Stichworte wie Recovery oder Empowerment zeigen, dass der Blick auf die Ressourcen von Menschen mit psychischen Erkrankungen in sozialpsychiatrischen Konzepten eine immer größere Rolle spielt. Zeitgleich mangelt es in einigen sozialpsychiatrischen Bereichen an Forschung, welche Faktoren entlastend sind und wie diese gefördert werden können.
In der Arbeit mit chronisch psychisch kranken Menschen bestehen z. B. kaum Kenntnisse zu gesundheitsförderlichen Maßnahmen bzw. Konzepten zur Ressourcenorientierung. Ein neuerer Ansatz in der sozialpsychiatrischen Versorgung ist der Einsatz von Psychiatrie-Erfahrenen als Genesungsbegleitende. Nach bisherigem Kenntnisstand bringt die Implementierung von Genesungsbegleitung für die psychosozialen Einrichtungen Herausforderungen mit sich. Es gibt aber kaum Wissen darüber, wie die Genesungsbegleitenden selbst ihre Arbeitssituation erleben und welche Arbeitsbedingungen diese als Ressourcen erleben.
Dieses Symposium nimmt explizit Ressourcen in verschiedenen Settings der Sozialpsychiatrie in den Fokus. Es wird eine konkrete Maßnahme zur Gesundheitsförderung vorgestellt, die innerhalb einer Evaluationsstudie entwickelt worden ist. Zudem werden Ergebnisse einer empirischen Forschungsarbeit vorgestellt, in der 176 Genesungsbegleitende bzw. Peer-Beratende befragt worden sind, welche Faktoren sie als entlastend in ihrer Arbeit erleben. Ebenfalls wird ein EX-IN Genesungsbegleiter über entlastende Faktoren in seiner täglichen, praktischen Arbeit im stationären Kontext berichten. Des Weiteren wird auf die Rahmenbedingungen kommunaler Gesundheitsförderung als eine Strategie eingegangen, die Maßnahmen des Settings Sozialpsychiatrie mit weiteren zu vernetzen.
Diese unterschiedlichen Ansätze bieten Raum für Diskussion über die Potentiale und Grenzen einer ressourcenorientierten Arbeit in sozialpsychiatrischen Settings.
08:30 Uhr
Berufliche Ressourcen in der Peer-Arbeit – eine quantitative Studie zu den Arbeitsbedingungen
J. Hoghe (Bamberg, DE)
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Autor:innen:
J. Hoghe (Bamberg, DE)
R. Limmer (Nürnberg, DE)
C. Walther (Nürnberg, DE)
A. Schütz (Bamberg, DE)
Menschen in psychosozialen Berufen, wie z.B. Pflegekräfte oder Ärzt:innen sind überdurchschnittlich häufig beruflichem Stress ausgesetzt, der bei hoher Intensität zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen führen kann. Aus stresspsychologischen Untersuchungen ist bekannt, dass berufliche Ressourcen helfen, Stress am Arbeitsplatz zu bewältigen. Peer Worker*innen (PW), wie z.B. EX-IN Genesungsbegleiter:innen in der sozialpsychiatrischen Versorgung, etablieren sich derzeit als neue Berufsgruppe. Nicht zuletzt aufgrund ihrer oftmals schwierigen beruflichen Position, z.B. bezüglich Bezahlung und Stundenzahl, aber auch weil der Arbeitsbereich an sich stressfördernde Faktoren beinhaltet, z.B. die professionelle Nähe zur Klientel, ist es essenziell, Stressoren und Ressourcen von PW zu untersuchen.
PW im deutschsprachigen Raum wurden zwischen Dezember 2021 und April 2022 in Form einer anonymen Online-Erhebung befragt. Zielsetzung der Studie war es festzustellen, welche Ressourcen im Arbeitsbereich der PW besonders häufig auftreten und welche besonders zur Entlastung beitragen. Verwendet wurde das Instrument zur stressbezogenen Arbeitsanalyse von Klinikärzt:innen (ISAK). Mit weiteren standardisierten Skalen wurden Merkmale erhoben, die als relevant für die berufliche Situation der PW erachtet wurden. Offene Fragen zielten auf weitere evtl. noch nicht erfasste Ressourcen. Eine Stichprobe von 175 Teilnehmenden konnte in die Analysen eingeschlossen werden.
Soziale Ressourcen stellten sich als wichtig heraus. Zum Beispiel erlebten PW häufig Psychologische Sicherheit und erlebten diese als besonders entlastend. Am häufigsten wurde die Ressource Autonomie genannt, allerdings wurde die als weniger entlastend erlebt als anderen Ressourcen. Die Resultate liefern einen ersten Eindruck, welche beruflichen Ressourcen für PW wichtig sind und können dazu beitragen, die Implementierungsstrategien von Peer Support in der sozialpsychiatrischen Versorgung zu verbessern.
