle Therapiegestaltung eröffnen moderne verhaltenstherapeutische Verfahren vielfältige Möglichkeiten. Gemeinsam ist ihnen, dass sie als Fertigkeitentraining angelegt sind. Die Akzeptanz- und Commitmenttherapie (ACT) und die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) konzentrieren sich vor allem auf intra- und extrapsychische Prozesse des Patienten.
Dieser Workshop vermittelt einen lebendigen Eindruck, wie Tools aus der ACT und der DBT geschickt eingesetzt werden können, um schwierige Therapiesitzungen zu meistern (z. B. Non-Compliance, schwierige Patienten-Therapeuten-Beziehung, Suizidalität, Selbstverletzung). Dabei werden diese Verfahren sowohl im Einzelnen vorgestellt als auch praxisnah demonstriert. Anhand von Rollenspielen werden Fallvignetten zu verschiedenen Problemsituationen aufgearbeitet. Neben der Möglichkeit, Ihre konkreten Patientenfälle zu diskutieren, werden Sie vielfältige Anregungen erhalten, wie Sie Ihre psychotherapeutische Arbeit zukünftig noch effektiver gestalten können.
Methoden: Kurzvorträge; interaktives Rollenspiel; Übungen; Praxisbeispiele; Austausch und Reflexion.
Ziel: Erweiterung der eigenen Methodenvielfalt in psychotherapeutischen Situationen wie auch psychiatrischen Gesprächssituationen.
Zielgruppe: ärztliche und psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, Studierende der entsprechenden Fachrichtungen, Psychologinnen und Psychologen
Literatur: Bohus, M. & Wolf-Arehult, M. (2018) Interaktives Skillstraining für Borderline-Patienten: Das Therapeutenmanual. Stuttgart: Schattauer; Romanczuk-Seiferth, Burian, Diefenbacher (2021). ACT in Klinik und Tagesklinik. Stuttgart: Kohlhammer; Hayes, Strosahl, Wilson (2014). Akzeptanz- und Commitmenttherapie. Paderborn: Junfermann.
Wenn Kinder und Jugendliche mit ADHS älter werden, persistieren bei dem überwiegenden Teil der Betroffenen die Symptome der Störung in unterschiedlicher Ausprägung. Darüber hinaus bestehen häufig komorbide psychische Erkrankungen, vor allem Angst, Depression und Abhängigkeitserkrankungen. Das diagnostische und therapeutische Vorgehen im Kindes- und Jugendalter lässt sich allerdings nicht 1:1 auf die Situation in der Adoleszenz und im Erwachsenenalter übertragen. Vielmehr stehen in jeder Altersstufe andere Probleme und Lebenssituationen im Vordergrund, die ein altersadaptiertes Vorgehen nach sich ziehen. Ziel des Workshops ist es daher, neben den störungsspezifischen Grundlagen die spezifischen diagnostischen und therapeutischen Besonderheiten der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung in der Adoleszenz und im Erwachsenenalter zu vermitteln.
Der Workshop gliedert sich in einen Grundlagenteil, in dem die Aspekte Epidemiologie, Ätiologie, Diagnostik und Verlauf über alle Altersstufen behandelt werden. Im zweiten Teil werden die spezielle Diagnostik, Therapie und Therapieprobleme in der Adoleszenz und im Erwachsenenalter dargestellt. Neben der altersadaptierten medikamentösen Therapie liegt ein Schwerpunkt auf der Vermittlung von Psychotherapie- und Coachingmethoden.
Zielgruppe: Der Workshop richtet sich an Psychiater, ärztliche und psychologische Psychotherapeuten und an andere Berufsgruppen, die in ihrem Alltag mit ADHS-Patienten zu tun haben.
Methodik und praktische Fertigkeiten: Theorievermittlung mit Diskussion, Videodemonstration, Vorstellung von praxisnahen Fallbeispielen, praktische Übungen in Gruppen, Erlernen psychotherapeutischer Techniken
Die Teilnehmenden lernen die psychologische, psychiatrische Diagnostik/Differentialdiagnostik bei ADHS im Erwachsenenalter, sowie die somatische Ausschlussdiagnostik. Des Weiteren werden die Leitlinien-gerechte Psychopharmakotherapie und Psychotherapie vermittelt.
Literaturempfehlung: Kahl KG, Puls J, Schmid G, Spiegler J: Praxishandbuch ADHS – Diagnostik und Therapie für alle Altersstufen; 2. überarbeitete und erweiterte Auflage, Georg Thieme Verlag KG 2012
„Ich werde auf meine eigene Gesundheit, mein Wohlergehen und meine Fähigkeiten achten, um eine Behandlung auf höchstem Niveau leisten zu können.“ heißt es in der überarbeiten Fassung des Genfer Gelöbnisses des Weltärztebundes von 2017. Gerade bei Ärzten und Therapeuten scheinen im Sinne des Modus-Modells der Schematherapie nach Young häufig Schemata wie z. B. „Unerbittliche Standards“ oder „Aufopferung“ (Kaeding et al. 2017) zu bestehen. Daraus resultierende Schwierigkeiten im ärztlichen Berufsalltag wie z. B. mangelnde Grenzziehung, geringe Selbstfürsorge, mangelnde Selbstwahrnehmung und Emotionsregulation (u. a. Zwack et al. 2013) sollen im Workshop inhaltliche Schwerpunkte darstellen. Eigenes therapeutisches Wissen zu Resilienz fördernden Verhaltensweisen und Möglichkeiten der Grenzziehung im klinischen Alltag bei gleichzeitigem Weiter-Brennen für den Beruf soll aktiviert und mit dem eigenen Verhalten in Bezug gesetzt und reflektiert werden, um individuelle Wege zur Resilienz zu finden.
Mögliche Gliederung der einzelnen Tage: Bestandsaufnahme zum Thema „Ärztegesundheit in Deutschland“ – Einschätzung der eigenen Belastungs-Anforderungen und Ressourcen; Warum bin ich eigentlich Arzt/Ärztin oder Therapeut/Therapeutin geworden? Der verwundete Heiler – nur ein Mythos? Wie gelingt es mir, mich langfristig resilienter zu verhalten in 1. Arzt-Patienten-Beziehungen 2. kollegialen Beziehungen 3. eventuell auch in privaten Beziehungen. Ein Minimum an Selbstfürsorge; Selbstmitgefühl für Helfende; Möglichkeiten der akuten Stressreduktion; Zeitmanagement; Herausforderungen in der Behandlung von (psychisch) erkrankten Ärzte/Ärztinnen und Psychotherapeuten/Psychotherapeutinnen.
Bereitschaft zum Austausch, Neugier auf eigene Anteile und zur Selbsterfahrung im kollegialen Rahmen wird für diesen Workshop vorausgesetzt. Der Workshop ist gleichermaßen für Erfahrene wie Personen am Anfang der Ausbildung geeignet, da sich Themen und Herausforderungen durch berufliche Biografien hindurchziehen.
Die Sachverständigentätigkeit in der Psychiatrie stellt ein eigenes Spezialgebiet dar und erfordert eine profunde Einarbeitung in die „dialogische Schnittmenge“ zwischen Justiz und Psychiatrie. Die Rolle der sachverständigen Person unterscheidet sich grundlegend von der behandlerischen Aufgabe und erfordert die Kenntnis der fachbezogenen Erwartungen, die die Justiz als Auftraggeber an sachverständige Experten stellt. Dieser Workshop ist ein Einführungskurs für all jene Psychiater und Psychologen, die sich mit Fragen zur Beurteilung der Schuldfähigkeit befassen möchten und eine Art Handreichung bekommen wollen, wie man bei Erhalt eines Gutachtenauftrags vorgeht und in welchem juristischen Kontext man sich mit seiner Tätigkeit befindet.
Zahlreiche, bekannte Zitate über das Erfahren von Kränkungen (z. B. aus Homers Odyssee „Dulde, mein Herz! Du hast noch härtere Kränkungen erduldet“) verdeutlichen die zentrale Bedeutung des Gefühls und Erlebens im Laufe der menschlichen Entwicklung. Sowohl im Alltag als auch im psychotherapeutischen Kontext sind wir immer wieder mit Kränkungsthemen konfrontiert. Schwierige, verletzende zwischenmenschliche Erfahrungen können Kränkungen verursachen. Im Mittelpunkt stehen Themen wie: sich nicht ernst genommen fühlen, wenig wichtig zu sein, zurückgewiesen oder kritisiert zu werden. Kränkungserfahrungen haben einen großen Einfluss auf Beziehungsqualitäten und allzu oft kommt es vor diesem Hintergrund zu Beziehungsabbrüchen. Je nach frühkindlichen, biografischen Erfahrungen und aktivierten Schemata/Grundüberzeugungen reagieren Menschen unterschiedlich auf potentiell Kränkendes. Wenig hilfreiche Bewältigungsstrategien zur Reduktion des Kränkungserlebens können mit Gefühlen wie Rache, Ohnmacht, Wut, Traurigkeit oder Angst einhergehen.
Was unterscheidet resiliente Verarbeitungsstrategien von dysfunktionalen Bewältigungsstrategien? Wie können wir Kränkungserfahrungen für die Therapie nutzbar machen und intra- sowie interpsychische Strategien fördern? Welcher Umgang ist selbstwertförderlich trotz Kränkungserfahrungen? Diesen und weiteren Fragen wollen wir uns mittels emotionsfokussierter und verhaltenstherapeutischer Interventionen innerhalb des Workshops zuwenden und auseinandersetzen. Außerdem wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, wie wir mit Kränkungen innerhalb der therapeutischen Beziehung umgehen können. Wie können wir diese, wenn sie einmal aufgetreten sind, therapeutisch nutzbar machen und die Patienten dabei unterstützen, korrigierende Erfahrungen zu machen.
Der Workshop richtet sich an alle therapeutisch arbeitenden Kollegen sowohl aus dem ärztlichen als auch psychotherapeutischen Kontext.
Rahmenbedingungen: Interaktioneller Workshop mit theoretischen Anteilen sowie Möglichkeiten des Austausches, Einüben von Interventionen in Kleingruppen, Bearbeitung von Arbeitsmaterialien auch mit Selbstreflektionsanteilen für Therapeuten, Fallbeispiele und Möglichkeiten, eigene Patienten einzubringen.
Literatur: Brähler, C. (2020). Neue Wege aus der Einsamkeit. Mit Selbstmitgefühl zu mehr Verbundenheit finden. München: Irsiana. Haller, R. (2015). Die Macht der Kränkung. Elsbethen: Ecowin. Lammers, M.; Ohls, I. (2023). Therapie-Tools Kränkung und Einsamkeit. Weinheim: Beltz-Verlag Schmidbauer, W. (2019). Die Geheimnisse der Kränkung und das Rätsel des Narzissmus. Seelische Verletzbarkeit in der Psychotherapie. (3. Aufl.). Stuttgart: Klett-Cotta.
Wenn sich Lebensbedingungen in persönlichen und globalen Krisen verändern, kommt es häufig auch zu zwischenmenschlichen Konflikten und Anpassungsleistungen sind erforderlich. Die Interpersonelle Psychotherapie, eine der etabliertesten evidenzbasierten Depressionstherapien, bietet mit ihren umschriebenen Problembereichen (zwischenmenschliche Konflikte, Rollenwechsel, Einsamkeit und Trauer) hilfreiche und leicht erlernbare Tools, um Probleme in der Lebensbewältigung und depressive Begleitsymptome zu überwinden. Die Vorgehensweise ist betont lebensnah, wobei die emotional-interpersonelle Bearbeitung der o. g. Problemfelder im Vordergrund steht. Die IPT bietet dabei transdiagnostische und transkulturelle Behandlungsansätze.
Ein praxisorientierter Workshop mit vielen Fallbeispielen, Demonstrationen und Rollenspielen.
Angsterkrankungen zählen mit einer 12-Monatsprävalenz von 14% und ca. 61,5 Millionen Betroffenen in der Europäischen Union zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und gehen mit einer hohen sozioökonomischen Belastung einher.
Im diesjährigen State-of-the-Art Symposium „Angststörungen“ werden erneut aktuelle Daten zu Epidemiologie, Neurobiologie und psychologischen Entstehungskonzepten sowie psychotherapeutischen und pharmakotherapeutischen Ansätzen bei Angsterkrankungen vorgestellt.
Nach Jahrzehnten der Stagnation in der Antidepressiva-Entwicklung kam es in den letzten zehn Jahren zu einem bemerkenswerten Fortschritt auf diesem Feld. Insbesondere durch das Repurposing von bereits bekannten Substanzen (zugelassene Medikamente als auch Genussdrogen) konnten in relativ kurzer Zeit neue Psychopharmaka zur Marktreife bzw. Zulassung gebracht werden. All diesen Ansätzen ist gemeinsam, dass es sich möglicherweise um schnellwirksame Antidepressiva (rapid acting antidepressants, RAADs) handelt, also um Pharmaka, die ihre Wirkung binnen Stunden oder weniger Tage entfalten und nicht erst nach Wochen. Darüber hinaus haben sie meist auch eine Effektivität bei therapieresistenten Depressionen und decken somit ein großes „unmet clinical need“ ab, so dass große Erwartungen an diese heterogene Subtanzgruppe gerichtet werden. Auch die molekularen Targets unterscheiden sich von konventionellen Antidepressiva: diese Substanzen setzen nicht an Monoamintransportern oder Adrenozeptoren an, sondern an Glutamat-Rezeptoren, GABA-Rezeptoren oder 5HT2a-Rezeptoren. Ausgewiesene Experten geben in diesem Symposium einen Überblick über die vorhandene Datenlage zur Effektivität von Esketamin (hier auch Daten aus einer großen, bislang unpublizierten Head-to-Head-Studie gegen Quetiapin-Augmentation), Psilocybin, Lachgas, GHB und Neurosteroide (bspw. Allopregnanolon) bzw. TSPO Liganden. Keines dieser Moleküle hilft aber allen Patienten, es handelt sich auch nicht um „Wunderdrogen“, wie es häufig in der Laienpresse dargestellt wird. Der Einsatz dieser Pharmaka wirft daher viele Fragen auf: welches Medikament ist für welchen Patienten geeignet? Gibt es Prädiktoren für das Ansprechen? Und in welcher Indikation bzw. Behandlungsphase sollten diese Substanzen eingesetzt werden? Wie ist der Stand der Entwicklung dieser Medikamente? Auch diese Fragen sollen in diesem Symposium angesprochen werden, da der klinische Einsatz dieser Medikamente unmittelbar bevorsteht.
Die Erderhitzung verursacht nicht nur bekannte Phänomene wie Dürren und steigende Meeresspiegel, sondern führt auch zu einer Krise der psychischen Gesundheit. Durch die Zunahme von Extremwetterereignissen steigt z.B. die Häufigkeit von Akuten und Posttraumatischen Belastungsstörungen, Ängsten, Depressionen, Somatisierungsstörungen und Suchterkrankungen. Auf der sozialen Ebene mehren sich Auseinandersetzungen und Konflikte, das Kohärenzgefühl in der Gesellschaft nimmt ab, Segmentierungsprozesse werden beschleunigt. Die Wahrscheinlichkeit von Kriegen steigt.
Neben der klar prognostizierten Zunahme von psychischen Erkrankungen kann auch die innere Verarbeitung der Bedrohungssituation herausfordernd sein und wird uns zukünftig vermehrt auch im therapeutischen Setting begegnen. Besonders verbreitet sind Wut und Ärger, z.B. infolge der wahrgenommenen Untätigkeit der eigenen Regierung, sowie die Klimaangst, eine mit der globalen Erderwärmung verbundene umweltbezogene Angst. Auch berichten einige Menschen über ein belastendes Gefühl des Verlustes, das entsteht, wenn jemand die Veränderung oder Zerstörung der eigenen Heimat bzw. des eigenen Lebensraums direkt miterlebt, was als Solastalgie bezeichnet wird. Die Klimakrise ist jedoch auch eine Konsequenz menschlichen Handelns und Nichthandelns, wobei psychologische Verarbeitungsprozesse eine bedeutende Rolle spielen.
Psychotherapeut*innen sehen sich zunehmend mit Herausforderungen im Zusammenhang mit der Klimakrise konfrontiert. Hierzu wurden sie in ihrer Aus- und Weiterbildung bisher wenig vorbereitet. Klimaemotionen wie Klimaangst und Solastalgie können behandlungsbedürftige Störungen begleiten und erschweren. Unterschiedliche Haltungen zur Klimakrise, wie beispielsweise Bagatellisierung, Defätismus oder Leugnung, werfen zudem ethische Fragen auf. Trotz des Wunsches, eine aktive Rolle bei der Bewältigung der Klimakrise zu übernehmen, besteht Unsicherheit darüber, wie solche Situationen in der Praxis gehandhabt werden können.
Daher zeigen drei Psychotherapeutinnen, die sich im Kontext der Klimakrise engagieren, psychotherapeutische Umgangsweisen anhand eines Patientenbeispiels, der nach anfänglicher Klimaleugnung durch einen Aufenthalt in Borneo die Ausmaße der Klimakrise erkannte und in ein tiefes Loch fiel. Nach mehreren frustranen Arztbesuchen landete er bei einer Psychiaterin, die seine Klimaemotionen validieren und einordnen konnte (Rollenspiel 1). Während einer ambulanten Psychotherapie galt es, adaptive Umgangsformen mit seiner Klimaangst und Solastalgie (Rollenspiel 2) zu finden. Monate später suchte er aufgrund eines verzweifelten und ermüdenden Aktivismus und existentiellen Sinnfragen eine psychotherapeutische Beratung bei den Psychotherapist for Future auf (Rollenspiel 3). Die Rollenspiele sollen zeigen, wie durch Strategien u.a. aus der Schematherapie bzw. der Akzeptanz- und Commitment-Therapie adaptive Bewältigungsstrategien entwickelt werden können (insb. Akzeptanz, Selbstfürsorge und Engagement, vgl. Chmielewski, 2023).
Die Veranstaltung schließt mit einer moderierten Reflexion und Diskussion über therapeutische und berufsethische Möglichkeiten und Grenzen von Psychotherapeut*innen bei der Unterstützung von Menschen, die unter Klimaemotionen leiden, sowie deren Beitrag zur wirksamen Eindämmung des Klimawandels.
Qualitätsmessung ist in der forensischen Psychiatrie ebenso relevant wie in allen anderen Bereichen des Gesundheitssystems. Zugleich enthält der Qualitätsbegriff ganz verschiedene Konzepte und Erwartungen, die eng mit den Besonderheiten der „Forensik“, entsprechend dem gesetzlichen Auftrag, den dahinterstehenden Interessen und daraus abgeleiteten Besonderheiten der Organisation, zusammenhängen. Unter dem Oberbegriff „Qualität“ kommen verschiedene Intentionen zum Tragen, die dazu führen, dass Daten erhoben und ausgewertet werden, die auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben.
In dem Forum wird dieses Spannungsfeld anhand von drei Leitfragen diskutiert:
1. Was bedeutet Qualität in der forensischen Psychiatrie? Wie lässt sich der Qualitätsbegriff definieren, welche Arbeits- und Organisationsebenen werden berührt?
