iCal
Raum:
Saal A8 (Stream/on Demand)
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 17: Pharmakotherapie
Stream/on Demand
Format:
State-of-the-Art-Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
13:30 Uhr
Management von Nebenwirkungen
M. Paulzen (Aachen, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
M. Paulzen (Aachen, DE)
Sind Psychopharmaka aufgrund ihrer Nebenwirkungen schlimmer als die damit behandelten Erkrankungen? Sollten wir lieber auf ihren Einsatz verzichten? Diese Fragen sind insbesondere vor dem Hintergrund des Auftretens von Arzneimittelnebenwirkungen von besonderer Bedeutung. Während früher vornehmlich die Kontrolle von Zielsymptomen im Fokus einer Psychopharmakotherapie stand, spielt heute vor allem auch die Vermeidung von Nebenwirkungen und unerwünschten Arzneimittelwirkungen, UAW, eine zunehmend wichtigere Rolle. UAW sind häufig und in ihrer Ausprägung vielfältig. Zur Sicherstellung einer hohen Lebensqualität und zur Verbesserung der Therapieadhärenz gewinnen Behandlungs- und Präventionsmöglichkeiten von UAWs eine immer stärkere Bedeutung.
Viele Psychopharmaka verursachen vor allem in der Eindosierungsphase eine QTc-Verlängerung, die sich oftmals zudem bei Kombinationstherapien verstärkt. In diesen Fällen hat sich die Umstellung auf andere Substanzen mit einem niedrigeren Risiko für kardiale Nebenwirkungen bewährt. Auch eine langsamere Aufdosierung kann kardiale UAWs verhindern, wie dies z.B. für das Clozapin-assoziierte Risiko einer Myokarditis gezeigt werden konnte.
Manche Antipsychotika verursachen extrapyramidale motorische Störungen (EPS), deren Behandlung die Umstellung auf ein Antipsychotikum mit niedrigerem EPS-Risiko, wie auch die kurzfristige Einnahme von Anticholinergika einschließt. Während die meisten Nebenwirkungen mit Absetzen der Medikation sistieren, bleiben andere dauerhaft bestehen. Manche sind durch den Einsatz von Therapeutischem Drug Monitoring (TDM) gut kontrollierbar.
Antipsychotika und Stimmungsstabilisatoren sind noch häufiger als Antidepressiva assoziiert mit Gewichtszunahme. Effiziente Behandlungsoptionen schließen Lifestyle-Interventionen, wie auch den Einsatz verschiedener pharmakologischer add-on-Strategien mit ein.
Der Beitrag verschafft ein tieferes Verständnis des Entstehens von Nebenwirkungen auf der neurobiologischen Ebene und präsentiert präventive Maßnahmen zur Vermeidung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen sowie etablierte und experimentelle Strategien zum Nebenwirkungsmanagement. Hierdurch entstehen Denkanstöße, um die Behandlung psychiatrischer Patienten zu optimieren und die Therapieadhärenz zu erhöhen. Am Ende ist es das Ziel einer jeden psychopharmakologischen Behandlung, Therapieerfolg zu erzielen, ohne dass die Patienten durch die Einnahme eines Pharmakons in anderer Form beeinträchtigt sind.
14:15 Uhr
Management von Wechselwirkungen bei Polypharmazie
C. Hiemke (Mainz, DE)
Details anzeigen
Autor:in:
C. Hiemke (Mainz, DE)
In einer Erhebung (Wolff et al. 2021) an psychiatrischen Versorgungskliniken wurde bei 14.418 Patienten, die an einer depressiven Erkrankung (F33 oder F32) litten, festgestellt, dass im Mittel 3,7 Arzneistoffe verordnet worden waren, etwa zur Hälfte jeweils Psychopharmaka und Nichtpsychopharmaka. Dabei kamen 96 verschiedene Psychopharmaka und 619 Nichtpsychopharmaka im Einsatz. Daraus ergeben sich über 250.000 theoretisch mögliche Arzneimittelkombinationen. Viele Patienten, insbesondere Alterspatienten waren polypharmazeutisch behandelt, erhielten also 5 oder mehr verschiedene Arzneistoffe. Arzneimittelkombinationen sind oft notwendig, weil verschiedene Erkrankungen zu behandeln sind oder weil eine Monotherapie für einen zufriedenstellenden Behandlungserfolg nicht ausreicht. Mit steigender Anzahl an Arzneistoffen steigt jedoch das Risiko für unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) linear an und wird manchmal durch pharmakokinetische und -dynamische Arzneimittelwechselwirkungen sogar potenziert. Um möglichst sicher zu kombinieren und Wechselwirkungs-UAW zu vermeiden, ist es wichtig „Risikosignale“ in der Liste der verordneten Medikamente zu identifizieren, die für Arzneimittelwechselwirkungen bedeutsam sind. Für pharmakokinetische Wechselwirkungen sind dies insbesondere Arzneistoffe, die Cytochrom-P450-Enzyme (CYP) hemmen oder induzieren, so genannte perpetrator drugs. Ein nützliches Verfahren zur Kontrolle pharmakokinetischer Wechselwirkungen ist Therapeutisches Drug Monitoring (TDM), d.h. die Messung der Wirkstoffkonzentrationen im Blut. Risikosignale für die Erkennung potentieller pharmakodynamischer Wechselwirkungen sind Arzneistoffe mit enger therapeutischer Breite und gleichartige UAW der kombinierten Arzneistoffe, z.B. Sedierung oder Leberschädigung. Wie man bei Polypharmazie vorgehen sollte, um im klinischen Alltag das Risiko von Wechselwirkungs-UAW zu überschauen und zu minimieren, soll an Fallbeispielen dargestellt werden.