15:30 Uhr
P-06-01: Schutz junger Menschen vor sexueller Gewalt: Perspektiven (potentieller) Täter:innen und deren Therapeut:innen auf Schutzkonzepte im organisationalen Kontext – eine explorative qualitative Untersuchung
C. Götzl (Ulm, DE)
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Autor:innen:
C. Götzl (Ulm, DE)
J. Streb (Ulm, DE)
M. Dudeck (Ulm, DE)
Hintergrund: Schutzkonzepte gegen sexuelle Gewalt an jungen Menschen in Organisationen wurden in Reaktion auf Missbrauchsskandale erarbeitet und seither umfassend weiterentwickelt. Hierbei wurden die Perspektiven von Täter:innen, Menschen mit pädophiler Störung (ohne begangene Straftaten) und Therapeut:innen bei der Ausdifferenzierung von Schutzkonzepten bislang nur bedingt berücksichtigt.
Methoden: In einem explorativen qualitativen Ansatz wurden Schutzkonzepte in Form von Vignetten aufbereitet und (potentiellen) Täter:innen (N=6) und Therapeut:innen (N=5) vorgelegt. Alle Teilnehmenden gaben Feedback entlang eines teilstrukturierten Interviewleitfadens. (Potentielle) Täter:innen wurden zusätzlich zu Erfahrungen im Rahmen von Organisationen befragt.
Ergebnisse/Diskussion: Die Möglichkeit zur Teilnahme an Interviews wurde insbesondere von (potentiellen) Täter:innen als Chance begriffen sich aktiv am Schutz von Kindern vor sexueller Gewalt zu beteiligen und zukünftige Taten zu verhindern. Im Rahmen elementarer Bestandteile von Schutzkonzepten wurde die Thematisierung von sexueller Gewalt in Leitbild und Verfahren der Personalauswahl von Organisationen, die Relevanz von situativen Faktoren zur besseren Kontrolle möglicher Handlungsimpulse (professionelle Arbeitsatmosphäre, ausreichendes Personal) und die Stigmatisierung von Pädophilie im Rahmen von Aufklärung und Fortbildungen hervorgehoben.
Schlussfolgerung: Die Untersuchung zeigt Potentiale auf, etwaige Wissenslücken im Rahmen von Schutzkonzepten durch die Partizipation von (potentiellen) Täter:innen zu schließen. Situative Faktoren sowie die Aufklärung über Pädophilie sollten in der Weiterentwicklung von Schutzkonzepten zukünftig größere Berücksichtigung finden und können (potentielle) Täter:innen in der Suche nach und Inanspruchnahme von Hilfen unterstützen.
15:35 Uhr
P-06-02: Transmisogynie – welche Rolle spielt Intersektionalität in der Ausprägung von Genderdysphorie?
N. Naib Majani (Tübingen, DE)
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Autor:innen:
N. Naib Majani (Tübingen, DE)
S. Bork (DE)
J. Svaldi (DE)
B. Derntl (DE)
In modernen Gesellschaften ist die "heterosexuelle Matrix" und damit die exklusive Binarität allgegenwärtig. Menschen, deren Geschlecht nicht mit der cisgender-Klassifizierung übereinstimmt, erleben Geschlechtsinkongruenz (GI). GI kann zu Geschlechtsdysphorie (GD) und dem Wunsch nach geschlechtsangleichenden Behandlungen führen. Um dadurch primäre und sekundäre Geschlechtsmerkmale mit der jeweiligen Geschlechtsidentität in Einklang zu bringen. Die Ätiologie der GD und ihre Entwicklung sind immer noch wenig bekannt. Die hohe Belastung, die Transmenschen aufweisen ist jedoch gut belegt. Von besonderem Interesse sind hierbei Transfrauen, da sie eine besonders gefährdete Teilpopulation in der queeren Gemeinschaft darstellen. Transfrauen weisen, selbst nach Transition, eine hohe Rate an psychischen Belastungen, HIV-Infektionen und einen niedrigen sozialen Status auf. In diesem Poster stellen wir die Hypothese auf, dass intersektionelle Diskriminierung eine wichtige Rolle bei dem Erleben von GD spielen kann. Transfrauen werden oft als Frauen diskriminiert – so genannte Misogynie – und als Transperson – so genannte Transphobie. Diese intersektionale Diskriminierung wird Transmisogynie genannt. Im Zusammenhang mit psychischer Gesundheit führt Misogynie zu einer hohen Rate an Selbstobjektivierung, Ängsten und Essstörungen. Außerdem sind die Auswirkungen von Transphobie auf die psychische Gesundheit von Transmenschen ausreichend repliziert. Über die Auswirkungen von Misogynie auf die psychische Gesundheit von Transfrauen ist jedoch wenig bekannt. In diesem Poster wollen wir die Misogynie-Erfahrungen von Cisfrauen und Transfrauen darstellen, und ihre jeweiligen Auswirkungen auf Lebensqualität und Geschlechtsdysphorie aufzeigen. Wir wollen somit den Fokus auf diese vulnerable Gruppe in unserem psychiatrisch-psychotherapeutischen Hilfesystem lenken. Dadurch erhoffen wir uns eine Sensibilisierung für Behandler*innen und eine Verbesserung der Gesundheitsversorgung.