2. Gibt es Fallstricke in der Erhebung konkreter Indikatoren? Was lässt sich aus häufig genannten forensischen Qualitätsindikatoren (z. B. die Unterbringungsdauer) ableiten – und was nicht?
3. Wie werden Qualitätsdaten genutzt, von wem werden sie genutzt? Welchen Nutzen bringen standardisierte Erhebungsinstrumente für die Beurteilung forensischer (Behandlungs-)Qualität?
Das Diskussionsforum vereint auf Basis der mit etablierten Datenerfassungsinstrumenten gewonnen Erfahrungen die Perspektiven von Vertreterinnen und Vertretern aus Qualitätsmanagement, Klinikleitung, Fachministerium und Forschung. Nach sechsminütigen Impulsvorträgen durch die Diskutanten wird die Podiumsdiskussion eröffnet, zu der Beiträge aus dem Auditorium willkommen sind.
Das übergeordnete Ziel des Forums ist die Analyse der Konzepte, der Ebenen, der Interessen und Intentionen, die mit dem Qualitätsbegriff in der Forensischen Psychiatrie und Psychotherapie verknüpft sind. Vor diesem Hintergrund wird das Forum zum Verständnis und zur Klärung der Thematik beitragen. Mittelbar sind daraus positive Effekte für die Prozessoptimierung und Qualitätssicherung im forensischen Kontext zu erwarten.
Demenzerkrankungen gehören zu den häufigsten psychischen Störungen im Alter. Sie sind folgenschwer für den Einzelnen und stellen Gesundheits- und Sozialsysteme vor große Herausforderungen. Das lenkt den Blick auf die Prävention. Tatsächlich hat sich das Wissen über modifizierbare Risiko- und Schutzfaktoren in der letzten Dekade explosionsartig vergrößert. Ausgehend davon wurden Interventionsprogramme konzipiert. Das Symposium gibt einen Einblick in den Stand der Forschung, das Wissen der deutschen Bevölkerung zur Demenzprävention und aktuelle Interventionsprogramme am Beispiel der ersten deutschen Multikomponentenintervention für Risikopersonen – Agewell.de. Dazu werden die Hauptergebnisse des multizentrischen Trials erstmals vorgestellt und weitere Aspekte lebensstilbasierter Prävention in Vorträgen vertieft. Die Demenzprävention ist ein zentrales Zukunftsthema und bildet einen wichtigen Baustein der nationalen Demenzstrategie. Das Symposium leistet dafür einen wichtigen Beitrag.
Kognitive Defizite gehören zu den Kernsymptomen schizophrener Erkrankungen und sind für betroffene Patientinnen und Patienten regelhaft mit Einschränkungen in Lebensgestaltung und gesellschaftlicher Teilhabe verbunden. Vor allem im langfristigen Erkrankungsverlauf führen kognitive Defizite zu einem niedrigen psychosozialen Funktionsniveau. Etablierte Interventionen zeigen trotz effektiver Wirkung auf psychotische Symptome bei schizophrenen Erkrankungen nur geringe Verbesserungen der Kognition, so dass kognitive Defizite aktuell einen höchst unzureichend abgedeckten Symptomkomplex darstellen.
Im Rahmen des aktuellen Symposiums sollen in vier komplementären Vorträgen die unterschiedlichen Ansätze zur effektiven Behandlung kognitiver Beeinträchtigungen bei Patientinnen und Patienten mit Schizophrenie dargestellt werden. Der Schwerpunkt liegt dabei auf praktischen Anwendungen in der Klinik sowie auf aktuellen Entwicklungen in der Forschung.
Peter Falkai wird aktuelle Forschungsarbeiten zur Verbesserung der Kognition bei Schizophrenie durch Sport darstellen sowie die positiven Effekte auf die neurobiologischen Prozesse, die der Erkrankung zugrunde liegen. Im Anschluss wird Lana Kambeitz-Ilankovic kognitives Training als alternative Behandlungsoption darstellen und inwieweit innovative Ansätze aus dem Bereich der Präzisionspsychiatrie die Effektivität der Intervention optimieren können. Lena Feber wird aktuelle Ergebnisse einer Netzwerk-Meta-Analyse zu kognitiven Effekten etablierter antipsychotischer Therapien präsentieren. Zum Abschluss wird Alkomiet Hasan extrakranielle Hirnstimulation als innovative Ergänzung der existierenden Behandlungsoptionen bei Schizophrenie darstellen und deren Wirkung auf kognitive Symptome.
Der Weg von psychiatrischen Symptomen zur Körpersprache ist kurz. Symptomatik und körperlicher Ausdruck sind sogar untrennbar miteinander verbunden. Das gilt für den Ausdruck der Betroffenen Menschen aber auch für deren Selbstwahrnehmung.
Psychische Befindlichkeit lässt sich auch im klassischen Tanz darstellen und eröffnet allen Menschen wie auch den Betroffenen und Therapeutinnen einen neuen Blick auf psychische Erkrankungen.
Das InterPersona-Projekt verbindet seelische Befindlichkeit mit Tanz und zeigt eine besondere Tanzinstallation im multimedialen Charakter. Auf diese Weise lassen sich unterschiedliche psychische Befindlichkeiten, die bei jeder Erkrankung zu finden sind gleichzeitig auf der Bühne darstellen. Neben der Körperpsychotherapeutin und Primaballerina wird Hans Joachim Thimm (LWL-Klinik Dortmund) zum theoretischen Hintergrund von Körpersprache vortragen.
Major depressive disorder (MDD) is one of the leading causes of disability worldwide, resulting in an enormous individual suffering and socioeconomic burden. Despite its vast impact, current knowledge on its pathophysiology and the mechanism of action of antidepressant treatments is limited.
In this symposium, we will follow novel pathways in depression research. First, Igor Branchi (Rome, Italy) will explore the interaction between environment, brain plasticity and outcome of antidepressant therapy. Analyses from clinical trials and preclinical work suggest that behavioral changes in response to antidepressant drug therapy depend on an enhancement of brain plasticity but that its direction is guided by environmental stimuli. Eero Castren (Helsinki, Finland) focusses on the role of BDNF in brain plasticity. His group described a novel binding site for antidepressants on the TrkB-BDNF receptor that could lead to the development of innovative antidepressants. Stefan Vestring (Freiburg, Germany) describes the role of synaptic plasticity in the pathophysiology and treatment of depression. Synaptic plasticity is highly sensitive to behavioral stress. His group developed novel targets for pharmacological and RNA-based depression therapies. Kim Kuypers (Maastricht, Netherlands) explains clinical and neurobiological effects of psychedelics, which gain increasing importance in depression treatment and may modulate brain plasticity by alternative pathways, including BDNF.
In summary, this symposium converges on novel pathways for depression research that include modulation of brain plasticity, considers environmental stimuli and effects of stress and highlights innovative targets and mechanisms for antidepressant treatment, which may lead out of the innovation crisis in psychopharmacology.
Der Zusammenhang ungünstiger Lebenserfahrungen und psychischen Erkrankungen ist Grunderfahrung in der psychiatrisch-psychotherapeutischen Arbeit. Zuletzt wurde die Bedeutung frühkindlicher Belastungen (FKB) als Risikofaktor für die seelische Gesundheit Betroffener und auch für die Entwicklung deren Nachkommen herausgearbeitet. Zentral erscheint die Aufdeckung biologischer und psychischer Mechanismen der Wirkung von FKB (z. B. Epigenetik, Genexpression, Hypothalamus-Hypophysen-NNR-Achse, neuronale Veränderungen, Emotionsverarbeitung). In dem Symposium werden aktuelle Befunde hierzu vorgestellt.
Im ersten Beitrag wird dargestellt, wie sich Art und Zeitpunkt von traumatischen Kindheitserfahrungen auf die Funktion und Struktur des Gehirns auswirken. Weiterhin werden Besonderheiten der sozialen Interaktion und Emotionsregulation bei Betroffenen mit FKB und Borderline-Störung bzw. PTBS beleuchtet (Christian Schmahl, Mannheim).
Im zweiten Beitrag werden Untersuchungen zu FKB-assoziierten epigenetischen Veränderungen als Biomarker bei schwerer Depression dargestellt, sowie auch transkriptionale Zusammenhänge zwischen FKB und sozialer Phobie mit Hinweisen auf eine gemeinsame Äthiopathologie mit der Panikstörung (Vanessa Nieratschker, Tübingen).
Im dritten Beitrag folgt die Perspektiverweiterung auf zerebrale Aktivierungsmuster bei FKB und sozialer Phobie. Es wird demonstriert wie tiefgreifend FKB die zerebrale Repräsentation der sozialen Phobie beeinflussen (Benjamin Kreifelts, Tübingen).
Im abschließenden Vortrag wird anhand des für Entzündungsprozesse und die endokrine Stressreaktion relevanten Endocannabinoidsystems aufgezeigt, wie FKB in einer longitudinalen Untersuchung transgenerational von Mutter zu Kind in der Schwangerschaft und post-partum wirksam werden (Melissa Hitzler, Ulm).
Diagnostik und Therapie psychischer Erkrankungen beruhen derzeit immer noch auf der Grundlage klinischer Kriterien. Analog zu onkologischen Erkrankungen sucht die neurowissenschaftliche Forschung bei psychischen Erkrankungen nach Markern und Krankheitsbeschreibungen, die eine personalisierte Diagnostik und Therapie unterstützen.
Am weitesten sind hierbei Ansätze im Bereich der Demenzdiagnostik. Jens Wiltfang wird den aktuellen Stand der Liquor- und Blut-basierten Früh- und Differentialdiagnostik neurodegenerativer Erkrankungen vorstellen und wie diese heute schon eine differentielle Therapie von Demenzerkrankungen ermöglicht.
Psychische Erkrankungen können sowohl im Zusammenhang mit seltenen genetischen Erkrankungen als auch auf dem Boden einer genetischen Prädisposition auftreten. Eva Schulte wird das diagnostische Vorgehen nach Gendiagnostikgesetz und Behandlungsleitlinien an Beispielen skizzieren und auch auf aktuelle Befunde zur genetischen Grundlagenforschung eingehen. Ein humanes Modell zum Verständnis molekularer Befunde aus Biomarker und genetischen Untersuchungen sind menschliche Zellkulturmodelle mit neuronalen Zellen von Patientinnen und Patienten. Sarah Kittel-Schneider wird in ihrem Beitrag die Chancen und Grenzen von humanen Zellmodellen psychischer Erkrankungen darstellen. Mit dem Ziel der Personalisierung der Diagnostik und Therapie psychischer Erkrankungen werden diese zunehmend auch anhand ihres Verhaltens über die Zeit mit Apps und anderen Ansätzen beschrieben. Krankheitsverläufe, die meist über viele Jahre stattfinden, können in entsprechenden Tiermodellen verkürzt abgebildet werden.
Rainer Spanagel wird hierzu über das 24/7 Verhaltensmonitoring bei der Ratte als Beitrag zum Verständnis von Krankheitsverläufen und der Bestimmung von Kipppunkten berichten.
Belastende biographische Erfahrungen in Kindheit und Jugend (engl. adverse childhood experiences – ACE) sind bei Patientinnen und Patienten in psychiatrischen Kliniken häufig, stellen allgemeine Vulnerabilitätsfaktoren für psychische Erkrankungen dar und sind mit einer weniger günstigen Prognose bezüglich Krankheitsverlauf und Ansprechen auf Standardtherapien verbunden. Dabei sind Traumafolgeerkrankungen einschließlich und jenseits der posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und der komplexen PTBS (kPTBS) unterdiagnostiziert und lediglich eine kleinere Gruppe der Patientinnen und Patienten hat Zugang zu traumafokussierten Psychotherapieverfahren. Das vorgeschlagene Symposium soll diese Situation thematisieren und Möglichkeiten diskutieren, Informationen zu spezifischen biographischen Belastungsfaktoren in die Diagnostik und Therapie einzubeziehen.
Katja Bertsch (München) wird eine Einführung in die aktuellen Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie von Traumafolgeerkrankungen mit diagnosübergreifenden Bezug zum Spektrum psychischer Erkrankungen geben. Katja Seitz (Heidelberg) wird aktuelle Ansätze zur Erfassung früher biographischer Belastungsfaktoren, u. a. anhand des KERF-40+ Interviews, vorstellen und über eine transdiagnostische Studie zu Kindheitstraumata, Bedrohungssensitivität und Psychopathologie berichten. Matthias Reinhard (München) wird auf die Zusammenhänge zwischen biographischen Belastungsfaktoren und interpersonellen Problemen im Kontext depressiver Störungen eingehen und einen Ausblick geben, wie dies im klinischen Alltag, d. h. im diagnostischen bzw. therapeutischen Prozess und in der therapeutischen Beziehungsgestaltung berücksichtigt werden kann. Benedikt Amann (Barcelona) wird exemplarisch für ein traumafokussierten Therapieverfahrens theoretische Grundlagen und Anwendungspraxis von Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) vorstellen. Hierbei wird er insbesondere Erfahrungen der praktischen Anwendung im klinisch-psychiatrischen Kontext diskutieren.
Gesundheitskompetenz oder health literacy ist die Fähigkeit, Gesundheitsinformationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden. Gesundheitskompetenz beinhaltet Motivation, Wissen und Handlungskompetenz und ist damit die Grundlage für Prävention, Früherkennung, Therapieentscheidungen, aber auch Erste Hilfe für Angehörige, Freunde und Kollegen. Die Förderung von Gesundheitskompetenz bei Betroffenen, ihren Angehörigen und letztlich der Gesellschaft ist damit eine wesentliche Strategie zur Verbesserung der medizinischen Versorgung. Mental Health First Aid (MHFA) ist eine globale Bewegung der Gesundheitsbildung mit dem Ziel, Laien darin zu schulen wie man Erste Hilfe leisten kann bis für Betroffene mit psychischen Gesundheitsproblemen professionelle Hilfe zur Verfügung steht.
Die Beiträge des Symposiums stellen die Bedürfnisse hinsichtlich Gesundheitskompetenz und -bildung der Betroffenen und Angehörigen dar. Ein Beitrag widmet sich der Bedeutung von Gesundheitskompetenz hinsichtlich psychischer Störungen im Bereich der Arbeitsmedizin. Es wird der aktuelle Stand des Rollouts von MHFA in Deutschland dargestellt. Zudem werden erste deutsche Studiendaten zum Effekt von MHFA-Kursen auf Health Literacy dargestellt werden. Ein Update zur Evidenzbasierung von MHFA aus internationaler Sicht soll den aktuellen Stand der Forschung zu MHFA zeigen.
In aktuellen ethischen Entscheidungen in der forensischen Psychiatrie wird kontrovers diskutiert, ob und inwieweit Interessen Dritter ärztlich-therapeutische Entscheidungen mit beeinflussen dürfen. Ein Beispiel dafür ist die Anwendung von „Zwang“ bei der Behandlung und Sicherung im Maßregelvollzug, aber auch Themen, die außerhalb der forensischen Psychiatrie in der Medizin von Bedeutung sind.
Welche Rolle spielen gesellschaftliche Interessen bei ärztlich-therapeutischen Entscheidungen? Inwieweit wird die Selbstbestimmung von Patientinnen und Patienten durch Unterbringung und Behandlung eingeschränkt? Wie kann ein Behandlungsteam mit dem Wunsch nach einem assistierten Suizid im Maßregelvollzug umgehen?
In seinem Vortrag wird Thomas Pollmächer auf Aspekte fremdnützigen Handelns und deren Legitimität bei ärztlich-therapeutischen Entscheidungen in der Psychiatrie eingehen.
Anna-Karina Schomburg wird die Forschungsfrage diskutieren, inwieweit das Behandlungssetting der forensischen Psychiatrie die Autonomie von Patientinnen und Patienten einschränkt und welche Konsequenzen dies für ärztlich-therapeutische Entscheidungen haben kann.
Daran anschließend wird Dirk Hesse eine Kasuistik aus der forensischen Psychiatrie vorstellen und diskutieren, ob und unter welchen Bedingungen es aus ethischer Sicht geboten sein kann, einem Wunsch nach einem assistierten Suizid während einer geschlossenen Unterbringung im Maßregelvollzug nachzukommen.
Christian Prüter-Schwarte wird in seinem Beitrag aus einer sozialethischen Perspektive diskutieren, inwiefern der Maßregelvollzug eine das Gemeinwohl fördernde Einrichtung ist.
Das Symposium schlägt einen weiten thematischen Bogen von den aktuellen gesundheitspolitischen Vorhaben der Bunderegierung über die neue ICD-11-Kategorie Störungen der
Intelligenzentwicklung und den damit verbundenen konzeptionellen und begrifflichen Veränderungen bis hin zu ausgewählten fachlichen und konzeptionellen Besonderheiten der psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung von Menschen mit geistiger Behinderung oder Intelligenzminderung oder Störungen der Intelligenzentwicklung. Der Stellenwert der typischerweise zurückgebliebenen emotionalen Entwicklung sowohl für die Interpretation psychischer und Verhaltenssymptome als auch für adäquate Interventionen werden ebenso dargestellt wie praxisgeeignete Methoden (z. B. SEO oder SEED), den emotionalen Entwicklungsrückstand einzuschätzen.
Skizziert werden neuere Entwicklungen in Diagnostik und Therapie, insbesondere unter Berücksichtigung neuerer genetischer Erkenntnisse, ebenso die Beziehungen zu seltenen Krankheiten, darunter solche, die therapeutisch beeinflussbar sind („treatable intellectual disabilities“). Ausgewählte genetisch bedingte Syndrome mit charakteristischen Verhaltensphänotypen werden vorgestellt. Das Thema „borderline intellectual functioning“ wird angerissen.
Nicht nur „Spezialisten“ für die Zielgruppe, sondern auch psychiatrische und psychotherapeutische „Generalisten“, die in Praxis oder Klinik Menschen mit Entwicklungsverzögerungen versorgen und dabei auf anspruchsvolle Herausforderungen treffen, sollen mit den Entwicklungen der letzten Jahre bekannt gemacht werden. Diese Entwicklungen zeigen ein Arbeitsfeld von faszinierender Komplexität und erstaunlicher Entwicklungsdynamik.
