Raum:
Raum M6/7 (Stream/on Demand)
Topic:
Wissenschaftliches Programm
Topic 22: Versorgungsforschung und Versorgungsmodelle
Stream/on Demand
Format:
Symposium
Dauer:
90 Minuten
Besonderheiten:
Q&A-Funktion
Der zunehmende Einsatz digitaler Gesundheitstechnologien wie “Apps auf Rezept” bietet sowohl Chancen als auch Herausforderungen für die psychiatrische Versorgung von insbesondere vulnerablen Patientengruppen. Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie haben gezeigt, wie wichtig digitale Technologien für den Zugang zu Gesundheitsversorgung und Informationen sind, wenn in-person-Betreuung nicht möglich ist oder zu wenige Fachkräfte zur Verfügung stehen. Aufgrund der hohen Verfügbarkeit mobiler Geräte können digitale Gesundheitstechnologien Menschen aller sozioökonomischen Hintergründe erreichen und diese unterstützen ihre Symptome besser selbst zu managen und ein gesünderes Leben zu führen. Große Hoffnungen werden daher in die Verbesserung der psychiatrischen Versorgung (z. B. durch frühere Diagnosestellung, verbessertes Symptommanagement, verringerte Kosten) und Verringerung von gesundheitlichen Ungleichheiten (z. B. durch gerechtere Verteilung von Gesundheitsressourcen) gesetzt. Es gibt jedoch auch Bedenken, dass soziale Ungerechtigkeiten verstärkt werden könnten, wenn privilegierte Nutzende unverhältnismäßig stark profitieren. Darüber hinaus beeinflussen strukturelle Ungerechtigkeiten im Gesundheitswesen, einschließlich Rassismus und Sexismus, die Entwicklung und Erforschung von digitalen Gesundheitstechnologien. Das Symposium widmet sich einer interdisziplinären Perspektive, um eine gerechtere Versorgung für vulnerable Patientengruppen in der psychiatrischen Versorgung zu schaffen. Literatur aus Gesundheitssoziologie und Public Health Ethik wird systematisch zusammengefasst und praktisch angewandt. Die Debatte um den Einsatz von digitalen Gesundheitstechnologien in der Psychiatrie wird um Fragen der sozialen Gerechtigkeit und Selbstverantwortung erweitert und Leitprinzipien anhand konkreter Fallbeispiele von Projekten im Bereich ambulantes Monitoring schwerer psychischer Erkrankungen (Berlin, Mannheim) und Management von Suchterkrankungen (Stuttgart) vorgestellt.
08:30 Uhr
Digitale Technologien und ungleiche Gesellschaften: eine Public-Health-ethische Perspektive auf Chancen und Herausforderungen einer digitalen Selbstvermessung
B. Jansky (Augsburg, DE)
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Autor:innen:
B. Jansky (Augsburg, DE)
T. Hendl (Augsburg, DE)
Bedingt durch die COVID-19-Pandemie wurden in den letzten Jahren einige digitale Technologien beschleunigt in nationale Gesundheitssysteme implementiert. In Deutschland kann dies beispielsweise anhand der Einführung des DiGA (Digitalen Gesundheitsanwendungen) Verzeichnisses nachvollzogen werden. Besonders im Bereich psychische Gesundheit werden hier viele Digitale Technologien angeboten, so fallen beispielsweise aktuell 24 von 55 DiGA in den Bereich psychische Gesundheit. Zudem kann eine steigende gesellschaftliche Nachfrage nach digitalen Lifestyle-Produkten, die Unterstützung in psychisch belastenden Zeiten bieten, erkannt werden. Seit einiger Zeit werden die Folgen von Digitalisierung in der Gesundheitsversorgung ethisch reflektiert. Dabei befasst sich ein Großteil der ethischen Analysen von digitalen Technologien jedoch vor allem mit Fragen, die sich auf einzelne Nutzer*innen konzentrieren, wie Autonomie, Privatsphäre, Transparenz oder Akzeptanz. Dieser Symposiumsbeitrag stellt Public-Health-ethische Perspektiven auf Chancen und Herausforderungen von digitalen Technologien ins Zentrum. Es sollen Theorien der Gerechtigkeit und epistemische Ungerechtigkeiten darlegt werden um darauf aufbauend Public-Health ethische Aspekte digitaler Gesundheitstechnologien reflektiert werden. Es wird argumentiert, dass eine umfassende ethische Betrachtung von digitalen Technologien in der Gesundheitsversorgung soziale Gesundheitsgerechtigkeit, Fairness, sowie populationsbezogene Vulnerabilitäten zentral miteinbeziehen muss.