08:52 Uhr
Salutogenese im Rahmen der praktischen Tätigkeit eines Genesungsbegleiters
A. Wett (Düsseldorf, DE)
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Autor:in:
A. Wett (Düsseldorf, DE)
Abstrakt, Vortrag DGPPN, Stand 27.08.23
Titel: Salutogenese im Rahmen der praktischen Tätigkeit eines Genesungsbegleiters
Inhalt:
Genesungsbegleiter:innen (GB) nutzen ihre Erfahrung mit eigenen psychischen Krisen, um Menschen mit psychischen Herausforderungen zu unterstützen.
Innerhalb eines Erfahrungsberichts eines Genesungsbegleiters, der im stationären Kontext arbeitet, wird aufgezeigt, welche Faktoren aus seiner Sichtweise wichtig sind, um in der beruflichen Tätigkeit eines GB gesund bleiben zu können. Eine wichtige Strategie dabei ist die Selbstreflexion, um die eigenen Ressourcen zu erkennen. Ähnlich wie bei der Arbeit mit Klient:innen verstehen sie, dass die Auseinandersetzung mit den eigenen Herausforderungen zur persönlichen Entwicklung beiträgt. Damit einher geht eine Ressourcenorientierung bei sich und bei den Klient:innen. Diese innere Auseinandersetzung ermöglicht es GB, ihren eigenen Sinn im Leben zu finden und auch in schwierigen Momenten Motivation für ihre Arbeit zu schöpfen. Die Ressourcenorientierung hilft außerdem dabei, praktische Strategien für die eigene Stressbewältigung und für die Unterstützung von Klient:innen zu entwickeln. Daneben ist ein wichtiger Aspekt die Selbstfürsorge, welche im Alltag integriert wird, um so auch effektiv für Klient:innen da sein zu können.
Ein weiterer wichtiger Faktor ist soziale Unterstützung, wie z.B. der Austausch mit den Kolleg:innen im Team, aber auch mit anderen GB, um berufliche Erfahrungen zu teilen und voneinander zu lernen. Dies dient dazu, sich nicht nur fachlich weiterzuentwickeln, sondern auch zur persönlichen, emotionalen Stärkung. Dies ist förderlich, um mit den Anforderungen des Berufes besser umzugehen.
09:14 Uhr
Förderung personaler Ressourcen im Gruppensetting: Entwicklung und Evaluation des Ressourcenaufbauprogramms R.A.P.
L. Küber (Landshut, DE)
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Autor:in:
L. Küber (Landshut, DE)
Ein auf die Bedürfnisse chronisch psychisch erkrankter Menschen zugeschnittenes Gruppenprogramm wurde entwickelt und hinsichtlich seiner Wirksamkeit untersucht. Das Programm zielt darauf ab, verschiedene personale Ressourcen der schwer belasteten Klientel auf- und auszubauen. Die Evaluation des achtwöchigen Programms erfolgte mittels einer quasi-experimentellen Prä-, Post-, Follow-up Feldstudie (N = 275, IG = 134, KG = 141). Insgesamt konnte gezeigt werden, dass sich mit der Teilnahme an dem besagten Gruppenprogramm eine Vielzahl gesundheitsrelevanter Faktoren signifikant verbesserten (Selbstwertgefühl, Positive Emotionen, Kognitives, Emotionales und Körperliches Wohlbefinden, Selbstfürsorge, Depressivität). Im Allgemeinen ist das ressourcenorientierte Gruppenprogramm als gewinnbringende und ergänzende Methode für die Arbeit mit chronisch psychisch erkrankten Menschen zu sehen.
09:36 Uhr
ABSAGE/ENTFÄLLT: Kommunale Gesundheitsförderung als Rahmen für die Netzwerkarbeit mit Menschen, die Erfahrungen mit einer psychischen Erkrankung haben
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Im Kontext der Session wird mit dem Einzelvortrag "Kommunale Gesundheitsförderung als Rahmen für die Netzwerkarbeit mit Menschen, die Erfahrungen mit einer psychischen Erkrankung haben" beschrieben, wie eine vernetzte Arbeit zwischen Einzelinstitutionen die Betroffenen mit einer psyischen Krankheitserfahrung im lebensweltlichen Kontext unterstützen kann. Zudem soll die Idee des Capacity Buildings Anregungen für eine Struktur bieten, die individualpräventiv und strukturpräventiv einen Beitrag in einem ganzheitlichen und zukunfstfähigen Gesundheitsystem leisten kann.