Elektromagnetische Stimulation des Gehirns mit EKT und rTMS ist ein etabliertes Verfahren zur Depressionstherapie. In letzter Zeit wurden weitere Neurostimulationsverfahren entwickelt, die noch weitaus weniger verbreitet sind, jedoch großes Potential in der Behandlung von Depressionen haben, z. B. transkranielle Gleichstromtherapie (transcranial direct current stimulation; tDCS), Vagusnervstimulation (VNS, mit implantiertem Schrittmacher oder durch transkutane Stimulation/ tVNS) und die Tiefe Hirnstimulation (THS). Die tDCS ist ein nebenwirkungsarmes, einfach anwendbares Neuromodulationsverfahren. G. Burkhardt stellt die Ergebnisse der im Rahmen des Forschungsverbunds German Center for Brain Stimulation (GCBS) entstandenen DepressionDC-Studie vor, die als erste Multicenter-Studie tDCS bei Depression untersuchte und die Bedeutung evidenzbasierten Vorgehens bei der Anwendung von Stimulationsverfahren zeigt. Die tVNS ist auch nicht-invasiv und gut verträglich und geeignet für frühe Krankheitsstadien. S. Edwin Thanarajah zeigt erste Ergebnisse einer Studie und diskutiert den Einfluss von tVNS auf Inflammation, autonome Regulation und Verhalten bei Gesunden und Depressiven. Anders als tVNS ist die invasive Vagusnervstimulation eine bereits zugelassene Option für Patienten mit therapieresistenter Depression. C. Reif-Leonhard berichtet über das Verfahren sowie klinische Erfahrungen und stellt erste Daten einer neuen Multicenterstudie vor. Die invasivste Maßnahme ist die THS, die jedoch Patienten mit sehr therapierefraktären psychischen Störungen Hoffnung auf Linderung bietet. Bei Zwangsstörungen gibt es gute Evidenz, während die THS bei Depression weiterhin als experimentell, jedoch vielversprechend anzusehen ist, was durch J. Kuhn dargestellt wird. Diese Stimulationsverfahren sind eine wertvolle Ergänzung zu bestehenden antidepressiven Verfahren. Im Symposium wird diskutiert, welche Therapie für welchen Patienten im Sinne eines precision medicine-Ansatzes geeignet ist.
Seit Beginn des 21. Jahrhunderts hat sich Peer-Begleitung, die Unterstützung von Menschen mit psychischen Belastungen durch Menschen mit ähnlichen Erfahrungen, im Bereich psychische Gesundheit in Deutschland etabliert. Die Effektivität von Peer-Begleitung zur Stärkung von Selbstwirksamkeit und zu einer guten Recovery von Menschen mit Krisenerfahrungen ist inzwischen vielfach in internationalen Studien belegt und wird in der UN-Behindertenrechtskonvention gefordert. In etlichen psychiatrischen Kliniken ebenso wie bei sozialpsychiatrischen ambulanten Trägern sind heute Peer-Begleitende tätig. Die meisten sind über das Programm EX IN (Experienced Involvement) als Genesungsbegleitende qualifiziert. Daneben gibt es weitere innovative Initiativen, oft als Pilotprojekte. Unser Symposium stellt unterschiedliche Ansätze in verschiedenen Settings vor und betrachtet, welche Bedingungen nötig sind, damit Peers gut mit dem übrigen Team zusammen arbeiten können. Der erste Vortrag diskutiert den Umgang von Peer-/ Genesungsbegleitende mit beruflichem Stress. Der zweite Vortrag behandelt die Erfahrungen mit der Einführung von Genesungsbegleitung in akuten psychischen Krisen im Rahmen von Kriseneinsätzen eines sozialpsychiatrischen Dienstes. Im dritten Vortrag geht es um die Implementierung eines internationalen Ansatzes von Peer-Begleitung im Rahmen eines Forschungsprojekts. Der abschließende Vortrag stellt ein neues Projekt zur Peer-Begleitung von traumatisierten geflüchteten Menschen vor.
In der Dokumentation kommen Jugendliche mit unterschiedlichen Erfahrungen mit psychischen Krisen zu Wort.
Wann sind sie krank geworden? Gab es Auslöser? Was hat ihnen geholfen, was hat ihnen nicht geholfen? Was würden Sie sich im Umgang wünschen?
„Hört uns zu!“ motiviert die Zuschauer, genauer hinzuschauen und gibt Tipps für Jugendliche und alle, die mit ihnen zu tun haben.
Der Film wurde von Andrea Rothenburg, Psychiatrie Filme, produziert.
Dieses neue Veranstaltungsformat ermöglicht Journalistinnen und Journalisten vor Ort Einblicke in aktuelle Themen der Psychiatrie und Psychotherapie. Führende Expertinnen und Experten bieten je einen pointierten Überblick und stehen anschließend für Gespräche zur Verfügung.
Dass es einer entsprechenden Haltung bedarf, um Menschen in psychischer Erkrankung oder Krise beistehen zu wollen, ist mittlerweile unstrittig: „Haltung ist alles“ hört man heutzutage häufig. Und tatsächlich ist eine zugewandte Haltung und ein grundlegendes Interesse an der Arbeit mit Menschen in Krisen auch die Voraussetzung für den Erwerb erforderlicher Kompetenzen und Fertigkeiten.
Auf diese Konzepte, Modelle, Techniken wird im Workshop eingegangen: das Rüstzeug der psychiatrischen Pflege. Lebensweltorientierung und Nachhaltigkeit sind hierbei zentrale Aspekte. Die Referierenden verfügen über jahrzehntelange Erfahrung in der psychiatrischen Arbeit (ambulante Pflege, Soziotherapie, stationäre und stationsäquivalente Behandlung). Im Workshop stellen sie Interventionen vor, die aus ihrer theoretischen und praktischen Expertise besonders geeignet sind, Menschen bei der Überwindung ihrer psychischen Krisen zu unterstützen.
Der Workshop richtet sich an Pflegepersonen und Interessierte, unabhängig vom aktuellen Erfahrungsschatz, da neueste Erkenntnisse und Tendenzen in der psychiatrischen Arbeit vorgestellt werden. Zunächst wird dem Thema „Haltung“ Raum gegeben, bevor dann Basis- und spezifische Kompetenzen und Fertigkeiten vorgestellt und auch erprobt werden können.
Das gemeinsame Wirken unterschiedlicher Akteure ist in der psychiatrischen Behandlung der zentrale Faktor für eine gelingende Behandlung (Bhugra et al., 2017, Frenk et al., 2010). Das ist in der Theorie ebenso banal und allgemein anerkannt, wie in der Umsetzung kompliziert und schwierig. Die Komplexität in dieser Zusammenarbeit unterschiedlicher Berufsgruppen mit je eigener Kultur und fachlicher Expertise und Herangehensweise, strukturell anspruchsvolle Zusammensetzungen und psychodynamische Teamprozesse stellen eine besondere Herausforderung für die interprofessionelle Planung und Durchführung von Behandlungsprozessen dar.
In dem Workshop sollen Erfahrungen ausgetauscht und die verschiedenen Einflussfaktoren systematisch beleuchtet werden.
Der Workshop richtet sich an alle in der Psychiatrie tätigen Berufsgruppen und vermittelt Hilfen im Umgang mit interdisziplinären Konflikten und dem Gestalten gelingender multiprofessioneller Behandlungssettings.
Kritisiert wird die Psychiatrie nicht nur wegen einer inflationären Vermehrung der diagnostischen Kategorien, die in den fortlaufenden Versionen der Klassifikationssysteme vorgehalten werden, sondern auch wegen der konzeptionellen Verunsicherung in der psychiatrischen Nosologie. Sie ergibt sich aus der Abkehr von einem klinisch-psychopathologisch fundierten Krankheitsbegriff zugunsten einer deskriptiven, nur scheinbar atheoretischen Syndromatologie. Mit der Gewöhnung an die unspezifische Sammelbezeichnung der „Psychischen Störungen“ geht einher, dass sich das Feld der psychiatrisch diagnostizierbaren Zustände mittlerweile in dimensionaler Erstreckung bis weit ins Gesunde ausdehnt. Zu den damit verbundenen Konsequenzen gehört die Gefahr, psychopathologische Grundlagen und nosologische Konzepte des Faches nicht mehr in Symptomatik und Diagnostik klar benenn zu können, um das therapeutische Handeln zu legitimieren. Diese Entwicklungen sollen in unserem Symposion vor einem ideengeschichtlichen Hintergrund dargestellt und mit dem Publikum diskutiert werden.
Im Bemühen um die Reform der Krankenhausversorgung in Deutschland werden für die psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung unter anderem auch die Erfahrungen aus den Modellprojekten nach § 64b SGB V beleuchtet. Insbesondere die aktuell 15 Globalbudgets zeigen eindrucksvoll, dass eine sektorunabhängige Organisation der Behandlung mit den Mitteln des Krankenhauses ökonomische und inhaltliche Vorteile im Vergleich zur Regelversorgung hervorbringen kann. Schon mehren sich Beiträge unterschiedlicher Akteure zur Implementierung: sei es als Option, als festgelegte Vorgabe mit einem Entwicklungsplan für die kommenden 10-15 Jahre oder auch in Form einer Konvergenzphase mit spezifischen Anreizen für eine flexible und personenzentrierte Behandlung mit individualisierten Übergängen zwischen den jetzt starren Sektoren ambulanter, stationsäquivalenter sowie teil- und vollstationärer Krankenhausbehandlung in Psychiatrie und Psychotherapie. Das Diskussionsforum verfolgt das Ziel, politische und fachliche Argumente öffentlich zusammenzubringen und über die Weiterentwicklung der psychiatrischen Krankenhausversorgung auch im Anbetracht begrenzter personeller und finanzieller Ressourcen nachzudenken. Bundes- und landespolitische Akteure sind ebenso eingeladen, wie Kliniker, die vertraut mit der Materie sind, sehr unterschiedliche Erfahrungen im Ringen um ein alternatives Versorgungs- und Finanzierungssystem einbringen können.
Erwachsene mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) haben häufig multiple somatische und psychische Komorbiditäten, es bestehen erhöhte Morbiditätsraten und oftmals substantieller Unterstützungsbedarf in relevanten Lebensbereichen wie Gesundheit, Arbeit, Wohnen und Bildung.
Erwachsene mit ASS ohne intellektuelle Beeinträchtigungen berichten eine massive Unterversorgung in der medizinisch-therapeutischen Routineversorgung in Deutschland. Ursachen dafür sind oftmals fehlende Strukturen bzw. ein erschwerter Zugang zu vorhandenen Strukturen. Auch Barrieren auf individueller Ebene (z. B. kommunikative Beeinträchtigungen) und professioneller Ebene (z. B. fehlendes Fachwissen) werden berichtet. Die fehlende Unterstützung im Versorgungssystem wird oftmals von Angehörigen kompensiert. In dieser Folge der Unterversorgung sowie der Mehrbelastung Angehöriger entstehen hohe direkte und indirekte Kosten für das Versorgungssystem.
Die Möglichkeiten zur Teilhabe an relevanten Lebensbereichen sind bedeutsam für die Entwicklung und Aufrechterhaltung von Gesundheit. So kommt auch der beruflichen (Re-)Integration bei Erwachsenen mit ASS eine besondere Bedeutung zu: Bei vergleichsweise ähnlichen Ausbildungsvoraussetzungen weisen Betroffene eine etwa fünffach erhöhte Arbeitslosigkeit auf.
Das Symposium informiert in vier Vorträgen über den aktuellen Stand der Gesundheitsversorgung Erwachsener mit ASS ohne intellektuelle Beeinträchtigung in Deutschland. Es zeigt spezifische Barrieren und Bedarfe in den Bereichen Gesundheitsversorgung und berufliche Teilhabe auf und setzt diese in Bezug zu den entstehenden Kosten. Abschließend soll ein gestuftes Konzept bzw. Empfehlungen für eine bedarfsorientierte Versorgung von Erwachsenen mit ASS vorgestellt werden.
Eine gelingende Zusammenarbeit unterschiedlicher Professionen ist eine Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige und sichere Versorgung von Personen mit komplexem Hilfebedarf. Das gilt ambulant und stationär. Multiprofessionelle Zusammenarbeit ermöglicht eine umfängliche Wahrnehmung der Hilfebedarfe sowie die Koordination und bestmögliche Abstimmung der Hilfeangebote. Sie ist nicht nur im Interesse der Patienten wichtig, sondern wirkt sich positiv auf die Berufszufriedenheit und auf die Effizienz der Versorgung aus. Die gelingende Zusammenarbeit ist zugleich eine Herausforderung, denn im Rahmen begrenzter Ressourcen arbeiten Personen mit unterschiedlichen beruflichen Sozialisationen, beruflichen Selbstverständnissen und beruflichen Kompetenzen zusammen; alle haben neben der Versorgungsqualität für die Patienten auch professionsspezifische Interessen. Alle Mitarbeitenden aller Berufsgruppen, aller Settings und aller Hierarchieebenen haben Einfluss auf die Zusammenarbeit. Innovative Konzepte geben hierfür Impulse. Der „Runde Tisch interprofessionelle Zusammenarbeit“ unter Moderation der DGPPN, erarbeitet aktuell ein Thesenpapier zur „gelingenden interprofessionellen Zusammenarbeit“. Diese Thesen und weitere Perspektiven auf die Zusammenarbeit sollen im Diskussionsforum vorgestellt und diskutiert werden.
Herr Pollmächer und Frau Sauter moderieren gemeinsam. Frau Sauter wird eingangs die Arbeit des „Runden Tisch“ vorstellen und vom gemeinsamen „Verpflichtungspapier“ berichten.
Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) sind ein wichtiger Bestandteil der beruflichen Teilhabe und Rehabilitation auch für Menschen mit psychischen Erkrankungen, erworbenen Hirnschäden, Intelligenzminderung usw. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beabsichtigt, mit gesetzgeberischen Maßnahmen die WfbM stärker auf die Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt sowie auf die diesbezügliche Begleitung von Beschäftigungsverhältnissen auszurichten. Darüber hinaus sollen die Teilhabeangebote auch für diejenigen weiterentwickelt werden, deren Ziel nicht oder nicht nur die Teilhabe am Arbeitsleben ist.
Das Symposium wird evidenzbasierte, leitlinienorientierte Empfehlungen berücksichtigen, um einen Beitrag für eine differenzierte Stellungnahme der DGPPN zum Gesetzgebungsvorhaben zu leisten.
Das Symposium erörtert das Thema der WfbM ausdrücklich im Kontext des fortgeschriebenen Aktionsplanes der DGPPN, mit dem sie sich selbst hinsichtlich der ihrer Mitwirkung an der Umsetzung der UN-BRK in die Pflicht nimmt.
Die meisten der Aufgaben des Aktionsplanes wurden erfüllt; einige wenige inzwischen modifiziert. Nach planmäßiger Prüfung des Sachstandes Anfang 2023 wurden neue Aktivitäten aufgenommen, um neuen auf neue Herausforderungen zu entsprechen.
Es gibt viele aktuelle Herausforderungen in der Suchtmedizin. Eine davon sind die zahlreichen Neuen Psychoaktiven Substanzen (NPS), die teils notfallmäßig bei klinisch auffälligen Patienten in forensisch toxikologischen Labors als Ursache nachgewiesen werden und die die suchtmedizinische Behandlung erschweren. Systematische Untersuchungen von Konsumenten von NPS fehlen bisher, die zu Motiven und Wirkungen Auskunft geben könnten. N. Wodarz hat mit seiner Arbeitsgruppe erste Befragungen von NPS-Konsumenten durchgeführt und wird hierüber im Symposium berichten. Ein weiteres Problem in der Suchttherapie ist insbesondere für abhängige Patienten, wenn diese mit Suchtmitteln konfrontiert werden. In der Arbeitsgruppe von A. Batra wurde erstmals untersucht, inwiefern die Methode der virtuellen Realität für die Suchttherapie abhängiger Patienten genutzt werden kann. A. Batra wird über erste Untersuchungsergebnisse berichten. Eine weitere große Herausforderung ist die Behandlung von Patienten, die von illegal konsumierten Opioiden, insbesondere von Heroin abhängig sind und die zumeist mit der Substitutionstherapie behandelt werden. Die letzte AWMF S2-Behandlungsleitlinie jedoch stammt aus dem Jahr 2006, so dass ein dringender Bedarf einer neuen AWMF S3-Leitlinie bestand. I. Schäfer stellt daher in dem Symposium erstmals die neue AWMF S3-Leitlinie Opioidbedingte Störungen vor. Ein weiteres aktuelles Problem für die Suchtmedizin sind die in Deutschland gestiegenen Zahlen der behandlungsbedürftigen cannabisbezogenen Störungen, so dass auch diesbezüglich nach der AWMF S2-Leitlinie 2006 dringend die Notwendigkeit einer aktuellen ersten AWMF S3-Leitlinie Cannabisbezogene Störungen entstand. E. Hoch wird in dem Symposium über die Ergebnisse dieser neuen AWMF S3-Leitlinie Cannabisbezogene Störungen berichten. An beiden Leitlinien sind Mitglieder des DGPPN-Referats Abhängigkeitserkrankungen beteiligt.
Im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit wird am Robert Koch-Institut (RKI) seit 2019 eine Mental Health Surveillance etabliert. Ziel ist eine systematische und kontinuierliche Berichterstattung zur psychischen Gesundheit der Bevölkerung in Deutschland. Das Symposium stellt den Surveillance-Ansatz konzeptuell vor und präsentiert aktuelle Ergebnisse einer fortgeführten Übersichtsarbeit sowie aus bundesweiten Befragungs- und Routinedaten. Vortrag 1 gibt einen Überblick über den Aufbau und aktuellen Entwicklungsstand des Surveillance-Systems am RKI. Die drei zentralen Strategien der Beobachtung gesundheitlicher Trends in der Bevölkerung werden anhand ihres Zwecks, ihrer Methodik und ihrer Funktion eingeführt sowie in Bezug auf ihre Potenziale für Schutz und Förderung von Public Mental Health diskutiert. In Vortrag 2 wird die Strategie des kontinuierlichen Literaturreviews genauer vorgestellt. Die Evidenzlage zur Veränderung der psychischen Gesundheit in der Bevölkerung (einschließlich Veröffentlichungen bis Ende 2022) wird im Zeitverlauf der COVID-19-Pandemie beschrieben. Lessons learned aus dem Einsatz dieser Methode zur Erfassung des Forschungsstandes während einer Gesundheitskrise werden reflektiert. Vortrag 3 beschreibt die Strategie der hochfrequenten Beobachtung psychischer Gesundheit mittels Bevölkerungssurveys. Vorgestellt werden Ergebnisse zu u. a. subjektiver psychischer Gesundheit, depressiven und Angstsymptomen in engmaschigen Zeitreihen von 2019 bzw. 2021 bis Mitte 2023. Chancen und Grenzen eines so konzipierten „Frühwarnsystems“ werden erläutert. In Vortrag 4 werden Möglichkeiten von Mental Health Surveillance mittels Abrechnungsdaten der vertragsärztlichen Versorgung dargestellt. Die Entwicklung der ambulanten Diagnoseprävalenz psychischer Störungen 2012–2021 wird beschrieben. Stärken und Limitationen der Nutzung kassenärztlicher Routinedaten für Surveillance-Zwecke werden erörtert.
Gesundheitsorganisationen und Fachgesellschaften sprechen sich vermehrt für den Einbezug von Menschen mit gelebter Erfahrung (MmgE) aus, z. B. Genesungsbegleiterinnen und Genesungsbegleiter. Genesungsbegleitung wird als Teil des Empowerment-Prozesses verstanden, welcher neben rein symptomorientierten Genesungsprozessen auch die subjektive Seite der Betroffenen berücksichtigen soll. Es werden Personen eingesetzt, die dieselbe oder eine ähnliche psychiatrische Erkrankung bzw. psychische Störung durchlebt haben und ihr Leben mit dieser Störung erfolgreich meistern. Eine zunehmende Anzahl von Studien weist auf positive Effekte von Genesungsbegleitung hin.