15:40 Uhr
P-06-03: Standardisierte Erfassung psychosozialen Hilfebedarfs innerhalb der psychiatrischen Akutbehandlung im sozialpädagogischen Beratungskontext
C. Wills (Hamburg, DE)
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Autor:innen:
C. Wills (Hamburg, DE)
H. Ansen (Hamburg, DE)
M. Lambert (Hamburg, DE)
A. Karow (Tremsbüttel, DE)
Einführung: Bei Menschen mit psychischen Erkrankungen liegen häufig komplexe soziale Problemlagen vor. Daher müssen oftmals neben medizinischen und psychotherapeutischen Interventionen auch soziale Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen eingeleitet und umgesetzt werden. Soziale Arbeit in der Psychiatrie steht oftmals vor der Herausforderung, bedarfsgerechte und individuelle Interventionen einzuleiten. Bisher gibt es keine systematisierte und standardisierte Erfassungsgrundlage; ein Grund ist der Mangel an adäquaten Instrumenten und die zunehmende Arbeitsverdichtung. Aus diesem Spannungsfeld heraus ergibt sich die Notwendigkeit, ein strukturiertes Assessment zur Erfassung des psychosozialen Hilfebedarfs zu implementieren.
Methode: Die vorliegende Übersichtsarbeit analysiert vorhandene Bedarfs- oder Bedürfniserhebungsinstrumente hinsichtlich der Eignung zur Bearbeitung der Fragestellung und befasst sich übergeordnet mit der Relevanz von Sozialer Arbeit in der Psychiatrie und dem Themenfeld der psychosozialen Diagnostik.
Ergebnisse/Diskussion: Die Ergebnisse der Literaturrecherche zeigen, dass die bisher national und international etablierten Bedarfserfassungsinstrumente ungenügend geeignet für eine strukturierte Erfassung des psychosozialen Hilfebedarfs innerhalb der akutpsychiatrischen Versorgung sind. Die vorhandenen Instrumente erfassen Lebens- und Versorgungsbereiche, die oftmals nicht relevant für die sozialarbeiterische Praxis sind. Zudem zeigte sich für die meisten eingeführten Instrumente eine Dopplung der Erfassung u.a. medizinischer, psychologischer und anderer therapeutischer Informationen mit entsprechenden Problemen hinsichtlich Abgrenzung und Ressourcenintensität. Erste Ideen für ein Screening zum psychosozialen Hilfebedarf (angelehnt an die ICD-10 Kriterien) werden vorgestellt.
Schlussfolgerung: Aus den Ergebnissen der Literaturanalyse und den Erfahrungen aus der klinischen Praxis ergibt sich die Notwendigkeit für die Entwicklung eines kurzen und standardisierten Bedarfserhebungsinstruments, welches als Teil der multiprofessionellen und interdisziplinären Diagnostik innerhalb der psychiatrischen Versorgung eingesetzt werden kann.
