Das Symposium will Handlungssicherheit in Bezug auf die ersten Schritte im Umgang mit traumatisierten Personen geben. Es richtet sich dabei primär an angehende Psychiaterinnen und Psychiater und Psychologinnen und Psychologen, kann aber auch anderen Mediziner in der Notfallversorgung Hilfestellung geben. Wir beabsichtigen zum einen ein Update der Empfehlungen zum Umgang mit akut traumatisierten Personen. Zum anderen möchten wir kurze Stabilisierungsübungen vorstellen und auch zu Interventionen ermutigen.
15:30 Uhr
Traumatische Ereignisse und akute Belastungsreaktionen
I. Schäfer (Hamburg, DE)
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Autor:in:
I. Schäfer (Hamburg, DE)
Einleitung: Traumatische Belastungen spielen bei der Versorgung von psychiatrischen Patient:innen eine wichtige Rolle. Zu den häufigsten Formen zählen Gewalterlebnisse, Unfälle, natürliche oder durch Menschen verursachte Katastrophen, sowie lebensbedrohliche medizinische Erkrankungen. Traumatische Erlebnisse liegen bei einem Teil der Betroffenen bereits länger zurück. Bei Anderen stellen sie den Grund für die aktuelle Vorstellung dar oder es wird deutlich, dass Patient:innen, bei denen zunächst andere Gründe für die Behandlung im Vordergrund standen, erst vor kurzem auch potenziell traumatisierenden Erlebnissen ausgesetzt waren. Grundkenntnisse zum Umgang mit akut traumatisierten Personen stellen deshalb ein wichtiges „Handwerkszeug“ für die psychiatrische Praxis dar.
Methode: Die im Vortrag vorgestellten Techniken und Prinzipien basieren auf den Empfehlungen aktueller Leitlinien im Bereich der Psychotraumatologie (u.a. S2k-Leitlinie Diagnostik und Behandlung von akuten Folgen psychischer Traumatisierung; S3- Leitlinie zur Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung).
Ergebnisse/Diskussion: Interventionen zur Versorgung von akut Traumatisierten lassen sich unterschiedlichen zeitlichen Phasen zuordnen. Prinzipien der Psychologischen ersten Hilfe kommen primär in der Anfangsphase nach traumatischen Ereignissen zum Einsatz. Mit etwas zeitlichem Abstand treten weitere Interventionen in den Vordergrund, die bereits psychotherapeutische Techniken beinhalten können, die sich in der Psychotraumatologie bewährt haben. Schließlich können auch in der Frühphase nach traumatischen Erlebnissen, d.h. im Verlauf der ersten Wochen, bereits Interventionen zur Behandlung der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sinnvoll sein. Im Vortrag wird ein praxisnaher Überblick über Interventionen aus allen Phasen der Akutversorgung traumatischer Erlebnisse gegeben.
16:00 Uhr
Interventionen zur psychischen Stabilisierung
J. Schellong (Dresden, DE)
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Autor:in:
J. Schellong (Dresden, DE)
In der bedarfsgerechten traumainformierten Begleitung steht die Stärkung von Selbstfürsorge und die Aktivierung von Selbstheilungskräften ganz im Vordergrund. Psychische Reaktionen auf eine Traumatisierung können zwischen Abwehrreaktion und Bindungsaktivierung oszillieren. Gerade im psychiatrisch-psychosomatischen Kontext finden sich oft Menschen, deren Symptomatik im Zusammenhang mit Gewalt in der Kindheit oder sexualisierte Gewalt durch wichtige Bezugspersonen steht. Bei diesen komplexen Traumafolgestörungen erschweren dissoziative Phänomene, Affektregulations- und Bindungsstörungen die therapeutische Beziehungsgestaltung zusätzlich.
Wichtige Elemente sind hierbei daher: Vertrauen aufbauen, Sicherheit vermitteln, den Patientinnen und Patienten Kontrolle und Selbstbestimmtheit ermöglichen.
Über eine vertrauensvolle Beziehung kann ein Klima geschaffen werden, in dem erzählt werden kann. Es gilt anzuknüpfen an die vielfältigen Ressourcen und Fähigkeiten der jeweiligen Person. Mittels ressourcenorientierter Techniken (Grounding, Atemtechniken, imaginative Techniken) kann geübt werden, sich in der Gegenwart zu verankern. Wo bin ich jetzt, wie habe ich gehandelt, was habe ich gefühlt, was habe ich gedacht.
Ressourcenorientierte Kommunikationstechniken als ein wesentlicher Aspekt sollen dabei nicht zu kurz kommen. Auf der Suche nach dem verlorenen Vertrauen können ausgesendete Signale im therapeutischen Kontakt mehrdeutig sein und nicht selten missverstanden werden. Die Beziehungsgestaltung in der Krisenintervention traumatisierter Menschen lohnt eine gesonderte Betrachtung.
16:30 Uhr
Spezifische Interventionen (für nicht spezialisierte Kollegen und Anfänger)
A. Kuzmanovic (Dresden, DE)
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Autor:in:
A. Kuzmanovic (Dresden, DE)
Hintergrund:
Die Erstversorgung von PatientInnen nach einer akuten Traumatisierung findet in der Regel nicht in spezialisierten Stationen oder Ambulanzen für Traumafolgestörungen statt. Eine psychiatrische Versorgung erfolgt oft im Konsiliardienst, aber auch als primäre psychosomatische/psychiatrische Vorstellung. Die Versorgung dieser PatientInnen kann abhängig vom Kontext der traumatischen Ereignisse sowie von der individuellen Vulnerabilität eine besondere medizinische, psychotherapeutische sowie psychosoziale Herausforderung im klinischen Alltag darstellen.
Methode:
Überblick der aktuellen S2k – Leitlinie: „Diagnostik und Behandlung von akuten Folgen psychischer Traumatisierung“ und der S3 Leitlinie: „Posttraumtische Belastungstörungen der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT)“ mit dem Fokus auf psychotherapeutische Interventionen sowie die Beachtung von praktischen klinischen Erfahrungen.
Ergebnisse:
Es werden die leitlinienorientierten Prinzipien der psychosozialen Notfallversorung, unspezifische Frühinterventionenen (Beratung, Psychoedukation, Screening Risikofaktoren, Schutz, Monitoring und soziale/ institutionale Vernetzung), Indikationstellung für eine weiterführende psychotherapeutische Versorgung sowie spezifische Frühinterventionen (Stressbewältigung, kognitive Umstrukturierung, Angstmanagement, Umgang mit Albträumen, Umgang mit traumaassoziierten Gefühlen und Grundprinzipien - Expositionstherapie) bei Traumatiserten dargestellt.
Schlussfolgerungen:
Grundkenntnisse von der Versorgung akut Traumatisierter, sowie Kenntnisse über Frühinterventionen können in der Behandlung sehr hilfreich sein und einer möglichen Entwicklung von chronischen Traumafolgestörungen präventiv entgegenwirken.