Der Einbezug von Angehörigen von Menschen mit psychischen Erkrankungen gewinnt mehr und mehr an Bedeutung. Angehörige haben großen Informations- und Hilfebedarf, um mit oft herausfordernden Situationen umgehen zu können (Stigma, Fragen der Schuld, Verlust von Kontakt, Trauer, etc.). Der Einbezug von Angehörigen dient aber nicht nur deren eigener Unterstützung, sondern hilft indirekt auch der Rehabilitation des Patienten oder der Patientin.
Ein weiterer Bereich, in dem der Einbezug von MmgE von Wichtigkeit ist, ist die Forschung. Partizipative Forschung bezeichnet das aktive Einbeziehen von MmgE in den Forschungsprozess. Hierbei sind MmgE nicht Forschungsobjekte sondern aktive Partner im Forschungsprozess, z. B. in der Planung und Durchführung von Forschungsprojekten, sowie in der Interpretation dieser Daten und ihrer Dissemination.
Im Hinblick auf diese Themen hinkt die Entwicklung im Bereich der forensischen Psychiatrie nach. Dieses Symposium beschreibt die Implementierung eines Genesungsbegleiters im Maßregelvollzugs sowie dessen Aufgabenprofil. Außerdem beschreibt eine Angehörige „Best Practice“ in der Zusammenarbeit zwischen Mitarbeitenden in der Forensik und Angehörigen. Schließlich stellen wir die Gründung eines partizipativ arbeitenden Forschungsbeirates, dem sog. PART-Beirat, in der forensischen Psychiatrie vor.
Mit der Differenzierung der Gesellschaft braucht es heute länger erwachsen zu werden. Die Strukturen in der psychiatrischen Landschaft unterliegen einem Veränderungsprozess. Mit der Entwicklung der Transitionspsychiatrie, die die Nahtstelle zwischen dem Kinder- und Jugendalter und dem Erwachsenenalter darstellen soll, um eine möglichst kontinuierliche Betreuung in diesem wichtigen Lebensabschnitt zu ermöglichen, kommt es zu besonderen Herausforderungen. Ein Schwerpunkt wird auf der Prävention, der Früherkennung und der Vernetzung der Betreuungseinrichtungen liegen. Besonders die Kontinuität für diejenigen, die es brauchen und die Vernetzung verschiedener Dienstleister wird Innovation brauchen. Aktuelle Modelle und Lösungsmöglichkeiten sollen von Seiten der Kinder- und Jugendpsychiatrie und der Erwachsenenpsychiatrie dargestellt werden.
Die psychoedukativen Interventionen sind besonders effektiv und nachhaltig, wenn sie die Angehörigen – möglichst systematisch und als Mitbewältigende der psychiatrischen Erkrankung – mit einbeziehen. Viele Studien zeigen, dass auch die Angehörigen leiden und mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit selbst an einer psychischen Krankheit erkranken. Der Einbezug der emotional wichtigen Bezugspersonen bzw. der Familie vermindert nicht nur die Belastung der Angehörigen, sondern verbessert auch die Prognose der Betroffenen selbst. Nicht zuletzt deshalb wurde der Einbezug der Angehörigen bzw. der Familie in zahlreiche Behandlungsleitlinien aufgenommen. Demgegenüber fehlt es aber in der Praxis immer noch an vielen Stellen genau an solchen wesentlichen Behandlungsangeboten, die zudem während den Kontaktbeschränkungen in der Corona-Pandemie nochmal dramatisch zurückgenommen wurden.
Wir möchten mit diesem Symposium dazu beitragen, den Blick für den Einbezug der Angehörigen bzw. der Familie zu schärfen und wissenschaftliche Daten zu der Bedeutung in der Rezidivprophylaxe und aus verschiedenen Interventionsmodellen – im Onlineformat, im stationären und ambulanten Setting – aus der Versorgungsforschung präsentieren und diskutieren.
Angsterkrankungen und Angstsymptome sind im höheren Lebensalter sehr häufig und schränken den Lebensradius der Betroffenen erheblich ein. Das Symposium gibt einen Überblick über die aktuellen Behandlungsstrategien, die evidenzbasiert sind und/oder sich im klinischen Alltag bewährt haben. Aus der aktualisierten S3-Leitlinie Demenzen werden die Diagnose und Behandlung von Angst und Depression bei Menschen mit Demenz vorgestellt. Menschen mit Sturzangst schränken ihre Mobilität immer weiter ein und geben Aktivitäten auf, was sehr häufig zu sozialer Isolation führt. Zusätzlich nimmt ihre physische Leistungsfähigkeit und Muskelmasse weiter ab, wodurch sich das Sturzrisiko weiter erhöht. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, bedarf es sowohl einer psychotherapeutischen Behandlung als auch eines gezielten körperlichen Trainings, das ein interdisziplinäres Zusammenwirken verschiedener Berufsgruppen mit den Angehörigen erfordert. Angst im Alter wird oft nicht suffizient psychotherapeutisch behandelt. Das Symposium wird einen Überblick über evidenzbasierte Psychotherapien und deren Anwendung im stationären und ambulanten Setting geben. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Ansätzen aus der Kognitiven Verhaltenstherapie. Die Pharmakotherapie der Angststörungen im Alter muss besondere Aspekte, wie altersassoziierte Veränderung der Organfunktion, somatische Komorbiditäten, Arzneimittelwechselwirkungen bei Polypharmazie sowie eine erhöhte Empfindlichkeit für Nebenwirkungen berücksichtigen. Im Rahmen eines adaptierten Vorgehens kann jedoch auch bei alten Menschen eine leitliniengerechte bzw. evidenzbasierte medikamentöse Behandlung effektiv und sicher zur Anwendung gebracht werden.
Begutachtung bei hirnorganischen Psychosyndromen und Demenz
Die psychischen Funktionsstörungen aufgrund sog. cerebraler Erkrankungen reichen klinisch von offensichtlich vorhanden bis subtil ausgeprägt. Neben der ZNS-Schädigung spielen auch psychosoziale Faktoren eine entscheidende Rolle. Die Begutachtung dieser Fragekomplexe erfordert detailliertere Kenntnisse von höheren Hirnleistungen und Basisfunktionen, oft ergänzt durch neuropsychologische Gutachten.
Beschwerdenvalidierung
Beschwerdenvalidierung ist nichts anderes, als dass im Gutachten die Aufrichtigkeit des Probanden validiert wird. Es ist ein Kernstück eines jeden Gutachtens, eine sorgfältige Plausibilitäts- und Konsistenzprüfung durchzuführen. Dies geschieht durch die Aktenlage, die Exploration, die klinischen Untersuchungsbefunde, die Testpsychologie, die kognitive Beschwerdenvalidierung und ggfs. Bestimmung der Medikamentenspiegel.
Long- und Post-Covid-Syndrome
Unspezifische Symptome wie Fatigue, allgemeine Leistungsminderung, kognitive Einschränkungen oder Kopfschmerzen wie auch affektive Symptome stellen in der Differentialdiagnostik und in der Beurteilung der Kausalität eine Herausforderung dar. Der Vortrag beschäftigt sich mit den Problemstellungen, denen sich psychiatrische Gutachter gegenübersehen.
Über dreißig Jahre nach der friedlichen Revolution in der DDR und der Wiedervereinigung beider deutscher Staaten scheint das staatliche Unrecht, dem bestimmte Personengruppen in der DDR ausgesetzt waren, allmählich zum historischen Thema zu werden. Tatsächlich weisen Überlebende von SED-Unrecht aber bis heute teilweise schwerwiegende Gesundheitsfolgen auf, die insbesondere die psychiatrische, psychosomatische und psychotherapeutische Versorgung vor Herausforderungen stellen. Unter Therapeuten ist das Wissen um diese langfristigen Gesundheitsfolgen mutmaßlich gering, und es gibt im Spannungsfeld zwischen langjährigen Entschädigungsverfahren und aktuellen Gesundheitsproblemen eine Vielzahl ungenügend erforschter Fragestellungen. Unverständnis, fehlendes Wissen und anhaltende Stigmatisierungsprozesse drohen diese Gruppe zusätzlich zu ihren Viktimisierungserfahrungen in der DDR fortgesetzt zu benachteiligen. Im Rahmen eines von der Bundesregierung geförderten Projekts setzt sich ein Verbund von Forschungsgruppen der Universitäten Jena, Magdeburg, Rostock und Leipzig seit 2021 mit den gesundheitlichen Langzeitfolgen von erlittenem SED-Unrecht auseinander und stellt in diesem Symposium erste Forschungsergebnisse vor. Im ersten Vortrag spricht Ruth Marheinicke über die psychobiologischen Langzeitfolgen von nicht-strafrechtlichen Repressionen in der DDR.
Carsten Spitzer berichtet über die Biographien sowie seelischen und körperlichen Langzeitfolgen von ehemaligen Leistungssportlern, die minderjährig Opfer von Zwangsdoping wurden. Im dritten Vortrag berichtet Marie Blume von Daten aus der Allgemeinbevölkerung über die anhaltenden Stigmatisierungsprozesse, denen Menschen, die SED-Unrecht erlebt haben, auch heute noch ausgesetzt sind, und kontrastiert die Ergebnisse mit dem Stigmaerleben einer Gruppe von Betroffenen.
Anhand der Beiträge werden Implikationen für die psychiatrisch/psychotherapeutische Versorgung von Menschen mit SED-Unrechtserfahrungen diskutiert.
Das Delir ist bei älteren Patientinnen und Patienten ein häufig auftretendes Syndrom, das mit einer akuten Beeinträchtigung der Aufmerksamkeit und Kognition einhergeht. Es stellt auf Grund seiner medizinischen und psychosozialen Komplexität, des medizinischen Fortschrittes und der demografischen Veränderungen eine weit unterschätzte Herausforderung im Gesundheitswesen dar. Um Delir bedingte Komplikationen, eine erhöhte Mortalität und gravierende Langzeitfolgen zu reduzieren, liegen fundierte, evidenzbasierte Mehrkomponenten-Konzepte vor, deren nachhaltige Implementierung herausfordernd und langwierig ist.
Leitlinien und Modellprojekte zeigen Ansätze zur Verbesserung der Versorgung im Krankenhaus auf. Um eine evidenzbasierte und optimale Versorgungspraxis krankenhausweit sicherzustellen, bedarf es der stetigen Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen, der engen interdisziplinären Verzahnung und Anpassung an die jeweilig zur Verfügung stehenden Ressourcen, einer engen multiprofessionellen Zusammenarbeit mit einem nicht-hierarchischen Verständnis sowie erweiterte Rollen und Spezialisierungen für Pflegefachpersonen.
In der Session werden interdisziplinäre und multiprofessionelle Modellprojekte vorgestellt, die sich in der Regelversorgung bewährt haben. Der Fokus liegt auf der interdisziplinären Umsetzung und direkten multiprofessionellen Zusammenarbeit verbunden mit einer Rollenerweiterung von Pflegefachpersonen sowie den Implementierungsstrategien, die für eine erfolgreiche Umsetzung entscheidend sind. Vorgestellt werden das help+ Programm (Bielefeld), die Erfahrung aus Projekten zur Demenzfreundlichkeit im KH und das AKTIVER-Programm (Stuttgart) mit der Evidenz aus der durch den GBA geförderten PAWEL-Studie.
Anhand der ökonomischen Outcomes der PAWEL-Studie und deren Übergang vom Modellprojekt in die Regelversorgung werden im 3. Vortrag implementierungsrelevante Voraussetzungen bezüglich der Struktur- und Personalbedarfsplanung für erfolgreiche Delirpräventionsprogramme aufgezeigt.
Fünf junge Erwachsene begeben sich auf einen Roadtrip quer durch Deutschland. So unterschiedlich sie sind, ein Thema verbindet sie alle: Schon als Kinder oder Jugendliche haben sie Erfahrungen mit Depressionen gesammelt und mussten lernen, sie als Teil ihres Lebens zu akzeptieren. Gemeinsam wollen sie mehr über ihre Erkrankung und den Umgang damit herausfinden.
Das Roadmovie von Regisseurin und Produzentin Michaela Kirst (sagamedia) sowie Filmemacher und Facharzt für Psychiatrie Axel Schmidt entstand in Zusammenarbeit mit der Deutschen DepressionsLiga e. V., gefördert vom AOK-Bundesverband.
Psychotherapie wird heute bei den meisten psychischen Erkrankungen in den S3-Leitlinien empfohlen und ist in zahlreichen RCTs und Meta-Analysen als wirksam belegt. Jedoch gibt es vielfältige Herausforderungen für die Zukunft, wie z. B. notwendige Veränderungen der Ausbildung, bzw. Weiterbildung, eine Verbesserung insbesondere der raschen Verfügbarkeit, Qualitätsaspekte der Anwendung, wie z. B. Verbesserungen der Wirksamkeit in der Praxis. In dem Symposium sollen einige relevante und aktuelle Themen der Weiterentwicklung von Psychotherapie und ihrer Bedeutung in der Therapie und Versorgung psychiatrischer Erkrankungen aufgegriffen werden.
Prof. Rief wird über die Veränderungen von einer verfahrensorientierten hin zu einer mehr modularen bzw. kompetenzorientierten Weiterbildung berichten.
Mit dem neuen Psychotherapeutengesetz, dem Studium der Psychotherapiewissenschaften und der künftigen Psychotherapie-Weiterbildung ergibt sich auch die Chance, längst überfällige Veränderungen hin zu einer mehr modularen und Kompetenz-orientierten Psychotherapie umzusetzen.
Prof. Dr. Voderholzer berichtet über Einstellungen und Präferenzen gegenüber Therapieverfahren bei psychischen Erkrankungen in der Bevölkerung und stellt Ergebnisse einer aktuellen neuen Studie vor. Die Ergebnisse zeigen, dass zwischen den Präferenzen der Bevölkerung und der Verfügbarkeit der Therapieverfahren eine hohe Diskrepanz besteht. Implikationen für Änderungen der Versorgungssituation werden diskutiert.
Prof. Eva-Lotta Brakemeier berichtet über das „Greifswalder Psychotherapie-Navigationssystem“ (GPNS). Das seit Ende 2021 routinemäßig eingesetzte Tool beinhaltet ein Feedback-System aus Sicht von Patientinnen und Patienten, welches innerhalb laufender Psychotherapien das Outcome verbessern und insbesondere negative Verläufe verringern kann. Feedbacksysteme können nachweislich Effektstärken von Psychotherapie verbessern und sind daher eine Option, die Qualität von Psychotherapie auch in der Routine zu verbessern.
Dissoziation ist als strukturierte Separation mentaler Prozesse beschreibbar. Im ICD-11 wie auch im DSM-5 werden hierzu Funktionsausfälle auf kognitiv-psychischer (z.B. dissoziative Amnesie, (partielle) dissoziative Identitätsstörung, Derealisations- und Depersonalisationsstörung) wie auch körperlicher Ebene (z.B. dissoziative Krampfanfälle) aufgeführt.
Da dissoziative Störungen häufig übersehen werden, bieten sich psychometrische Instrumente zum Screening und zur Diagnosesicherung an.
Die epidemiologischen Daten weisen erhebliche Schwankungen auf. Für die Allgemeinbevölkerung wird eine Prävalenz von 2 bis 8% angegeben; zur Geschlechtsspezifität gibt es widersprüchliche Daten. Es bestehen hohe Komorbiditätsraten, wobei Angst- und somatoforme sowie Persönlichkeitsstörungen am häufigsten sind. Dissoziative Symptome treten als Stress-assoziiertes Symptom bei einer Vielzahl anderer Störungen auf.
Bei der Entstehung dissoziativer Störungen spielen traumatische Erfahrungen eine wichtige Rolle. Im Rahmen eines Diathese-Stress-Modells wird Dissoziation als Stress-assoziiertes Verhaltensmuster konzeptualisiert, das in Abhängigkeit einer individuellen Disposition und dem Ausmaß belastender Erfahrungen auftritt. Die individuelle Disposition ist unter anderem durch genetische Faktoren und frühe traumatische Erfahrungen in Verbindung mit dem Fehlen protektiver Faktoren bestimmt.
In diesem Symposium wird zunächst ein Überblick über dissoziative Symptome und dissoziative Störungen gegeben. Danach wird die Diagnostik dissoziativer Psychopathologie dargestellt. Ein Schwerpunkt des Symposiums liegt auf den psycho- und pharmakotherapeutischen Optionen zur Behandlung dissoziativer Symptome und Störungen.
Mit jährlich über 9400 Suiziden und circa 200.000 Suizidversuchen stellt suizidales Verhalten in Deutschland eine Herausforderung für die Gesundheits- und Versorgungssysteme und insbesondere die fachspezifische Versorgung dar.
Menschen mit psychischen Erkrankungen weisen ein erhöhtes Suizidrisiko auf. Aus diesem Grund ist die Beschäftigung mit dem Thema Suizidalität für die in der Psychiatrie tätigen Professionen ein wichtiger und wesentlicher Bestandteil der Aus-/Weiter- und Fortbildung.
Zunächst werden einige epidemiologische Fakten und Überlegungen zu den Ursachen suizidalen Verhaltens sowie evidenzbasierte suizidpräventive Ansätze dargestellt. Im Weiteren wird ebenfalls knapp auf die Prinzipien bei der Exploration des Suizidrisikos, auf den Umgang mit Suizidalität im Rahmen der ambulanten und stationären Behandlung und auf evidenzbasierte Behandlungsansätze eingegangen. Zentrales Element dieses Symposiums ist ein Rollenspiel der Referenten, in denen exemplarisch Suizidgefährdung exploriert wird und im Folgenden des Spektrums angemessener suizidpräventiver Maßnahmen im Rahmen einer 30-minütigen Diskussion verdeutlicht wird. Hier besteht die Möglichkeit, das eigene Vorgehen im Sinne eines Benchmarkings mit dem anderer Kollegen zu vergleichen.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Recht auf selbstbestimmtes Sterben vom 26.02.2020 steht weiterhin eine Regelung des assistierten Suizids an (§ 217 StGB). Diese betrifft ethische, theologische, juristische, palliativmedizinische, psychiatrische und andere klinische Aspekte. In der öffentlichen Diskussion um den assistierten Suizid spielen Selbstbestimmung und Zugang zu Suizidmitteln eine große Rolle. Dahinter stehen jedoch eine grundlegende Frage nach Menschenbildern und Mythen und der Wunsch nach thematischer Auseinandersetzung.
Eine Rechtspraxis des assistierten Suizids benötigt den Einbezug verschiedener Perspektiven. Aus diesem Grund hatte das Bundesverfassungsgericht Experten aus einzelnen Bereichen herangezogen. Dennoch gibt es weiterhin Unsicherheiten und Graubereiche, wie aus ethischer, theologischer, medizinischer und rechtlicher Sicht mit dem Thema assistierter Suizid umgegangen werden kann. Alle im klinischen Alltag Tätigen, insbesondere Palliativmediziner und Psychiater, werden damit konfrontiert.
