13:30 Uhr
„Fitness to Drive“: Nabiximols verbessert die Fahrsicherheit von Erwachsenen mit chronischen Tic-Störungen
C. Klages (Hannover, DE)
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Autor:in:
C. Klages (Hannover, DE)
Einführung: In der CANNA-TICS-Studie, einer multizentrischen, randomisierten, doppelblinden Parallelgruppen-Studie der Phase-IIIb an erwachsenen Patient:innen mit Gilles-de-la-Tourette-Syndrom (TS) wurden mit der Behandlung mit dem Cannabisextrakt Nabiximols versus Placebo klare Trends zur Verbesserung von Tics, Depressionen und Lebensqualität festgestellt. Es ist jedoch unklar, ob die Behandlung mit Nabiximols einen Einfluss auf die Fahrsicherheit von Patient:innen mit TS und chronischen Tic-Störungen hat.
Methoden: „Fitness to Drive“ wurde als Teilstudie der CANNA-TICS-Studie durchgeführt, die in zwei von sechs Studienzentren (Hannover, München) mit N=64 Patient:innen durchgeführt wurde. Mithilfe einer computergestützten Beurteilung zu Studienbeginn und nach 13-wöchiger Behandlung mit Nabiximols vs. Placebo wurde „Fitness to Drive“ als binäres Kriterium gemäß den Richtlinien der Bundesanstalt für Straßenwesen beurteilt.
Ergebnisse: In der Nabiximols-Gruppe (N=43, männlich=33 (77 %), mittleres Alter (SD)=38,0 (+15) Jahre) stieg die Anzahl (%) der Patient:innen, die fahrtauglich waren, von 24 (55,8 %) zu Studienbeginn auf 28 (71,8 %) in Woche 13. Im Gegensatz dazu sank die Anzahl an Patient:innen in der Placebogruppe (N = 21, männlich = 16 (76 %), mittleres Alter (SD) = 34,3 (+11,1) Jahre) von 14 (66,7 %) zu Studienbeginn auf 10 (52,6 %) in Woche 13. Der Risikounterschied (Nabiximols – Placebo) betrug 0,17 (95 %-KI: - 0,08; 0,43) zugunsten von Nabiximols. Daneben hatten Patient:innen mit einem geringeren Tic-Schweregrad zu Studienbeginn einen größeren Nutzen von Nabiximols in Bezug auf die Fahrsicherheit.
Schlussfolgerung: Die Fahrsicherheit von Patient:innen mit TS wurde durch die Behandlung mit Nabiximols nicht negativ beeinflusst, sondern verbesserte sich sogar gegenüber Placebo.
13:42 Uhr
Emotionale Dysregulation, emotionale Labilität, emotionale Impulsivität und Emotion bei Erwachsenen mit ADHS – definieren diese Skalen alle dasselbe?
A. Christen (Luzern, CH)
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Autor:innen:
A. Christen (Luzern, CH)
E. Sobanski (CH)
B. Mörstedt-Abt (CH)
H. Bitto (CH)
R. Stieglitz (CH)
S. Corbisiero (CH)
Einführung: Verschiedene Studien beschreiben emotionale Symptome als eine wichtige Komponente von ADHS im Erwachsenalter und schlagen eigenständige diagnostische Ansätze vor, die das emotionale Erleben der Patient*innen in die Diagnostik miteinbeziehen. Die emotionale Symptomatik scheint jedoch in den verschiedenen Konstrukten der Störung unterschiedlich definiert zu sein: Emotionale Dysregulation (ED), Emotionale Labilität (EL) und Emotionale Impulsivität (EI) und Emotion (E). Es stellt sich daher die Frage: Bilden diese Symptombereiche dasselbe psychopathologische Spektrum ab?
Methode: Insgesamt wurden 145 Erwachsene, welche die ADHS-Spezialsprechstunde in zwei verschiedenen Kliniken (UPK Basel und Universitätsmedizin Mainz) zur diagnostischen Abklärung aufsuchten, untersucht. Die emotionale Symptomatik wurde mit folgenden Skalen erfasst: ED, EL, EI und E und mittels Korrelationen und Hauptkomponentenanalyse auf ihre Konstrukt- und konvergente Validität hin überprüft. Des Weiteren wurde die affektive Labilität mittels Affektiver Labilitätsskala (ALS-18) zur Kontrolle erfasst.