15:45 Uhr
P-06-04: ReHaTOP – ein Pilotprojekt zu psychischen Erkrankungen und psychologischen Vermittlungshemmnissen bei Erwerbslosen
C. Jacobi (Hannover, DE)
J. Lisser (Hannover, DE)
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Autor:innen:
C. Jacobi (Hannover, DE)
J. Lisser (Hannover, DE)
J. Lafon (DE)
F. Caldarone (DE)
L. Beier (DE)
N. Ristel (DE)
C. Freihorst (DE)
K. Kahl (DE)
I. Heitland (DE)
Einführung
Der Zusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und Arbeitslosigkeit ist gut belegt. Dennoch ist die Verzahnung zwischen dem psychiatrischen Versorgungssystem und strategischen Arbeitsmarktintegrationsmaßnahmen noch unzureichend. In einem Pilotprojekt betreut das ca. 30 Mitarbeiter:innen starke Team ReHaTOP der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), des Jobcenters Region Hannover und dem Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft seit Beginn 2022 kontinuierlich Bürgergeldempfangende.
Methode
Über 229 Erwerbslose im Alter zwischen 18 und 61 Jahren wurden bereits eingeschlossen. Zu Beginn des Projektes erfolgt eine ausführliche psychologische Diagnostik. Während der Projektlaufzeit werden in Form eines longitudinalen Designs Veränderungen von psychosozialen Belastungsfaktoren, Vermittlungshemmnissen, Lebenszufriedenheit, sozialer Teilhabe und Arbeitsmarktreintegration erhoben.
Ergebnisse
94,8 % aller Teilnehmenden leiden unter mindestens einer relevanten psychische Erkrankung. Im Vergleich zu aktuell verfügbaren Routinedaten der Krankenkassen unter Erwerbslosen ist der Anteil im Projekt ReHaTOP damit doppelt so hoch, im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung sogar dreimal so hoch. Besonders erhöht sind die Prävalenzen im affektiven Bereich (61%), Persönlichkeitsstörungen (35%) sowie bei ADHS im Erwachsenenalter (14 %). Detailliertere Analysen der Vermittlungshemmnisse und Verlaufsveränderungen werden beim DGPPN präsentiert.
Schlussfolgerung
Die Prävalenz und der Einfluss psychologischer Vermittlungshemmnisse und Störungen unter Erwerbslosen erscheint massiv unterschätzt, adäquate Unterstützungsangebote sind derzeit nur unzureichend vorhanden. Multiprofessionelle Pilotprojekte wie ReHaTOP mit Fokus auf psychische Gesundheit erscheinen nötig, um psychisch belasteten Erwerbslosen langfristig eine Perspektive zu bieten, die eine Verbesserung der Lebenszufriedenheit, der sozialen Teilhabe und wenn möglich eine Reintegration in den Arbeitsmarkt erlaubt.
15:50 Uhr
P-06-05: Psychosoziales Coaching Hannover – neue Perspektiven für Arbeitsuchende mit psychischen Belastungen
F. Caldarone (Hannover, DE)
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Autor:innen:
F. Caldarone (Hannover, DE)
S. Theysohn (DE)
A. Kaiser (DE)
K. Kahl (DE)
I. Heitland (DE)
Hintergrund: Der reziproke Zusammenhang zwischen Arbeitslosigkeit und psychischen Störungen gilt als gut untersucht. Die aktuelle Versorgungsstruktur ist allerdings angesichts des großen Unterstützungsbedarfs bei psychisch erkrankten, langzeitarbeitslosen Personen unzureichend. In Zusammenarbeit zwischen dem Jobcenter Region Hannover und der Medizinischen Hochschule Hannover soll durch das seit Juni 2022 laufende Projekt „Psychosoziales Coaching“ hier angesetzt werden und so eine Brücke zwischen den Eingliederungsleistungen des Jobcenters und den Leistungen des Systems der Kassenärztlichen Versorgung geschaffen werden.
Methode: Zum aktuellen Zeitpunkt konnten 354 Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren in 12 Standorten eingeschlossen werden. Mittels psychologischer Diagnostik werden die individuellen psychischen Vermittlungshemmnisse identifiziert und darauf basierend erfolgt die passgenaue Empfehlung und Zuweisung entsprechender medizinischer, psychologischer, sozial-psychiatrischer oder arbeitsbezogener Maßnahmen.