Lukas Radbruch setzt sich stellvertretend für die Palliativmedizin mit der Frage auseinander, wie Unterstützungsangebote in der letzten Phase des Lebens effektiv umgesetzt werden können. Die juristische Perspektive zum assistierten Suizid und zur Rechtspraxis wird durch Torsten Verell vertreten. Die ethische Debatte, dargestellt von Alfred Simon, befasst sich mit medizinischen Entscheidungsfindungen. Isgard Ohls bringt die theologische Perspektive zur Sprache, unter anderem die dogmatischen Grundlagen, die kirchlich-seelsorgliche Praxis und deren Bedeutung für den klinischen Alltag.
Am Schluss der interdisziplinären Diskussionsrunde sollen die Sichtweisen des assistierten Suizids vorgestellt und intensiv diskutiert worden sein. Dies kann zu den sich daraus ergebenden vielfältigen Fragestellungen für alle in der Psychiatrie Tätigen anregen, zumal psychiatrisches Denken von den Erkenntnissen verschiedener Fachdisziplinen bestärkt wird.
Die Bipolare Störung gehört zu den psychischen Kernerkrankungen. Die Lebenszeitprävalenz der Bipolar-I Störung liegt zwischen 1,3–1,8%, die Lebenszeitprävalenz der Bipolar-II Störung bei ca. 1%. Das Symposium möchte aktuelles Wissen zu möglichen neurobiologischen und psychosozialen Ursachen oder Veränderungen bei Bipolaren Störungen zusammentragen und diskutieren. Die Bipolare Störung hat im Gegensatz zur unipolaren Depression einen hohen genetischen Anteil. Das Erkrankungsrisiko erstgradiger Angehöriger einer Person, die an einer bipolaren Störung leidet, wird mit 7–10% beziffert. Monozygote Zwillinge weisen eine Konkordanz von > 50% auf. Mit verschiedenen Methoden wird aktuell versucht die genetischen Risikofaktoren differenzierter zu erfassen und klinisch relevante Schlussfolgerungen zu ziehen. Tiermodelle bilden zwar die menschliche Erkrankung nicht 1:1 nach, können aber dringend benötigte Hinweise für neue Entstehungsmodelle und Therapieansätze geben. In den vergangenen Jahren konnten strukturelle und funktionelle MRT-Untersuchungen neue Erkenntnisse über charakteristische Veränderungen bei Patienten mit bipolaren Störungen v. a. durch den Zusammenschluss von großen internationalen Konsortien und innovativen gemeinsamen Analysen (z. B. Konnektivitätsanalysen) erbringen. Bisher ist die klinische Nutzungsmöglichkeit noch unklar. Aber auch psychosoziale Belastungen, Traumata oder Umweltfaktoren beeinflussen das Risiko, an einer bipolaren Störung zu erkranken. Wie bei anderen schweren psychiatrischen Erkrankungen, konnten v. a. frühkindliche Traumatisierung, emotionale Vernachlässigung und frühe Gewalterfahrung mit einem erhöhten Risiko, an einer bipolaren Störung zu erkranken, assoziiert werden. Umgekehrt können aus dieser Forschung auch Hinweise für Resilienzfaktoren entnommen werden, die vor der Erkrankung schützen könnten.
Gewalt und Bedrohung gegenüber Einsatzkräften der Polizei und Feuerwehr, aber auch gegenüber Rettungskräften, nehmen in den letzten Jahren deutlich zu. Während Gewalt und Bedrohung gegenüber Einsatzkräfte der Polizei ein Phänomen ist, das seit Langem bekannt ist, einkalkuliert wird und dessen Begegnung Bestandteil der Polizeiausbildung darstellt, sind Gewalt und Bedrohung gegenüber Rettungskräften und Feuerwehr ein neueres Phänomen. In das öffentliche Bewusstsein trat dieses Phänomen zuletzt durch die Berichterstattung über die Silvesterkrawalle in Berlin, bei denen fast ebenso viele Angriffe auf die Polizei wie auf Feuerwehr und Rettungskräfte registriert wurden. Die Ereignisse in der Silvesternacht in Berlin haben eine breite gesellschaftliche Debatte mit ganz unterschiedlichen Akzentsetzungen angeregt, wobei die Folgen für die psychische Gesundheit der Einsatzkräfte kaum eine Rolle gespielt haben.
Während über die Art der Gewalttaten gegen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte und die Täter in den jährlich erscheinenden Berichten des Bundeskriminalamtes detaillierte Informationen vorliegen, fehlen bislang Daten mit entsprechendem Detaillierungsgrad bezüglich der psychischen Folgen der Opfer. Ähnliches gilt im Zusammenhang mit Gewalt und Bedrohung gegenüber Einsatzkräften der Feuerwehr und Rettungskräften.
Fragen des weiteren Forschungsbedarfs sind ebenso Themen des Diskussionsforums wie die geeignete Versorgung von Opfern von Gewalt und Bedrohung mit psychischen Folgen sowie rechtliche und gesellschaftliche Aspekte von zunehmender Gewalt gegenüber Einsatzkräften. Am Diskussionsforum beteiligen sich Frau Dr. Barbara Slowik, Polizeipräsidentin der Polizei Berlin, Herr Dr. Karsten Homrighausen, Landesbranddirektor Berlin, Frau Dr. Isita Chatterji, Leitende Polizeiärztin Berlin, Herr Dr. med. Eike Spielmann, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes der Berliner Feuerwehr und Prof. Dr. Anja Schiemann, Lehrstuhlinhaberin des Lehrstuhls für Strafrecht und Strafprozessrecht der Universität zu Köln sowie Gastprofessorin an der Deutschen Hochschule der Polizei.
Narzisstische Persönlichkeitszüge- und Störungen spielen in der klinischen Versorgung und persönlichkeitspsychologischen Diagnostik eine relevante Rolle, jedoch sind erst in den letzten Jahren erste Befunde zu möglichen neurobiologischen Modellen entstanden. Das vorliegende Symposium bringt aktuellste Forschungsergebnisse zur diesem Thema mit einer Übersicht aktueller Entwicklungen zusammen. Sonja Etzler (Freiburg) stellt in ihrem Vortrag die Konzeptualisierung narzisstischer Persönlichkeitszüge, auch im Verhältnis zu Psychopathie und verwandten Konzepten sowie aktuelle Daten zum Vergleich unterschiedlicher Assessment-Instrumente dar. Lisa Schmidt (Marburg) stellt neuste Befunde zu struktureller MR-Bildgebung zur Interaktion narzisstischen Persönlichkeitszügen mit Emotionsregulation dar, sowie aktuelle resting-state fMRI-Analysen und Befunde von von fMRI-Experimenten zur Emotionserkennung in größeren Kohorten (N=240). Emanuel Jauk (Graz) stellt Ergebnisse einer aktuellen fMRI-Studie zu sozialem Affekt und sozialer Kognition bei Narzissmus dar. Igor Nenadić (Marburg) gibt einen abschließenden Überblick über aktuelle neurobiologische Befunde, zur Genetik narzisstischer Persönlichkeitsstörung und Verhaltensweisen, sowie aktueller Modelle neuronaler Netzwerke mit Bezug zu Narzissmus.
Größere klinische Studien im Bereich der substanzgestützten Therapie wurden in den letzten Jahren vor allem zu Psilocybin bei therapieresistenter Depression und zu MDMA bei PTBS durchgeführt. Es wird jedoch oft vermutet, dass der Wirksamkeit dieses Ansatzes transdiagnostische Faktoren zugrunde liegen und dass sich diese Substanzen daher potentiell für ein breiteres Spektrum an Indikationen eigenen könnte – ein Bereich, der in letzter Zeit intensiv untersucht wird. Eine aktuelle Fragestellung ist, inwiefern eine bipolare Störung bzw. bipolare Depression aufgrund des Risikoprofils dieser Substanzen eine Kontraindiktion für substanzgestützte Therapie darstellen könnten oder ob die Symptome dieser Erkrankungen eventuell sogar erfolgreich therapiert werden könnten. Prof. Thomas Meyer (University of Texas, Houston) stellt hierzu Daten einer laufenden Studie zu Risiken und möglichem Nutzen von Psychedelika bei Patientinnen und Patienten mit bipolaren Störungen vor. Bisherige klinische Studien zu MDMA erbrachten vielversprechende Ergebnisse für die Anwendung dieser Substanz bei der posttraumatischen Belastungsstörung, die auf eine baldige Medikamentenzulassung hindeuten. Aufgrund des Wirkprofils dieser Substanz erscheint jedoch auch die Anwendung bei Angststörungen, Substanzkonsumstörungen oder Autismus möglich. Erste Pilotstudien lieferten bereits vielversprechende Daten, Studien für weitere Indikation laufen bereits bzw. sind in Planung. Dr. Dimitris Repantis (Charite-Universitätsmedizin Berlin) referiert zu dem möglichen Anwendungsspektrum von MDMA-gestützter Therapie. In der klinischen Anwendung und Forschung war LSD in den 1950er und 1960er das mit weitem Abstand am häufigsten eingesetzte Psychedelikum. LSD wird auch aktuell wieder in Phase-I- und Phase-II-Studien untersucht. PD Dr. Felix Müller (Universität Basel) stellt hierzu die Ergebnisse der ersten kontrollierten randomisierten Phase II-Studie zur Sicherheit und Wirksamkeit dieses klassischen Psychedelikums bei Depression vor.
Psychische Erkrankungen weisen in ihrer Prävalenz und Symptomatik geschlechtsspezifische Unterschiede auf. Gerade bei Mädchen und Frauen gibt es aber im Laufe des Lebens Phasen mit ausgeprägten, auch hormonellen Veränderungen, die besonders vulnerable Phasen für psychische Erkrankungen darstellen und trotzdem bisher noch zu wenig Aufmerksamkeit bekommen, was Screening, Prävention und frühinterventionelle spezifische Maßnahmen angeht. In diesem Symposium wollen wir uns zunächst dem Kindes- und Jugendalter widmen. Lena Herrmann wird hierzu eine Übersicht über die aktuelle Evidenz zu geschlechtsspezifischen Interventionen und eine Übersicht über diesbezügliche Angebote für psychische Gesundheit am Lebensanfang geben. Nataliya Chechko wird über die biologischen Grundlagen einer weiteren vulnerablen Phase im Leben der jüngeren erwachsenen Frauen berichten. Sie wird über Erkenntnisse zu physiologischen Hormon- und hirnfunktionellen Veränderungen nach der Geburt berichten, die eine Quelle der Anfälligkeit für die Entwicklung einer postpartalen Psychopathologie sein könnten und noch daher besser verstanden werden müssen. Außerdem wird Sarah Gerhardt die neuesten Erkenntnisse zur Interaktion von Geschlecht und Alkoholabhängigkeit präsentieren. Unter anderen zeigt sich bei Frauen ein differenzieller Einfluss von frühkindlichen Traumatisierungen oder Geschlechtshormonen auf den Alkoholkonsum, bzw. eine Abhängigkeit, was auch wichtige Implikationen zur Entwicklung von geschlechtsspezifischen Präventionsstrategien hat. Während der Menopause berichten Frauen mit vorbestehenden psychischen Erkrankungen häufig über eine Destabilisierung ihrer Symptome. Gleichzeitig können die hormonellen Umstellungen hier aber auch Symptome hervorrufen, die Angst- und Depressionserkrankungen sehr ähnlich sind. Hierüber wird Prof. em. Martin Birkhäuser einen Überblick geben.
in Kooperation mit dem Fachbereich Public Mental Health der Deutschen Gesellschaft für Public Health (DGPH) und dem gleichnamigen Fachbereich der Deutschen Gesellschaft für Sozialmedizin und Prävention (DGSMP).
In den letzten Jahren haben sich die Anstrengungen im Bereich der Public Mental Health intensiviert, die psychische Gesundheit und Gesundheitskompetenz auf Bevölkerungsebene zu stärken sowie Fortschritte in der Prävention und Versorgung von psychischen Erkrankungen zu erzielen. Allerdings bleiben auch diese Anstrengungen nicht von kontemporären politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen unberührt - ganz im Gegenteil, auch für die psychische Gesundheit gilt, dass diese als gemeinschaftliche Aufgabe im Sinne eines Mental Health in All Policies (MHiAP)-Ansatzes verstanden werden muss, mit dem Ziel, Auswirkungen von politischen Entscheidungen auf psychische Gesundheit in allen gesellschaftlichen Handlungsfeldern zu berücksichtigen. Dabei stellt sich für die Public Mental Health die besondere Herausforderung in einem genuin interdisziplinären und intersektoralen Handlungsfeld zu operieren. Psychiatrische Kernexpertise ist dabei unerlässlich. Bei der Entwicklung und Untersuchung von Maßnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention muss ein besonderes Augenmerk auf die Beteiligung insbesondere von relevanten Stakeholdern und vulnerablen Zielpopulationen, die besonders von sozialen und Gesundheitsrisiken betroffen sind, gelegt werden, um gesundheitsfördernde Lebenswelten zu schaffen und gesundheitliche und soziale Ungleichheiten zu verringern. Diese Session bringt Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Politik auf dem Gebiet der Public Mental Health zusammen, die sich in einer Reihe von Vorträgen mit aktuellen Herausforderungen befassen und im Kontext derzeitiger politischer und gesellschaftlicher Entwicklungen diskutieren.
Im Jugendalter ist die Bereitschaft gesundheitliche Risiken einzugehen größer als in anderen Lebensabschnitten. Der Gebrauch psychoaktiver Substanzen spielt für viele Jugendliche eine Rolle in der Persönlichkeits- und Identitätsentwicklung und ist entsprechend häufig. Ein regelmäßiger Substanzgebrauch im Jugendalter bringt in Verbindung mit weiteren Belastungsfaktoren ein hohes Risiko mit sich, problematische Gebrauchsformen zu etablieren, welche die weitere Entwicklung massiv beeinträchtigen können. Von Suchtstörungen mit Krankheitswert spricht man, wenn sich das konsumbezogene Verhalten trotz negativer Konsequenzen zunehmend der eigenen Kontrolle entzieht. Störungen durch den Konsum psychoaktiver Substanzen oder abhängiger Verhaltensweisen zählen weltweit zu den größten Gesundheitsrisiken für junge Menschen. Schätzungsweise 11,4 % der Kinder und Jugendlichen erfüllen in industrialisierten Ländern mindestens einmal in ihrem Leben die Kriterien einer substanzbezogenen Störung. Nicht substanzbezogene Suchtstörungen (Verhaltenssüchte) insbesondere im Zusammenhang mit digitalen Anwendungen im Internet tragen einen zusätzlichen und gerade unter jungen Menschen erheblichen Teil zur Krankheitslast durch Suchtstörungen bei. Im Symposium werden Trends jugendtypischen Substanzgebrauchs dargestellt, die durch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung regelmäßig erhoben werden; im zweiten Beitrag werden altersspezifische Trendanalysen im Rauchverhalten und Cannabiskonsum bei jungen Erwachsenen auf Basis der Daten des Epidemiologischen Suchtsurvey (ESA) vorgestellt; im dritten Beitrag werden Daten zur Vorkommenshäufigkeit problematischer Substanzkonsumformen und der relativen Bedeutung individueller diagnostischer Kriterien im Jugendalter präsentiert; im vierten und letzten Beitrag werden schließlich aktuelle quer- und längsschnittliche Befunde zur Häufigkeit klinisch relevanter medien- und insbesondere internetbezogener Störungen im Kindes- und Jugendalter berichtet.
Traumafolgestörungen sind weit verbreitet. Im klinischen Versorgungsalltag kommt ihnen eine immer gewichtigere Bedeutung in der Diagnostik und Differentialdiagnostik zu. Dabei sind auch neue Erkenntnisse zu integrieren wie z. B. die Aufnahme der Diagnoseentität der „komplexen PTBS“ in die ICD-11. Neben der klinischen Bedeutung sind auch die erheblichen sozialmedizinischen und gutachtlichen Aspekte bedeutsam, die in diesem Symposium besonders adressiert werden sollen. Die einzelnen Vorträge befassen sich u. a. mit den Ergebnissen einer aktuellen Metaanalyse zur besonderen beruflichen Betroffenheit von Rettungssanitätern bezüglich des Risikos an einer PTBS zu erkranken und daraus sich ergebenden möglichen Implikationen für die Rechtsprechung im Sozialrecht. In weiteren Vorträgen werden sozialmedizinische Aspekte thematisiert, die sich im Versorgungsalltag einer Psychotraumambulanz ergeben sowie die komplexen Interaktionen zwischen Trauma und Abhängigkeitserkrankungen beleuchtet. Gutachtliche Aspekte bei Traumafolgestörungen ergeben sich aber nicht nur im sozialrechtlichen Kontext, sondern auch im Strafrecht. Deshalb wird die forensische Relevanz von belastendenden Entwicklungserfahrungen bei Straftätern in einem weiteren Vortag adressiert.
Das Staatsexamen liegt hinter Ihnen und Sie haben psychiatrische und psychotherapeutische Versorgung in der Breite und in spezifischer Versorgung kennengelernt. Vielleicht haben Sie sich gerade in der Routine Ihrer Klinik eingelebt? Wenn die Facharztprüfung bald vor Ihnen liegt – oder Sie gerade die Prüfung abgelegt haben, stellen sich nun aber neue Karrierefragen:
Wie soll das weitere Berufsleben aussehen?
Muss ich mich endgültig festlegen oder darf ich meinen Weg verändern?
Welche Karriereschritte stehen als nächstes an?
Ist es Zeit für die Familienplanung?
In diesem Symposium stellen sich Vertreterinnen mit ihren eigenen Karrierewegen und Überlegungen vor und lassen Sie in ihren Arbeitsalltag blicken.
Zunächst wird Hanna Högenauer, Junge Fachärztin und Mitglied der Generation PSY ihre Erfahrungen und Überlegungen für die beruflichen Entscheidungen darstellen und Sie mitnehmen in diese spannende Lebensphase. Frau Prof. Katharina Domschke, seit 2016 Professorin an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, wird Aspekte einer Universitätslaufbahn vorstellen. Frau Prof. Dr. Euphrosyne Gouzoulis-Mayfrank, Ärztliche Direktorin und Abteilungsärztin der Allgemeinen Psychiatrie II in der LVR-Klinik Köln und president elect der DGPPN, wird uns in den Alltag einer Versorgungsklinik entführen. Den Alltag als Vertragsärztin wird Dr. Sabine Köhler, Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Nervenärzte und stellv. Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Psychiater darstellen.
Lassen Sie sich den Entwicklungsrahmen und die Karrieremöglichkeiten durch Expertinnen der unterschiedlichen Tätigkeitsbereiche darstellen und nutzen Sie die Chance mit den Vertreterinnen von Universität, Versorgungsklinik und Vertragsarztpraxis ins Gespräch zu kommen – wir freuen uns auf Sie!