Ergebnisse und Diskussion: Die genauen Befunde der Studie werden zum Kongress auf Poster vorgestellt und diskutiert. Die Studie soll einen Beitrag zur Definition von emotionalen Symptomen in der adulten ADHS leisten.
13:54 Uhr
Der Einfluss der emotionalen Dysregulation auf die ZNS-Arousal-Regulation und das Ansprechen auf eine Behandlung mit Psychostimulanzien bei erwachsenen ADHS-Patient:innen
J. Huang (Leipzig, DE)
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Autor:innen:
J. Huang (Leipzig, DE)
N. Mauche (DE)
M. Strauß (Leipzig, DE)
Einführung: Bis zu 70% der Personen mit ADHS im Erwachsenenalter haben Schwierigkeiten mit ihrer emotionalen Regulation (ED). In der klinischen Diagnostik findet bislang die ED kaum Berücksichtigung, obwohl es Hinweise gibt, dass die Betroffenen unter anderem eine ausgeprägtere ADHS-Symptomatik haben. Auch ist bislang unklar inwieweit die ED das Ansprechen auf eine Therapie mit Psychostimulanzien beeinflusst. Vor diesem Hintergrund war das Ziel unserer Untersuchung den Einfluss einer ED auf die Schwere der ADHS Symptomatik und auf die ZNS-Arousal-Regulation im EEG als prädiktiven Marker für ein Therapieansprechen bei Erwachsenen ADHS-Betroffenen zu untersuchen.
Methode: Die Daten aus einer prädiktiven Pharmako-EEG Studie wurden erneut analysiert. ED wurde mittels der Subskala für emotionale Labilität des CAARS erfasst. Die ZNS-Arousal-Regulation wurde mittels des computergestützten Algorithmus VIGALL 2.1 untersucht.
Ergebnisse: 56 von 115 eingeschlossen Personen hatten eine ED. Eine ED führte zu ausgeprägteren ADHS-Kernsymptomen, mehr depressiven Symptomen, mehr Problemen bei zwischenmenschlichen Beziehungen und einer schlechteren Lebensqualität. Es zeigten sich hingegen keine Unterschiede in der ZNS-Arousal-Regulation und im Ansprechen auf eine medikamentöse Therapie. Allerdings zeigten sich Hinweise, dass eine depressive Symptomatik zusätzlich zu einer ED einen Einfluss auf die ZNS-Arousal-Regulation im EEG hat.
Schlussfolgerung: Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Mitberücksichtigung einer ED in der klinischen Diagnostik der ADHS durchaus sinnvoll sein könnte. Der Einsatz der EEG-basierten ZNS-Arousal-Regulation als diagnostisches und prädiktives Tool bei ADHS mit ED sollte weiter untersucht werden.
14:06 Uhr
Psychosoziale Faktoren zur Vorhersage einer elternberichteten ADHS-Diagnose in einer Routinedaten-Stichprobe: erste Ergebnisse des Konsortialprojekts INTEGRATE-ADHD
A. Beyer (Berlin, DE)
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Autor:innen:
A. Beyer (Berlin, DE)
L. Beck (Berlin, DE)
T. Jans (Würzburg, DE)
M. Romanos (Würzburg, DE)
A. Kaman (Hamburg, DE)
U. Ravens-Sieberer (Hamburg, DE)
J. Witte (Bielefeld, DE)
P. Heuschmann (Würzburg, DE)
C. Riederer (Hamburg, DE)
R. Schlack (Berlin, DE)
Im Data-Linkage-Projekt INTEGRATE-ADHD werden administrative und epidemiologisch berichtete Diagnoseprävalenzen der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) bei Kindern und Jugendlichen verglichen, da sich in der Vergangenheit Diskrepanzen zwischen beiden Datenquellen zeigten. In der für Deutschland repräsentativen epidemiologischen KiGGS-Studie blieb beispielsweise die elternberichtete 12-Monats-Prävalenz mit einem Anteil von fast zwei Dritteln deutlich unter den administrativen Prävalenzraten. Ein erheblicher Anteil der ADHS-Diagnosen in Routinedaten wird nicht von den Eltern berichtet. Ziel dieses Beitrags ist es, Eltern, die eine administrativ kodierte ADHS-Diagnose ihres Kindes nicht berichten, anhand verschiedener psychosozialer Indikatoren zu charakterisieren.