Ergebnisse: 93% aller Teilnehmenden litten unter mindestens einer psychischen Störung. Die entsprechenden ausgesprochenen Empfehlungen wichen jedoch deutlich von der Realität der psychiatrischen Versorgung ab, so wurde z.B. bei 76.1% nach Projektteilnahme eine Empfehlung zur ambulanten Psychotherapie ausgesprochen, zum Zeitpunkt des Ersttermins waren jedoch nur 6.6% ambulant psychotherapeutisch angebunden. Weitere detailliertere Analysen werden beim DGPPN präsentiert. Die Teilnehmenden gaben eine hohe Zufriedenheit und subjektives Profitieren durch die Projektteilnahme an.
Zusammenfassung: Die ersten Daten des Projekts bestätigen den hohen Bedarf in der Betroffenengruppe und die aktuelle Versorgunglücke. Das Psychosoziale Coachings setzt an dieser Lücke an, um so eine Verbesserung der Teilhabe an Arbeit und Gesellschaft, der Lebenszufriedenheit und das Erreichen psychischer Stabilität von Betroffenen zu erzielen.
15:55 Uhr
P-06-06: Modellvorhaben Hamburger Süden: Verbesserung der wohnortnahen Versorgung für schwer psychisch erkrankte Menschen
A. Jörns-Presentati (Hamburg, DE)
D. Schöttle (Hamburg, DE)
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Autor:innen:
A. Jörns-Presentati (Hamburg, DE)
D. Schöttle (Hamburg, DE)
Mit dem Modellvorhaben Hamburger Süden startete im September 2022 ein in Hamburg bislang einzigartiges regionales Netzwerk zur wohnortnahen Versorgung schwer psychisch erkrankter Menschen mit komplexen Hilfebedarfen. Grundlage ist ein Kooperationsvertrag, der an den Prinzipien der gemeindepsychiatrischen Versorgung ausgerichtet ist. Das Netzwerk umfasst aktuell 18 Kooperationspartner mit unterschiedlichen Angeboten aus dem psychosozialen und sozialpsychiatrischen Aufgaben- und Leistungsspektrum – darunter das Asklepios Klinikum Harburg – Zentrum für seelische Gesundheit, die Sozialpsychiatrischen Dienste der Gesundheitsämter in Harburg und HH-Mitte, verschiedene Leistungsanbieter der Eingliederungshilfe (ambulant und stationär) sowie der beruflichen Rehabilitation, der Suchthilfe, rechtliche Betreuung und ambulante/stationäre Pflege. Zur Beförderung des gemeinsamen Grundverständnisses und Identifikation mit dem Kooperationsverbund wird eine gemeinsame Fortbildung zum Open Dialogue durchgeführt.
Ziel der Vereinbarung zwischen den einzelnen Akteuren der psychiatrisch-psychosozialen Versorgung im Hamburger Süden ist es, in gemeinsamer Verantwortung den psychisch erkrankten und seelisch behinderten/von einer seelischen Behinderung bedrohten Menschen in den Hamburger Stadtgebieten südlich der Elbe wohnortnah die von ihnen benötigten Hilfen zu leisten. Die Dringlichkeit der Behandlung wird in drei Phasen eingeteilt und dementsprechend die Behandlung flexibel an diese angepasst. Die hierzu neu eingerichtete Stelle der Netzwerkmoderatorin übernimmt die koordinierende Funktion bei der Kooperation der verschiedenen Leistungsträger und -erbringer im Verbund. Es werden Ergebnisse und Erfahrungen aus dem ersten Jahr des auf drei Jahre angelegten Modellprojekts präsentiert. Kurz zusammengefasst zeigt sich eine deutlich intensivere und strukturiertere Vernetzung der Leistungserbringer und positive Rückmeldungen zur Behandlungsqualität durch die Betroffenen und deren Angehörigen.
16:00 Uhr
P-06-07: Überlegungen und Implikationen zur Einführung eines fakultativ offenen Behandlungskonzepts auf hochstrukturierten Stationen
F. Führmann (Wunstorf, DE)
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Autor:innen:
F. Führmann (Wunstorf, DE)
K. Borchert (DE)
I. Graef-Calliess (Wunstorf, DE)
Offene Stationskonzepte für geschützt geführte psychiatrische Stationen kennzeichnen sich durch den weniger restriktiven Charakter mit besseren Stationsklima, Reduktion von Konflikten und Zwang sowie mit Vorteilen für das therapeutische Setting. Studien, die diese Aspekte zwischen offenen und geschlossenen Stationen vergleichen, sind bisher kaum vorhanden. Qualitative Studien zeigen, dass Mitarbeitende (MA) geschlossen geführter Stationen die genannten positiven Aspekte in Bezug auf eine Türöffnung vermuten, aber auch Angst und Unsicherheit empfinden.