Die individuell und bedarfsorientierte Versorgung schwer psychisch kranker Menschen ist aktuell einmal mehr darauf angewiesen, dass sich sowohl Akteure als auch Settings flexibel, kooperierend, niedrigschwellig und hürdenarm aufstellen. Ressourcenverknappung in jeder Hinsicht verschärft die allgemeine Versorgungslage, weshalb die enge Zusammenarbeit von psychiatrisch-psychotherapeutischen Akteuren und Hausärzt:innen besonders wichtig ist. Iris Demmer wird in der Auswertung einer Bedarfsanalyse zur Unterstützung von Hausärzt:innen bei der Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen sowohl das Thema Koordination ambulanter spezialisierter Mitbehandlung wie auch die sektor- und professionsübergreifenden Versorgung aus hausärztlicher Perspektive vorstellen. Katarina Stengler und Gerhard Längle diskutieren aus der Perspektive von psychiatrischen Abteilungen und Fachkrankenhäusern einerseits StäB als gesetzlich etabliertes settingübergreifendes stationäres und mobiles Versorgungsangebot für die Gruppe schwer und akut psychisch erkrankter Menschen. Andererseits stellen sie unterschiedlich erweiterte und regional modifizierte Modelle aufsuchender Behandlung, etwa mit „PIAmobil“ vor. Die dabei adressierte enge Zusammenarbeit mit niedergelassenen und SGB-übergreifenden Strukturen unterstreicht einmal mehr die Zielrichtung des Symposiums. Abschließend fasst Raoul Borbe aus dem Blickwinkel der Gemeindepsychiatrie die notwendige Flexibilisierung von akut- und teilhabeorientierten Angeboten für die hier fokussierte Patientengruppe zusammen und betont den Stellenwert einer verlässlichen Koordinierung aller Akteure, Angebote und Strukturen.
Die elektronische Patientenakte (ePA) wird in immer mehr Ländern weltweit genutzt, so auch in Deutschland. In den USA, Großbritannien sowie den skandinavischen Ländern erhalten Patienten und Patientinnen außerdem digital Zugang zur vollständigen Behandlungsdokumentation, einschließlich der Verlaufsnotizen der ärztlichen Behandelnden. Forschungsergebnisse zu dieser in den USA initiierten und als Open Notes bezeichneten Praxis sind vielversprechend und weisen auf eine Verbesserung der Gesundheitskompetenz, Adhärenz sowie weitere positive Outcomes hin. In der Psychiatrie und Psychotherapie gibt es jedoch verschiedene ethische und praktische Herausforderungen, die die Umsetzung behindern.
Ziel dieses Symposiums ist es, einen Austausch über Erfahrungen und Implementierungsstrategien, sowie erste Evaluationsergebnisse vorzustellen, unter anderem aus der ShaRe- (Uni Witten/Herdecke) sowie der PEPPPSY-Studie (Medizinische Hochschule Brandenburg). Der digitale Zugang für Patientinnen und Patienten im psychiatrischen Behandlungssetting könnte dazu beitragen, die Beteiligung und Autonomie der Patientinnen und Patienten zu stärken sowie die medizinische Behandlung zukünftig stärker als einen partizipativen Prozess zu gestalten. Andererseits zeigen Studien, dass Behandelnde weniger offen dokumentieren, oder eine Paralleldokumentation führen, wenn sie wissen, dass Patientinnen und Patienten mitlesen können. Darüber hinaus ist nicht geklärt, ob Open Notes negative Einflüsse auf Patientinnen und Patienten mit schweren psychischen Erkrankungen hat. Mitarbeitende vermuten zusätzliche Belastung durch einen erhöhten Dokumentationsaufwand oder etwaige Missverständnisse, die durch das Lesen der Open Notes entstehen. Schließlich ist die Studienlage zu Open Notes im deutschen Versorgungssystem begrenzt und weitere Forschung ist nötig, um die klinische Effektivität, Effizienz und die Umsetzung dieser sozio-technischen Intervention zu überprüfen.
Die Arbeitswelt befindet sich im Wandel. Neben den Veränderungen der Arbeit im Gesundheitswesen, die z. B. dadurch gekennzeichnet ist, dass es einen ständigen Wissenszuwachs gibt und damit die Notwendigkeit, sich kontinuierlich auf dem aktuellen Stand des Wissens zu bewegen, sind Arbeitsverdichtung und ein angespannter Arbeitgebermarkt zu verzeichnen. Themen wie Fachkräftemangel und Pflegenotstand sind mittlerweile in den Leitmedien omnipräsent. So stellt sich die Frage, ob das Narrativ des Fachkräftemangels das Einzige ist, dass eine Bedeutung haben sollte. Wenn es zu wenige Personen für den Beruf gibt, so kann ich machen was ich will und es werden nicht mehr.
Das bedeutet für das Krankenhaus im Hier und Jetzt, dass das Thema Fachkräftegewinnung und -bindung nur bedingt mit der Umsetzung einzelner Interventionen zu tun hat. So sind Maßnahmen, wie z. B. die Schaffung eines Flexpools eine Art Symptombekämpfung und helfen nicht dabei die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Es geht um nichts Geringeres als die Themen Selbstführung und Demokratisierung von Arbeit im Unternehmen zu platzieren. Im Symposium werden die Erfahrungen aus dem LWL-Klinikum Gütersloh dargestellt, die sich auf den Weg gemacht haben, Arbeitsbedingungen zu verbessern und Selbstführungsprinzipien umzusetzen. Innerhalb von 3 Jahren konnten durch das Gütersloher-Modell (GüMo) 50 VK Pflegefachpersonen hinzugewonnen und gehalten, sowie eine hohe Mitarbeitendenzufriedenheit erreicht werden.
Im ersten Vortrag wird das GüMo zur Mitarbeitendengewinnung und -bindung im Pflegedienst mit erreichten Ergebnissen dargestellt.
In zweiten Beitrag wird der Baustein der Reduktion von Hierarchien und das Empowerment der Stationsleitungen dargestellt. Im dritten Vortrag werden die Bausteine autonomer Gestaltung der Arbeitszeiten und Prozesse und die Entwicklung von Fachkarrieren dargestellt. Im vierten und letzten Beitrag wird der vierte Baustein des GüMo –Bildungsprozesse – besprochen.
Die Auswirkungen von Rassismus auf die psychische Gesundheit sind wissenschaftlich gut belegt. So stellt Rassismus einen unabhängigen Risikofaktor für das Auftreten von affektiven Störungen und Suchterkrankungen dar. Rassismus äußert sich als Form von struktureller Diskriminierung in institutionellen und sozialen Praktiken und kann darum auch in der psychischen Gesundheitsversorgung auftreten. Im deutschsprachigen Raum besteht bislang nur wenig Wissen darüber, wie sich strukturelle Diskriminierung auf die psychiatrische Praxis auswirkt, wie Wissen um strukturelle Diskriminierung in der Behandlung berücksichtigt werden kann und wie eine diskriminierungssensible psychische Gesundheitsversorgung aussehen könnte.
In diesem Panel geben wir einen Überblick über den aktuellen Kenntnisstand zum Zusammenhang von Rassismus und psychischer Gesundheit und der psychischen Gesundheitsversorgung in Deutschland. Zunächst werden die Ergebnisse eines systematischen Literaturreviews und einer qualitativen Interviewstudie aus dem Forschungsprojekt INTERSECT vorgestellt, in dem das Konzept der Intersektionalität zur Analyse von Diskriminierungserfahrungen eingesetzt wird. Weiterhin werden Ergebnisse zum Einfluss von Rassismus auf die psychische Gesundheit aus dem Nationalen Diskriminierungs- und Rassismusmonitor, einem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend geförderten Projekt, diskutiert. Ein weiterer Beitrag thematisiert die Schnittstelle von Rassismus und Zwang in der psychischen Gesundheitsversorgung aus medizinethischer Sicht. Schließlich wird das anlaufende Projekt „RaDiGe: Rassistische Diskriminierung im Kontext psychischer Gesundheitsversorgung“ vorgestellt, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Das Symposium arbeitet heraus, welcher Forschungsbedarf im Bereich Rassismus und psychische Gesundheit im deutschsprachigen Raum besteht und wie eine diskriminierungssensible psychische Gesundheitsversorgung geschaffen werden kann.
Prolonged Exposure ist ein weltweit weiterverbreitetes KVT-Verfahren, das in vielen Studien seine Anwendbarkeit und Wirksamkeit bewiesen hat. Prolonged Exposure behandelt die PTBS und zeigt darüber hinaus seine Wirksamkeit bei komorbiden Störungen und der komplexen PTBS.
Der Workshop soll in das Manual mit praktischen Übungen einführen, so dass der Einstieg in die Behandlung der PTBS einfach gelingen kann. Der größte Schaden in der Traumatherapie passiert durch die Nichtdurchführung. Der Workshop soll Mut machen und Fertigkeiten an die Hand geben, damit zu starten.
Psychotherapie gewinnt bei der Behandlung von Menschen mit Psychosen zunehmend an Bedeutung und wird auch durch die Behandlungsrichtlinien der DGPPN empfohlen. Das von unserer Arbeitsgruppe entwickelte Metakognitive Training für Psychose (MKT) findet sich ebenfalls in den Behandlungsempfehlungen von Fachgesellschaften wie der DGPs für die Behandlung der Schizophrenie. Ziel des aus 10 Modulen bestehenden MKT ist es, Denkverzerrungen zu reflektieren (Meta-Ebene), die bei Menschen mit Schizophrenie mit der Entstehung und Aufrechterhaltung von Wahn in Verbindung gebracht wurden (z. B. voreiliges Schlussfolgern, Überkonfidenz, Unkorrigierbarkeit und Schwierigkeiten beim Einfühlen). Den Patienten werden die vielfältigen negativen Folgen der kognitiven Tendenzen durch spielerische Aufgaben erfahrbar gemacht und deren mögliche Konsequenzen für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Symptomatik verdeutlicht. Darüber hinaus werden auch die Themen Depression und Selbstwert mit typischen Denkverzerrungen thematisiert, da viele Betroffene hier einen klaren Behandlungswunsch äußern und affektive Störungen bei Psychose sehr prävalent sind. Das präsentationsgestützte MKT ist niedrigschwellig, leicht zu implementieren und verfolgt über die Behandlung von Denkverzerrungen einen „Hintertüransatz“.
Herr Prof. Moritz wurde 2010 für das MKT mit dem Psychotherapiepreis der DGPPN ausgezeichnet. Als Weiterentwicklung aus dem Gruppentraining entstand das individualisierte Metakognitive Therapieprogramm für Menschen mit Psychose (MKT+), welches zusätzlich Techniken der kognitiven Verhaltenstherapie aufgreift und eine Behandlung individueller Probleme und Wahnüberzeugungen erlaubt. Aktuelle Meta-Analysen zeigen (Penney et al., 2022), dass das Training signifikante Effekte auf Wahn und Positivsymptomatik allgemein ausübt und sowohl kognitive Verzerrungen reduziert als auch die Krankheitseinsicht verbessert (Lopez-Morinigo et al., 2020; Sauvé et al. 2020). Die Akzeptanz des Trainings bei den Teilnehmenden erreicht sogar eine hohe Effektstärke (Eichner & Berna, 2016). Der Workshop richtet sich sowohl an Anfänger als auch Fortgeschrittene und gibt eine praxisnahe Einführung in das Metakognitive Gruppentraining und MKT+, die es Ihnen ermöglicht, das Training selbst durchzuführen. Vorkenntnisse sind nicht erforderlich.
Aufgrund häufiger Krisen mit Selbstverletzungen, Suizidversuchen, Hochrisikoverhalten sowie multipler Komorbidität finden sich viele Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) in stationärer, psychiatrischer Behandlung. Da unspezifische Therapieangebote auf allgemeinpsychiatrischen Stationen dysfunktionale Verhaltensmuster und Grundannahmen bei BPS verstärken und die Anzahl der Wiederaufnahmen erhöhen können (Jerschke et al. 1998, Bohus 2007), empfehlen die S2-Leitlinien die Dialektische-Behaviorale Therapie (DBT) als Therapie der Wahl für BPS (Evidenzgrad Stufe Ia). Für eine DBT-Therapie sollten Patienten ein Commitment für die Behandlung sowie ein hinreichendes Durchhaltevermögen aufweisen. Bei schwer kranken Borderline-Patienten in der Akutpsychiatrie fehlen diese Voraussetzungen jedoch meist. So kommt es zu einer rezidivierenden und oftmals hochfrequenten Inanspruchnahme von Notaufnahmen, allgemeinpsychiatrischen und anderen Stationen wegen der o. g. Krisen oder Komorbidität, ohne den Weg in eine effektive, ambulante DBT gefunden zu haben. Zur Behebung des aufgezeigten strukturellen Mangels wurde das multiprofessionelle Behandlungssetting einer DBT-zertifizierten Spezialstation um Module ergänzt, die eine Anwendung des DBT-Programms auch bei akuten bzw. schwer gestörten Patienten möglich machen.
Im Workshop wird dieses Behandlungskonzept von geschulten Mitarbeitenden (Arzt, Psychologe, Pflege) theoretisch und praktisch vorgestellt. Es umfasst: das DBT-Programm, eine Krisen-Intervention auf DBT-Basis für akut bzw. notfallmäßig aufgenommene Borderline-Patienten sowie eine akutpsychiatrisch-diagnostisch- stabilisierende Regelbehandlung mit modifizierten DBT-Elementen. Neben den Standard-Bausteinen der DBT wird der Umgang mit BPS-Akutpatienten ohne Commitment, „Dos und Don’ts“ bei BPS-Krisen, Selbstschädigungen, Suizidalität und anderen dysfunktionalen Verhaltensmustern demonstriert. Anhand von Kasuistiken werden die Behandlungen einer Borderline-Patientin mit stationärer DBT und einer schwerkranken komorbiden, zunächst nicht-DBT-fähigen Patientin dargestellt. Dabei wird veranschaulicht, wie selbst bei schwer gestörten, komorbiden Borderline-Patienten im o. g. Setting eine DBT-Behandlung mit guten Behandlungsergebnissen möglich ist.
Die Arzneimitteltherapie in der Psychiatrie wird zunehmend komplexer. Unbeachtete oder nicht bekannte Wechselwirkungen können zu einer Vielzahl von Komplikationen führen, die nicht nur die Gesundheit der Patienten gefährden, sondern auch volkswirtschaftlich von Relevanz sein können. Hier ist im Sinne der Arzneimitteltherapiesicherheit nicht nur die detaillierte Kenntnis über Indikationen und Zulassungen, sondern auch eine besonders sorgfältige Auswahl ggf. unter Einbeziehung genetischer Faktoren eines geeigneten Medikamentes mit geringem Wechselwirkungspotential erforderlich.
Wo liegen die Unterschiede der Wirkstoffe, wie kann man durch geeignetes Monitoring die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöhen? Wie wähle ich interaktionsfreie Kombinationen?
Sowohl pharmakodynamische als auch pharmakokinetische Eigenschaften der Wirkstoffe sollen dabei am Beispiel der Antidepressiva und Antipsychotika vergleichend dargestellt werden. Es werden die Indikationsgebiete, der durch randomisierte placebokontrollierte Studien nachgewiesenen positiven Effekte von Off-Label-Use in begründeten Fällen besprochen. An Fallbeispielen soll dieses Wissen vertieft werden. Aber auch hinsichtlich Wirksamkeit sollen die Arzneimittel bei verschiedenen Indikationen vergleichend dargestellt werden: evidenzbasierte Pharmakotherapie und pharmakogenetische Befunde um das Outcome der Patienten zu verbessern. Auch dies soll auch an Fallbeispielen der Teilnehmenden geübt werden.
Der Workshop soll einen Überblick über Psychopharmaka, deren Indikationsgebiete, Wirk- und Nebenwirkungsspektren, Interaktionen und Pharmakogenetik sowie Möglichkeiten interdisziplinärer Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern bieten und den Teilnehmenden mehr Sicherheit bei der Auswahl und dem Einsatz der Medikamente für den individuellen Patienten vermitteln.
Didaktische Methode: interaktiver Workshop mit Vortrag und Bearbeitung von Fallbeispielen in der Gruppe, Besprechung eigener Fälle der Teilnehmenden
In wachsendem Maße liegen bei Patienten mit medikamentös behandlungsbedürftigen psychischen Störungen somatische Komorbiditäten vor. Diese beeinträchtigen nicht nur die Prognose und den Verlauf der psychischen Erkrankung, sondern stellen auch eine Herausforderung an die Psychopharmakotherapie dar. Zwar haben Psychopharmaka der „zweiten Generation“ wie moderne Antidepressiva und atypische Antipsychotika bei mindestens vergleichbarer Wirksamkeit und besserer Verträglichkeit die Behandlung in der Psychiatrie der vergangenen ca. 20 Jahre revolutioniert. Dennoch sind auch moderne Psychopharmaka mit Risiken behaftet, die in diesem 2-Tage-Workshop eingehend behandelt werden sollen.
Im Fokus des ersten Tages stehen häufige allgemeinmedizinische bzw. internistische Probleme wie Risiken beim Einsatz von Psychopharmaka im Alter, bei vorbestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen, bei Diabetes sowie Leber- und Nierenerkrankungen sowie COVID-19. Der zweite Tag steht im Zeichen neurologischer Risiken, wie der Psychopharmakotherapie bei Parkinsonerkrankung, Epilepsie und der „Post-Stroke“-Depression. Schließlich erfolgt ein Überblick über Aspekte von Polypharmazie und Arzneimittelinteraktionen.
Die repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS) etabliert sich gegenwärtig weltweit als wirksames psychiatrisches Therapieverfahren. Über elektromagnetische Induktion wird bei der rTMS die Aktivität kortikaler Hirnareale (des Präfrontalkortex bei Depression, des Temporoparietalkortex bei auditorischen Halluzinationen) gezielt und über die Zeit der Stimulation hinaus anhaltend moduliert. Durch wiederholte Anwendung über mehrere Wochen werden neuroplastische Prozesse induziert, die zu einer nachhaltigen Besserung der für die entsprechende Symptomatik charakteristischen Veränderungen neuronaler Netzwerkaktivität führen können. Aktuelle Metaanalysen zeigen die Wirksamkeit dieses Verfahrens in der Behandlung depressiver Störungen auf höchstem Evidenzniveau und eine mögliche Wirksamkeit bei auditorischen Halluzinationen.
Nach einer Begrüßung und kurzen Vorstellung der Teilnehmenden werden in diesem Workshop die methodischen und neurophysiologischen Grundlagen der rTMS dargestellt, die relevanten klinischen Studien präsentiert und das konkrete evidenzbasierte Vorgehen bei der klinischen Anwendung vermittelt. Nach einer Pause haben die Teilnehmenden die Möglichkeit sich in praktischen Übungen selbst mit den etablierten Stimulationsparadigmen (hoch- und niederfrequente rTMS, kontinuierliche und intermittierende Theta-Burst-Stimulation) vertraut zu machen. Nach einer weiteren Pause werden individuelle Fragen zu Indikationsstellung, speziellen Anwendungsfällen sowie Herausforderungen und Grenzen der klinischen Anwendung diskutiert. Möglichkeiten zur Verbesserung von klinisch-praktische Abläufen und unterschiedlichen Abrechnungsmöglichkeiten der rTMS-Behandlung werden erarbeitet.