08:52 Uhr
Gerechtigkeitsorientierte Leitprinzipien für die Entwicklung von digitalen Technologien für die psychiatrische Versorgung vulnerabler Patientengruppen
F. Machleid (Berlin, DE)
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Autor:in:
F. Machleid (Berlin, DE)
Die psychiatrische Versorgung steht vor bedeutenden Herausforderungen, die sowohl soziale als auch gesundheitliche Ungerechtigkeiten betreffen. Der Symposiumbeitrag befasst sich mit der Schnittstelle von Ungerechtigkeiten in der psychiatrischen Versorgung und der rasanten digitalen Entwicklung, die durch die Folgen der COVID-19-Pandemie, der Zulassung von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGAs) und dem Fortschritt von künstlicher Intelligenz geprägt ist.
Teil 1: Ungerechtigkeiten und Digitalisierung: Im ersten Teil des Vortrags werden Ungleichheiten in der psychiatrischen Versorgung dargestellt und aktuelle Trends in der digitalen Gesundheitsentwicklung skizziert. Es wird erörtert, wie sich die Digitalisierung auf bestehende Ungleichheiten in der psychosozialen Versorgung auswirkt, sei es, indem sie diese verschärft oder abmildert.
Teil 2: Rahmenwerke für soziale Gerechtigkeit: Im zweiten Teil des Vortrags werden bestehende Rahmenwerke und ethische Richtlinien vorgestellt, die im Zusammenhang mit der Forschung und Entwicklung im Bereich der digitalen Gesundheit relevant sind. Eine Fallstudie über eine digitale Plattform zur Verbesserung der ambulanten psychiatrischen Versorgung von Menschen mit schweren psychiatrischen Erkrankungen wird veranschaulichen, wie gerechtigkeitsethische Überlegungen in die praktische Umsetzung einfließen können.
09:14 Uhr
Erfahrung aus einer halbjährigen prospektiven Studie mit digitalem ambulantem Assessment bei Patienten mit Schizophrenie und Depression
A. Moldavski (Mannheim, DE)
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Autor:innen:
A. Moldavski (Mannheim, DE)
A. Benedyk (DE)
M. Reichert (DE)
H. Tost (DE)
Warum handelt es sich bei der Studie?
Bei INDICATE-N handelt sich um eine prospektive naturalistische „Proof-of-Concept-Studie“ mit dem Ziel, Erkenntnisse über die verhaltensbezogenen und hirnfunktionellen Prädiktoren der klinischen Symptomatik (mit dem Fokus auf Negativsymptome) und deren Fluktuation im Zeitverlauf bei Patienten mit Schizophrenie (SZ) und Major Depression (MDD) zu gewinnen.
Über einen Zeitraum von 6 Monaten wurden von Probanden multimodale Daten erfasst, einschließlich klinischer und neuropsychologischer Charakterisierung, ambulantes Assessment (E-Tagebücher, Accelerometrie , Smartphone-Sensorik einschließlich Smartphone-Aktivität und GPS-Tracking) und funktionelles Neuroimaging (kognitiv-emotive Aufgabenbatterie). Die Daten der Accelerometrie und der Smartphone-Sensorik wurden während des gesamten Studienzeitraums von 168 Tagen kontinuierlich erfasst.
Die Teilnehmer wurden zwei- bis sechsmal täglich zum Ausfühlen von E-Tagebuchdaten aufgefordert). Zusätzlich wurden die Teilnehmer einer ausführlichen klinische Untersuchung zu Studienbeginn (V1), eine Nachuntersuchung in Woche 12 (V2) und eine zweite Nachuntersuchung in Woche 24 (V3) unterzogen.
Beim Studienabschluss haben über 100 Probenden mit MDD und SZ und ca. 50 Gesunde Studienteilnehme das Studienprotokoll erfolgreich absolviert.
Was für praktische Aspekte ergaben sich im Laufe der Studiendurchführung?
In dem Vortrag wird der Fokus - neben einer kurzen Darstellung des Studiendesigns - auf den praktischen Aspekten der Anwendung des ambulanten Assessment über einen längeren Zeitraum bei Menschen mit einer schweren psychischen Erkrankung liegen. Ist diese Art von Datenerhebung für schwer kranken Patienten zumutbar? Ergeben sich Hinweise für einen unmittelbaren Nutzen der erhobenen Studiendaten für die jeweilige ambulante oder stationäre Behandlung?
09:36 Uhr
Mobile Gesundheitstechnologien und Suchterkrankungen: Chancen und Herausforderungen im Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten
M. Cabanis (Stuttgart, DE)