Mittels eines Vergleichs des Stationsklimas (EssenCES; offen vs. geschützt; N=145) und einem halbstrukturierten MA-Interview (N=13; Analyse Mayring) zur Einschätzung der Wahrnehmung von Stationsklima und Sicherheitsempfinden sowie zu Auswirkungen sollte diese Thematik bearbeitet werden.
Das Stationsklima auf geschützten Stationen wird signifikant schlechter bewertet als auf offenen Akutstationen. Die größten Unterschiede sind im Sicherheitserlebens (geschützt < offen).
Qualitativ wurde deutlich, dass MA positive Aspekte eines offenen Stationskonzeptes, z.B. ein besseres Stationsklima, mehr Kommunikation und Kontakt sowie eine mögliche Reduktion von Zwang vermuten. Zweifel und Ängste bestehen bzgl. der Sicherheit von Patienten und Personal. Auch wird von größerem Verantwortungserleben, möglichen Konflikten mit Dritten und mehr Arbeitsaufwand ausgegangen. Die antizipierte Zunahme der Arbeitsbelastung wird als Implementierungshürde gesehen, wenn keine personellen Veränderungen damit einhergehen.
Öffentliche Forderungen nach partizipativer, autonomer Behandlung bei gleichzeitiger Reduktion von Zwang müssen u.a. durch die Bereitstellung finanzieller und personeller Mittel ermöglicht werden. Beziehung zu schwerst-erkrankten Patienten erfordert Zeit auf MA-Seite, wobei Überlastung eine erfolgreiche Implementierung verhindern könnte. Auch sollten MA partizipatorisch in den Veränderungsprozess miteinbezogen werden.
16:05 Uhr
P-06-08: Valide Patientenverfügungen in einer Gedächtnisambulanzpopulation: Einflüsse und Interventionsmöglichkeiten
D. Garmann (Siegen, DE)
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Autor:innen:
D. Garmann (Siegen, DE)
J. Florack (Siegen, DE)
J. Haberstroh (Siegen, DE)
Patientenverfügungen sind ein Instrument, um Autonomie bei medizinischen Entscheidungen trotz Einwilligungsunfähigkeit aufrecht zu erhalten.
Ziel der hier vorzustellenden Teilstudie des Forschungsprojektes DECIDE war es, den Anteil valider Patientenverfügungen in einer Gedächtnisambulanz-Population zu ermitteln und Einflussfaktoren auf das Vorliegen gültiger Patientenverfügungen zu explorieren. Zudem wurde untersucht, inwiefern die Bereitstellung des Angebots von Advance Care Planning in Gedächtnisambulanzen die Zahl valider Patientenverfügungen erhöhen kann.
Die Stichprobe wurde in zwei Gedächtnisambulanzen rekrutiert. Insgesamt nahmen N = 281 Gedächtnisambulanzpatient:innen an der Studie teil (148 in der Baseline-Phase, 133 in der Interventionsphase). Neben den in der Routinediagnostik erfassten Daten (z.B. Alter, Geschlecht, Bildungsstand, kognitiver Status) wurde das Vorliegen von Vorsorgedokumenten sowie darauf potentiell Einfluss nehmende Faktoren (v.a. Autonomiebedürfnis, Gesundheitskompetenz) erfasst. In der Interventionsbedingung wurden im Anschluss alle teilnehmenden Patient:innen eingeladen, ein Advance Care Planning Angebot wahrzunehmen. Im Anschluss wurde evaluiert, ob dies zum Erstellen einer Patientenverfügung geführt hat.
Erste Ergebnisse weisen darauf hin, dass das Alter der stärkste Prädiktor für das Vorliegen einer Patientenverfügung ist. Die finalen Ergebnisse sollen präsentiert und diskutiert werden.