Die Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT) wird als megakognitive Methode ebenso wie z. B. die Dialektisch Behaviorale Therapie (DBT) oder die Schematherapie zu den Verfahren der dritten Welle der Verhaltenstherapie gezählt. Während ein wichtiges Ziel z. B. in der DBT ist, Emotionen zu regulieren und Gedanken zu verändern, fokussiert ACT auf einen völlig anderen Schwerpunkt: das systematische Erlernen von „Akzeptieren“. Einsatzbereiche sind schwerwiegende Life Events, infauste Erkrankungen oder auch Hospizarbeit mit erzwungenen Änderungen im Lebensplan. Grundlage für diesen Ansatz ist die Erkenntnis, dass es nicht immer möglich ist, blockierende Gefühle zu regulieren oder sich von bestimmten Gedanken ausreichend zu distanzieren, um unter den neuen Bedingungen ein lebenswertes Leben zu führen. Nicht selten entwickeln Betroffene stattdessen Angst, Verbitterung oder Rückzug.
ACT ist ein therapeutisches Konzept das sich nicht auf komplizierte kognitive Modelle, sondern an den Werten des Betroffenen orientiert. ACT setzt dabei auf den geschickten Einsatz von einfachen Metaphern. Die Methode ist leicht erlernbar und sofort einleuchtend. Die Therapieform arbeitet direkt emotionsaktivierend und ist für ein sehr breites Klientel direkt und nachhaltig einsetzbar. Wie die Schematherapie besitzt ACT einen störungsübergreifenden Ansatz und ist für die Behandlung verschiedener psychischer Erkrankungen als wirksam evaluiert. Wirksamkeitsnachweise bestehen unter anderem für Angsterkrankungen, Abhängigkeitserkrankungen, Persönlichkeitsstörungen und Depressionen. Das übergeordnete Ziel dieser Behandlungsform ist es, Vermeidungsverhalten mit hohen Kosten aufzugeben und durch ein effektives, funktionales Verhalten zu ersetzen, um zukünftig ein erfüllenderes Leben zu führen.
In diesem Workshop erhalten Sie neben einer Einführung in ACT einen praktischen Einblick in die sechs Dimensionen der ACT, das Hexaflex einschließlich Patientenskills: Akzeptanz, Kognitive Defusion, Selbst-als-Kontext, Achtsamkeit, Werte, Engagiertes Handeln.
Das in diesem Training Gelernte ist nach dem „Plug- and Play-Prinzip“ so aufbereitet, dass es unmittelbar nach dem Workshop in Ihren Einzel- und Gruppentherapien angewendet werden kann. Eine verhaltenstherapeutische Vorbildung ist nicht notwendig. Elemente der Methode können auch effektiv in tiefenpsychologischen Verfahren angewendet werden.
Literatur zur Vorbereitung für diesen Workshop: Villatte M, Villatte J, Hayes S, übersetzt von Fedder C, Kienast T, Sipos V, Schweiger U: Sprache als psychotherapeutische Intervention. Kohlhammer Verlag 2020; Eifert, G. (2011) Akzeptanz- und Commitment-Therapie (ACT). Göttingen: Hogrefe Verlag; Wengenroth, M. (2017) Akzeptanz- und Commitmenttherapie. Weinheim: Beltz Verlag.
Die Autismus-Spektrum-Störungen sind gekennzeichnet durch Defizite in der sozialen Wahrnehmung und Kompetenz, die sich in der Regel bereits im frühen Kindesalter manifestieren. Darüber hinaus prägen Symptome aus dem Bereich der Wahrnehmung, zwangsartig, repetitive Verhaltensweisen und Sonderinteressen sowie -begabungen das klinische Bild des Asperger-Syndroms. Die Prävalenz wird mit etwa 1–2 % eingeschätzt und ist damit höher als die der schizophreniformen Störungen. Die autistischen Störungen sind wie die anderen Entwicklungsstörungen als strukturelle Diagnosen zu begreifen. Sie sind wechselseitig miteinander (Autismus, ADHS, Tic-Störungen und Besonderheiten der Intelligenz) vergesellschaftet und bilden die Grundlage (Basisstruktur) zahlreicher anderer psychiatrischer Komorbiditäten (Depression, Ängste, Sucht, Psychosen, Zwang, etc.). Bei dieser Veranstaltung sollen klinische Präsentation, Differentialdiagnose, Neurobiologie, Klassifikation und Therapie dieser Störungsbilder interaktiv und anhand zahlreicher Videobeispiele vorgestellt werden.
Bis zu 50 % der Erwachsenen leiden innerhalb eines Jahres an einer sexuellen Problematik, wobei Menschen mit psychischen Erkrankungen häufiger betroffen sind. Im ärztlichen Kontakt werden sexuelle Funktionsstörungen nur selten berichtet, wenn nicht aktiv danach gefragt wird. Sexuelle Probleme stehen im Sinne einer bidirektionalen Beziehung in engem Zusammenhang zu psychiatrischen und körperlichen Erkrankungen.
Besonders im Kontext von Depression und Schizophrenie treten sexuelle Störungen häufig auf (morbogen und/oder pharmakogen). Störungen der sexuellen Funktionen (z. B. Lust, Erregung, Orgasmus, Schmerzen, Kapitel F52 ICD-10) und Beziehungsprobleme können langfristig zu hoher Belastung, Beeinträchtigung der Lebensqualität und Medikamenten-Nonadhärenz führen. Häufig bedarf es hier nicht mehr als den Einsatz von Basiskompetenzen, um Patienten hier zu unterstützen und Leid zu mindern.
Im Workshop wollen wir Sie ermutigen und anleiten, in Ihrer klinischen Arbeit sexuelle Störungen (häufiger) anzusprechen und zu erkennen. Wir werden sowohl über Optimierungsmöglichkeiten in der pharmakologischen Behandlung sprechen als auch über die Einleitung sexualtherapeutischer Behandlungsschritte. Praxisnah wollen wir mit Ihren und unseren Fallvignetten erste Behandlungsschritte in Kleingruppen einüben. Tauchen Sie mit uns in die spannende Vielfalt dieses Themenfeldes ein. Fördern Sie nicht nur die (sexuelle) Zufriedenheit Ihrer Patienten, sondern auch Ihre eigene.
Der Workshop eignet sich für alle Berufsgruppen (Medizin, Psychologie, Pädagogik, Pflege).
Psychotherapie ist ein wichtiger Bestandteil in der Behandlung von psychischen Störungen, wird im Medizinstudium jedoch kaum vermittelt. Das Ziel dieses Workshops ist es, den Teilnehmenden ein solides Handwerkszeug für die psychotherapeutische Arbeit mit auf den Weg zu geben.
Aufbau:
Einführung: Psychotherapie und Operantes Lernen
Fallkonzept: SORK-Schema und Alternativen (z. B. Matrix), Expositionsverfahren (z. B. interozeptive Exposition), Motivationsaufbau (z. B. Exploration von Werten), Verhaltensaufbau (z. B. Verhaltensaktivierung)
Zielgruppe: Psychiater und Psychiaterinnen in den ersten Berufsjahren, Studierende im Praktischen Jahr
Methode: Kurzer Vortrag, Einübung von wichtigen Techniken im Rollenspiel anhand von Patientenbeispielen und Selbsterfahrungsübungen
Literatur: Klein JP, Klein EM (2021) Mein Leitfaden Psychiatrie. Basiskompetenzen Für Den Klinikalltag. Springer, Heidelberg.
Bei Frauen mit AD(H)S wird die ADHS oft lange nicht erkannt und häufig erst spät diagnostiziert. Die Symptome der AD(H)S fallen bei Mädchen und Frauen z. B. in schulischen Kontexten nicht weiter auf, da die Betroffenen weniger hyperaktiv sind, dafür verträumt, unaufmerksam, chaotisch und vergesslich. Die nicht gestellte Diagnose kann ausgeprägtes Leiden und Komorbiditäten zur Folge haben und kann zu belasteten Lerngeschichten und negativen Denkmustern und Überzeugungen führen, Selbstkonzepten, die bei der Bewältigung von Lebensaufgaben hinderlich sein können.
Nach einer Einleitung und einem Überblick über die Besonderheiten bei der Diagnosestellung ADHS im Erwachsenenalter bei Frauen sollen die typischen Symptomkonstellationen und Kompensationsstrategien sowie Denkmuster und Schemata, die das klinische Bild prägen und bei der Diagnostik hilfreich sein können, erläutert werden. Die Teilnehmenden können dann die Diagnostik einüben und in Kleingruppenarbeit die frauen-spezifischen Fragen und differentialdiagnostischen Überlegungen erarbeiten.
Im zweiten Teil werden typische Problemfelder im Leben von Frauen mit ADHS und die Behandlungsmöglichkeiten vorgestellt. Dabei sollen erste wissenschaftliche Erkenntnisse zur Pharmakotherapie bei Frauen mit ADHS Berücksichtigung finden und klinische Erfahrungen in der psychotherapeutischen Behandlung von Frauen mit ADHS in der Diskussion ausgetauscht werden. Es können eigene Fälle der Teilnehmenden eingebracht und diskutiert werden.
Mit der Bedeutung kriminaltherapeutischer Verfahren im Justizvollzug und der Bedeutung der Erstellung von Risiko-Profil-Gutachten, gerade auch im Bereich der Sicherungsverwahrung, hat die forensisch- psychiatrische bzw. rechtspsychologische Begutachtung von Sexualstraftätern besondere Bedeutung erhalten. Da in diesem Deliktbereich mehrheitlich nicht die klassischen „krankhaften seelischen Störungen“ eine Rolle spielen, sondern es auf die Beurteilung des Zusammenhangs zwischen Persönlichkeit und Sexualität ankommt und sexuell paraphile Störungen in Hinblick auf ihren Schweregrad und ihr legalprognostisches Risiko beurteilt werden müssen, handelt es sich hier um eine besondere fachliche Spezialisierung. Der Aufbaukurs wendet sich an Kollegen mit beginnender bzw. moderater Vorerfahrung im Sachverständigenbereich und an Kollegen, die sich auf diese spezielle Gutachten-Thematik vorbereiten wollen.
An zwei Tagen werden Grundzüge der Psychiatriegeschichte, auch in Hinblick auf die Facharztprüfung, systematisch vermittelt und mit Hilfe von historischen Quellen anschaulich dargestellt.
Kernthema 1) Kompaktwissen Höhepunkte und Irrwege in der Geschichte der Psychiatrie. Schwerpunkte: von der Aufklärung bis zum Ende des 19. Jahrhunderts; Tendenzen der Psychiatrie im 20. Jahrhundert; Psychiatrie im Nationalsozialismus.
Kernthema 2) Ausgewählte Quellen: Texte und Kontexte. Kleingruppenarbeit, strukturierte Diskussionen, Raum für Fragen und Kommentare.
Kernthema 3) Was weiß ich? Eponym-Quiz Didaktische Methoden: PowerPoint-unterstützte Vorträge und Diskussionen (Tag 1); Kleingruppenarbeit, Textlektüre und Videos (Tag 2)
Zielgruppe: Kolleginnen und Kollegen in der Vorbereitung zur Facharztprüfung; alle in der Psychiatrie Tätigen, die historisch interessiert sind, ebenso aus psychiatrienahen Berufen
Die Systemische Therapie ist als Richtlinienverfahren in der Versorgung angekommen. Kernelemente des Verfahrens wie z. B. das Mehrpersonensetting rücken in den unterschiedlichen Versorgungssektoren psychiatrisch-psychotherapeutischer Arbeit zunehmend in den Fokus. Fragen nach der Umsetzung in die Alltagspraxis werden insbesondere da bedeutsam, wo die Idee entsteht, dass eine systemische Vorgehensweise in der Behandlung von Patienten in komplexen Kontexten einen relevanten Unterschied zu herkömmlichen Vorgehensweisen erzeugen könnte. Mit einer steigenden Anzahl an ausgebildeten und in Ausbildung befindlichen Kollegen wird zudem die Vermittlung einer systemischen Haltung und Methodik im Miteinander anderen Behandlungsverfahren wichtig; speziell dann, wenn eine schulenübergreifende Sicht auf psychotherapeutische Herangehensweisen sinnvoll erscheint, entwickelt und gepflegt werden soll und dies sowohl im vollstationären Bereich als auch in flexibilisierten Settings wie z. B. der stationsäquivalenten Behandlung.
Im Workshop werden Grundlagen Systemischer Therapie in der Alltagspraxis verschiedener Behandlungssettings vermittelt. Aktuelle Themen aus der Arbeit der Teilnehmenden werden mit methodischen Aspekten verknüpft und Umsetzungsmöglichkeiten entwickelt. Für die Tage nach dem Kongress werden wir konkrete Handlungsschritte erarbeiten, die die Teilnehmenden mit einfachen Mitteln in ihren Arbeitskontexten umsetzen können.
Zielgruppe: Ärzte, Psychologen, Pflegekräfte, Sozialarbeitende
Deutschlandweit besteht ein hoher „Freizeitkonsum“ legaler und illegaler Substanzen. Auch Glücksspiel und Internetnutzung ist weit verbreitet. Jedoch zeigt sich gleichzeitig auch eine hohe Prävalenz an Suchterkrankungen, welche zu erheblichen gesundheitlichen, sozialen und volkswirtschaftlichen Problemen führt. Dieses Symposium thematisiert den Übergang zwischen Lifestyle-Konsum und Sucht mit einem Fokus auf Tabak, Cannabis sowie Glücksspiel und Internetnutzung.
Der Konsum legaler Substanzen ist in Deutschland kulturell verwurzelt und für einen Großteil der Bevölkerung ein wichtiger Bestandteil des Alltags. Gleichzeitig ist auch zu beobachten, dass sich der Konsum illegaler Substanzen zunehmend normalisiert – zuletzt in einer politischen Mehrheit zur Legalisierung von Cannabis. Dahingehend beleuchtet Jakob Manthey in seinem Vortrag zunächst den gesellschaftlichen Umgang damit und resultierende Aufgaben aus verschiedenen Perspektiven.
Regelmäßiger Konsum von Tabak wurde lange Jahre als Lifestyle-Konsum vermarktet trotz des hohen Risikos der Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung wie auch anderer vermeidbarer Gesundheitsgefährdungen. Alexander Glahn stellt in seinem Vortrag neue therapeutische Maßnahmen dar und diskutiert kritisch die Entwicklung des Konsums von E-Zigaretten/Tabakerhitzern als „Lifestyle“.
Abschließend präsentiert Patrick Bach aktuelle neurobiologische Befunde zu longitudinalen Trajektorien von internet- und computerspielbezogenen Störungen und demonstriert somit die ausgeprägte Dynamik des Wechsels zwischen problematischen und unproblematischen Nutzungsmustern. Auch werden hierbei Wirkfaktoren beleuchtet, welche das Nutzungsmuster beeinflussen und somit Relevanz für die klinische Behandlung haben.
Die psychotherapeutische Ausbildung ist integraler Bestandteil der ärztlichen Weiterbildung in der Psychiatrie. Die Qualität dieser psychotherapeutischen Ausbildung ist hierbei sehr heterogen und leidet häufig unter den zeitlichen Zwängen und fehlenden Möglichkeiten im Stationsalltag psychotherapeutisch tätig zu werden. In diesem Symposium werden wir zunächst herausarbeiten, was gute Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten ausmacht, um dann unterschiedliche Wege aufzuzeigen, wie diese Ziele erreicht werden können.
Im vom BMBF im Rahmen des "Forschungsnetz psychische Erkrankungen“ geförderten ASD-Net (2015-2023) kooperieren führende Expertinnen und Experten in Bezug auf klinische und wissenschaftliche Kompetenz im Bereich Autismus miteinander. In dem Verbundprojekt wurden zentrale Fragen im Bereich der Diagnostik, Therapie und Gesundheitsversorgung adressiert und Lösungsmöglichkeiten erarbeitet. In diesem Symposium stellen wir einige ganz neue Ergebnisse aus der langjährigen Arbeit vor, die sowohl für Kliniker als auch für Forschende besonders, relevant sind.
Im ersten Vortrag werden Studien im Bereich Diagnostik vorgestellt, in denen die Daten von insgesamt 3.484 Probanden (1.733 mit Autismus, 1.751 mit anderen Entwicklungs- und psychischen Störungen) ausgewertet wurden. Ziel war es prädiktive Symptome für die Diagnose Autismus in Abgrenzung zu anderen Störungsbildern zu identifizieren. Hierzu wurden verschiedene differentialdiagnostische Fragestellungen, aber auch Fragen bezüglich der Bedeutung von Geschlecht und Intelligenz untersucht.
Im zweiten Vortrag stellen wir erstmals die Ergebnisse einer randomisiert, kontrollierten Kombinations-Studie vor, die erstmals untersucht hat, ob die Gabe von Oxytocin den Erwerb sozialer Kompetenzen während eines verhaltenstherapeutischen Gruppentrainings zusätzlich unterstützen kann.
Der dritte Vortrag stellt die ersten Ergebnisse bezüglich der neurobiologischen Marker für den Erfolg des sozialen Kompetenztrainings dar.
Der vierte Vortrag stellt Ergebnisse im Bereich der Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomie dar. Auf Basis einer Stichprobe von 385 Menschen mit Autismus (4–67 Jahre) werden in Anspruch genommene ambulante und stationäre Gesundheitsleistungen sowie die damit verbundenen Kosten dargestellt. Ergänzend wird anhand einer Befragung von über 200 Sorgeberechtigten von Kindern aufgezeigt, wie sich der typische diagnostische Prozess bis hin zur gesicherten Diagnose Autismus im Hinblick auf Dauer und beteiligte Professionen gestaltet.
Affektive Störungen und Adipositas gehören zu den häufigsten Erkrankungen und treten oft zusammen auf. Sowohl die Pathomechanismen als
auch mögliche Therapien des sogenannten «metabolischen» Subtyps der Depression sind aber noch weitgehend unbekannt. Deswegen wollen wir
neue Daten zur Entstehung und Behandlungsmöglichkeiten präsentieren. Undine Lang wird über die Rolle der Hirn-Darm-Achse und ihrer vielen
Ansatzpunkte in der Therapie von depressiven Erkrankungen sprechen. Ernährungsinterventionen, eine Augmentation von Nährstoffen,
Vagusnervstimulation, Darmhormone und Bakterien in Form von Probiotika oder ein Mikrobiomtransfer könnten hierbei eine Rolle spielen. Dragos
Inta präsentiert neue Erkenntnisse zu molekularen Faktoren der Komorbidität zwischen Depression und Adipositas und den zugrundeliegenden
Mechanismen. Außerdem wird er geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wirkung moderater Low-Carb- und ketogener Diäten, sowie über
Möglichkeiten alternativer glutamaterger Antidepressiva bei „metabolischer“ Depression sprechen. Stefan Borgwadt wird Daten hinsichtlich einer
der laufenden SNF-geförderte Sinergia-Studie bei depressiven Patienten präsentieren, in der untersucht wird, ob eine Low-Carb-Diät einen
klinisch messbaren antidepressiven Effekt sowie Einflüsse auf das Mikrobiom erzielt. In diesem Vortrag soll die Evidenz für eine mögliche
antidepressive Wirkung einer Low-Carb-Diät bei depressiven Patienten diskutiert und erste Ergebnisse präsentiert werden. Christian Otte
präsentiert neue Ergebnisse einer der laufenden BMBF-geförderten SIMCODE-Studie bei 160 komorbiden Patienten, ob eine Zusatzgabe von
Simvastatin zu einem Standard-Antidepressivum (Escitalopram) einen stärkeren antidepressiven Effekt erzielt als eine Zusatzgabe von Placebo. In
diesem Vortrag soll die Rationale für eine mögliche antidepressive Wirkung der Statine bei diesen komorbiden Patienten vorgestellt und diskutiert
und erste Baseline-Ergebnisse präsentiert werden.