Eltern von insgesamt n=5.461 Kindern im Alter von 0 bis 17 Jahren, die bei der drittgrößten deutschen gesetzlichen Krankenkasse (DAK-Gesundheit) versichert sind und bei denen im Jahr 2020 in mindestens einem Quartal eine gesicherte administrative ADHS-Diagnose vorlag, beantworteten online Fragen zur ADHS-Diagnose ihres Kindes sowie zu psychosozialen Faktoren. Der Fragebogen enthielt Bestandteile des deutschen Gesundheitssurveys für Kinder und Jugendliche (KiGGS-Studie) und dessen Vertiefungsmoduls zur psychischen Gesundheit von Kindern (BELLA-Studie).
Die Datenerhebung im Projekt ist abgeschlossen. Zurzeit werden die Daten aufbereitet und analysiert. Erste Ergebnisse werden im November präsentiert. Mittels logistischer Regressionen werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu berichteten und nicht berichteten ADHS-Diagnosen in Abhängigkeit von psychosozialen Faktoren wie elterliche Psychopathologie, elterlicher Belastung, psychosoziale Ressourcen und Gesundheitskompetenz dargestellt.
Die Ergebnisse tragen dazu bei, die Diskrepanzen zwischen administrativen und epidemiologischen Prävalenzdaten besser zu verstehen und die bevölkerungsbezogene ADHS-Prävalenzschätzung zu verbessern.
14:18 Uhr
Vergleich und Integration epidemiologischer und administrativer ADHS-Diagnosedaten durch klinisches Assessment: erste Ergebnisse aus dem Konsortialprojekt INTEGRATE-ADHD
R. Schlack (Berlin, DE)
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Autor:innen:
R. Schlack (Berlin, DE)
B. Lilian (Berlin, DE)
A. Beyer (Berlin, DE)
H. Hölling (Berlin, DE)
T. Jans (Würzburg, DE)
A. Kaman (Hamburg, DE)
U. Ravens-Sieberer (DE)
J. Witte (Bielefeld, DE)
P. Heuschmann (Würzburg, DE)
M. Romanos (DE)
Einführung: Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der am häufigsten diagnostizierten psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter. Aus Krankenkassendaten wurden jahrelang steigende Prävalenzraten für diagnostizierte ADHS bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland berichtet, während die ADHS-Diagnoseprävalenz in epidemiologischen Studien stabil blieb, zuletzt sogar rückläufig war. Die klinische Validität von Diagnosen aus beiden Datenquellen ist unbekannt. Ein wesentliches Ziel des vom Innovationsfond geförderten Data-Linkage-Projekts INTEGRATE-ADHD (#01VSF19014) ist es, administrative und epidemiologische ADHS-Diagnosedaten direkt miteinander zu vergleichen und mittels einer leitliniengerechten Diagnostik (nach AWMF S3-Leitlinie ADHS) zu validieren und zu integrieren und so zu einer genaueren Prävalenzschätzung von ADHS bei Kindern und Jugendlichen beizutragen.
Methoden: Eltern von 5.461 gesetzlichen versicherten Kindern und Jugendlichen (DAK-Gesundheit) im Alter von 0 bis 17 Jahren, für die laut der Abrechnungsdaten im Versicherungsjahr in mindestens einem Quartal 2020 eine gesicherte ADHS-Diagnose vorlag, beantworteten online Fragen aus der epidemiologischen KiGGS- und BELLA-Studie zur Lebenszeit- und 12-Monats-Prävalenz einer ärztlich oder psychologisch diagnostizierten ADHS ihres Kindes. Eine Unterstichprobe von n=202 Kindern und Jugendlichen wurde leitliniengerecht klinisch untersucht.
Ergebnisse/Diskussion: Die Datenerhebung ist abgeschlossen. Zurzeit werden die Daten aufbereitet und analysiert. Erste Ergebnisse werden im November präsentiert.
Schlussfolgerung: Das Data-Linkage-Projekt INTEGRATE-ADHD verbindet administrative, epidemiologische und klinische ADHS-Diagnosedaten. Die Ergebnisse informieren Stakeholder in der klinischen Praxis, der Gesundheitspolitik und der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitssystem. Empfehlungen für Akteure und Stakeholder in diesen Bereichen werden abgeleitet und diskutiert.