16:10 Uhr
P-06-09: Adaption und Transformation der psychiatrischen Versorgung in Zeiten der Klimakrise am Beispiel des ZfP Südwürttemberg
H. Knoblauch (Wangen im Allgäu, DE)
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Autor:innen:
H. Knoblauch (Wangen im Allgäu, DE)
M. Stöhr (Wangen, DE)
A. Halder (Bad Schussenried, DE)
F. Bailer (Bad Schussenried, DE)
Einführung: Die Veränderungen im Zuge des Klimawandels und verbundener ökologischer Krisen stellen Herausforderungen an psychiatrische Kliniken. Patient:innen mit psychiatrischen Störungen sind besonders vulnerabel, z. B. für die Auswirkungen von Hitzewellen, und bedürfen besonderer Aufmerksamkeit. Darüber hinaus sind Kliniken selbst Verursacher von Treibhausgasemissionen. Dementsprechend sind Transformationsprozesse notwendig, um den Weg in Richtung Klimaneutralität so schnell wie möglich schnell zu beschreiten.
Methode: Das Nachhaltigkeitskonzept des ZfP Südwürttemberg zur Adaption und Transformation im Kontext zunehmender ökologischer Krisen wird vorgestellt.
Ergebnisse: Die Nachhaltigkeitsstrategie des ZfP Südwürttemberg nennt unter der Überschrift Ökologie und Klimaschutz verschiedene Ziele: 1. Klimaneutralität bis spätestens 2040; 2. Verbesserung der Ressourceneffizienz und Ressourcenschonung und 3. Schutz und Erhalt von Lebensgrundlagen der Artenvielfalt und Natur.
Es wurde u.a. der CO2-Fußabdruck (Tonnen CO2 Äquivalent pro Krankenhausbett) ermittelt, Bereiche mit Einsparpotentialen identifiziert und Flächen für den Ausbau erneuerbarer Energien ausgewiesen. Das Thema Klimawandel und psychische Gesundheit wurde in die Bereiche Aus-, Fort- und Weiterbildung integriert.
Zur Vorbereitung auf Hitzewellen wurden kontinuierliche Temperaturmessungen in allen Isolierungszimmern und Maßnahmen zum Hitzeschutz implementiert. Zur Ressourcenschonung und zum Erhalt der Artenvielfalt erhalten alle Mitarbeitenden regelmäßig Informationen.
Diskussion und Schlussfolgerung: Psychiatrische Krankenhäuser sind zunehmend mit den Folgen ökologischer Krisen, insbesondere des Klimawandels, konfrontiert und sollten sich auf die Herausforderungen vorbereiten. Die Kliniken sind selbst Produzenten von Treibhausgasen und damit Teil des Problems. Die sich abzeichnenden ökologischen Krisen erfordern grundlegende adaptive und transformative Prozesse.
16:15 Uhr
P-06-10: Entwicklung des Projekts „Healthy Minds“ in Österreich: Unterstützung für Eltern und Kinder in der Peripartalzeit
C. Hörtnagl (Innsbruck, AT)
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Autor:innen:
C. Hörtnagl (Innsbruck, AT)
J. Paul (AT)
I. Zechmeister-Koss (AT)
A. Lampe (AT)
A. Buchheim (AT)
L. Hölzle (AT)
P. Schöch (AT)
Einführung:
Die Zeit der Schwangerschaft und das erste Jahr nach der Geburt (Peripartalzeit) kann für Eltern eine herausfordernde und von sozialen Veränderungen geprägte sein. Psychische Erkrankungen stellen die häufigste Komplikation in der Peripartalzeit dar, sie betreffen bis zu einer von fünf Müttern und einen von zehn Vätern. Viele Eltern erhalten jedoch keine fachliche Unterstützung, da Hilfsangebote in Tirol begrenzt und lückenhaft sind, so stehen keine entsprechende Spezialambulanz oder Mutter-Kind Betten für die Behandlung von peripartalen psychischen Erkrankungen zur Verfügung. Diese können jedoch die kindliche Entwicklung erheblich beeinträchtigen und haben zudem umfangreiche volkswirtschaftliche Kosten zur Folge.
Methode:
Im Rahmen dieses auf fünf Jahre angelegten Forschungsprojekts wird ein multidisziplinäres Team aus den Bereichen Medizin, Gesundheit und Sozialwesen gemeinsam Praxisansätze entwickeln, umsetzen und evaluieren, die sich mit den Schwerpunktbereichen Früherkennung peripartaler psychischer Erkrankungen, Versorgungslücken sowie Zugang zu Hilfsangeboten befassen. Wir arbeiten dabei mit Interessensvertretern zusammen, um gemeinsam evidenzbasierte Praxisansätze (Open Innovation in Science) zu entwickeln und das am besten geeignete Studiendesign zur Bewertung dieser Ansätze zu bestimmen, einschließlich der durchzuführenden Implementierungsprozesse.