Leistungen der Rehabilitation und Teilhabe für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen sind in Deutschland durch klare sozialrechtliche Zuordnungen organisiert und strukturiert. Inhaltliche Evidenz und internationale Modelle, die sich an einem Versorgungskontinuum orientieren, erlangen jedoch hierzulande zunehmend an Bedeutung und werden in verschiedenen konzeptuellen Strukturen und Sozialrechtsbezügen umgesetzt. Das Symposium versucht, diese unterschiedlichen Bemühungen und erfolgreichen Aktivitäten zusammenzubringen, erste Ergebnisse vorzustellen und in eine interessante Diskussion einzuladen. Zu Beginn wird Monika Stuhlinger prinzipielle Überlegungen des mobilen, zugehenden Settings in der medizinisch-beruflichen psychiatrischen Rehabilitation vorstellen und erläutern, zu welchen Zielgruppen mit welchen prioritären Themen hiermit Vorteile erreicht werden können. Als eine mögliche Konkretion wird die mobile psychiatrische Reha nach angepasster GKV-Spitzenverbandsempfehlung aus dem RPK-Kontext heraus skizziert. Marko Daubitz fokussiert auf die Bedeutung der beruflichen Orientierung als zentrales Element im beruflichen Integrationsprozess und dessen Einfluss auf die psychische Gesundheit. Der Beitrag stellt auch Ergebnisse vor, die sich insbesondere in den BTZ-Angeboten des Case-Management und damit in der mobilen Begleitung von Menschen mit psychischen Erkrankungen im Teilhabeprozess wiederfinden. Ein dritter Beitrag referiert Teilhabeförderung in mobilen aufsuchenden Angeboten aus dem SGB V-Bereich: StäB und PIAmobil. Thomas Herzog stellt den komplexen Behandlungs- und Teilhabebedarf schwer psychisch erkrankter Menschen in diesen neuen, zugehenden Akut-Behandlungsformaten vor und stellt Vor- und Nachteile sowie Herausforderungen und Chancen zur Diskussion. Das Referat von Vera Disselhoff schließt hier lückenlos an und berichtet von mobiler Behandlung mit dem Schwerpunkt beruflicher Teilhabe an den psychiatrischen Abteilungen des Urban-Klinikums Berlin.
Digitale Verfahren wie die Smartphone-basierte Erfassung psychischer Beschwerden als auch der Einsatz digitaler Interventionen finden in der Erforschung und Versorgung psychischer Erkrankungen zunehmend an Bedeutung. Wesentliche Gründe hierfür liegen in der hohen ökologischen Validität und Effizienz, sowie der Möglichkeit einer Echtzeiterfassung von Symptomen und Verhalten in lebensechten Umgebungen. Im aktuellen Symposium sollen Anwendungsmöglichkeiten digitaler Verfahren zur Diagnostik und Therapie psychischer Erkrankungen dargestellt und diskutiert werden. Neben der Entwicklung innovativer Instrumente soll ein Schwerpunkt des Symposiums auf der Translation der Verfahren in die klinische Versorgung liegen.
U. Ebner-Priemer wird Möglichkeiten der Sensor-basierten Erfassung von Alltagsverhalten und ihrer Relevanz im Zusammenhang mit psychischer Gesundheit darstellen.
N. Opel wird die Implementierung digitaler Systeme zur Phänotypisierung psychischer Erkrankungen in Studien und klinischer Routine darstellen und hier technische als auch klinische Aspekte diskutieren.
J. Kambeitz wird Evidenz aus einer Meta-Analyse zum Vergleich digitaler und konventioneller KVT-Ansätze darstellen.
U. Reininghaus wird Ergebnisse zum Einsatz adaptiver, transdiagnostischer digitaler Interventionen, u. a. anhand der EMIcompass-Studie darstellen.
Das Symposium liefert somit einen Überblick zum Einsatz digitaler Verfahren bei psychischen Erkrankungen von der Entwicklung bis zur Translation in die Patientenversorgung.
Behandlungsvereinbarungen (BehV) und Patientenverfügungen (PatVF) fungieren als Vorsorgeinstrumente für künftige Notfall- und Krisensituationen, in denen die Selbstbestimmungs- und Einwilligungsfähigkeit erkrankungsbedingt eingeschränkt oder nicht mehr gegeben ist. Ziel ist bei allen Instrumenten die Förderung der Autonomie der Patientinnen und Patienten und die Verbesserung von Empowerment und subjektivem Kontrollempfinden während Notfall- und Krisensituationen. PatVF werden von den Betroffenen alleine „verfügt“, während BehV auf Basis eines strukturierten Gesprächsprozesses zwischen Betroffenen und den Behandelnden – häufig vor dem Hintergrund der gemeinsamen Erfahrungen mit vorausgegangenen Krisensituationen mit Eskalationen und Zwangsmaßnahmen – erstellt werden.
Im Rahmen des Symposiums geht T. Pollmächer zunächst auf die Gemeinsamkeiten und die entscheidenden Unterschiede zwischen BehV und PatVF ein und erläutert die Herausforderungen im Umgang mit den unterschiedlichen Instrumenten speziell im psychiatrischen Versorgungskontext. In der Folge gibt T. Steinert einen Überblick über die Evidenz und die daraus resultierenden Leitlinienempfehlungen für die Wirksamkeit von Vorsorgeinstrumenten. Anschließend werden zwei aktuelle empirische Studien aus dem deutschen Versorgungssystem vorgestellt: M. Driessen stellt eine multizentrische randomisiert kontrollierte Studie zur Wirksamkeit von BehV und Krisenplänen bezüglich Zufriedenheit der Betroffenen und Reduktion von Zwang im Verlauf vor. Schließlich präsentiert S. Engemann Analysen von Routinedaten eines großen Klinikverbunds. Untersucht wird dabei, welche Patientinnen und Patienten mit dem Angebot der BehV erreicht werden und wie der Abschluss der BehV den Versorgungsverlauf hinsichtlich Zwangsmaßnahmen beeinflusst.
Der Lebensweltbezug von Menschen, die psychiatrische Krisen durchlaufen oder an psychiatrischen Erkrankungen leiden, steht im Mittelpunkt psychiatrisch-anthropologischen Denkens und verstehender psychiatrischer Praxis. Historisch wurde die Intentionalität von Menschen auf ihre Umwelt hin und die sie ermöglichende Leiblichkeit des Menschen zunächst individualistisch verkürzt aufgefasst. Zeitgenössische Theoriebildungen denken diese neu, ausgehend von der primären Sozialität des Menschen: die Intentionalität als kollektive und die Leiblichkeit als enaktive. Die Psychiatrie bestimmt sich aus dieser Sicht als „Beziehungsmedizin“.
Dies greift unser Symposium auf, indem es Psychiatrie als relationales Geschehen rekonstruiert und psychisches Kranksein in der sozialen Wirklichkeit verortet. Es ergänzt in einem kritischen Sinne die Diskussionen zum Leitthema der „Ökologischen Psychiatrie“ des diesjährigen Kongresses. Nicht nur die Interaktionen zwischen Umwelt und psychisch krankem Individuum sind empirisch zu untersuchen, sondern diese auch vor dem Hintergrund zu sehen, in welch fundamentaler Weise Menschen soziale Wesen sind, wie sich psychisches Kranksein in einem kollektiven Raum ausbildet und interpretiert wird. Krisenhafte und existentielle Zuspitzungen im Lebensvollzug des Menschen finden im konkret vorfindlichen sozialen Raum statt. Sie stellen Einschränkungen freiheitlicher Lebensvollzüge dar, ermöglichen aber auch eine Transformation hin zu neuen Möglichkeiten der Realisierung von Freiheitsgraden im sozialen Geschehen.
Das Symposium gibt einen Überblick über die grundlegenden Denkansätze der Relationalen Psychiatrie: kollektive Intentionalität, Verkörperung, Enaktivismus und soziale Freiheit. Innerhalb eines ökologischen Verstehenshintergrundes helfen diese Konzepte, der Auflösung des Verstehens menschlicher existentieller Probleme in nur empirisch generierten Datenmengen der sogenannten personalisierten Psychiatrie zu begegnen.
International liegen bislang keine Studien vor, die untersuchen, unter welchen Störungen Patientinnen und Patienten mit extremistischer Einstellung in psychotherapeutischer/psychiatrischer Behandlung leiden. Allerdings zeigt die Studienlage im Zusammenhang mit Einzeltätern, die eine extremistische Straftat begangen haben, dass bei diesen eine etwas höhere Prävalenz für Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis, Angsterkrankungen und Persönlichkeitsstörungen berichtet werden. Häufig fehlt es dabei aber an psychiatrischen Untersuchungen, ebenso bei Menschen, die eine extremistische Einstellung teilen. In einer deutschlandweiten Online-Befragung zu Patientinnen und Patienten mit extremistischer Einstellung in der Krankenbehandlung (Inanspruchnahmepopulation) machten 210 (60%) der befragten Ärztinnen und Ärzte und Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die bereits einmal diese Patientengruppe behandelt hatten, Angaben zu den primären psychiatrischen Störungsbildern nach ICD-10. Es zeigt sich dabei ein Gesamtbild von vor allem affektiven Störungen, neurotischen Störungen, Belastungs- und somatoformen Störungen sowie Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen. Bei der Behandlung der Patientinnen und Patienten spielte die extremistische Einstellung bei einem Großteil keine Rolle. Im Symposium werden Ergebnisse dieser Befragung vorgestellt. In einem anschließenden Beitrag wird darauf eingegangen, welche Rolle Angehörige aus Heilberufen in Zusammenhang mit Patientinnen und Patienten mit extremistischer Einstellung spielen können und wo die Grenzen für Behandlung und Therapie liegen. Ein dritter Beitrag geht auf die innerpsychischen und sozialpsychologischen Auswirkungen von Fear Speech („angstinduzierenden Narrativen“) ein, die in verschiedenen extremistischen Phänomenbereichen als Aktivierungs- und Mobilisierungsstrategie zur Anwendung kommen. Es wird die Frage nach dem Umgang auch seitens der Heilberufe aufgeworfen.
Randomisierte kontrollierte Studien (RCT) sind der Goldstandard in der Psychopharmakaforschung. Primärer Zielparameter sind i.d.R. etablierte psychopathologische Ratingskalen, die das Ausmaß diagnosespezifischer Symptomatik quantifizieren. Es bestehen aber Zweifel, ob diese Skalen die Behandlungsziele und -bedürfnisse der Patientinnen und Patienten ausreichend abbilden.
Bei der Entscheidung über eine Pharmakotherapie ist für Patientinnen und Patienten von besonderer Relevanz, wie sich die Erkrankung ohne Medikation bzw. unter einem Scheinmedikament entwickeln würde und welche Effekte sie auf ihre Lebensqualität und auf ihre Fähigkeit, ihren sozialen Bedürfnissen und Pflichten nachzukommen, erwarten können.
Kein Pharmakon wurde derartig umfangreich in RCTs untersucht, wie Placebo. Dennoch liegt bislang keine umfassende Metaanalyse (MA) zum Vergleich der Krankheitsentwicklung in Plazeboarmen von RCTs zwischen den verschiedenen psychiatrischen Erkrankungen vor. Präsentiert wird eine bislang unveröffentlichte systematische MA, die anhand von Prä-post-Effektstärken neun psychiatrische Hauptdiagnosen bezüglich der Symptomentwicklung unter Placebo in eine Rangfolge bringt. Die je nach Diagnose deutlich unterschiedliche Symptomverbesserung ist auf den Placeboeffekt im engeren Sinne, den natürlichen Krankheitsverlauf und vielfältige weitere spezifische und unspezifische Faktoren zurückzuführen.
Lebensqualität und soziale Teilhabe (social functioning) sind bei der typischerweise episodisch verlaufenden Depression prämorbid oft hoch, und die krankheitsbedingten Einbußen für die Betroffenen besonders leidvoll. In vielen Antidepressiva-RCTs werden diese Therapieziele als sekundäre Ergebnisparameter gemessen. Bislang liegt aber keine umfassende MA zum Antidepressiva-Einfluss auf diese Parameter im Vergleich zu Placebo vor. Eine soeben publizierte und eine noch unveröffentlichte systematische MA zu dieser Fragestellung und zur Korrelation der Effekte mit den antidepressiven Effekten wird vorgestellt.
In den letzten Jahren hat Deutschland mehr als 2 Millionen Geflüchtete aufgenommen. Allein seit dem Krieg in Ukraine sind 1,1 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine, Menschen, die vor der Flucht, während der Flucht und auch nach der Flucht vielfältige traumatisierende Ereignisse durchleben. Neben einer PTBS als eine mögliche Reaktionsform auf psychische Traumatisierung sind häufig auch depressive Störungen, somatoforme Störungen, dissoziative Störungen, psychotische Reaktionstypen nachweisbar. Zahleiche Belastungs- und Stressfaktoren, mit denen die Geflüchteten im Aufnahmeland konfrontiert sind, beeinflussen die psychische Gesundheit zusätzlich. Dazu zählen Aufenthaltsstatus, Unterkunft etc.
In diesem Symposium sollen die psychische Gesundheit von geflüchtete Menschen aus verschiedenen Regionen erläutert, Einfluss der Post- Migrationsstressfaktoren analysiert , Hürden im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes präsentiert werden. Darüber hinaus soll diskutiert werden, was State-of-the-Art in der Behandlung von geflüchteten Patientinnen und Patienten ist.
„4 interessante forensische Fälle“ beschäftigt sich mit Patientinnen und Patienten in der Forensischen Psychiatrie. In der Forensik Tätige untersuchen, begutachten und behandeln Personen, die im Zusammenhang mit einer psychischen Störung Straftate(n) begangen haben oder bei denen das Risiko besteht, eine solche zu begehen. Das Symposium «4 interessante forensische Fälle» erörtert anhand von vier sehr unterschiedlichen Fallvignetten psychiatrische Konstellationen mit forensischer Relevanz. In „Ganz normal neurotisch oder doch schwere psychische Störung?“ geht es um die Frage, wo eine psychische Störung anfängt und ab wann sie behandlungsrelevant im psychiatrischen und forensischen-psychiatrischen Sinn ist. „Intervenieren oder raushalten? Eine vielleicht gefährliche Entwicklung“ diskutiert, wie Psychopathologie von einer alltäglichen Bürde zu einer drohenden Gefahr werden kann und wie man frühzeitig interveniert, ohne dabei Patientenrechte zu übergehen. Der Beitrag „Polymorph interessiert“ oder doch paraphil? Zur Diagnostik paraphiler Störungen“ verdeutlicht das große Spektrum von sog. normaler Sexualität bis zu „gefährlicher“ Sexualität. Im vierten Vortrag „Therapie von Gewaltbereitschaft im Hochsicherheitsbereich?“ wird der Frage der Behandlung besonderer psychopathologischer Phänomene und Fremdgefährdung nachgegangen.
Already at early or prodromal stages, numerous neuropsychiatric disorders are associated with alterations in learning and memory systems, including hippocampus-dependent declarative memory and striatum-dependent implicit learning processes. The medial temporal lobe (MTL) memory system with the hippocampus shows age-related functional decline and is severely affected in Alzheimer's disease and other forms of dementia. In youth and young adulthood, hippocampal dysfunction has been implicated in the pathogenesis of schizophrenia. The striatum, on the other hand, is involved in implicit learning, particularly as reward-based learning. Dysregulated reward processing in the striatum is considered a key pathomechanism in addiction, and alterations of motivated learning processes have also been reported in schizophrenia and major affective disorders.
In this symposium, we will explore the potential of individual differences in learning and memory processes as possible potential predictors of the risk for developing neuropsychiatric disorders. Neuropsychological testing, structural and functional neuroimaging, in combination with fluid biomarker analysis may bear the potential to detect early alterations in MTL and striatal function, thereby facilitating early diagnosis and ultimately intervention. The symposium will cover individual differences in valenced action/inhibition learning (A. Richter), a potential role for context learning in posttraumatic stress disorder (S. Siehl), fMRI signatures of explicit memory in the differentiation of normal aging and dementia risk states (B. Schott), and autobiographical memory and its possible influences on decision making in dementia (C. McCormick).
Psychische Erkrankungen treten gehäuft erstmals im jungen Erwachsenenalter auf. Eine Gruppe, die hier immer wieder Erwähnung findet, sind Studierende. Zu Beginn des Studiums sind sie mit Entwicklungsaufgaben konfrontiert, die mit dem Wechsel vom Setting Schule zum Setting Hochschule einhergehen: „zuvor großer Fisch im kleinen Teich, nun kleiner Fisch im großen Teich“. Im Studienverlauf nehmen die vielfältigen Anforderungen nicht ab. Zuletzt konnten stress-protektive Faktoren wie soziale Unterstützung in Arbeitsgruppen durch die Einschränkungen infolge der Pandemie nicht ihre gewohnte Wirkung (z. B. als Stresspuffer) entfalten. Es ist von einem erhöhten Risiko zur Verschlechterung der psychischen und körperlichen Gesundheit von Studierenden auszugehen. Die Forschung um verhaltens- und verhältnispräventive Ansätze gewinnt daher an Bedeutung. Studierende können hierbei eine wichtige Doppelrolle innehaben. Ein großer Teil wird zukünftig Führungspositionen besetzen und Organisationskulturen prägen und/oder mitgestalten. Das frühzeitige Erlernen und Verinnerlichen von psychischen sowie körperlichen Gesundheitskompetenzen kann auf diese Weise die eigene Gesundheit stärken sowie eine nachfolgende Generation prägen.
Das Symposium „Studierendengesundheit und Präventionsansätze im Hochschulkontext“ gibt im ersten Schritt einen Einblick in protektive Faktoren der Studierendengesundheit, welche im Rahmen des LUST-Trials seit 12 Jahren in Lübeck untersucht werden. Anschließend wird im Sinne eines Best-Practice-Beispiels ein deutschlandweit etabliertes präventives Antistigma-Programm vorgestellt. Es folgen Einblicke in die Etablierung eines regelmäßigen Mental Health Surveillance, welches aktuell in Mannheim pilotiert wird. Abschließend erfolgt die Erweiterung der individuell/verhaltenspräventiven Ansätze um einen verhältnispräventiven Fokus.