Ziele:
1. Untersuchung der „Ist-Situation“ im Bereich der peripartalen psychischen Gesundheit in Tirol
2. Mitgestaltung von Unterstützungsangeboten, die sich auf die Bedürfnisse von Eltern und Säuglingen konzentrieren sowie soziale Unterstützung und kooperative Dienste stärken
3. Implementierung von Intervention, um diese umsetzbar, geeignet und nachhaltig gestalten zu können
4. Evaluierung der Auswirkungen, Ansichten und Erfahrungen der Intervention
Ergebnisse/Diskussion:
Dieses Projekt vereint lokales Wissen über Systeme, Gesundheitsversorgung und Sozialwesen mit internationalem Fachwissen in den Bereichen Co-Design, komplexe Evaluierungen und Sozialdienstleistungsforschung, um ein Problem von lokaler gesellschaftlicher Bedeutung zu behandeln. Mit einem Frühinterventions- und Präventionsansatz bringen wir formelle und informelle Dienste zusammen und arbeiten mit Eltern und Kleinkindern zusammen, um zu untersuchen, wie Unterstützungsmaßnahmen verbessert werden können, die die Lebensqualität von Eltern und Kleinkindern steigern.
Schlussfolgerung:
Durch die Zusammenarbeit lokaler Interessensvertreter wird internationales Wissen über bewährte Praktiken genutzt und gemeinsam ein verbessertes Unterstützungsangebot für frischgebackene Eltern mit perinatalen psychischen Erkrankungen und ihre Kinder konzipiert, umgesetzt, evaluiert und aufrechterhalten.
16:20 Uhr
P-06-11: Skill-Grade-Mix in der psychosozialen Pflege
J. Fröhlich (Heidelberg , DE)
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Autor:in:
J. Fröhlich (Heidelberg , DE)
Bestpractice - PPP-RL als Booster für Skill-Grade -Mix am Zentrum für Psychosoziale Medizin am Universitätsklinikum Heidelberg
Seit Januar 2020 regelt der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mittels der Psychiatrie-Personalverordnung (PPP-RL) die personelle Ausstattung psychiatrischer und psychosomatischer Kliniken. Kliniken mussten zur Erfüllung der PPP-RL, das Personal intra- und interprofessionell aufstocken und ggf. tradierte Tätigkeitsprofile anpassen.
Exemplarisch konzentriert sich der Beitrag auf den Pflegedienst inklusive der integrierten Spezialtherapie (Ergotherapie und Arbeitserziehung). Seit 2020 gewannen die personelle Ausstattung und der Personaleinsatz im Zentrum für Psychosoziale Medizin erheblich an Bedeutung, wie auch in der multiprofessionellen Teamarbeit mit den verstärkten pflegegeleiteten-therapiebegleiteten Angeboten.
Das Poster wird mittels Textbeiträgen und Grafiken den Veränderungsprozess aufzeigen sowie Herausforderungen, Chancen und Risiken hervorheben.
16:25 Uhr
P-06-12: Logopädie in der Psychiatrie
A. Köb (Mainz, DE)
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Autor:innen:
A. Köb (Mainz, DE)
I. Heinrich (Mainz, DE)
K. Geschke (Mainz, DE)
O. Tüscher (Mainz, DE)
S. Corsten (Mainz, DE)
Hintergrund
Obwohl bereits vor über 50 Jahren Studien zu Kommunikations- u. Sprachstörungen bei Menschen mit psych. Erkrankungen publiziert wurden, hat die Auseinandersetzung mit der Thematik und deren Relevanz für die logopädische Profession in Deutschland bisher wenig Aufmerksamkeit erfahren. Sprach- o. Schluckstörungen, die aufgrund von psych. Erkrankungen entstehen, werden häufig übersehen und bei der Planung von Unterstützungsangeboten für Betroffene nicht beachtet (vgl.Jagoe et al, 2020). Dabei haben diese eine hohe Prävalenz und führen zu schweren Beeinträchtigungen für die Betroffenen (vgl.Walsh et al, 2007). Auf berufspolitischer Ebene sind international Bestrebungen sichtbar, die Entwicklung der Logopädie im Behandlungsfeld Psychiatrie zu forcieren. In Deutschland sind vergleichbare Bestrebungen bisher nicht vorhanden. Es lässt sich demnach eine deutliche Diskrepanz zwischen dem vorhandenen Bedarf und der tatsächlichen logopädischen Versorgungssituation von Erwachsenen mit psych. Erkrankungen in Deutschland vermuten.
Ziel
Zur Überprüfung des Status Quo wurde eine Erhebung an dt. Universitätsklinika zur logopädischen Versorgungssituation von Erwachsenen mit psych. Erkrankungen im stationär psychiatrischen Setting durchgeführt.
Methode
Die Leiter:innen der psychiatrischen Kliniken an dt. Universitätsklinika wurden zu quantitativen u. qualitativen Aspekten der logopädischen Versorgung in ihren Einrichtungen befragt. Um die Ergebnisse im internationalen Vergleich einordnen zu können, wurden Interviews mit Sprachtherapeutinnen aus Großbritannien, Irland und Australien geführt, die die Entwicklung in ihren Ländern vorantreiben.
Ergebnisse
Die Erhebung befindet sich aktuell noch in der Durchführungsphase. Finale Ergebnisse können zum Kongress präsentiert werden.
Fazit
Anhand der bisherigen Daten lässt sich die Tendenz ableiten, dass der Bedarf an logopädischer Diagnostik u. Therapie psych. erkankter Menschen bisher in D. stationär nur marginal abgedeckt wird.
16:30 Uhr
P-06-13: Analyse der Standards, Vorschriften und Gesetze zur Erlebnistherapie in Deutschland
J. Hotstegs (Kiel, DE)
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Autor:in:
J. Hotstegs (Kiel, DE)
Einführung: Seit fast 30 Jahren entwickelt sich in Deutschland die moderne Erlebnistherapie als ein weiteres psychosoziales Versorgungsangebot z.B. für die Psychotherapie, die Jugendhilfe oder für die Medizin. Trotz einer wachsenden Zahl von Forschungsbeiträgen und neuen Weiterbildungsangeboten gibt es eine Unsicherheit hinsichtlich der rechtlichen und verbandlichen Vorgaben für die erlebnistherapeutische Arbeit in Deutschland. Zwar gibt das 2023 verabschiedete Berufsbild von Seiten des Bundesverbandes einen Einordnung und Orientierung, doch kann dieses nicht spezifische Rechts- und Normenfragen für spezifische Berufsgruppen klären.
Methodik:
Ausgehend von dieser Unsicherheit erfolge im Rahmen eines Dissertationsprojektes eine Rechts- und Normenanalyse. In drei Schritten erfolgte erste ein Rechtsgutachten gefolgt von einer Analyse der Standards der Fachverbände aus den relevanten Fachgebiete sowie ein Abgleich mit dem Berufsbild.
Ergebnisse:
Das Poster gibt einen Überblick über die relevanten Rechtsvorschriften, Standards der Fachverbände, dem Berufsbild Erlebnistherapie sowie den wichtigsten Fachpublikationen. Die Ergebnisse werden anhand des Qualifikationsniveaus und der beruflichen Zugänge anhand von anderen Fachqualifikationen eingeordnet.
Die grundständiger Qualifikationen sind, auf Grund der Handlungsfelder im Berufsbild, in der Erlebnistherapie divers. So finden sich beispielsweise PsychaterInnen, PsychotherapeutInnen, SozialarbeiterInnen oder auch Pflegekräfte. Berufsgruppen mit eigenen gesetzlichen Grundlagen, Berufsbildern und Fachverbänden.
Schlussfolgerung:
Die unterschiedlichen Vorraussetzungen und Rahmenbedingungen (Stichwort: Heilberufe, SGB V, §27 SGB VIII, PsychThG) erschweren eine einheitliche Rechtsgrundlage für die Erlebnistherapie. Jedoch lässt sich eine Systematik erkennen, die einen verlässlichen Überblick ermöglicht. Dieses Spannungsfeld und die Systematik lässt sich anschaulich darstellen.